lischen Vatters allein gute Stund gelassentlich warten, biß es ihm gefalle, daß dich seine starcke Hand in den Garten Christi verpflantze, damit du der Einflüssen seiner Gnaden theilhafftig, und von der Herr- lichkeit seiner Erkanntniß und Liebe nach und nach eingenommen wer- dest: Mein liebes Hertz! fahe es an wie du willt; Nichts vermag dich so schnell von der Sünd entbinden als Christi Augen.
Vermah- nung JE- sum anzu- nehmen.
§. 6. Nimm denn JEsum an, dann es kan dir und mir nichts zu- kommen, deß du so hoch bedürfftig seyest: Jch bin vom Cananiter- Geschlecht, habe fein gar nichts angenehmes, kein Aug erbarmet sich mein, ich liege als eine abscheuliche Affter-Geburt auf dem Feld, alle Sünden lauffen über mich hin, habe nicht ein Fätzen die Schand mei- ner Blösse zu decken; Meine Ehren-Stelle ist eine Sclavin des heß- lichen Welt-Fürsten zu seyn.
Jetzt buhlet JEsus um mich: dunckt dich das ein geringes a? wie unendlich unmäßig verliebt muß er seyn in mich: Meine Mißgestalt treibt ihn nicht ab: Er steiget vom Thron seiner Herrlichkeit, thut eine so weite Reise aus Liebe zu mir und stirbet für mich: Ein irrdi- scher Liebhaber kan wohl vor Liebe erkrancken, sein Leben wagen, sei- ne Liebe zu bewähren: Aber o erstaunliche Wunder-Liebe Christi des Lamms; Es läßt sich erwürgen, schlachten, am Feuer braten, damit es uns mit seinem Blut wäsche und mit seinem Geist salbe: Er steckt sich in Kercker, Band und Eisen, damit er für uns bezahle und uns frey mache: O Wunder-Bräutigam, der Leib und Seel, Blut und Leben daran setzt, daß er mich zu seiner Braut kriege: Wo thäte das ein Gesell vor die brävste Königs Tochter?
Wie wohl es eine Seele bey JEsu ha- ben werde.
§. 7. Schliesse daraus wie wohl es dir seyn werde bey GOTT dem Vatter, der seinen einigen Sohn aus Liebe für dich hingibt, und wie gut Sach du werdest haben bey einem so hefftig und unver- änderlich verliebten Bräutigam: Was kan er dir wohl abschlagen, wie zärtlich wird er dich halten, nach dem er dich mit so unausdenck- licher Mühe, und mit so grausamen Unkösten erarmet, daß er dich ewig habe.
O Seele! JEsus ist ein milder HERR, er gibt einen herrlichen Braut-Schatz, daß ein verständig Hertz wohl zu frieden seyn kan: Auf den Handklapf gibt er so bald den Trauring, den Heiligen Geist
der
a 1 Sam. XVIII. 23.
Die geiſtliche Vermaͤhlung JEſu
liſchen Vatters allein gute Stund gelaſſentlich warten, biß es ihm gefalle, daß dich ſeine ſtarcke Hand in den Garten Chriſti verpflantze, damit du der Einfluͤſſen ſeiner Gnaden theilhafftig, und von der Herr- lichkeit ſeiner Erkanntniß und Liebe nach und nach eingenommen wer- deſt: Mein liebes Hertz! fahe es an wie du willt; Nichts vermag dich ſo ſchnell von der Suͤnd entbinden als Chriſti Augen.
Vermah- nung JE- ſum anzu- nehmen.
§. 6. Nimm denn JEſum an, dann es kan dir und mir nichts zu- kommen, deß du ſo hoch beduͤrfftig ſeyeſt: Jch bin vom Cananiter- Geſchlecht, habe fein gar nichts angenehmes, kein Aug erbarmet ſich mein, ich liege als eine abſcheuliche Affter-Geburt auf dem Feld, alle Suͤnden lauffen uͤber mich hin, habe nicht ein Faͤtzen die Schand mei- ner Bloͤſſe zu decken; Meine Ehren-Stelle iſt eine Sclavin des heß- lichen Welt-Fuͤrſten zu ſeyn.
