Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite

Wunder-Geheimnuß des
schrifft ihrer Priestern, und üben sich in den allerstrengsten Buß-Pflich-
ten. Und siehe! die Reformirten allein nemmen sich die Freyheit,
nach ihres Hertzens Gutduncken zu wandeln, wann sie nur den Wil-
len GOttes hören oder lesen, so lassen sie es bey diesem Hören und
Lesen verbleiben. Will man weiters gehen, und ihnen von einer
Sinnes- und Lebens-Aenderung, vom Gehorsam des Evangelii JE-
su Christi, von Verläugnung seiner selbsten, Verschmähung der
Welt etc. reden, so setzen sie entweder den Kopff auf, oder entschul-
digen sich höfflich. Darum ein eifferiger Holländischer Prediger in
einer Predigt über Ezech. 37. sehr wohl gesprochen: Ein Reformir-
ter, der den Heiligen Geist nicht hat, der ist ein Atheist. Und
das ist gewiß wahr; Dann sehet doch nur, wie sie es machen!

Wann
schon
GOTT
ruffet,
wollen sie
doch nicht
kommen,
und reden
sich aus;

§. 6. Wann zum Exempel eine gnädige Obrigkeit oder ein Kö-
nig jemand, er seye Juncker oder Bauer, zu sich bescheidet, den-
selben mit Freyheiten und Gaben zu beschencken, wie laufft nicht
alles herbey, und wann es schon wäre, Streich einzunemmen und
auszugeben, in Rauch, Feuer und Dampf sich hinein zu wagen,
und also Gut und Blut aufzuopffern, wie geschwind hat man ein
gantz Heer-Lager beysammen, von Edlen und Gemeinen? Nun se-
het! Es wincket uns der grosse, der herrliche GOTT in seinem
Wort, wir sollen die Städte des Verderbens verlassen, uns zu
Jhme nahen, seiner liebseeligen Würckung still halten, und uns
an seiner Gnaden-Hand führen lassen; wohin? zu seinem Christo,
und unserm JESU; Aber ach! da drehen sich Hohe und Niedere
davon, und schiebets immer einer auf den andern a.

Womit
sich die
Hohen
und Rei-
chen aus-
reden:
als mit
Jhren
hochwich-
tigen Ge-
schäfften.

§. 7. Der Hohe und Reiche meinet, er seye in allweg entschul-
diget und spricht: Jch habe hochwichtige Staats-Geschäffte, die
Stadt und Land angehen, wann ich das wohl verrichte, so ist allen
Leuten geholffen, auch bucket sich alle Welt vor mir, und wann ich
von hinnen muß, so fahre ich dannoch mit allen meinen Ehren ins
Königreich der Himmeln. Jch setze Pfarrer ein und Pfarrer ab,
trotz dem, der mir meinen inneren Seelen-Zustand vorhalten dörff-
te. Jch habe nicht der Zeit dem armen einfältigen JEsu Gehör
zu geben, und abzuwarten. Moses, David und Daniel, ob sie
schon grosse Königreich und Völcker zu regieren hatten, so hatten

sie
a Jes. XXX. Hose. XI. Act. II.

Wunder-Geheimnuß des
ſchrifft ihrer Prieſtern, und uͤben ſich in den allerſtrengſten Buß-Pflich-
ten. Und ſiehe! die Reformirten allein nemmen ſich die Freyheit,
nach ihres Hertzens Gutduncken zu wandeln, wann ſie nur den Wil-
len GOttes hoͤren oder leſen, ſo laſſen ſie es bey dieſem Hoͤren und
Leſen verbleiben. Will man weiters gehen, und ihnen von einer
Sinnes- und Lebens-Aenderung, vom Gehorſam des Evangelii JE-
ſu Chriſti, von Verlaͤugnung ſeiner ſelbſten, Verſchmaͤhung der
Welt ꝛc. reden, ſo ſetzen ſie entweder den Kopff auf, oder entſchul-
digen ſich hoͤfflich. Darum ein eifferiger Hollaͤndiſcher Prediger in
einer Predigt uͤber Ezech. 37. ſehr wohl geſprochen: Ein Reformir-
ter, der den Heiligen Geiſt nicht hat, der iſt ein Atheiſt. Und
das iſt gewiß wahr; Dann ſehet doch nur, wie ſie es machen!

