daß die Werck des Gläubigen ihre rechte Kunst haben, wie sie JE- sus gern isset; dann dort klagt er; eins habe ich wider dich daß du die erste Liebe verlassen a. Jch habe deine Werck nicht völlig er- funden für GOtt b; es ist da immer etwas gebrestens, herbes, rau- ches; das dem Geschmack JEsus widerlich vorkommt; es ist nicht pur durch die Liebe thätiger Glaub c, durch und durch balsamiert und durchdrungen vom Safft des H. Geistes.
Dessen Früchten aber seynd noch nicht reiff,
§. 3. Der Gläubige ist wohl beladen mit allerhand Früchten, al- lein noch zur Zeit unreiff, grün, in der Demuth ist noch viel eige- nes Wohlgefallen, im Glauben noch manche Lust, in diesem, jenem guten Werck, Verdienste vor GOtt und Menschen, viele Neben- Ding in geistlichen Gaben, und leiblichen Stützen mit denen man das Vertrauen auf GOtt vertheilet, da vermeint man für recht zu haben, so und so günstig vom HErren und dessen Bedienten und Geschöpffen tractiert zu werden, wie offt witschet das hoch-einbildi- sche Männlein hervor und fragt; Was wird mir darfür? da man sollte für die gröste Ehr und Gunst achten, wann GOtt uns würdi- get, uns zu gebrauchen das geringste Gute durch uns an anderen auszurichten, und wir uns dessen eben so wenig zu rühmen haben, als ein todt Werckzeug d. Gnad ists, wo sichs der HErr bedient, der, ja wohl nicht bedarff; Gnad wann ers nicht wegschmeißt als ein thö- nend Ertz, wegen so vielen mit unterlauffenen Ungeschicklichkeiten und eigenen Bewegungen, da man dem Meister nicht freye Hand gelas- sen e. Wie viel heimlicher Neids, Partheiligkeit ist noch in der Lie- be, wie wenig ists, und brauchts, daß sie offt einschrumpfft oder gar abfallen macht; wie viel Muthwillen, aufblähen, heimliche Affter- reden macht die Liebe wurmäßig, und die Schmeicheley fait une douceur bien fade a ces sortes de figues. D. i. hat eine solche ab- geschmackte Süsse wie eine gewisse Gattung der Feigen welche bey dem der sie geniesset den Unwillen erregen. Man freuet sich nicht allezeit von Hertzen gutes zu hören von seinen Beleidigeren, viel we- niger, daß sie einem vorgezogen werden, da regt sich das Würm- lein des verborgenen Neids, Mißgunsts, Unbarmhertzigkeit, die macht einen harten Stein in der Frucht, da es einem nicht recht
wehe.
aApoc. II. 4.
bApoc. III. 2.
cGal. V. 6.
dEsai. X. 15.
e 1 Cor. XIII.
Der geiſtliche Fruͤhling.
daß die Werck des Glaͤubigen ihre rechte Kunſt haben, wie ſie JE- ſus gern iſſet; dann dort klagt er; eins habe ich wider dich daß du die erſte Liebe verlaſſen a. Jch habe deine Werck nicht voͤllig er- funden fuͤr GOtt b; es iſt da immer etwas gebreſtens, herbes, rau- ches; das dem Geſchmack JEſus widerlich vorkommt; es iſt nicht pur durch die Liebe thaͤtiger Glaub c, durch und durch balſamiert und durchdrungen vom Safft des H. Geiſtes.