Jetzt buhlet JEſus um mich: dunckt dich das ein geringes a? wie unendlich unmaͤßig verliebt muß er ſeyn in mich: Meine Mißgeſtalt treibt ihn nicht ab: Er ſteiget vom Thron ſeiner Herrlichkeit, thut eine ſo weite Reiſe aus Liebe zu mir und ſtirbet fuͤr mich: Ein irrdi- ſcher Liebhaber kan wohl vor Liebe erkrancken, ſein Leben wagen, ſei- ne Liebe zu bewaͤhren: Aber o erſtaunliche Wunder-Liebe Chriſti des Lamms; Es laͤßt ſich erwuͤrgen, ſchlachten, am Feuer braten, damit es uns mit ſeinem Blut waͤſche und mit ſeinem Geiſt ſalbe: Er ſteckt ſich in Kercker, Band und Eiſen, damit er fuͤr uns bezahle und uns frey mache: O Wunder-Braͤutigam, der Leib und Seel, Blut und Leben daran ſetzt, daß er mich zu ſeiner Braut kriege: Wo thaͤte das ein Geſell vor die braͤvſte Koͤnigs Tochter?
Wie wohl es eine Seele bey JEſu ha- ben werde.
§. 7. Schlieſſe daraus wie wohl es dir ſeyn werde bey GOTT dem Vatter, der ſeinen einigen Sohn aus Liebe fuͤr dich hingibt, und wie gut Sach du werdeſt haben bey einem ſo hefftig und unver- aͤnderlich verliebten Braͤutigam: Was kan er dir wohl abſchlagen, wie zaͤrtlich wird er dich halten, nach dem er dich mit ſo unausdenck- licher Muͤhe, und mit ſo grauſamen Unkoͤſten erarmet, daß er dich ewig habe.
O Seele! JEſus iſt ein milder HERR, er gibt einen herrlichen Braut-Schatz, daß ein verſtaͤndig Hertz wohl zu frieden ſeyn kan: Auf den Handklapf gibt er ſo bald den Trauring, den Heiligen Geiſt
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a 1 Sam. XVIII. 23.
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damit du der Einfluͤſſen ſeiner Gnaden theilhafftig, und von der Herr-
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deſt: Mein liebes Hertz! fahe es an wie du willt; Nichts vermag dich
ſo ſchnell von der Suͤnd entbinden als Chriſti Augen.
§. 6. Nimm denn JEſum an, dann es kan dir und mir nichts zu-
kommen, deß du ſo hoch beduͤrfftig ſeyeſt: Jch bin vom Cananiter-
Geſchlecht, habe fein gar nichts angenehmes, kein Aug erbarmet ſich
mein, ich liege als eine abſcheuliche Affter-Geburt auf dem Feld, alle
Suͤnden lauffen uͤber mich hin, habe nicht ein Faͤtzen die Schand mei-
ner Bloͤſſe zu decken; Meine Ehren-Stelle iſt eine Sclavin des heß-
lichen Welt-Fuͤrſten zu ſeyn.
Jetzt buhlet JEſus um mich: dunckt dich das ein geringes a? wie
unendlich unmaͤßig verliebt muß er ſeyn in mich: Meine Mißgeſtalt
treibt ihn nicht ab: Er ſteiget vom Thron ſeiner Herrlichkeit, thut
eine ſo weite Reiſe aus Liebe zu mir und ſtirbet fuͤr mich: Ein irrdi-
ſcher Liebhaber kan wohl vor Liebe erkrancken, ſein Leben wagen, ſei-
ne Liebe zu bewaͤhren: Aber o erſtaunliche Wunder-Liebe Chriſti des
Lamms; Es laͤßt ſich erwuͤrgen, ſchlachten, am Feuer braten, damit
es uns mit ſeinem Blut waͤſche und mit ſeinem Geiſt ſalbe: Er ſteckt
ſich in Kercker, Band und Eiſen, damit er fuͤr uns bezahle und uns
frey mache: O Wunder-Braͤutigam, der Leib und Seel, Blut und
Leben daran ſetzt, daß er mich zu ſeiner Braut kriege: Wo thaͤte das
ein Geſell vor die braͤvſte Koͤnigs Tochter?
§. 7. Schlieſſe daraus wie wohl es dir ſeyn werde bey GOTT
dem Vatter, der ſeinen einigen Sohn aus Liebe fuͤr dich hingibt,
und wie gut Sach du werdeſt haben bey einem ſo hefftig und unver-
aͤnderlich verliebten Braͤutigam: Was kan er dir wohl abſchlagen,
wie zaͤrtlich wird er dich halten, nach dem er dich mit ſo unausdenck-
licher Muͤhe, und mit ſo grauſamen Unkoͤſten erarmet, daß er dich
ewig habe.
O Seele! JEſus iſt ein milder HERR, er gibt einen herrlichen
Braut-Schatz, daß ein verſtaͤndig Hertz wohl zu frieden ſeyn kan:
Auf den Handklapf gibt er ſo bald den Trauring, den Heiligen Geiſt
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a 1 Sam. XVIII. 23.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1396>, abgerufen am 22.11.2024.
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