Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

Bild:
<< vorherige Seite

Der verheissene
goldener Pallast, sein Königreich, das ihne unvergleichlich ver-
gnügte, und seinen edlen Geist gar seeliglich füllete und ersät-
tigte, wie könnte er da nicht ihme als seinem gütigsten Vat-
ter sein gantzes Hertz anvertrauen, und wie günstig willfahrete
ihme sein GOTT, und hinterhielte ihme nichts von allem,
was heilsam und kostbar ware, und sein Hertz durchaus befriedigen
könnte; der Mensch hat so viele Anliegen auf der Welt, welche er
theils niemand offenbahren darff, theils findet er bey den Creaturen
durchlöcherte Cisternen die kein Wasser haben, in GOtt aber ist ei-
ne ewige Fülle; Es haben sich mehrmahlen gewaltige Kayser und
Könige Leibs-Erben gewünschet, aber wie mancher hat es entweder
nicht erlebet, oder haben sie in ihrem Blut müssen sehen verzaplen,
wie Mauritius, oder vor sich her zu Grabe tragen, wie viele grosse
Geschlechter sind ausgestorben! welches man noch in denen Schil-
ten-Saalen siehet: Da hingegen Abraham so zahlreich worden wie
der Sand am Meer, und wie die Sternen des Himmels, heißt es
dann nicht mit Recht Ps. XXXVII. 4-6. XLVIII. 12. 13. CXLIX.
18. 19. 1 Joh. V. 14. 15. III. 22.

GOTT
will sich
auch noch
heut am
Menschen
so herrlich
erweisen
als er sich
an Abra-
ham er-
wiesen
hat.

§. 2. Ja sagst du, die Zeit ist nicht mehr, da GOTT mit uns
Menschen zu schaffen habe?

Antw. Jch wollte viel lieber sagen, daß die Sonn, Mond und
Sternen, die dem Abraham geschienen, uns nicht mehr scheinen,
daß der Himmel, so die Patriarchen mit seinen Einflüssen besuchet,
und die Erde, so ihnen Früchte getragen, uns nicht mehr dienen:
Sintemahl die Sonn verfinstert, Himmel und Erde vergehen wer-
den, JEsus aber bleibt in Ewigkeit a, und wie viele unaussprech-
lich herrliche Dinge zeugen nicht die alten Propheten und auch die
heiligen Apostel von den Vorrechten der Kindern des neuen Bun-
des, worunter der gemeinschafftliche Genuß mit dem Vatter und
seinem Sohn JEsu Christo wohl das vortrefflichste ist; Nachdem
der vollkommen gemachte Hohe-Priester, der den Schlüssel zum
Paradieß hat, uns selbiges geöffnet, und sich unserm Gemüth als
der himmlische Feigen-Baum und Weinstock, als der Baum des
Lebens täglich darstellet, daß wir noch bey Leibes-Lebens ins Hei-
ligthum eingehen, ja selbst GOttes Königreich werden können, wo-
von im Alten und Neuen Testament so viel Sprüche als Sternen

am
a Ps. CII. Heb. XIII 8.

Der verheiſſene
goldener Pallaſt, ſein Koͤnigreich, das ihne unvergleichlich ver-
gnuͤgte, und ſeinen edlen Geiſt gar ſeeliglich fuͤllete und erſaͤt-
tigte, wie koͤnnte er da nicht ihme als ſeinem guͤtigſten Vat-
ter ſein gantzes Hertz anvertrauen, und wie guͤnſtig willfahrete
ihme ſein GOTT, und hinterhielte ihme nichts von allem,
was heilſam und koſtbar ware, und ſein Hertz durchaus befriedigen
koͤnnte; der Menſch hat ſo viele Anliegen auf der Welt, welche er
theils niemand offenbahren darff, theils findet er bey den Creaturen
durchloͤcherte Ciſternen die kein Waſſer haben, in GOtt aber iſt ei-
ne ewige Fuͤlle; Es haben ſich mehrmahlen gewaltige Kayſer und
Koͤnige Leibs-Erben gewuͤnſchet, aber wie mancher hat es entweder
nicht erlebet, oder haben ſie in ihrem Blut muͤſſen ſehen verzaplen,
wie Mauritius, oder vor ſich her zu Grabe tragen, wie viele groſſe
Geſchlechter ſind ausgeſtorben! welches man noch in denen Schil-
ten-Saalen ſiehet: Da hingegen Abraham ſo zahlreich worden wie
der Sand am Meer, und wie die Sternen des Himmels, heißt es
dann nicht mit Recht Pſ. XXXVII. 4-6. XLVIII. 12. 13. CXLIX.
18. 19. 1 Joh. V. 14. 15. III. 22.

GOTT
will ſich
auch noch
heut am
Menſchen
ſo herrlich
erweiſen
als er ſich
an Abra-
ham er-
wieſen
hat.

§. 2. Ja ſagſt du, die Zeit iſt nicht mehr, da GOTT mit uns
Menſchen zu ſchaffen habe?

