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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Der geistliche Frühling.
laß geben zu zeigen, was ihre Strahlen vermögen, und sich nicht
kehren, weder an die noch lange Nächte, noch dicke Nebel-Wol-
cken noch rauhe Winden, sondern auf alle Sonnen-Blicke lausteren,
und in diesem zuwenden und auffangen des Himmels-Lieblichkeiten
nicht ermatten, wann schon Eiß und Schnee 3. 4. 5. Tage und Wo-
chen währet und nicht weichen will, also ists mit uns Armen an der
Seel erfrornen Menschen, was hat JESUS von uns? finstere,
schwartze, gifftige Höllen-Nebel, die den Glantz seiner Göttlichen
Herrlichkeit also gar umhüllet und verduncklet haben, daß er sich in
äussersten Kampff und Angst-Geschrey: Mein GOtt! mein GOtt!
warum hast du mich verlassen heraus arbeiten müssen, davon die un-
natürliche Sonnen-Finsternuß ein schröcklich Jammer-Bild, ja da
diese Sonne noch in ihrem Lanuff nun und dann einen Strahl hervor-
blitzen lassen, ist sie in eine stockfinstere Todes-Nacht im Grab untergan-
gen, und schiene gar ausgelöscht zu seyn, das sind unsere schöne
Verdienste, wormit wir JEsum verbunden, ist also unserseits
an nichts zu gedencken, als an pur lautere freye Gnade. Es sind
auch alle Begierden und Gebetter Würckungen der verborgenen Lie-
bes-Hitz gegen uns, und wann nicht lauter fruchtbare Gnaden-Re-
gen in unsere Seelen einfliessen, ist die Schuld unser und des Sa-
tans, deme wir nicht nach Gebühr wiederstehen, daß er sich auch
in unsere allerheiligste Gebetter, und allerheiligste Dienste hinein men-
gen kan, als ein ungestümmer Nord-Wind, von der höllischen Mit-
ternacht; welchen aber allein JEsus schelten muß, daß er aufhöre
blasen, wovon aber bey den Platz-Regen zu reden Anlaß seyn wird.
Ach ihr liebe Hertzen! der kalte Unglaub, und der Zweiffels-Wind,
ob man auch von GOtt erhört werde, vernichtet Christi Hohe-
Priester-Amt, und alle Göttliche Eigenschafften, sonderlich sein
Wahrheit, Treu und Barmhertzigkeit, und ist so eine grosse
Sünd, daß er die grosse Gutthaten in die schwehreste Ge-
richt verkehret, wie hingegen der Glaub aus der hartesten Stau-
pen Honig sauget, und die schärffsten Straffen in die schön-
sten Seegen verwandlet. Der höchste GOttesdienst bestehet in so
wohl gewaltsamer als sanffter Zukehr zu JEsu, in so wohl streitenden
als leidenden Angedencken, da man unter allerhand Abwechslungen
JEsum und seine heilige Liebe nicht aus dem Gemüth lasset, da frey-
lich die Seele eben so wenig durchbrechen kan durch den höllischen

Rauch
O o 2

Der geiſtliche Fruͤhling.
laß geben zu zeigen, was ihre Strahlen vermoͤgen, und ſich nicht
kehren, weder an die noch lange Naͤchte, noch dicke Nebel-Wol-
cken noch rauhe Winden, ſondern auf alle Sonnen-Blicke lauſteren,
und in dieſem zuwenden und auffangen des Himmels-Lieblichkeiten
nicht ermatten, wann ſchon Eiß und Schnee 3. 4. 5. Tage und Wo-
chen waͤhret und nicht weichen will, alſo iſts mit uns Armen an der
Seel erfrornen Menſchen, was hat JESUS von uns? finſtere,
ſchwartze, gifftige Hoͤllen-Nebel, die den Glantz ſeiner Goͤttlichen
Herrlichkeit alſo gar umhuͤllet und verduncklet haben, daß er ſich in
aͤuſſerſten Kampff und Angſt-Geſchrey: Mein GOtt! mein GOtt!
warum haſt du mich verlaſſen heraus arbeiten muͤſſen, davon die un-
natuͤrliche Sonnen-Finſternuß ein ſchroͤcklich Jammer-Bild, ja da
dieſe Sonne noch in ihrem Lāuff nun und dann einen Strahl hervor-
blitzen laſſen, iſt ſie in eine ſtockfinſtere Todes-Nacht im Grab untergan-
gen, und ſchiene gar ausgeloͤſcht zu ſeyn, das ſind unſere ſchoͤne
Verdienſte, wormit wir JEſum verbunden, iſt alſo unſerſeits
an nichts zu gedencken, als an pur lautere freye Gnade. Es ſind
auch alle Begierden und Gebetter Wuͤrckungen der verborgenen Lie-
bes-Hitz gegen uns, und wann nicht lauter fruchtbare Gnaden-Re-
gen in unſere Seelen einflieſſen, iſt die Schuld unſer und des Sa-
tans, deme wir nicht nach Gebuͤhr wiederſtehen, daß er ſich auch
in unſere allerheiligſte Gebetter, und allerheiligſte Dienſte hinein men-
gen kan, als ein ungeſtuͤmmer Nord-Wind, von der hoͤlliſchen Mit-
ternacht; welchen aber allein JEſus ſchelten muß, daß er aufhoͤre
blaſen, wovon aber bey den Platz-Regen zu reden Anlaß ſeyn wird.
Ach ihr liebe Hertzen! der kalte Unglaub, und der Zweiffels-Wind,
ob man auch von GOtt erhoͤrt werde, vernichtet Chriſti Hohe-
Prieſter-Amt, und alle Goͤttliche Eigenſchafften, ſonderlich ſein
Wahrheit, Treu und Barmhertzigkeit, und iſt ſo eine groſſe
Suͤnd, daß er die groſſe Gutthaten in die ſchwehreſte Ge-
richt verkehret, wie hingegen der Glaub aus der harteſten Stau-
pen Honig ſauget, und die ſchaͤrffſten Straffen in die ſchoͤn-
ſten Seegen verwandlet. Der hoͤchſte GOttesdienſt beſtehet in ſo
wohl gewaltſamer als ſanffter Zukehr zu JEſu, in ſo wohl ſtreitenden
als leidenden Angedencken, da man unter allerhand Abwechslungen
JEſum und ſeine heilige Liebe nicht aus dem Gemuͤth laſſet, da frey-
lich die Seele eben ſo wenig durchbrechen kan durch den hoͤlliſchen

