Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite

Labsal in Trübsal.
alles hindurch zu Christo selbst zu kommen; man lasset sich von der
Sünd aufhalten; das Hertz williget heimlich ein, noch ein wenig
und wiederum ein wenig bey ihr zu bleiben, demnach die Sünd die
arme Seel schmeichelhafft umfanget und nicht will gehen lassen; sin-
temahl die Seel ihr gewohntes Wohn-Ort ist, ausser welchem die
Sünd kein Bleiben hat, sondern verderben muß; da stimmet man-
cher bald ein, daß die Sünd ein wenig länger da hause, von der man
sich doch so kaum loß winden könne; Ach der Buß-Kampf schreckt die
meisten Leute ab; woraus offenbar ist, daß eben darum niemand zu
Christo komme, er habe dann empfunden was eine verlohrne Seel
sey und wie nöthig man JEsum Christum haben müsse; Auch daß
einer, der es lieber ohne Streit mit der Sünd auf die Ewigkeit
waget, närrischer handele, als einer, der sich lieber mit feurigen
Zangen zerpfetzen liesse, als einwilligen, daß ihme ein Haar ausge-
raufft würde:

Auch die,
welche die
Hülff JE-
su mit
Einbrunst
suchen,

§. 8. Dieses sind Leute, so sehr gern nicht im geringsten mehr sün-
digten, bitten auch GOtt, er wolle sie doch durch seine unendliche
Barmhertzigkeit gnädiglich beschencken mit einem Eckel und Abscheu-
en von der Sünd; damit sie doch die Schlang nicht mehr erwischen
könne bey der Neigung im Fleisch und als mit süssen bezaubernden Köder
hinnach locken und zu sich ziehen; sie verlangen hefftig, ihrer Natur
nicht das kleinste, fleischliche Vergnügen mehr zu gestatten, geb wie
hefftig sie darnach lüsternd ist; damit sie doch auch was sie im Fleisch
leben, auch dasselbe Leben im Glauben an den Sohn GOttes beste-
he Gal. 2, 20. und sie vom H. Geist so starck gefasset und gehalten
werden, daß sie den Willen ihrer gewesenen Busen-Sünd nicht
mehr thun dörffen oder können, sondern von allen und jeden Ver-
gnügungen der sündlichen Natur kräfftiglich zuruck gezogen und auch
ihre geheimste Gedancken von solcher Teufeley bewahret werden; sie
meiden auch sorgfältig alle Gelegenheit, dadurch der in ihnen übrig
gebliebene Zunder der Sünd einige Funcken empfahen könnte;

wann sie
im Kampf
nachläßig
werden.

§. 9. Wo sie aber etwa läßig und sicher werden im kämpffenden
Nachringen und Durchwinden durch die enge Porten der neuen Ge-
burt: Da begegnet ihnen aus Göttlichem gerechten Verhängniß et-
wa unvermuthet eine starcke Versuchung, von deren sie als von ei-
nem angeworffenen Strick plötzlich solcher gestalten verwickelt wer-

den,

Labſal in Truͤbſal.
alles hindurch zu Chriſto ſelbſt zu kommen; man laſſet ſich von der
Suͤnd aufhalten; das Hertz williget heimlich ein, noch ein wenig
und wiederum ein wenig bey ihr zu bleiben, demnach die Suͤnd die
arme Seel ſchmeichelhafft umfanget und nicht will gehen laſſen; ſin-
temahl die Seel ihr gewohntes Wohn-Ort iſt, auſſer welchem die
Suͤnd kein Bleiben hat, ſondern verderben muß; da ſtimmet man-
cher bald ein, daß die Suͤnd ein wenig laͤnger da hauſe, von der man
ſich doch ſo kaum loß winden koͤnne; Ach der Buß-Kampf ſchreckt die
meiſten Leute ab; woraus offenbar iſt, daß eben darum niemand zu
Chriſto komme, er habe dann empfunden was eine verlohrne Seel
ſey und wie noͤthig man JEſum Chriſtum haben muͤſſe; Auch daß
einer, der es lieber ohne Streit mit der Suͤnd auf die Ewigkeit
waget, naͤrriſcher handele, als einer, der ſich lieber mit feurigen
Zangen zerpfetzen lieſſe, als einwilligen, daß ihme ein Haar ausge-
raufft wuͤrde:

