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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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Die geistliche Vermählung JEsu
melreichs, dennoch wird eine Rebecca nicht verdrießlich; je verstock-
ter die Menschen sind, je mehr muß man Liecht, Krafft und Leben
aus dem Uberfluß des Heil. Geistes schöpffen, damit ihnen geholffen
werde.

Allein, weilen die Thiere gar zu grob sind, sie von Hand zu trän-
cken, so goß sie das Wasser aus in die Tränck-Rinne, das ist, in aus-
geleerte, gelassene Seelen, die aber gemeine Layen, sonst unerfah-
ren aller weltlichen Kunst und Weißheit, und darum desto fähiger
göttlicher Weißheit und Einfalt; die Warheiten demnach andern
in ihrer Land-Sprach vortragen können. Die himmlische Weißheit
giesset auch ihre erfrischende, besänfftigende, erquickende, Leben und
Seeligkeit bringende Wasser in die Tränck-Rinne der Worten,
Schrifften, Bildern, Gleichnissen, damit sie es denen tummen
Menschen, welche dennoch Christo angehören, desto kommlicher kön-
nen beybringen, und sie fein genug träncken können, und daß man
manchmal meynet, man könne bey diesem oder jenem nichts ausrich-
ten, ligt der Fehler nur daran, daß man gleich müd wird mit schöpf-
fen und mit ausleeren, entweder schöpfft man nichts aus dem Heil-
Brunnen und hat also nichts oder man scheuet das Ausleeren, in
dem man offt so trocken wird vom Zusprechen anderer Leuten; es
fehlet aber auch mercklich an Liebe und Demuth.

Der
Braut
Christi ist
keine Ar-
beit zu
schwer
um der
Außer-
wählten
Seelig-
keit wil-
len.

§. 3. Verß 21. Der Mann aber war gantz bestürtzt über sie, und schwieg
stille um zu erfahren, ob der HErr seinen Weg hätte gelingen lassen oder
nicht.
Die Aufführung einer künfftigen Braut Christi, da ihr kein
Leiden, Mühe und Arbeit zu schwer, kein Mensch zu schlecht, kein
Zustand zu gering, daß sie nicht alles thun solte um der Außerwähl-
ten willen, damit auch sie die Seeligkeit erlangen, die in Christo
JEsu ist mit ewiger Herrlichkeit, da sie auch vor alle und allerley See-
len Zustände eilends Trost, Rath, Unterricht in GOtt findet; Das
labet nicht nur einen Hochzeit-Bitter, und stillet ihm seinen Durst,
sondern macht ihn allerdings bestürtzt, wobey aber das Stilleschweigen
nichts schadet, dann eine unzeitige Lob-Rede ist noch zur Zeit unab-
gestorbenen ein tödtliches Gifft, und locket sie geschwind aus der
kindlichen Einfalt, worinn das meiste Wachsthum und Krafft be-
stehet, auch die geistliche Schönheit der Tugend unbefleckt bleibet.
O du kluger Elieser, welche schöne und nöthige Lection gibst du allen

Braut-

Die geiſtliche Vermaͤhlung JEſu
melreichs, dennoch wird eine Rebecca nicht verdrießlich; je verſtock-
ter die Menſchen ſind, je mehr muß man Liecht, Krafft und Leben
aus dem Uberfluß des Heil. Geiſtes ſchoͤpffen, damit ihnen geholffen
werde.

Allein, weilen die Thiere gar zu grob ſind, ſie von Hand zu traͤn-
cken, ſo goß ſie das Waſſer aus in die Traͤnck-Rinne, das iſt, in aus-
geleerte, gelaſſene Seelen, die aber gemeine Layen, ſonſt unerfah-
ren aller weltlichen Kunſt und Weißheit, und darum deſto faͤhiger
goͤttlicher Weißheit und Einfalt; die Warheiten demnach andern
in ihrer Land-Sprach vortragen koͤnnen. Die himmliſche Weißheit
gieſſet auch ihre erfriſchende, beſaͤnfftigende, erquickende, Leben und
Seeligkeit bringende Waſſer in die Traͤnck-Rinne der Worten,
Schrifften, Bildern, Gleichniſſen, damit ſie es denen tummen
Menſchen, welche dennoch Chriſto angehoͤren, deſto kommlicher koͤn-
nen beybringen, und ſie fein genug traͤncken koͤnnen, und daß man
manchmal meynet, man koͤnne bey dieſem oder jenem nichts ausrich-
ten, ligt der Fehler nur daran, daß man gleich muͤd wird mit ſchoͤpf-
fen und mit ausleeren, entweder ſchoͤpfft man nichts aus dem Heil-
Brunnen und hat alſo nichts oder man ſcheuet das Ausleeren, in
dem man offt ſo trocken wird vom Zuſprechen anderer Leuten; es
fehlet aber auch mercklich an Liebe und Demuth.