Wann
ſchon
GOTT
ruffet,
wollen ſie
doch nicht
kommen,
und reden
ſich aus;

§. 6. Wann zum Exempel eine gnaͤdige Obrigkeit oder ein Koͤ-
nig jemand, er ſeye Juncker oder Bauer, zu ſich beſcheidet, den-
ſelben mit Freyheiten und Gaben zu beſchencken, wie laufft nicht
alles herbey, und wann es ſchon waͤre, Streich einzunemmen und
auszugeben, in Rauch, Feuer und Dampf ſich hinein zu wagen,
und alſo Gut und Blut aufzuopffern, wie geſchwind hat man ein
gantz Heer-Lager beyſammen, von Edlen und Gemeinen? Nun ſe-
het! Es wincket uns der groſſe, der herrliche GOTT in ſeinem
Wort, wir ſollen die Staͤdte des Verderbens verlaſſen, uns zu
Jhme nahen, ſeiner liebſeeligen Wuͤrckung ſtill halten, und uns
an ſeiner Gnaden-Hand fuͤhren laſſen; wohin? zu ſeinem Chriſto,
und unſerm JESU; Aber ach! da drehen ſich Hohe und Niedere
davon, und ſchiebets immer einer auf den andern a.

Womit
ſich die
Hohen
und Rei-
chen aus-
reden:
als mit
Jhren
hochwich-
tigen Ge-
ſchaͤfften.

§. 7. Der Hohe und Reiche meinet, er ſeye in allweg entſchul-
diget und ſpricht: Jch habe hochwichtige Staats-Geſchaͤffte, die
Stadt und Land angehen, wann ich das wohl verrichte, ſo iſt allen
Leuten geholffen, auch bucket ſich alle Welt vor mir, und wann ich
von hinnen muß, ſo fahre ich dannoch mit allen meinen Ehren ins
Koͤnigreich der Himmeln. Jch ſetze Pfarrer ein und Pfarrer ab,
trotz dem, der mir meinen inneren Seelen-Zuſtand vorhalten doͤrff-
te. Jch habe nicht der Zeit dem armen einfaͤltigen JEſu Gehoͤr
zu geben, und abzuwarten. Moſes, David und Daniel, ob ſie
ſchon groſſe Koͤnigreich und Voͤlcker zu regieren hatten, ſo hatten