Deſſen Fruͤchten aber ſeynd noch nicht reiff,
§. 3. Der Glaͤubige iſt wohl beladen mit allerhand Fruͤchten, al- lein noch zur Zeit unreiff, gruͤn, in der Demuth iſt noch viel eige- nes Wohlgefallen, im Glauben noch manche Luſt, in dieſem, jenem guten Werck, Verdienſte vor GOtt und Menſchen, viele Neben- Ding in geiſtlichen Gaben, und leiblichen Stuͤtzen mit denen man das Vertrauen auf GOtt vertheilet, da vermeint man fuͤr recht zu haben, ſo und ſo guͤnſtig vom HErren und deſſen Bedienten und Geſchoͤpffen tractiert zu werden, wie offt witſchet das hoch-einbildi- ſche Maͤnnlein hervor und fragt; Was wird mir darfuͤr? da man ſollte fuͤr die groͤſte Ehr und Gunſt achten, wann GOtt uns wuͤrdi- get, uns zu gebrauchen das geringſte Gute durch uns an anderen auszurichten, und wir uns deſſen eben ſo wenig zu ruͤhmen haben, als ein todt Werckzeug d. Gnad iſts, wo ſichs der HErr bedient, der, ja wohl nicht bedarff; Gnad wann ers nicht wegſchmeißt als ein thoͤ- nend Ertz, wegen ſo vielen mit unterlauffenen Ungeſchicklichkeiten und eigenen Bewegungen, da man dem Meiſter nicht freye Hand gelaſ- ſen e. Wie viel heimlicher Neids, Partheiligkeit iſt noch in der Lie- be, wie wenig iſts, und brauchts, daß ſie offt einſchrumpfft oder gar abfallen macht; wie viel Muthwillen, aufblaͤhen, heimliche Affter- reden macht die Liebe wurmaͤßig, und die Schmeicheley fait une douceur bien fade a ces ſortes de figues. D. i. hat eine ſolche ab- geſchmackte Suͤſſe wie eine gewiſſe Gattung der Feigen welche bey dem der ſie genieſſet den Unwillen erregen. Man freuet ſich nicht allezeit von Hertzen gutes zu hoͤren von ſeinen Beleidigeren, viel we- niger, daß ſie einem vorgezogen werden, da regt ſich das Wuͤrm- lein des verborgenen Neids, Mißgunſts, Unbarmhertzigkeit, die macht einen harten Stein in der Frucht, da es einem nicht recht
wehe.
aApoc. II. 4.
bApoc. III. 2.
cGal. V. 6.
dEſai. X. 15.
e 1 Cor. XIII.
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Der geiſtliche Fruͤhling.
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die erſte Liebe verlaſſen a. Jch habe deine Werck nicht voͤllig er-
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ches; das dem Geſchmack JEſus widerlich vorkommt; es iſt nicht
pur durch die Liebe thaͤtiger Glaub c, durch und durch balſamiert und
durchdrungen vom Safft des H. Geiſtes.
§. 3. Der Glaͤubige iſt wohl beladen mit allerhand Fruͤchten, al-
lein noch zur Zeit unreiff, gruͤn, in der Demuth iſt noch viel eige-
nes Wohlgefallen, im Glauben noch manche Luſt, in dieſem, jenem
guten Werck, Verdienſte vor GOtt und Menſchen, viele Neben-
Ding in geiſtlichen Gaben, und leiblichen Stuͤtzen mit denen man
das Vertrauen auf GOtt vertheilet, da vermeint man fuͤr recht zu
haben, ſo und ſo guͤnſtig vom HErren und deſſen Bedienten und
Geſchoͤpffen tractiert zu werden, wie offt witſchet das hoch-einbildi-
ſche Maͤnnlein hervor und fragt; Was wird mir darfuͤr? da man
ſollte fuͤr die groͤſte Ehr und Gunſt achten, wann GOtt uns wuͤrdi-
get, uns zu gebrauchen das geringſte Gute durch uns an anderen
auszurichten, und wir uns deſſen eben ſo wenig zu ruͤhmen haben, als
ein todt Werckzeug d. Gnad iſts, wo ſichs der HErr bedient, der,
ja wohl nicht bedarff; Gnad wann ers nicht wegſchmeißt als ein thoͤ-
nend Ertz, wegen ſo vielen mit unterlauffenen Ungeſchicklichkeiten und
eigenen Bewegungen, da man dem Meiſter nicht freye Hand gelaſ-
ſen e. Wie viel heimlicher Neids, Partheiligkeit iſt noch in der Lie-
be, wie wenig iſts, und brauchts, daß ſie offt einſchrumpfft oder gar
abfallen macht; wie viel Muthwillen, aufblaͤhen, heimliche Affter-
reden macht die Liebe wurmaͤßig, und die Schmeicheley fait une
douceur bien fade a ces ſortes de figues. D. i. hat eine ſolche ab-
geſchmackte Suͤſſe wie eine gewiſſe Gattung der Feigen welche bey
dem der ſie genieſſet den Unwillen erregen. Man freuet ſich nicht
allezeit von Hertzen gutes zu hoͤren von ſeinen Beleidigeren, viel we-
niger, daß ſie einem vorgezogen werden, da regt ſich das Wuͤrm-
lein des verborgenen Neids, Mißgunſts, Unbarmhertzigkeit, die
macht einen harten Stein in der Frucht, da es einem nicht recht
wehe.
a Apoc. II. 4.
b Apoc. III. 2.
c Gal. V. 6.
d Eſai. X. 15.
e 1 Cor. XIII.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/420>, abgerufen am 21.11.2024.
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