gestärcket werde, lebe, webe und zunehme aus dem Evangelio der Gnaden, aus GOttes des Vatters Liebe, des Sohns allerhöch- stem und allerheiligstem Mittler-Amt, und des Heil. Geistes Be- straffung, Erweckung, Ermunterung, welches wohl alles zusammen eine frische Predigt erforderte, dennoch nur ein klein wenig davon anzudeuten, so wird die neue Geburt bewahret und mercklich be- fürderet.
§. 6. Wann der Mensch den entblaßten, blutigen Leichnam desDurch das unver- geßliche Angeden- cken des gecreutzig- ten JEsu. Sohns GOttes am Creutz sich tieff ins Hertz bildet, sintemal nichts so grosse Krafft hat den alten Menschen schwach zu machen und zu er- würgen: Durch den Glauben sind wir GOttes Kindera, nun ist nichts so mächtig den Glauben zu würcken, zu nähren und zu stär- cken, als das Anschauen und die Betrachtung JEsu, wie er am Creutz hanget, und wie er Sünd, Tod und Teuffel zugleich mit sich ans Creutz gehefftet b, also daß derjenige als ein unglaubiger Türck und Heyd zu achten ist, und als ein Verläugner des Creutz-Todes des Sohns GOttes, der nicht eine völlige Abschaffung der sündli- chen alten Geburt durch JEsum Christum hoffet im Glauben, in deme die Sünd zum Tod verdammt ist, weilen JEsus gestorben ist c. Die neue Creatur ist Liebe ins Hertz ausgegossen durch den Heil. Geistd, nun vermag nichts also sehr die Liebe entzünden als das Marter-Bild unsers himmlischen Bräutigams ansehen in seiner dor- nenen Cron. Das Leben und Geschäfft der neuen Creatur ist tödten die Glieder die auf Erden sinde. Nun kan abermahl nichts so ernsten Haß und Unwillen ab den Sünden erwecken als das stete Angedencken unsers von denen Sünden ermordeten Seeligmachers; Derowegen auch JEsus bald darauf mit Nicodemo redt von seiner als des Menschen- Sohns Erhöhung ans Creutz. Der Glauben und die Liebe finden JEsum nirgends schöner, lieblicher und erwünschter als am Creutz. Nun lehret die Erfahrung, daß bey Schwangeren die Jmagination viel thut zur Bildung der Leibes-Frucht, darum, wer vom ewigen Evangelio schwan- ger ist, und ein ewig schönes Bild im neuen himmlischen Jerusalem zu seyn verlanget, der stelle sich offt und innigst den allerschönsten ge- creutzigten und nun zur Rechten der Majestät triumphirenden GOtt
vor,
aGal. III. 26.
bColos. II. 14. 15.
cRom. VIII. 3.
dRom. V. 5.
eColos. III. 5.
G g 3
und die Pforte des Himmels.
geſtaͤrcket werde, lebe, webe und zunehme aus dem Evangelio der Gnaden, aus GOttes des Vatters Liebe, des Sohns allerhoͤch- ſtem und allerheiligſtem Mittler-Amt, und des Heil. Geiſtes Be- ſtraffung, Erweckung, Ermunterung, welches wohl alles zuſammen eine friſche Predigt erforderte, dennoch nur ein klein wenig davon anzudeuten, ſo wird die neue Geburt bewahret und mercklich be- fuͤrderet.
