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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Evangelii JESU.
dächten! wie es ein gar zu erbärmliche Sach sey hier den Leib mitder sie in
das Ver-
derben
stürtzet,
eine Ursach
dazu seye,
und alles
was sie
vorwen-
den ihnen
nichts
helffe.

stätem Arbeiten abmerckeln, kümmerlich sich durchbringen, und Tag
und Nacht sich fretten und nagen, und doch zuletzt, weilen man kein
viertel Stund an JEsum wenden mag, verdammt werden. Ge-
wiß, es wäre ein und anderer Burger und Bauer niemahlen verdor-
ben und an Bettel-Staab gerathen, wann er nicht lieber zu bösen
verführischen Leuten gegangen, und ihrem Rath mit fressen, sauf-
fen und faullentzen gefolget, als aber zu JEsu kommen und Seinem
heiligen Willen im Evangelio nachgelebet hätte. Einmahlen es bleibt
darbey; Wer viel betten, viel an Christi Leiden und Sterben ge-
dencken, allen seinen Zeit-Vertreib und Erquick-Stunden bey dem
einigen und höchsten Gut suchen, die theuren Verheissungen deß
Gnaden-Bunds Tag und Nacht betrachten a, wer dieses, sag ich,
für überflüßig, schädlich, und als eine Sach haltet, die nichts ein-
trage, ja gar die Zeit verderbe, der muß nothwendig entweder an
Leib oder Seel, oder auch an beyden crepiren und zu Grund gehen b,
und hats dabey niemand als sich selbst zu verdancken, aus Ursach,
weilen er nicht hat zu Christo kommen, noch den Vatter um die
Hülff seines H. Geistes mit beständigem Verlangen anflehen wollen,
um zu JEsu hinüber gebracht zu werden.

§. 17. Und auf diese Weise vercomplimentiret die arge, blindeDann mit
allem ih-
rem Kir-
chen-Ge-
hen ma-
chen sie
sich dan-
noch nicht
zu JEsu.

Welt ihr eigen Heyl, indem bey nahe niemand GOtt folget, sich
unter den Blut-Fahnen und Anführung JEsu zu begeben. Wie
dörffet ihr dann, o ihr arme, betrogene Christen eueren Kirchgang
vorschützen, nach welchem ihr doch kein einigen Schritt näher zu
JEsu gekommen, ja aus derselben gantz ledig und leer von himmli-
schen Gaaben weggehet. Ja! wie dörffet ihr glauben, daß der
Vatter unsers HErrn JEsu Christi die Kleinodien seines Himmel-
reichs in euere Hertzen, als garstige Geschirr voll Unflats werde hin-
ein legen, alldieweilen ihr dieselbe nicht wollet ausleeren, noch viel-
weniger durch JEsum von tausenderley unruhigen Affecten und de-
ren Unordnungen reinigen lassen?

§. 18. Was das heilige Abendmahl betrifft, so trettet ihr zu dem-Sie kom-
men zum
H. Abend-
mahl wie

selben wie Judas, und gebt JEsu den Verräther-Kuß. Dann
Judas der Unselige folgete JEsu immer nach, wo JEsus war,
da befand sich Judas auch, er kam zu Jhm an den Oelberg, stellete sich

sehr
a Ps. I. Jel. V. 24. VIII. 20.
b Mal. III. Hag. I.
F 2

Evangelii JESU.
daͤchten! wie es ein gar zu erbaͤrmliche Sach ſey hier den Leib mitder ſie in
das Ver-
derben
ſtuͤrtzet,
eine Urſach
dazu ſeye,
und alles
was ſie
vorwen-
den ihnen
nichts
helffe.

ſtaͤtem Arbeiten abmerckeln, kuͤmmerlich ſich durchbringen, und Tag
und Nacht ſich fretten und nagen, und doch zuletzt, weilen man kein
viertel Stund an JEſum wenden mag, verdammt werden. Ge-
wiß, es waͤre ein und anderer Burger und Bauer niemahlen verdor-
ben und an Bettel-Staab gerathen, wann er nicht lieber zu boͤſen
verfuͤhriſchen Leuten gegangen, und ihrem Rath mit freſſen, ſauf-
fen und faullentzen gefolget, als aber zu JEſu kommen und Seinem
heiligen Willen im Evangelio nachgelebet haͤtte. Einmahlen es bleibt
darbey; Wer viel betten, viel an Chriſti Leiden und Sterben ge-
dencken, allen ſeinen Zeit-Vertreib und Erquick-Stunden bey dem
einigen und hoͤchſten Gut ſuchen, die theuren Verheiſſungen deß
Gnaden-Bunds Tag und Nacht betrachten a, wer dieſes, ſag ich,
fuͤr uͤberfluͤßig, ſchaͤdlich, und als eine Sach haltet, die nichts ein-
trage, ja gar die Zeit verderbe, der muß nothwendig entweder an
Leib oder Seel, oder auch an beyden crepiren und zu Grund gehen b,
und hats dabey niemand als ſich ſelbſt zu verdancken, aus Urſach,
weilen er nicht hat zu Chriſto kommen, noch den Vatter um die
Huͤlff ſeines H. Geiſtes mit beſtaͤndigem Verlangen anflehen wollen,
um zu JEſu hinuͤber gebracht zu werden.

