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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Der geistliche Frühling.
schwindet jemahls das Leben und den Sinn JEsu zu erlangen, wor-
nach doch die Seel aus der Beschreibung der Heil. Apostlen so gar
g'lustig worden; Währender solcher Zeit ist das rathsamste thun wie
die Braut den Winter über gethan, ruhen in den Armen des Bräu-
tigams in den starcken Verheissungen des Gnaden-Bunds, biß der
Sturm vorbey gefahren a. Post nubila jubila, nach dem Ungewitter
ist der Sonnenschein der Göttlichen Barmhertzigkeit nur desto lieblicher.

§. 13. Ein gesunder Mensch kan alle Wetter vertragen, es giltDoch wei-
len allhier
Regen
und Son-
nenschein
untermi-
schet,

ihm gleich ob es regnet oder die Sonne scheinet, aber einem Kran-
cken ist keines recht, ists Regen, so wird er unwirsch, möchte gern
ohne Creutz und Leyden seyn, und schön Wetter haben, ist es schön,
so machts ihn auch melancholisch, weil ers nicht wie andere nach Wunsch
gebrauchen kan; Jm Glück findet er eigen Gefallen, hohen Sinn,
und Aufblehung bey sich, welches ihm sehr beschwerlich ist, mit einem
Wort es fehlet bald hie bald dort; Es ist einem Unpäßlichen sehr nö-
thig, daß er sich umsehe nach einem der ihn heilen könne; GOTT
kan es solchen wunderlichen Köpfen nie recht machen, wann es reg-
net meynen sie es woll nicht mehr schön Wetter geben, in Hitz und
Dürre wollen sie am Regen verzweifflen, aber eine gelassene Seel
kan sich in alles schicken, ist es Platzregen, da weiß sie daß der Him-
mel ihr ihn zugesandt, sie ist dabey unerschrocken, dann sie hats aus
der Erfahrung, daß nach trübem Wetter die Sonne wieder schei-
net, und sie dann nur desto mehr grünet und blühet zur Fruchtbar-
keit, dann es ist keine Anfechtung die GOTT der Seelen zuschickt,
daß daraus nicht eine Frucht hervor wachse, JEsus liebt seine See-
len allzuviel, als daß er ihnen etwas lasse zukommen, das nicht zu ih-
rer grossen Seeligkeit gereichet.

§. 14. Aber wann die Sonne scheinet soll sie sich nicht fest setzen,so solle
man sich
in Freud
und Leyd
schicken.

und meynen es solle allzeit so gut Wetter seyn. JESUS selbst hat
müssen viele harte Winter ausstehen, viele ungestümme Wetter über
sich gehen lassen, die Seele muß sich auch dahin schicken, bey schö-
nem Wetter rüste sie sich auf Hagel, Blitz und Donner-Schläge, im
Ungewitter hoffe sie auf schön Wetter, sie bleibe nur beständig unter
dem Gnaden-Himmel, wann es schon scheinet die Sonne verberge
sich, es werde kein Sommer geben, der Platzregen währe allzulang,

es
a Jef. XXX II. 2.
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Der geiſtliche Fruͤhling.
ſchwindet jemahls das Leben und den Sinn JEſu zu erlangen, wor-
nach doch die Seel aus der Beſchreibung der Heil. Apoſtlen ſo gar
g’luſtig worden; Waͤhrender ſolcher Zeit iſt das rathſamſte thun wie
die Braut den Winter uͤber gethan, ruhen in den Armen des Braͤu-
tigams in den ſtarcken Verheiſſungen des Gnaden-Bunds, biß der
Sturm vorbey gefahren a. Poſt nubila jubila, nach dem Ungewitter
iſt der Sonnenſchein der Goͤttlichen Barmhertzigkeit nur deſto lieblicher.

§. 13. Ein geſunder Menſch kan alle Wetter vertragen, es giltDoch wei-
len allhier
Regen
und Son-
nenſchein
untermi-
ſchet,

ihm gleich ob es regnet oder die Sonne ſcheinet, aber einem Kran-
cken iſt keines recht, iſts Regen, ſo wird er unwirſch, moͤchte gern
ohne Creutz und Leyden ſeyn, und ſchoͤn Wetter haben, iſt es ſchoͤn,
ſo machts ihn auch melancholiſch, weil ers nicht wie andere nach Wunſch
gebrauchen kan; Jm Gluͤck findet er eigen Gefallen, hohen Sinn,
und Aufblehung bey ſich, welches ihm ſehr beſchwerlich iſt, mit einem
Wort es fehlet bald hie bald dort; Es iſt einem Unpaͤßlichen ſehr noͤ-
thig, daß er ſich umſehe nach einem der ihn heilen koͤnne; GOTT
kan es ſolchen wunderlichen Koͤpfen nie recht machen, wann es reg-
net meynen ſie es woll nicht mehr ſchoͤn Wetter geben, in Hitz und
Duͤrre wollen ſie am Regen verzweifflen, aber eine gelaſſene Seel
kan ſich in alles ſchicken, iſt es Platzregen, da weiß ſie daß der Him-
mel ihr ihn zugeſandt, ſie iſt dabey unerſchrocken, dann ſie hats aus
der Erfahrung, daß nach truͤbem Wetter die Sonne wieder ſchei-
net, und ſie dann nur deſto mehr gruͤnet und bluͤhet zur Fruchtbar-
keit, dann es iſt keine Anfechtung die GOTT der Seelen zuſchickt,
daß daraus nicht eine Frucht hervor wachſe, JEſus liebt ſeine See-
len allzuviel, als daß er ihnen etwas laſſe zukommen, das nicht zu ih-
rer groſſen Seeligkeit gereichet.