§. 6. Wann der Menſch den entblaßten, blutigen Leichnam desDurch das unver- geßliche Angeden- cken des gecreutzig- ten JEſu. Sohns GOttes am Creutz ſich tieff ins Hertz bildet, ſintemal nichts ſo groſſe Krafft hat den alten Menſchen ſchwach zu machen und zu er- wuͤrgen: Durch den Glauben ſind wir GOttes Kindera, nun iſt nichts ſo maͤchtig den Glauben zu wuͤrcken, zu naͤhren und zu ſtaͤr- cken, als das Anſchauen und die Betrachtung JEſu, wie er am Creutz hanget, und wie er Suͤnd, Tod und Teuffel zugleich mit ſich ans Creutz gehefftet b, alſo daß derjenige als ein unglaubiger Tuͤrck und Heyd zu achten iſt, und als ein Verlaͤugner des Creutz-Todes des Sohns GOttes, der nicht eine voͤllige Abſchaffung der ſuͤndli- chen alten Geburt durch JEſum Chriſtum hoffet im Glauben, in deme die Suͤnd zum Tod verdammt iſt, weilen JEſus geſtorben iſt c. Die neue Creatur iſt Liebe ins Hertz ausgegoſſen durch den Heil. Geiſtd, nun vermag nichts alſo ſehr die Liebe entzuͤnden als das Marter-Bild unſers himmliſchen Braͤutigams anſehen in ſeiner dor- nenen Cron. Das Leben und Geſchaͤfft der neuen Creatur iſt toͤdten die Glieder die auf Erden ſinde. Nun kan abermahl nichts ſo ernſten Haß und Unwillen ab den Suͤnden erwecken als das ſtete Angedencken unſers von denen Suͤnden ermordeten Seeligmachers; Derowegen auch JEſus bald darauf mit Nicodemo redt von ſeiner als des Menſchen- Sohns Erhoͤhung ans Creutz. Der Glauben und die Liebe finden JEſum nirgends ſchoͤner, lieblicher und erwuͤnſchter als am Creutz. Nun lehret die Erfahrung, daß bey Schwangeren die Jmagination viel thut zur Bildung der Leibes-Frucht, darum, wer vom ewigen Evangelio ſchwan- ger iſt, und ein ewig ſchoͤnes Bild im neuen himmliſchen Jeruſalem zu ſeyn verlanget, der ſtelle ſich offt und innigſt den allerſchoͤnſten ge- creutzigten und nun zur Rechten der Majeſtaͤt triumphirenden GOtt
vor,
aGal. III. 26.
bColoſ. II. 14. 15.
cRom. VIII. 3.
dRom. V. 5.
eColoſ. III. 5.
G g 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0333"n="237"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">und die Pforte des Himmels.</hi></fw><lb/>
geſtaͤrcket werde, lebe, webe und zunehme aus dem Evangelio der<lb/>
Gnaden, aus GOttes des Vatters Liebe, des Sohns allerhoͤch-<lb/>ſtem und allerheiligſtem Mittler-Amt, und des Heil. Geiſtes Be-<lb/>ſtraffung, Erweckung, Ermunterung, welches wohl alles zuſammen<lb/>
eine friſche Predigt erforderte, dennoch nur ein klein wenig davon<lb/>
anzudeuten, ſo wird die neue Geburt bewahret und mercklich be-<lb/>
fuͤrderet.</p><lb/><p>§. 6. Wann der Menſch den entblaßten, blutigen Leichnam des<noteplace="right">Durch<lb/>
das unver-<lb/>
geßliche<lb/>
Angeden-<lb/>
cken des<lb/>
gecreutzig-<lb/>
ten JEſu.</note><lb/>
Sohns GOttes am Creutz ſich tieff ins Hertz bildet, ſintemal nichts<lb/>ſo groſſe Krafft hat den alten Menſchen ſchwach zu machen und zu er-<lb/>
wuͤrgen: <hirendition="#fr">Durch den Glauben ſind wir GOttes Kinder</hi><noteplace="foot"n="a"><hirendition="#aq">Gal. III.</hi> 26.</note>, nun iſt<lb/>
nichts ſo maͤchtig den <hirendition="#fr">Glauben</hi> zu wuͤrcken, zu naͤhren und zu ſtaͤr-<lb/>
cken, als das Anſchauen und die Betrachtung JEſu, wie er am<lb/>
Creutz hanget, und wie er Suͤnd, Tod und Teuffel zugleich mit ſich<lb/>
ans Creutz gehefftet <noteplace="foot"n="b"><hirendition="#aq">Coloſ. II.</hi> 14. 15.</note>, alſo daß derjenige als ein unglaubiger Tuͤrck<lb/>
und Heyd zu achten iſt, und als ein Verlaͤugner des Creutz-Todes<lb/>
des Sohns GOttes, der nicht eine voͤllige Abſchaffung der ſuͤndli-<lb/>
chen alten Geburt durch JEſum Chriſtum hoffet im Glauben, in<lb/>
deme die Suͤnd zum Tod verdammt iſt, weilen JEſus geſtorben iſt <noteplace="foot"n="c"><hirendition="#aq">Rom. VIII.</hi> 3.</note>.<lb/>
Die neue Creatur iſt <hirendition="#fr">Liebe ins Hertz ausgegoſſen durch den Heil.<lb/>
Geiſt</hi><noteplace="foot"n="d"><hirendition="#aq">Rom.<lb/>
V.</hi> 5.</note>, nun vermag nichts alſo ſehr die <hirendition="#fr">Liebe</hi> entzuͤnden als das<lb/>
Marter-Bild unſers himmliſchen Braͤutigams anſehen in ſeiner dor-<lb/>
nenen Cron. Das Leben und Geſchaͤfft der neuen Creatur iſt <hirendition="#fr">toͤdten<lb/>
die Glieder die auf Erden ſind</hi><noteplace="foot"n="e"><hirendition="#aq">Coloſ. III.</hi> 5.</note>. Nun kan abermahl nichts ſo ernſten<lb/>
Haß und Unwillen ab den Suͤnden erwecken als das ſtete Angedencken<lb/>
unſers von denen Suͤnden ermordeten Seeligmachers; Derowegen auch<lb/>
JEſus bald darauf mit Nicodemo redt von ſeiner als des Menſchen-<lb/>
Sohns Erhoͤhung ans Creutz. Der Glauben und die Liebe finden JEſum<lb/>
nirgends ſchoͤner, lieblicher und erwuͤnſchter als am Creutz. Nun lehret<lb/>
die Erfahrung, daß bey Schwangeren die Jmagination viel thut zur<lb/>
Bildung der Leibes-Frucht, darum, wer vom ewigen Evangelio ſchwan-<lb/>
ger iſt, und ein ewig ſchoͤnes Bild im neuen himmliſchen Jeruſalem<lb/>
zu ſeyn verlanget, der ſtelle ſich offt und innigſt den allerſchoͤnſten ge-<lb/>
creutzigten und nun zur Rechten der Majeſtaͤt triumphirenden GOtt<lb/><fwplace="bottom"type="sig">G g 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">vor,</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[237/0333]
und die Pforte des Himmels.