§. 17. Und auf dieſe Weiſe vercomplimentiret die arge, blindeDann mit
allem ih-
rem Kir-
chen-Ge-
hen ma-
chen ſie
ſich dan-
noch nicht
zu JEſu.

Welt ihr eigen Heyl, indem bey nahe niemand GOtt folget, ſich
unter den Blut-Fahnen und Anfuͤhrung JEſu zu begeben. Wie
doͤrffet ihr dann, o ihr arme, betrogene Chriſten eueren Kirchgang
vorſchuͤtzen, nach welchem ihr doch kein einigen Schritt naͤher zu
JEſu gekommen, ja aus derſelben gantz ledig und leer von himmli-
ſchen Gaaben weggehet. Ja! wie doͤrffet ihr glauben, daß der
Vatter unſers HErrn JEſu Chriſti die Kleinodien ſeines Himmel-
reichs in euere Hertzen, als garſtige Geſchirr voll Unflats werde hin-
ein legen, alldieweilen ihr dieſelbe nicht wollet ausleeren, noch viel-
weniger durch JEſum von tauſenderley unruhigen Affecten und de-
ren Unordnungen reinigen laſſen?

§. 18. Was das heilige Abendmahl betrifft, ſo trettet ihr zu dem-Sie kom-
men zum
H. Abend-
mahl wie

ſelben wie Judas, und gebt JEſu den Verraͤther-Kuß. Dann
Judas der Unſelige folgete JEſu immer nach, wo JEſus war,
da befand ſich Judas auch, er kam zu Jhm an den Oelberg, ſtellete ſich

ſehr
a Pſ. I. Jel. V. 24. VIII. 20.
b Mal. III. Hag. I.
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[43/0139] Evangelii JESU. daͤchten! wie es ein gar zu erbaͤrmliche Sach ſey hier den Leib mit ſtaͤtem Arbeiten abmerckeln, kuͤmmerlich ſich durchbringen, und Tag und Nacht ſich fretten und nagen, und doch zuletzt, weilen man kein viertel Stund an JEſum wenden mag, verdammt werden. Ge- wiß, es waͤre ein und anderer Burger und Bauer niemahlen verdor- ben und an Bettel-Staab gerathen, wann er nicht lieber zu boͤſen verfuͤhriſchen Leuten gegangen, und ihrem Rath mit freſſen, ſauf- fen und faullentzen gefolget, als aber zu JEſu kommen und Seinem heiligen Willen im Evangelio nachgelebet haͤtte. Einmahlen es bleibt darbey; Wer viel betten, viel an Chriſti Leiden und Sterben ge- dencken, allen ſeinen Zeit-Vertreib und Erquick-Stunden bey dem einigen und hoͤchſten Gut ſuchen, die theuren Verheiſſungen deß Gnaden-Bunds Tag und Nacht betrachten a, wer dieſes, ſag ich, fuͤr uͤberfluͤßig, ſchaͤdlich, und als eine Sach haltet, die nichts ein- trage, ja gar die Zeit verderbe, der muß nothwendig entweder an Leib oder Seel, oder auch an beyden crepiren und zu Grund gehen b, und hats dabey niemand als ſich ſelbſt zu verdancken, aus Urſach, weilen er nicht hat zu Chriſto kommen, noch den Vatter um die Huͤlff ſeines H. Geiſtes mit beſtaͤndigem Verlangen anflehen wollen, um zu JEſu hinuͤber gebracht zu werden. der ſie in das Ver- derben ſtuͤrtzet, eine Urſach dazu ſeye, und alles was ſie vorwen- den ihnen nichts helffe. §. 17. Und auf dieſe Weiſe vercomplimentiret die arge, blinde Welt ihr eigen Heyl, indem bey nahe niemand GOtt folget, ſich unter den Blut-Fahnen und Anfuͤhrung JEſu zu begeben. Wie doͤrffet ihr dann, o ihr arme, betrogene Chriſten eueren Kirchgang vorſchuͤtzen, nach welchem ihr doch kein einigen Schritt naͤher zu JEſu gekommen, ja aus derſelben gantz ledig und leer von himmli- ſchen Gaaben weggehet. Ja! wie doͤrffet ihr glauben, daß der Vatter unſers HErrn JEſu Chriſti die Kleinodien ſeines Himmel- reichs in euere Hertzen, als garſtige Geſchirr voll Unflats werde hin- ein legen, alldieweilen ihr dieſelbe nicht wollet ausleeren, noch viel- weniger durch JEſum von tauſenderley unruhigen Affecten und de- ren Unordnungen reinigen laſſen? Dann mit allem ih- rem Kir- chen-Ge- hen ma- chen ſie ſich dan- noch nicht zu JEſu. §. 18. Was das heilige Abendmahl betrifft, ſo trettet ihr zu dem- ſelben wie Judas, und gebt JEſu den Verraͤther-Kuß. Dann Judas der Unſelige folgete JEſu immer nach, wo JEſus war, da befand ſich Judas auch, er kam zu Jhm an den Oelberg, ſtellete ſich ſehr Sie kom- men zum H. Abend- mahl wie a Pſ. I. Jel. V. 24. VIII. 20. b Mal. III. Hag. I. F 2

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/139>, abgerufen am 04.05.2024.