Auch die,
welche die
Huͤlff JE-
ſu mit
Einbrunſt
ſuchen,

§. 8. Dieſes ſind Leute, ſo ſehr gern nicht im geringſten mehr ſuͤn-
digten, bitten auch GOtt, er wolle ſie doch durch ſeine unendliche
Barmhertzigkeit gnaͤdiglich beſchencken mit einem Eckel und Abſcheu-
en von der Suͤnd; damit ſie doch die Schlang nicht mehr erwiſchen
koͤnne bey der Neigung im Fleiſch und als mit ſuͤſſen bezaubernden Koͤder
hinnach locken und zu ſich ziehen; ſie verlangen hefftig, ihrer Natur
nicht das kleinſte, fleiſchliche Vergnuͤgen mehr zu geſtatten, geb wie
hefftig ſie darnach luͤſternd iſt; damit ſie doch auch was ſie im Fleiſch
leben, auch daſſelbe Leben im Glauben an den Sohn GOttes beſte-
he Gal. 2, 20. und ſie vom H. Geiſt ſo ſtarck gefaſſet und gehalten
werden, daß ſie den Willen ihrer geweſenen Buſen-Suͤnd nicht
mehr thun doͤrffen oder koͤnnen, ſondern von allen und jeden Ver-
gnuͤgungen der ſuͤndlichen Natur kraͤfftiglich zuruck gezogen und auch
ihre geheimſte Gedancken von ſolcher Teufeley bewahret werden; ſie
meiden auch ſorgfaͤltig alle Gelegenheit, dadurch der in ihnen uͤbrig
gebliebene Zunder der Suͤnd einige Funcken empfahen koͤnnte;

wann ſie
im Kampf
nachlaͤßig
werden.

§. 9. Wo ſie aber etwa laͤßig und ſicher werden im kaͤmpffenden
Nachringen und Durchwinden durch die enge Porten der neuen Ge-
burt: Da begegnet ihnen aus Goͤttlichem gerechten Verhaͤngniß et-
wa unvermuthet eine ſtarcke Verſuchung, von deren ſie als von ei-
nem angeworffenen Strick ploͤtzlich ſolcher geſtalten verwickelt wer-