geſtaͤrcket werde, lebe, webe und zunehme aus dem Evangelio der
Gnaden, aus GOttes des Vatters Liebe, des Sohns allerhoͤch-
ſtem und allerheiligſtem Mittler-Amt, und des Heil. Geiſtes Be-
ſtraffung, Erweckung, Ermunterung, welches wohl alles zuſammen
eine friſche Predigt erforderte, dennoch nur ein klein wenig davon
anzudeuten, ſo wird die neue Geburt bewahret und mercklich be-
fuͤrderet.
§. 6. Wann der Menſch den entblaßten, blutigen Leichnam des
Sohns GOttes am Creutz ſich tieff ins Hertz bildet, ſintemal nichts
ſo groſſe Krafft hat den alten Menſchen ſchwach zu machen und zu er-
wuͤrgen: Durch den Glauben ſind wir GOttes Kinder a, nun iſt
nichts ſo maͤchtig den Glauben zu wuͤrcken, zu naͤhren und zu ſtaͤr-
cken, als das Anſchauen und die Betrachtung JEſu, wie er am
Creutz hanget, und wie er Suͤnd, Tod und Teuffel zugleich mit ſich
ans Creutz gehefftet b, alſo daß derjenige als ein unglaubiger Tuͤrck
und Heyd zu achten iſt, und als ein Verlaͤugner des Creutz-Todes
des Sohns GOttes, der nicht eine voͤllige Abſchaffung der ſuͤndli-
chen alten Geburt durch JEſum Chriſtum hoffet im Glauben, in
deme die Suͤnd zum Tod verdammt iſt, weilen JEſus geſtorben iſt c.
Die neue Creatur iſt Liebe ins Hertz ausgegoſſen durch den Heil.
Geiſt d, nun vermag nichts alſo ſehr die Liebe entzuͤnden als das
Marter-Bild unſers himmliſchen Braͤutigams anſehen in ſeiner dor-
nenen Cron. Das Leben und Geſchaͤfft der neuen Creatur iſt toͤdten
die Glieder die auf Erden ſind e. Nun kan abermahl nichts ſo ernſten
Haß und Unwillen ab den Suͤnden erwecken als das ſtete Angedencken
unſers von denen Suͤnden ermordeten Seeligmachers; Derowegen auch
JEſus bald darauf mit Nicodemo redt von ſeiner als des Menſchen-
Sohns Erhoͤhung ans Creutz. Der Glauben und die Liebe finden JEſum
nirgends ſchoͤner, lieblicher und erwuͤnſchter als am Creutz. Nun lehret
die Erfahrung, daß bey Schwangeren die Jmagination viel thut zur
Bildung der Leibes-Frucht, darum, wer vom ewigen Evangelio ſchwan-
ger iſt, und ein ewig ſchoͤnes Bild im neuen himmliſchen Jeruſalem
zu ſeyn verlanget, der ſtelle ſich offt und innigſt den allerſchoͤnſten ge-
creutzigten und nun zur Rechten der Majeſtaͤt triumphirenden GOtt
vor,
Durch
das unver-
geßliche
Angeden-
cken des
gecreutzig-
ten JEſu.
a Gal. III. 26.
b Coloſ. II. 14. 15.
c Rom. VIII. 3.
d Rom.
V. 5.
e Coloſ. III. 5.
G g 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/333>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.