§. 14. Aber wann die Sonne ſcheinet ſoll ſie ſich nicht feſt ſetzen,ſo ſolle
man ſich
in Freud
und Leyd
ſchicken.

und meynen es ſolle allzeit ſo gut Wetter ſeyn. JESUS ſelbſt hat
muͤſſen viele harte Winter ausſtehen, viele ungeſtuͤmme Wetter uͤber
ſich gehen laſſen, die Seele muß ſich auch dahin ſchicken, bey ſchoͤ-
nem Wetter ruͤſte ſie ſich auf Hagel, Blitz und Donner-Schlaͤge, im
Ungewitter hoffe ſie auf ſchoͤn Wetter, ſie bleibe nur beſtaͤndig unter
dem Gnaden-Himmel, wann es ſchon ſcheinet die Sonne verberge
ſich, es werde kein Sommer geben, der Platzregen waͤhre allzulang,

es
a Jef. XXX II. 2.
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[297/0393] Der geiſtliche Fruͤhling. ſchwindet jemahls das Leben und den Sinn JEſu zu erlangen, wor- nach doch die Seel aus der Beſchreibung der Heil. Apoſtlen ſo gar g’luſtig worden; Waͤhrender ſolcher Zeit iſt das rathſamſte thun wie die Braut den Winter uͤber gethan, ruhen in den Armen des Braͤu- tigams in den ſtarcken Verheiſſungen des Gnaden-Bunds, biß der Sturm vorbey gefahren a. Poſt nubila jubila, nach dem Ungewitter iſt der Sonnenſchein der Goͤttlichen Barmhertzigkeit nur deſto lieblicher. §. 13. Ein geſunder Menſch kan alle Wetter vertragen, es gilt ihm gleich ob es regnet oder die Sonne ſcheinet, aber einem Kran- cken iſt keines recht, iſts Regen, ſo wird er unwirſch, moͤchte gern ohne Creutz und Leyden ſeyn, und ſchoͤn Wetter haben, iſt es ſchoͤn, ſo machts ihn auch melancholiſch, weil ers nicht wie andere nach Wunſch gebrauchen kan; Jm Gluͤck findet er eigen Gefallen, hohen Sinn, und Aufblehung bey ſich, welches ihm ſehr beſchwerlich iſt, mit einem Wort es fehlet bald hie bald dort; Es iſt einem Unpaͤßlichen ſehr noͤ- thig, daß er ſich umſehe nach einem der ihn heilen koͤnne; GOTT kan es ſolchen wunderlichen Koͤpfen nie recht machen, wann es reg- net meynen ſie es woll nicht mehr ſchoͤn Wetter geben, in Hitz und Duͤrre wollen ſie am Regen verzweifflen, aber eine gelaſſene Seel kan ſich in alles ſchicken, iſt es Platzregen, da weiß ſie daß der Him- mel ihr ihn zugeſandt, ſie iſt dabey unerſchrocken, dann ſie hats aus der Erfahrung, daß nach truͤbem Wetter die Sonne wieder ſchei- net, und ſie dann nur deſto mehr gruͤnet und bluͤhet zur Fruchtbar- keit, dann es iſt keine Anfechtung die GOTT der Seelen zuſchickt, daß daraus nicht eine Frucht hervor wachſe, JEſus liebt ſeine See- len allzuviel, als daß er ihnen etwas laſſe zukommen, das nicht zu ih- rer groſſen Seeligkeit gereichet. Doch wei- len allhier Regen und Son- nenſchein untermi- ſchet, §. 14. Aber wann die Sonne ſcheinet ſoll ſie ſich nicht feſt ſetzen, und meynen es ſolle allzeit ſo gut Wetter ſeyn. JESUS ſelbſt hat muͤſſen viele harte Winter ausſtehen, viele ungeſtuͤmme Wetter uͤber ſich gehen laſſen, die Seele muß ſich auch dahin ſchicken, bey ſchoͤ- nem Wetter ruͤſte ſie ſich auf Hagel, Blitz und Donner-Schlaͤge, im Ungewitter hoffe ſie auf ſchoͤn Wetter, ſie bleibe nur beſtaͤndig unter dem Gnaden-Himmel, wann es ſchon ſcheinet die Sonne verberge ſich, es werde kein Sommer geben, der Platzregen waͤhre allzulang, es ſo ſolle man ſich in Freud und Leyd ſchicken. a Jef. XXX II. 2. P p

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/393>, abgerufen am 12.05.2024.