innwendig von dem Meßia, von dessen Heil, allen seinen Wegen und Tritten, zu seinem herrlichen Reich lehret. Er entdecket uns nach und nach die heimlichen Anschläg der alten Schlang. Er gibt erleuchtete Augen des Verstands, daß wir sehen mögen die Lebens- Quelle a; Er zeigt uns den Hochmuth des Fleisches, wie es doch so ungern darhinder komme, als ein armer Bettler, nur allein aus pur lauterer Gnad und Erbärmd GOttes, selig zu werden, und gar nichts darbey helffen noch machen zu können, sondern allen eigenen Ruhm aufzugeben b: Und darzu kommt ein Christ durch vieles inn- wendiges Creutz, darinn ihme GOtt viel verborgene Ding offenbah- ret. Ein solcher auf solche Weiß von GOtt Unterwiesener, im Wort, Geist und Creutz geübter Mensch, ist ein Theologus, (GOtts- Gelehrter) und sollte er gleich hinter dem Pflug hergehen. Ja, er lauffet allen Schrifft-Gelehrten vor, und gehet zehen mahl ehender ins Feuer, ehe sich jene nur resolviren können, ihre Reputation, um der Lehr und Ehre JEsu willen, in die Schantz zu schlagen; Das hat Augustino Anlaß gegeben zu sagen: Indocti coelum rapiunt, & nos docti in infernum detrudimur: Deus est absconditus in judiciis.
Die Layen nehmen offt mit G'walt den Himmel ein Nur der gelehrten Schaar wird er verschlossen seyn: Wie unbegreifflich sind o Höchster deine Schlüsse; Gib daß der Sterbliche sie doch gelassen küsse!
Welches eben das ist, was JEsus selbsten bey dem Evangelisten Matth. cap. 11. v. 25. sagt: Jch dancke dir Vatter/ der zu HErr bist des Himmels und der Erden/ daß Du diese Sachen für den Weisen und Klugen verborgen/ und hast sie den Unmündigen ge- offenbahret.
Wird von JESU noch er- läutert.
§. 8. Allein diesen herrlichen Spruch Esajä erläutert JEsus selb- sten, und zeiget bald darauf, was da seye, von GOtt gelehret seyn: nehmlich, es sey: vom Vatter hören und lehren/ ist eben das, was Er im Text nennet: aus dem Vatter gegeben. Weilen nun eine Red-Art die andere erkläret, wollen wir zu besserem Verstand un- sers Texts auch etwas sagen über die Wort: Vom Vatter hören und lernen/ und dabey zeigen, was dasselbe seye, wie es zugehe, und wie das Kommen zu JEsu daraus nothwendig fliesse.
§. 9. Die-
aGen. XXI.
bRom. III.
Wunder-Geheimnuß des
innwendig von dem Meßia, von deſſen Heil, allen ſeinen Wegen und Tritten, zu ſeinem herrlichen Reich lehret. Er entdecket uns nach und nach die heimlichen Anſchlaͤg der alten Schlang. Er gibt erleuchtete Augen des Verſtands, daß wir ſehen moͤgen die Lebens- Quelle a; Er zeigt uns den Hochmuth des Fleiſches, wie es doch ſo ungern darhinder komme, als ein armer Bettler, nur allein aus pur lauterer Gnad und Erbaͤrmd GOttes, ſelig zu werden, und gar nichts darbey helffen noch machen zu koͤnnen, ſondern allen eigenen Ruhm aufzugeben b: Und darzu kommt ein Chriſt durch vieles inn- wendiges Creutz, darinn ihme GOtt viel verborgene Ding offenbah- ret. Ein ſolcher auf ſolche Weiß von GOtt Unterwieſener, im Wort, Geiſt und Creutz geuͤbter Menſch, iſt ein Theologus, (GOtts- Gelehrter) und ſollte er gleich hinter dem Pflug hergehen. Ja, er lauffet allen Schrifft-Gelehrten vor, und gehet zehen mahl ehender ins Feuer, ehe ſich jene nur reſolviren koͤnnen, ihre Reputation, um der Lehr und Ehre JEſu willen, in die Schantz zu ſchlagen; Das hat Auguſtino Anlaß gegeben zu ſagen: Indocti cœlum rapiunt, & nos docti in infernum detrudimur: Deus eſt abſconditus in judiciis.