ſie
a Jeſ. XXX. Hoſe. XI. Act. II.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0134" n="38"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Wunder-Geheimnuß des</hi></fw><lb/>
&#x017F;chrifft ihrer Prie&#x017F;tern, und u&#x0364;ben &#x017F;ich in den aller&#x017F;treng&#x017F;ten Buß-Pflich-<lb/>
ten. Und &#x017F;iehe! die Reformirten allein nemmen &#x017F;ich die Freyheit,<lb/>
nach ihres Hertzens Gutduncken zu wandeln, wann &#x017F;ie nur den Wil-<lb/>
len GOttes ho&#x0364;ren oder le&#x017F;en, &#x017F;o la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie es bey die&#x017F;em Ho&#x0364;ren und<lb/>
Le&#x017F;en verbleiben. Will man weiters gehen, und ihnen von einer<lb/>
Sinnes- und Lebens-Aenderung, vom Gehor&#x017F;am des Evangelii JE-<lb/>
&#x017F;u Chri&#x017F;ti, von Verla&#x0364;ugnung &#x017F;einer &#x017F;elb&#x017F;ten, Ver&#x017F;chma&#x0364;hung der<lb/>
Welt &#xA75B;c. reden, &#x017F;o &#x017F;etzen &#x017F;ie entweder den Kopff auf, oder ent&#x017F;chul-<lb/>
digen &#x017F;ich ho&#x0364;fflich. Darum ein eifferiger Holla&#x0364;ndi&#x017F;cher Prediger in<lb/>
einer Predigt u&#x0364;ber Ezech. 37. &#x017F;ehr wohl ge&#x017F;prochen: Ein Reformir-<lb/>
ter, der den Heiligen Gei&#x017F;t nicht hat, der i&#x017F;t ein Athei&#x017F;t. Und<lb/>
das i&#x017F;t gewiß wahr; Dann &#x017F;ehet doch nur, wie &#x017F;ie es machen!</p><lb/>
          <note place="left">Wann<lb/>
&#x017F;chon<lb/>
GOTT<lb/>
ruffet,<lb/>
wollen &#x017F;ie<lb/>
doch nicht<lb/>
kommen,<lb/>
und reden<lb/>
&#x017F;ich aus;</note>
          <p>§. 6. Wann zum Exempel eine gna&#x0364;dige Obrigkeit oder ein Ko&#x0364;-<lb/>
nig jemand, er &#x017F;eye Juncker oder Bauer, zu &#x017F;ich be&#x017F;cheidet, den-<lb/>
&#x017F;elben mit Freyheiten und Gaben zu be&#x017F;chencken, wie laufft nicht<lb/>
alles herbey, und wann es &#x017F;chon wa&#x0364;re, Streich einzunemmen und<lb/>
auszugeben, in Rauch, Feuer und Dampf &#x017F;ich hinein zu wagen,<lb/>
und al&#x017F;o Gut und Blut aufzuopffern, wie ge&#x017F;chwind hat man ein<lb/>
gantz Heer-Lager bey&#x017F;ammen, von Edlen und Gemeinen? Nun &#x017F;e-<lb/>
het! Es wincket uns der gro&#x017F;&#x017F;e, der herrliche GOTT in &#x017F;einem<lb/>
Wort, wir &#x017F;ollen die Sta&#x0364;dte des Verderbens verla&#x017F;&#x017F;en, uns zu<lb/>
Jhme nahen, &#x017F;einer lieb&#x017F;eeligen Wu&#x0364;rckung &#x017F;till halten, und uns<lb/>
an &#x017F;einer Gnaden-Hand fu&#x0364;hren la&#x017F;&#x017F;en; wohin? zu &#x017F;einem Chri&#x017F;to,<lb/>
und un&#x017F;erm JESU; Aber ach! da drehen &#x017F;ich Hohe und Niedere<lb/>
davon, und &#x017F;chiebets immer einer auf den andern <note place="foot" n="a"><hi rendition="#aq">Je&#x017F;. XXX. Ho&#x017F;e. XI. Act. II.</hi></note>.</p><lb/>
          <note place="left">Womit<lb/>
&#x017F;ich die<lb/>
Hohen<lb/>
und Rei-<lb/>
chen aus-<lb/>
reden:<lb/>
als mit<lb/>
Jhren<lb/>
hochwich-<lb/>
tigen Ge-<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;fften.</note>
          <p>§. 7. Der Hohe und Reiche meinet, er &#x017F;eye in allweg ent&#x017F;chul-<lb/>
diget und &#x017F;pricht: Jch habe hochwichtige Staats-Ge&#x017F;cha&#x0364;ffte, die<lb/>