Antw. Jch wollte viel lieber ſagen, daß die Sonn, Mond und
Sternen, die dem Abraham geſchienen, uns nicht mehr ſcheinen,
daß der Himmel, ſo die Patriarchen mit ſeinen Einfluͤſſen beſuchet,
und die Erde, ſo ihnen Fruͤchte getragen, uns nicht mehr dienen:
Sintemahl die Sonn verfinſtert, Himmel und Erde vergehen wer-
den, JEſus aber bleibt in Ewigkeit a, und wie viele unausſprech-
lich herrliche Dinge zeugen nicht die alten Propheten und auch die
heiligen Apoſtel von den Vorrechten der Kindern des neuen Bun-
des, worunter der gemeinſchafftliche Genuß mit dem Vatter und
ſeinem Sohn JEſu Chriſto wohl das vortrefflichſte iſt; Nachdem
der vollkommen gemachte Hohe-Prieſter, der den Schluͤſſel zum
Paradieß hat, uns ſelbiges geoͤffnet, und ſich unſerm Gemuͤth als
der himmliſche Feigen-Baum und Weinſtock, als der Baum des
Lebens taͤglich darſtellet, daß wir noch bey Leibes-Lebens ins Hei-
ligthum eingehen, ja ſelbſt GOttes Koͤnigreich werden koͤnnen, wo-
von im Alten und Neuen Teſtament ſo viel Spruͤche als Sternen