Der
Braut
Chriſti iſt
keine Ar-
beit zu
ſchwer
um der
Außer-
waͤhlten
Seelig-
keit wil-
len.

§. 3. Verß 21. Der Mann aber war gantz beſtuͤrtzt uͤber ſie, und ſchwieg
ſtille um zu erfahren, ob der HErr ſeinen Weg haͤtte gelingen laſſen oder
nicht.
Die Auffuͤhrung einer kuͤnfftigen Braut Chriſti, da ihr kein
Leiden, Muͤhe und Arbeit zu ſchwer, kein Menſch zu ſchlecht, kein
Zuſtand zu gering, daß ſie nicht alles thun ſolte um der Außerwaͤhl-
ten willen, damit auch ſie die Seeligkeit erlangen, die in Chriſto
JEſu iſt mit ewiger Herrlichkeit, da ſie auch vor alle und allerley See-
len Zuſtaͤnde eilends Troſt, Rath, Unterricht in GOtt findet; Das
labet nicht nur einen Hochzeit-Bitter, und ſtillet ihm ſeinen Durſt,
ſondern macht ihn allerdings beſtuͤrtzt, wobey aber das Stilleſchweigen
nichts ſchadet, dann eine unzeitige Lob-Rede iſt noch zur Zeit unab-
geſtorbenen ein toͤdtliches Gifft, und locket ſie geſchwind aus der
kindlichen Einfalt, worinn das meiſte Wachsthum und Krafft be-
ſtehet, auch die geiſtliche Schoͤnheit der Tugend unbefleckt bleibet.
O du kluger Elieſer, welche ſchoͤne und noͤthige Lection gibſt du allen

Braut-
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[1234/1330] Die geiſtliche Vermaͤhlung JEſu melreichs, dennoch wird eine Rebecca nicht verdrießlich; je verſtock- ter die Menſchen ſind, je mehr muß man Liecht, Krafft und Leben aus dem Uberfluß des Heil. Geiſtes ſchoͤpffen, damit ihnen geholffen werde. Allein, weilen die Thiere gar zu grob ſind, ſie von Hand zu traͤn- cken, ſo goß ſie das Waſſer aus in die Traͤnck-Rinne, das iſt, in aus- geleerte, gelaſſene Seelen, die aber gemeine Layen, ſonſt unerfah- ren aller weltlichen Kunſt und Weißheit, und darum deſto faͤhiger goͤttlicher Weißheit und Einfalt; die Warheiten demnach andern in ihrer Land-Sprach vortragen koͤnnen. Die himmliſche Weißheit gieſſet auch ihre erfriſchende, beſaͤnfftigende, erquickende, Leben und Seeligkeit bringende Waſſer in die Traͤnck-Rinne der Worten, Schrifften, Bildern, Gleichniſſen, damit ſie es denen tummen Menſchen, welche dennoch Chriſto angehoͤren, deſto kommlicher koͤn- nen beybringen, und ſie fein genug traͤncken koͤnnen, und daß man manchmal meynet, man koͤnne bey dieſem oder jenem nichts ausrich- ten, ligt der Fehler nur daran, daß man gleich muͤd wird mit ſchoͤpf- fen und mit ausleeren, entweder ſchoͤpfft man nichts aus dem Heil- Brunnen und hat alſo nichts oder man ſcheuet das Ausleeren, in dem man offt ſo trocken wird vom Zuſprechen anderer Leuten; es fehlet aber auch mercklich an Liebe und Demuth. §. 3. Verß 21. Der Mann aber war gantz beſtuͤrtzt uͤber ſie, und ſchwieg ſtille um zu erfahren, ob der HErr ſeinen Weg haͤtte gelingen laſſen oder nicht. Die Auffuͤhrung einer kuͤnfftigen Braut Chriſti, da ihr kein Leiden, Muͤhe und Arbeit zu ſchwer, kein Menſch zu ſchlecht, kein Zuſtand zu gering, daß ſie nicht alles thun ſolte um der Außerwaͤhl- ten willen, damit auch ſie die Seeligkeit erlangen, die in Chriſto JEſu iſt mit ewiger Herrlichkeit, da ſie auch vor alle und allerley See- len Zuſtaͤnde eilends Troſt, Rath, Unterricht in GOtt findet; Das labet nicht nur einen Hochzeit-Bitter, und ſtillet ihm ſeinen Durſt, ſondern macht ihn allerdings beſtuͤrtzt, wobey aber das Stilleſchweigen nichts ſchadet, dann eine unzeitige Lob-Rede iſt noch zur Zeit unab- geſtorbenen ein toͤdtliches Gifft, und locket ſie geſchwind aus der kindlichen Einfalt, worinn das meiſte Wachsthum und Krafft be- ſtehet, auch die geiſtliche Schoͤnheit der Tugend unbefleckt bleibet. O du kluger Elieſer, welche ſchoͤne und noͤthige Lection gibſt du allen Braut-

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1330>, abgerufen am 22.11.2024.