Rauch
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[291/0387] Der geiſtliche Fruͤhling. laß geben zu zeigen, was ihre Strahlen vermoͤgen, und ſich nicht kehren, weder an die noch lange Naͤchte, noch dicke Nebel-Wol- cken noch rauhe Winden, ſondern auf alle Sonnen-Blicke lauſteren, und in dieſem zuwenden und auffangen des Himmels-Lieblichkeiten nicht ermatten, wann ſchon Eiß und Schnee 3. 4. 5. Tage und Wo- chen waͤhret und nicht weichen will, alſo iſts mit uns Armen an der Seel erfrornen Menſchen, was hat JESUS von uns? finſtere, ſchwartze, gifftige Hoͤllen-Nebel, die den Glantz ſeiner Goͤttlichen Herrlichkeit alſo gar umhuͤllet und verduncklet haben, daß er ſich in aͤuſſerſten Kampff und Angſt-Geſchrey: Mein GOtt! mein GOtt! warum haſt du mich verlaſſen heraus arbeiten muͤſſen, davon die un- natuͤrliche Sonnen-Finſternuß ein ſchroͤcklich Jammer-Bild, ja da dieſe Sonne noch in ihrem Lāuff nun und dann einen Strahl hervor- blitzen laſſen, iſt ſie in eine ſtockfinſtere Todes-Nacht im Grab untergan- gen, und ſchiene gar ausgeloͤſcht zu ſeyn, das ſind unſere ſchoͤne Verdienſte, wormit wir JEſum verbunden, iſt alſo unſerſeits an nichts zu gedencken, als an pur lautere freye Gnade. Es ſind auch alle Begierden und Gebetter Wuͤrckungen der verborgenen Lie- bes-Hitz gegen uns, und wann nicht lauter fruchtbare Gnaden-Re- gen in unſere Seelen einflieſſen, iſt die Schuld unſer und des Sa- tans, deme wir nicht nach Gebuͤhr wiederſtehen, daß er ſich auch in unſere allerheiligſte Gebetter, und allerheiligſte Dienſte hinein men- gen kan, als ein ungeſtuͤmmer Nord-Wind, von der hoͤlliſchen Mit- ternacht; welchen aber allein JEſus ſchelten muß, daß er aufhoͤre blaſen, wovon aber bey den Platz-Regen zu reden Anlaß ſeyn wird. Ach ihr liebe Hertzen! der kalte Unglaub, und der Zweiffels-Wind, ob man auch von GOtt erhoͤrt werde, vernichtet Chriſti Hohe- Prieſter-Amt, und alle Goͤttliche Eigenſchafften, ſonderlich ſein Wahrheit, Treu und Barmhertzigkeit, und iſt ſo eine groſſe Suͤnd, daß er die groſſe Gutthaten in die ſchwehreſte Ge- richt verkehret, wie hingegen der Glaub aus der harteſten Stau- pen Honig ſauget, und die ſchaͤrffſten Straffen in die ſchoͤn- ſten Seegen verwandlet. Der hoͤchſte GOttesdienſt beſtehet in ſo wohl gewaltſamer als ſanffter Zukehr zu JEſu, in ſo wohl ſtreitenden als leidenden Angedencken, da man unter allerhand Abwechslungen JEſum und ſeine heilige Liebe nicht aus dem Gemuͤth laſſet, da frey- lich die Seele eben ſo wenig durchbrechen kan durch den hoͤlliſchen Rauch O o 2

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/387>, abgerufen am 26.11.2024.