am
a Pſ. CII. Heb. XIII 8.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f1048" n="952"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der verhei&#x017F;&#x017F;ene</hi></fw><lb/>
goldener Palla&#x017F;t, &#x017F;ein Ko&#x0364;nigreich, das ihne unvergleichlich ver-<lb/>
gnu&#x0364;gte, und &#x017F;einen edlen Gei&#x017F;t gar &#x017F;eeliglich fu&#x0364;llete und er&#x017F;a&#x0364;t-<lb/>
tigte, wie ko&#x0364;nnte er da nicht ihme als &#x017F;einem gu&#x0364;tig&#x017F;ten Vat-<lb/>
ter &#x017F;ein gantzes Hertz anvertrauen, und wie gu&#x0364;n&#x017F;tig willfahrete<lb/>
ihme &#x017F;ein GOTT, und hinterhielte ihme nichts von allem,<lb/>
was heil&#x017F;am und ko&#x017F;tbar ware, und &#x017F;ein Hertz durchaus befriedigen<lb/>
ko&#x0364;nnte; der Men&#x017F;ch hat &#x017F;o viele Anliegen auf der Welt, welche er<lb/>
theils niemand offenbahren darff, theils findet er bey den Creaturen<lb/>
durchlo&#x0364;cherte Ci&#x017F;ternen die kein Wa&#x017F;&#x017F;er haben, in GOtt aber i&#x017F;t ei-<lb/>
ne ewige Fu&#x0364;lle; Es haben &#x017F;ich mehrmahlen gewaltige Kay&#x017F;er und<lb/>
Ko&#x0364;nige Leibs-Erben gewu&#x0364;n&#x017F;chet, aber wie mancher hat es entweder<lb/>
nicht erlebet, oder haben &#x017F;ie in ihrem Blut mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ehen verzaplen,<lb/>
wie Mauritius, oder vor &#x017F;ich her zu Grabe tragen, wie viele gro&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Ge&#x017F;chlechter &#x017F;ind ausge&#x017F;torben! welches man noch in denen Schil-<lb/>
ten-Saalen &#x017F;iehet: Da hingegen Abraham &#x017F;o zahlreich worden wie<lb/>
der Sand am Meer, und wie die Sternen des Himmels, heißt es<lb/>
dann nicht mit Recht P&#x017F;. <hi rendition="#aq">XXXVII. 4-6. XLVIII. 12. 13. CXLIX.</hi><lb/>
18. 19. 1 Joh. <hi rendition="#aq">V. 14. 15. III.</hi> 22.</p><lb/>
          <note place="left">GOTT<lb/>
will &#x017F;ich<lb/>
auch noch<lb/>
heut am<lb/>
Men&#x017F;chen<lb/>
&#x017F;o herrlich<lb/>
erwei&#x017F;en<lb/>
als er &#x017F;ich<lb/>
an Abra-<lb/>
ham er-<lb/>
wie&#x017F;en<lb/>
hat.</note>
          <p><hi rendition="#i">§.</hi> 2. Ja &#x017F;ag&#x017F;t du, die Zeit i&#x017F;t nicht mehr, da GOTT mit uns<lb/>
Men&#x017F;chen zu &#x017F;chaffen habe?</p><lb/>
          <p>Antw. Jch wollte viel lieber &#x017F;agen, daß die Sonn, Mond und<lb/>
Sternen, die dem Abraham ge&#x017F;chienen, uns nicht mehr &#x017F;cheinen,<lb/>
daß der Himmel, &#x017F;o die Patriarchen mit &#x017F;einen Einflu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en be&#x017F;uchet,<lb/>
und die Erde, &#x017F;o ihnen Fru&#x0364;chte getragen, uns nicht mehr dienen:<lb/>
Sintemahl die Sonn verfin&#x017F;tert, Himmel und Erde vergehen wer-<lb/>
den, JE&#x017F;us aber bleibt in Ewigkeit <note place="foot" n="a"><hi rendition="#aq">P&#x017F;. CII. Heb. XIII</hi> 8.</note>, und wie viele unaus&#x017F;prech-<lb/>
lich herrliche Dinge zeugen nicht die alten Propheten und auch die<lb/>
heiligen Apo&#x017F;tel von den Vorrechten der Kindern des neuen Bun-<lb/>
des, worunter der gemein&#x017F;chafftliche Genuß mit dem Vatter und<lb/>
&#x017F;einem Sohn JE&#x017F;u Chri&#x017F;to wohl das vortrefflich&#x017F;te i&#x017F;t; Nachdem<lb/>
der vollkommen gemachte Hohe-Prie&#x017F;ter, der den Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el zum<lb/>
Paradieß hat, uns &#x017F;elbiges geo&#x0364;ffnet, und &#x017F;ich un&#x017F;erm Gemu&#x0364;th als<lb/>
der himmli&#x017F;che Feigen-Baum und Wein&#x017F;tock, als der Baum des<lb/>
Lebens ta&#x0364;glich dar&#x017F;tellet, daß wir noch bey Leibes-Lebens ins Hei-<lb/>
ligthum eingehen, ja &#x017F;elb&#x017F;t GOttes Ko&#x0364;nigreich werden ko&#x0364;nnen, wo-<lb/>
von im Alten und Neuen Te&#x017F;tament &#x017F;o viel Spru&#x0364;che als Sternen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">am</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[952/1048] Der verheiſſene goldener Pallaſt, ſein Koͤnigreich, das ihne unvergleichlich ver- gnuͤgte, und ſeinen edlen Geiſt gar ſeeliglich fuͤllete und erſaͤt- tigte, wie koͤnnte er da nicht ihme als ſeinem guͤtigſten Vat- ter ſein gantzes Hertz anvertrauen, und wie guͤnſtig willfahrete ihme ſein GOTT, und hinterhielte ihme nichts von allem, was heilſam und koſtbar ware, und ſein Hertz durchaus befriedigen koͤnnte; der Menſch hat ſo viele Anliegen auf der Welt, welche er theils niemand offenbahren darff, theils findet er bey den Creaturen durchloͤcherte Ciſternen die kein Waſſer haben, in GOtt aber iſt ei- ne ewige Fuͤlle; Es haben ſich mehrmahlen gewaltige Kayſer und Koͤnige Leibs-Erben gewuͤnſchet, aber wie mancher hat es entweder nicht erlebet, oder haben ſie in ihrem Blut muͤſſen ſehen verzaplen, wie Mauritius, oder vor ſich her zu Grabe tragen, wie viele groſſe Geſchlechter ſind ausgeſtorben! welches man noch in denen Schil- ten-Saalen ſiehet: Da hingegen Abraham ſo zahlreich worden wie der Sand am Meer, und wie die Sternen des Himmels, heißt es dann nicht mit Recht Pſ. XXXVII. 4-6. XLVIII. 12. 13. CXLIX. 18. 19. 1 Joh. V. 14. 15. III. 22. §. 2. Ja ſagſt du, die Zeit iſt nicht mehr, da GOTT mit uns Menſchen zu ſchaffen habe? Antw. Jch wollte viel lieber ſagen, daß die Sonn, Mond und Sternen, die dem Abraham geſchienen, uns nicht mehr ſcheinen, daß der Himmel, ſo die Patriarchen mit ſeinen Einfluͤſſen beſuchet, und die Erde, ſo ihnen Fruͤchte getragen, uns nicht mehr dienen: Sintemahl die Sonn verfinſtert, Himmel und Erde vergehen wer- den, JEſus aber bleibt in Ewigkeit a, und wie viele unausſprech- lich herrliche Dinge zeugen nicht die alten Propheten und auch die heiligen Apoſtel von den Vorrechten der Kindern des neuen Bun- des, worunter der gemeinſchafftliche Genuß mit dem Vatter und ſeinem Sohn JEſu Chriſto wohl das vortrefflichſte iſt; Nachdem der vollkommen gemachte Hohe-Prieſter, der den Schluͤſſel zum Paradieß hat, uns ſelbiges geoͤffnet, und ſich unſerm Gemuͤth als der himmliſche Feigen-Baum und Weinſtock, als der Baum des Lebens taͤglich darſtellet, daß wir noch bey Leibes-Lebens ins Hei- ligthum eingehen, ja ſelbſt GOttes Koͤnigreich werden koͤnnen, wo- von im Alten und Neuen Teſtament ſo viel Spruͤche als Sternen am a Pſ. CII. Heb. XIII 8.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1048
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 952. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/1048>, abgerufen am 21.11.2024.