Die Layen nehmen offt mit G’walt den Himmel ein Nur der gelehrten Schaar wird er verſchloſſen ſeyn: Wie unbegreifflich ſind o Hoͤchſter deine Schluͤſſe; Gib daß der Sterbliche ſie doch gelaſſen kuͤſſe!
Welches eben das iſt, was JEſus ſelbſten bey dem Evangeliſten Matth. cap. 11. v. 25. ſagt: Jch dancke dir Vatter/ der zu HErr biſt des Himmels und der Erden/ daß Du dieſe Sachen fuͤr den Weiſen und Klugen verborgen/ und haſt ſie den Unmuͤndigen ge- offenbahret.
Wird von JESU noch er- laͤutert.
§. 8. Allein dieſen herrlichen Spruch Eſajaͤ erlaͤutert JEſus ſelb- ſten, und zeiget bald darauf, was da ſeye, von GOtt gelehret ſeyn: nehmlich, es ſey: vom Vatter hoͤren und lehren/ iſt eben das, was Er im Text nennet: aus dem Vatter gegeben. Weilen nun eine Red-Art die andere erklaͤret, wollen wir zu beſſerem Verſtand un- ſers Texts auch etwas ſagen uͤber die Wort: Vom Vatter hoͤren und lernen/ und dabey zeigen, was daſſelbe ſeye, wie es zugehe, und wie das Kommen zu JEſu daraus nothwendig flieſſe.
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aGen. XXI.
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innwendig von dem Meßia, von deſſen Heil, allen ſeinen Wegen
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nach und nach die heimlichen Anſchlaͤg der alten Schlang. Er gibt
erleuchtete Augen des Verſtands, daß wir ſehen moͤgen die Lebens-
Quelle a; Er zeigt uns den Hochmuth des Fleiſches, wie es doch ſo
ungern darhinder komme, als ein armer Bettler, nur allein aus pur
lauterer Gnad und Erbaͤrmd GOttes, ſelig zu werden, und gar
nichts darbey helffen noch machen zu koͤnnen, ſondern allen eigenen
Ruhm aufzugeben b: Und darzu kommt ein Chriſt durch vieles inn-
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Wort, Geiſt und Creutz geuͤbter Menſch, iſt ein Theologus, (GOtts-
Gelehrter) und ſollte er gleich hinter dem Pflug hergehen. Ja, er
lauffet allen Schrifft-Gelehrten vor, und gehet zehen mahl ehender
ins Feuer, ehe ſich jene nur reſolviren koͤnnen, ihre Reputation, um der
Lehr und Ehre JEſu willen, in die Schantz zu ſchlagen; Das hat
Auguſtino Anlaß gegeben zu ſagen: Indocti cœlum rapiunt, & nos
docti in infernum detrudimur: Deus eſt abſconditus in judiciis.
Die Layen nehmen offt mit G’walt den Himmel ein
Nur der gelehrten Schaar wird er verſchloſſen ſeyn:
Wie unbegreifflich ſind o Hoͤchſter deine Schluͤſſe;
Gib daß der Sterbliche ſie doch gelaſſen kuͤſſe!
Welches eben das iſt, was JEſus ſelbſten bey dem Evangeliſten
Matth. cap. 11. v. 25. ſagt: Jch dancke dir Vatter/ der zu HErr
biſt des Himmels und der Erden/ daß Du dieſe Sachen fuͤr den
Weiſen und Klugen verborgen/ und haſt ſie den Unmuͤndigen ge-
offenbahret.
§. 8. Allein dieſen herrlichen Spruch Eſajaͤ erlaͤutert JEſus ſelb-
ſten, und zeiget bald darauf, was da ſeye, von GOtt gelehret ſeyn:
nehmlich, es ſey: vom Vatter hoͤren und lehren/ iſt eben das, was
Er im Text nennet: aus dem Vatter gegeben. Weilen nun eine
Red-Art die andere erklaͤret, wollen wir zu beſſerem Verſtand un-
ſers Texts auch etwas ſagen uͤber die Wort: Vom Vatter hoͤren
und lernen/ und dabey zeigen, was daſſelbe ſeye, wie es zugehe,
und wie das Kommen zu JEſu daraus nothwendig flieſſe.
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a Gen. XXI.
b Rom. III.
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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/116>, abgerufen am 24.11.2024.
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