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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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einer glaubigen Seele nach JESU.
niemand kommen! Ach soll ich dieses meinem JEsu klagen, daß kein
Hertz mehr begehre ihne zu suchen, noch zu lieben? Jst dann die
Welt so gar verderbt? Fraget doch unter den Heyden, wer
hat je desgleichen gehört, daß die Jungfrau Jsrael
so gar greuliche Dinge thut, bleibet doch der Schnee
länger auf den Steinen im Feld, wanns vom Liba-
non herab schneyet, und das Regen-Wasser versie-
get nicht so bald, als mein Volck mein vergisset
a;
Ey warum doch? Jst es dann etwas so schädliches mit und bey
GOtt leben? Jst dann JEsus ein Betrieger worden?

§. 15. Ja die Welt haltet ihne für einen Betrieger; Dannweilen
man JE-
su nicht
recht
trauet,

siehe was sie thut: JEsus sagt: Wir sollen ihn lieben, ihn allein
begehren, ihne suchen, so wolle er uns ewig glückseelig machen b,
und zu sich in seine Herrlichkeit nehmen, in deren er sich befindet;
Aber niemand will dieses thun, noch glauben, woraus folget, daß
man ihme nicht recht traue, als wann er es nicht gar gut meinte,
sondern die Leut nur also verblenden wolle; Dann wann sie anderst
meinten, glaubten, so würden sie auch anderst thun, leben, und
ihre Sachen darnach anstellen.

§. 16. Ach was Schmach, muß doch der zur Rechten der Maje-weilen
man sich
vom Sa-
tan betäu-
ben lässet.

stät in der Höhe sitzende JEsus leiden, von denen, die sich Christen
nennen lassen! seine Lehr, so eine himmlische Wahrheit ist, muß
Verblendung, gefährlich und verdächtig heissen; Hingegen das was
Satan der Lugen-Geist einblaset, muß Wahrheit, aufrichtig ge-
meynet seyn, er sagt: Wann man dann und wann in die Kirchen
komme c, Morgen und Abends ein Gebett aus einem Gebett-Buch
daher lese, zu gewissen Zeiten zum Heil. Abendmahl gehe, ob man
schon die Zeit über kein Heiliger seye, nicht gar viel an JEsum den-
cke; Wann man Almosen gebe, so habe es gar nichts zu bedeuten,
es habe keine Noth, man könne indessen wohl mit der Welt mitmachen,
man werde doch seelig werden, GOtt seye nicht so mißgünstig, daß
er einem der es sonst gut meynt, aber eben darneben kein Heiliger
sey, wie andere seyn wollen, eine Freud in der Welt mißgönne:
Das lehret der Teuffel die Leut, und dem glauben, dem folgen sie,

und
a Jer. XVIII. 13. 14.
b Joh. XIV. 21. 24.
c Jer. VII. 4. 11.
U 3

einer glaubigen Seele nach JESU.
niemand kommen! Ach ſoll ich dieſes meinem JEſu klagen, daß kein
Hertz mehr begehre ihne zu ſuchen, noch zu lieben? Jſt dann die
Welt ſo gar verderbt? Fraget doch unter den Heyden, wer
hat je desgleichen gehoͤrt, daß die Jungfrau Jſrael
ſo gar greuliche Dinge thut, bleibet doch der Schnee
laͤnger auf den Steinen im Feld, wanns vom Liba-
non herab ſchneyet, und das Regen-Waſſer verſie-
get nicht ſo bald, als mein Volck mein vergiſſet
a;
Ey warum doch? Jſt es dann etwas ſo ſchaͤdliches mit und bey
GOtt leben? Jſt dann JEſus ein Betrieger worden?

§. 15. Ja die Welt haltet ihne fuͤr einen Betrieger; Dannweilen
man JE-
ſu nicht
recht
trauet,

ſiehe was ſie thut: JEſus ſagt: Wir ſollen ihn lieben, ihn allein
begehren, ihne ſuchen, ſo wolle er uns ewig gluͤckſeelig machen b,
und zu ſich in ſeine Herrlichkeit nehmen, in deren er ſich befindet;
Aber niemand will dieſes thun, noch glauben, woraus folget, daß
man ihme nicht recht traue, als wann er es nicht gar gut meinte,
ſondern die Leut nur alſo verblenden wolle; Dann wann ſie anderſt
meinten, glaubten, ſo wuͤrden ſie auch anderſt thun, leben, und
ihre Sachen darnach anſtellen.

§. 16. Ach was Schmach, muß doch der zur Rechten der Maje-weilen
man ſich
vom Sa-
tan betaͤu-
ben laͤſſet.