Stadt und Land angehen, wann ich das wohl verrichte, &#x017F;o i&#x017F;t allen<lb/>
Leuten geholffen, auch bucket &#x017F;ich alle Welt vor mir, und wann ich<lb/>
von hinnen muß, &#x017F;o fahre ich dannoch mit allen meinen Ehren ins<lb/>
Ko&#x0364;nigreich der Himmeln. Jch &#x017F;etze Pfarrer ein und Pfarrer ab,<lb/>
trotz dem, der mir meinen inneren Seelen-Zu&#x017F;tand vorhalten do&#x0364;rff-<lb/>
te. Jch habe nicht der Zeit dem armen einfa&#x0364;ltigen JE&#x017F;u Geho&#x0364;r<lb/>
zu geben, und abzuwarten. Mo&#x017F;es, David und Daniel, ob &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;chon gro&#x017F;&#x017F;e Ko&#x0364;nigreich und Vo&#x0364;lcker zu regieren hatten, &#x017F;o hatten<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ie</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[38/0134] Wunder-Geheimnuß des ſchrifft ihrer Prieſtern, und uͤben ſich in den allerſtrengſten Buß-Pflich- ten. Und ſiehe! die Reformirten allein nemmen ſich die Freyheit, nach ihres Hertzens Gutduncken zu wandeln, wann ſie nur den Wil- len GOttes hoͤren oder leſen, ſo laſſen ſie es bey dieſem Hoͤren und Leſen verbleiben. Will man weiters gehen, und ihnen von einer Sinnes- und Lebens-Aenderung, vom Gehorſam des Evangelii JE- ſu Chriſti, von Verlaͤugnung ſeiner ſelbſten, Verſchmaͤhung der Welt ꝛc. reden, ſo ſetzen ſie entweder den Kopff auf, oder entſchul- digen ſich hoͤfflich. Darum ein eifferiger Hollaͤndiſcher Prediger in einer Predigt uͤber Ezech. 37. ſehr wohl geſprochen: Ein Reformir- ter, der den Heiligen Geiſt nicht hat, der iſt ein Atheiſt. Und das iſt gewiß wahr; Dann ſehet doch nur, wie ſie es machen! §. 6. Wann zum Exempel eine gnaͤdige Obrigkeit oder ein Koͤ- nig jemand, er ſeye Juncker oder Bauer, zu ſich beſcheidet, den- ſelben mit Freyheiten und Gaben zu beſchencken, wie laufft nicht alles herbey, und wann es ſchon waͤre, Streich einzunemmen und auszugeben, in Rauch, Feuer und Dampf ſich hinein zu wagen, und alſo Gut und Blut aufzuopffern, wie geſchwind hat man ein gantz Heer-Lager beyſammen, von Edlen und Gemeinen? Nun ſe- het! Es wincket uns der groſſe, der herrliche GOTT in ſeinem Wort, wir ſollen die Staͤdte des Verderbens verlaſſen, uns zu Jhme nahen, ſeiner liebſeeligen Wuͤrckung ſtill halten, und uns an ſeiner Gnaden-Hand fuͤhren laſſen; wohin? zu ſeinem Chriſto, und unſerm JESU; Aber ach! da drehen ſich Hohe und Niedere davon, und ſchiebets immer einer auf den andern a. §. 7. Der Hohe und Reiche meinet, er ſeye in allweg entſchul- diget und ſpricht: Jch habe hochwichtige Staats-Geſchaͤffte, die Stadt und Land angehen, wann ich das wohl verrichte, ſo iſt allen Leuten geholffen, auch bucket ſich alle Welt vor mir, und wann ich von hinnen muß, ſo fahre ich dannoch mit allen meinen Ehren ins Koͤnigreich der Himmeln. Jch ſetze Pfarrer ein und Pfarrer ab, trotz dem, der mir meinen inneren Seelen-Zuſtand vorhalten doͤrff- te. Jch habe nicht der Zeit dem armen einfaͤltigen JEſu Gehoͤr zu geben, und abzuwarten. Moſes, David und Daniel, ob ſie ſchon groſſe Koͤnigreich und Voͤlcker zu regieren hatten, ſo hatten ſie a Jeſ. XXX. Hoſe. XI. Act. II.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/134
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/134>, abgerufen am 04.05.2024.