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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Wunder-Geheimnuß des
fahren müsse, damit sie vor mir, wann sie mich nur ansehen, oder
reden hören, erzittern und erschrecken; Mit einem Wort: Der
heilige Geist wurde einen himmlischen, der Welt abgestorbenen,
und JEsum innbrünstig liebenden Menschen aus mir machen, und
eben das mag ich auch nicht, dann da müßte ich aller Welt Narr,
Spott und Fingerzeig seyn, welches mir gar nicht anständig.

Mit dem,
daß sie die
ange-
wöhnten
Sünden
lassen
müßten.

§. 10. JEsus vergiebet Sünden; weil ich aber im Sinn habe
noch so lang zu sündigen, so lang es mir Lust und Vortheil brin-
get, so dringe ich eben nicht so sehr auf deren Vergebung, so bald
es aber mißlich um mich stehen sollte, wollte ich flugs das gantze
Pack meiner Sünden dem gedultigen und barmhertzigen Chri-
sto auf den Hals werffen, da gieng es eben mit mir in einem
hin, aller Sünden, die ich von Anfang biß zu Ende meines Lebens
begangen, Vergebung zu erlangen. Und was soll ich viel Wort
machen, spricht der HErr in der Welt:

Mit dem,
daß sie
nicht un-
ter der
Herr-
schafft
JEsu ste-
hen wol-
len.

§. 11. Wann ich zu JEsu käme, so wurde er wollen HErr seyn
über mich, und was nutzte mich da meine Meisterschafft, Verstand
und Kunst, so ich sie nicht nach meiner Willkühr brauchen könnte,
sondern müßte erst mit David bitten, von JEsu selbs geleitet zu
werden: O nein! ich will Jhne der Mühe entheben, und kan oh-
ne Jhn meine Sach gar wohl und dazu mit grossem Ruhm aus-
richten.

Also, und noch viel schlimmer machens die Reichen und Vor-
nehmen, daß sie auch offt ihre lästerliche Gedancken über ein und
andere Lehren des Heil. Evangelii nicht dörffen an Tag geben, sie
seyen dann bey ihres gleichen. Und auf diese Weiß bleiben die Ho-
hen von JEsu weit weit zuruck, nach dem Ausspruch des Apostels,
Nicht viel Weise nach dem Fleisch/ nicht viel Gewaltige, nicht
viel Edle seynd beruffen
a.

Werden
von Jhrer
Thorheit
überfüh-
ret.

§. 12. Aber ach! wie glückselig, wie ewig reich und herrlich wä-
ren sie, wann sie erkennten, wie die Hochheit dieser Erden, und al-
le irrdische Cronen und Reichthümmer erst dann zumahlen unver-
welcklich seyen, wann die Seel mit dem hohen GOtt vereiniget,
und mit Christi Demuth durchwürtzet ist. Wie hingegen, wo die-
ses versaumt werde, der Sturtzfall gar kläglich und erbärmlich seyn

wer-
a 1 Cor. I. 26.

Wunder-Geheimnuß des
fahren muͤſſe, damit ſie vor mir, wann ſie mich nur anſehen, oder
reden hoͤren, erzittern und erſchrecken; Mit einem Wort: Der
heilige Geiſt wurde einen himmliſchen, der Welt abgeſtorbenen,
und JEſum innbruͤnſtig liebenden Menſchen aus mir machen, und
eben das mag ich auch nicht, dann da muͤßte ich aller Welt Narr,
Spott und Fingerzeig ſeyn, welches mir gar nicht anſtaͤndig.

Mit dem,
daß ſie die
ange-
woͤhnten
Suͤnden
laſſen
muͤßten.

§. 10. JEſus vergiebet Suͤnden; weil ich aber im Sinn habe
noch ſo lang zu ſuͤndigen, ſo lang es mir Luſt und Vortheil brin-
get, ſo dringe ich eben nicht ſo ſehr auf deren Vergebung, ſo bald
es aber mißlich um mich ſtehen ſollte, wollte ich flugs das gantze
Pack meiner Suͤnden dem gedultigen und barmhertzigen Chri-
ſto auf den Hals werffen, da gieng es eben mit mir in einem
hin, aller Suͤnden, die ich von Anfang biß zu Ende meines Lebens
begangen, Vergebung zu erlangen. Und was ſoll ich viel Wort
machen, ſpricht der HErr in der Welt:

Mit dem,
daß ſie
nicht un-
ter der
Herr-
ſchafft
JEſu ſte-
hen wol-
len.