den,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f1212" n="1116"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Lab&#x017F;al in Tru&#x0364;b&#x017F;al.</hi></fw><lb/>
alles hindurch zu Chri&#x017F;to &#x017F;elb&#x017F;t zu kommen; man la&#x017F;&#x017F;et &#x017F;ich von der<lb/>
Su&#x0364;nd aufhalten; das Hertz williget heimlich ein, noch ein wenig<lb/>
und wiederum ein wenig bey ihr zu bleiben, demnach die Su&#x0364;nd die<lb/>
arme Seel &#x017F;chmeichelhafft umfanget und nicht will gehen la&#x017F;&#x017F;en; &#x017F;in-<lb/>
temahl die Seel ihr gewohntes Wohn-Ort i&#x017F;t, au&#x017F;&#x017F;er welchem die<lb/>
Su&#x0364;nd kein Bleiben hat, &#x017F;ondern verderben muß; da &#x017F;timmet man-<lb/>
cher bald ein, daß die Su&#x0364;nd ein wenig la&#x0364;nger da hau&#x017F;e, von der man<lb/>
&#x017F;ich doch &#x017F;o kaum loß winden ko&#x0364;nne; Ach der Buß-Kampf &#x017F;chreckt die<lb/>
mei&#x017F;ten Leute ab; woraus offenbar i&#x017F;t, daß eben darum niemand zu<lb/>
Chri&#x017F;to komme, er habe dann empfunden was eine verlohrne Seel<lb/>
&#x017F;ey und wie no&#x0364;thig man JE&#x017F;um Chri&#x017F;tum haben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e; Auch daß<lb/>
einer, der es lieber ohne Streit mit der Su&#x0364;nd auf die Ewigkeit<lb/>
waget, na&#x0364;rri&#x017F;cher handele, als einer, der &#x017F;ich lieber mit feurigen<lb/>
Zangen zerpfetzen lie&#x017F;&#x017F;e, als einwilligen, daß ihme ein Haar ausge-<lb/>
raufft wu&#x0364;rde:</p><lb/>
          <note place="left">Auch die,<lb/>
welche die<lb/>
Hu&#x0364;lff JE-<lb/>
&#x017F;u mit<lb/>
Einbrun&#x017F;t<lb/>
&#x017F;uchen,</note>
          <p>§. 8. Die&#x017F;es &#x017F;ind Leute, &#x017F;o &#x017F;ehr gern nicht im gering&#x017F;ten mehr &#x017F;u&#x0364;n-<lb/>
digten, bitten auch GOtt, er wolle &#x017F;ie doch durch &#x017F;eine unendliche<lb/>
Barmhertzigkeit gna&#x0364;diglich be&#x017F;chencken mit einem Eckel und Ab&#x017F;cheu-<lb/>
en von der Su&#x0364;nd; damit &#x017F;ie doch die Schlang nicht mehr erwi&#x017F;chen<lb/>
ko&#x0364;nne bey der Neigung im Flei&#x017F;ch und als mit &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;en bezaubernden Ko&#x0364;der<lb/>
hinnach locken und zu &#x017F;ich ziehen; &#x017F;ie verlangen hefftig, ihrer Natur<lb/>
nicht das klein&#x017F;te, flei&#x017F;chliche Vergnu&#x0364;gen mehr zu ge&#x017F;tatten, geb wie<lb/>
hefftig &#x017F;ie darnach lu&#x0364;&#x017F;ternd i&#x017F;t; damit &#x017F;ie doch auch was &#x017F;ie <hi rendition="#fr">im Flei&#x017F;ch</hi><lb/>
leben, auch da&#x017F;&#x017F;elbe Leben im Glauben an den Sohn GOttes be&#x017F;te-<lb/>
he Gal. 2, 20. und &#x017F;ie vom H. Gei&#x017F;t &#x017F;o &#x017F;tarck gefa&#x017F;&#x017F;et und gehalten<lb/>
werden, daß &#x017F;ie den Willen ihrer gewe&#x017F;enen Bu&#x017F;en-Su&#x0364;nd nicht<lb/>
mehr thun do&#x0364;rffen oder ko&#x0364;nnen, &#x017F;ondern von allen und jeden Ver-<lb/>
gnu&#x0364;gungen der &#x017F;u&#x0364;ndlichen Natur kra&#x0364;fftiglich zuruck gezogen und auch<lb/>
ihre geheim&#x017F;te Gedancken von &#x017F;olcher Teufeley bewahret werden; &#x017F;ie<lb/>
meiden auch &#x017F;orgfa&#x0364;ltig alle Gelegenheit, dadurch der in ihnen u&#x0364;brig<lb/>
gebliebene Zunder der Su&#x0364;nd einige Funcken empfahen ko&#x0364;nnte;</p><lb/>
          <note place="left">wann &#x017F;ie<lb/>
im Kampf<lb/>
nachla&#x0364;ßig<lb/>
werden.</note>
          <p>§. 9. Wo &#x017F;ie aber etwa la&#x0364;ßig und &#x017F;icher werden im ka&#x0364;mpffenden<lb/>
Nachringen und Durchwinden durch die enge Porten der neuen Ge-<lb/>
burt: Da begegnet ihnen aus Go&#x0364;ttlichem gerechten Verha&#x0364;ngniß et-<lb/>
wa unvermuthet eine &#x017F;tarcke Ver&#x017F;uchung, von deren &#x017F;ie als von ei-<lb/>
nem angeworffenen Strick plo&#x0364;tzlich &#x017F;olcher ge&#x017F;talten verwickelt wer-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">den,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1116/1212] Labſal in Truͤbſal. alles hindurch zu Chriſto ſelbſt zu kommen; man laſſet ſich von der Suͤnd aufhalten; das Hertz williget heimlich ein, noch ein wenig und wiederum ein wenig bey ihr zu bleiben, demnach die Suͤnd die arme Seel ſchmeichelhafft umfanget und nicht will gehen laſſen; ſin- temahl die Seel ihr gewohntes Wohn-Ort iſt, auſſer welchem die Suͤnd kein Bleiben hat, ſondern verderben muß; da ſtimmet man- cher bald ein, daß die Suͤnd ein wenig laͤnger da hauſe, von der man ſich doch ſo kaum loß winden koͤnne; Ach der Buß-Kampf ſchreckt die meiſten Leute ab; woraus offenbar iſt, daß eben darum niemand zu Chriſto komme, er habe dann empfunden was eine verlohrne Seel ſey und wie noͤthig man JEſum Chriſtum haben muͤſſe; Auch daß einer, der es lieber ohne Streit mit der Suͤnd auf die Ewigkeit waget, naͤrriſcher handele, als einer, der ſich lieber mit feurigen Zangen zerpfetzen lieſſe, als einwilligen, daß ihme ein Haar ausge- raufft wuͤrde: §. 8. Dieſes ſind Leute, ſo ſehr gern nicht im geringſten mehr ſuͤn- digten, bitten auch GOtt, er wolle ſie doch durch ſeine unendliche Barmhertzigkeit gnaͤdiglich beſchencken mit einem Eckel und Abſcheu- en von der Suͤnd; damit ſie doch die Schlang nicht mehr erwiſchen koͤnne bey der Neigung im Fleiſch und als mit ſuͤſſen bezaubernden Koͤder hinnach locken und zu ſich ziehen; ſie verlangen hefftig, ihrer Natur nicht das kleinſte, fleiſchliche Vergnuͤgen mehr zu geſtatten, geb wie hefftig ſie darnach luͤſternd iſt; damit ſie doch auch was ſie im Fleiſch leben, auch daſſelbe Leben im Glauben an den Sohn GOttes beſte- he Gal. 2, 20. und ſie vom H. Geiſt ſo ſtarck gefaſſet und gehalten werden, daß ſie den Willen ihrer geweſenen Buſen-Suͤnd nicht mehr thun doͤrffen oder koͤnnen, ſondern von allen und jeden Ver- gnuͤgungen der ſuͤndlichen Natur kraͤfftiglich zuruck gezogen und auch ihre geheimſte Gedancken von ſolcher Teufeley bewahret werden; ſie meiden auch ſorgfaͤltig alle Gelegenheit, dadurch der in ihnen uͤbrig gebliebene Zunder der Suͤnd einige Funcken empfahen koͤnnte; §. 9. Wo ſie aber etwa laͤßig und ſicher werden im kaͤmpffenden Nachringen und Durchwinden durch die enge Porten der neuen Ge- burt: Da begegnet ihnen aus Goͤttlichem gerechten Verhaͤngniß et- wa unvermuthet eine ſtarcke Verſuchung, von deren ſie als von ei- nem angeworffenen Strick ploͤtzlich ſolcher geſtalten verwickelt wer- den,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1212
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 1116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1212>, abgerufen am 22.11.2024.