ſtaͤt in der Hoͤhe ſitzende JEſus leiden, von denen, die ſich Chriſten
nennen laſſen! ſeine Lehr, ſo eine himmliſche Wahrheit iſt, muß
Verblendung, gefaͤhrlich und verdaͤchtig heiſſen; Hingegen das was
Satan der Lugen-Geiſt einblaſet, muß Wahrheit, aufrichtig ge-
meynet ſeyn, er ſagt: Wann man dann und wann in die Kirchen
komme c, Morgen und Abends ein Gebett aus einem Gebett-Buch
daher leſe, zu gewiſſen Zeiten zum Heil. Abendmahl gehe, ob man
ſchon die Zeit uͤber kein Heiliger ſeye, nicht gar viel an JEſum den-
cke; Wann man Almoſen gebe, ſo habe es gar nichts zu bedeuten,
es habe keine Noth, man koͤnne indeſſen wohl mit der Welt mitmachen,
man werde doch ſeelig werden, GOtt ſeye nicht ſo mißguͤnſtig, daß
er einem der es ſonſt gut meynt, aber eben darneben kein Heiliger
ſey, wie andere ſeyn wollen, eine Freud in der Welt mißgoͤnne:
Das lehret der Teuffel die Leut, und dem glauben, dem folgen ſie,

und
a Jer. XVIII. 13. 14.
b Joh. XIV. 21. 24.
c Jer. VII. 4. 11.
U 3
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[157/0253] einer glaubigen Seele nach JESU. niemand kommen! Ach ſoll ich dieſes meinem JEſu klagen, daß kein Hertz mehr begehre ihne zu ſuchen, noch zu lieben? Jſt dann die Welt ſo gar verderbt? Fraget doch unter den Heyden, wer hat je desgleichen gehoͤrt, daß die Jungfrau Jſrael ſo gar greuliche Dinge thut, bleibet doch der Schnee laͤnger auf den Steinen im Feld, wanns vom Liba- non herab ſchneyet, und das Regen-Waſſer verſie- get nicht ſo bald, als mein Volck mein vergiſſet a; Ey warum doch? Jſt es dann etwas ſo ſchaͤdliches mit und bey GOtt leben? Jſt dann JEſus ein Betrieger worden? §. 15. Ja die Welt haltet ihne fuͤr einen Betrieger; Dann ſiehe was ſie thut: JEſus ſagt: Wir ſollen ihn lieben, ihn allein begehren, ihne ſuchen, ſo wolle er uns ewig gluͤckſeelig machen b, und zu ſich in ſeine Herrlichkeit nehmen, in deren er ſich befindet; Aber niemand will dieſes thun, noch glauben, woraus folget, daß man ihme nicht recht traue, als wann er es nicht gar gut meinte, ſondern die Leut nur alſo verblenden wolle; Dann wann ſie anderſt meinten, glaubten, ſo wuͤrden ſie auch anderſt thun, leben, und ihre Sachen darnach anſtellen. weilen man JE- ſu nicht recht trauet, §. 16. Ach was Schmach, muß doch der zur Rechten der Maje- ſtaͤt in der Hoͤhe ſitzende JEſus leiden, von denen, die ſich Chriſten nennen laſſen! ſeine Lehr, ſo eine himmliſche Wahrheit iſt, muß Verblendung, gefaͤhrlich und verdaͤchtig heiſſen; Hingegen das was Satan der Lugen-Geiſt einblaſet, muß Wahrheit, aufrichtig ge- meynet ſeyn, er ſagt: Wann man dann und wann in die Kirchen komme c, Morgen und Abends ein Gebett aus einem Gebett-Buch daher leſe, zu gewiſſen Zeiten zum Heil. Abendmahl gehe, ob man ſchon die Zeit uͤber kein Heiliger ſeye, nicht gar viel an JEſum den- cke; Wann man Almoſen gebe, ſo habe es gar nichts zu bedeuten, es habe keine Noth, man koͤnne indeſſen wohl mit der Welt mitmachen, man werde doch ſeelig werden, GOtt ſeye nicht ſo mißguͤnſtig, daß er einem der es ſonſt gut meynt, aber eben darneben kein Heiliger ſey, wie andere ſeyn wollen, eine Freud in der Welt mißgoͤnne: Das lehret der Teuffel die Leut, und dem glauben, dem folgen ſie, und weilen man ſich vom Sa- tan betaͤu- ben laͤſſet. a Jer. XVIII. 13. 14. b Joh. XIV. 21. 24. c Jer. VII. 4. 11. U 3

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/253>, abgerufen am 11.05.2024.