§. 11. Wann ich zu JEſu kaͤme, ſo wurde er wollen HErr ſeyn
uͤber mich, und was nutzte mich da meine Meiſterſchafft, Verſtand
und Kunſt, ſo ich ſie nicht nach meiner Willkuͤhr brauchen koͤnnte,
ſondern muͤßte erſt mit David bitten, von JEſu ſelbs geleitet zu
werden: O nein! ich will Jhne der Muͤhe entheben, und kan oh-
ne Jhn meine Sach gar wohl und dazu mit groſſem Ruhm aus-
richten.

Alſo, und noch viel ſchlimmer machens die Reichen und Vor-
nehmen, daß ſie auch offt ihre laͤſterliche Gedancken uͤber ein und
andere Lehren des Heil. Evangelii nicht doͤrffen an Tag geben, ſie
ſeyen dann bey ihres gleichen. Und auf dieſe Weiß bleiben die Ho-
hen von JEſu weit weit zuruck, nach dem Ausſpruch des Apoſtels,
Nicht viel Weiſe nach dem Fleiſch/ nicht viel Gewaltige, nicht
viel Edle ſeynd beruffen
a.

Werden
von Jhrer
Thorheit
uͤberfuͤh-
ret.

§. 12. Aber ach! wie gluͤckſelig, wie ewig reich und herrlich waͤ-
ren ſie, wann ſie erkennten, wie die Hochheit dieſer Erden, und al-
le irrdiſche Cronen und Reichthuͤmmer erſt dann zumahlen unver-
welcklich ſeyen, wann die Seel mit dem hohen GOtt vereiniget,
und mit Chriſti Demuth durchwuͤrtzet iſt. Wie hingegen, wo die-
ſes verſaumt werde, der Sturtzfall gar klaͤglich und erbaͤrmlich ſeyn

wer-
a 1 Cor. I. 26.
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[40/0136] Wunder-Geheimnuß des fahren muͤſſe, damit ſie vor mir, wann ſie mich nur anſehen, oder reden hoͤren, erzittern und erſchrecken; Mit einem Wort: Der heilige Geiſt wurde einen himmliſchen, der Welt abgeſtorbenen, und JEſum innbruͤnſtig liebenden Menſchen aus mir machen, und eben das mag ich auch nicht, dann da muͤßte ich aller Welt Narr, Spott und Fingerzeig ſeyn, welches mir gar nicht anſtaͤndig. §. 10. JEſus vergiebet Suͤnden; weil ich aber im Sinn habe noch ſo lang zu ſuͤndigen, ſo lang es mir Luſt und Vortheil brin- get, ſo dringe ich eben nicht ſo ſehr auf deren Vergebung, ſo bald es aber mißlich um mich ſtehen ſollte, wollte ich flugs das gantze Pack meiner Suͤnden dem gedultigen und barmhertzigen Chri- ſto auf den Hals werffen, da gieng es eben mit mir in einem hin, aller Suͤnden, die ich von Anfang biß zu Ende meines Lebens begangen, Vergebung zu erlangen. Und was ſoll ich viel Wort machen, ſpricht der HErr in der Welt: §. 11. Wann ich zu JEſu kaͤme, ſo wurde er wollen HErr ſeyn uͤber mich, und was nutzte mich da meine Meiſterſchafft, Verſtand und Kunſt, ſo ich ſie nicht nach meiner Willkuͤhr brauchen koͤnnte, ſondern muͤßte erſt mit David bitten, von JEſu ſelbs geleitet zu werden: O nein! ich will Jhne der Muͤhe entheben, und kan oh- ne Jhn meine Sach gar wohl und dazu mit groſſem Ruhm aus- richten. Alſo, und noch viel ſchlimmer machens die Reichen und Vor- nehmen, daß ſie auch offt ihre laͤſterliche Gedancken uͤber ein und andere Lehren des Heil. Evangelii nicht doͤrffen an Tag geben, ſie ſeyen dann bey ihres gleichen. Und auf dieſe Weiß bleiben die Ho- hen von JEſu weit weit zuruck, nach dem Ausſpruch des Apoſtels, Nicht viel Weiſe nach dem Fleiſch/ nicht viel Gewaltige, nicht viel Edle ſeynd beruffen a. §. 12. Aber ach! wie gluͤckſelig, wie ewig reich und herrlich waͤ- ren ſie, wann ſie erkennten, wie die Hochheit dieſer Erden, und al- le irrdiſche Cronen und Reichthuͤmmer erſt dann zumahlen unver- welcklich ſeyen, wann die Seel mit dem hohen GOtt vereiniget, und mit Chriſti Demuth durchwuͤrtzet iſt. Wie hingegen, wo die- ſes verſaumt werde, der Sturtzfall gar klaͤglich und erbaͤrmlich ſeyn wer- a 1 Cor. I. 26.

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/136>, abgerufen am 04.05.2024.