Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohmann, Friederike: Die Entscheidung bei Hochkirch. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 63–137. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

die ihr die Häuslichkeit ihrer Lieben bis zur Anschauung mittheilten, machten ihr Glück.

Der Herbst wich dem Winter, dieser brachte trotz des Krieges viel gesellige Freuden, und so sehr der Vater sonst solchen Zerstreuungen abhold war, so sehr sie in dieser Zeit gegen sein Gefühl streiten mochten, jetzt forderte er Marianen selbst auf, Einladungen anzunehmen, machte ihr Geschenke zum Ballstaat und war unzufrieden, wenn sie wenig Interesse an Putz und Tanz nahm. Justine dachte anders. Als sie Marianen zum ersten Ball kleiden half, sprach sie laut gegen die listige Verführung. Laß dich nicht blenden, Marianchen, sagte sie, halte fest an der Treue, denke an deinen Liebsten. Das wäre mir ein Tausch! Ei, seht doch, wenn mir Einer aus klarem Eigensinn einen braven Mann verweigert und will es mit einem rothen Schlender bezahlen, mag er auch noch so schön mit todten Blumen und Flor und Tand angeputzt sein. Der Herr Börner ist auch von der Partie, höre ich. Der wird um dich herumschwänzeln, wie eine glatte Katze, gieb Acht, ich sage es dir. Seit der Hauptmann abgewiesen wurde, trägt er sein gebücktes Haupt viel höher, der garstige Horcher! Ich weiß, was er will, aber wenn du das thust, wende ich mich im Grabe um.

Was will er denn? fragte Lottchen, wohl gar Marianen? Das habe ich lange gedacht. Die mag ihn nicht, und ich möchte ihn auch nicht.

Schweig, Jungfer Vorlaut! schalt Justine. Von

die ihr die Häuslichkeit ihrer Lieben bis zur Anschauung mittheilten, machten ihr Glück.

Der Herbst wich dem Winter, dieser brachte trotz des Krieges viel gesellige Freuden, und so sehr der Vater sonst solchen Zerstreuungen abhold war, so sehr sie in dieser Zeit gegen sein Gefühl streiten mochten, jetzt forderte er Marianen selbst auf, Einladungen anzunehmen, machte ihr Geschenke zum Ballstaat und war unzufrieden, wenn sie wenig Interesse an Putz und Tanz nahm. Justine dachte anders. Als sie Marianen zum ersten Ball kleiden half, sprach sie laut gegen die listige Verführung. Laß dich nicht blenden, Marianchen, sagte sie, halte fest an der Treue, denke an deinen Liebsten. Das wäre mir ein Tausch! Ei, seht doch, wenn mir Einer aus klarem Eigensinn einen braven Mann verweigert und will es mit einem rothen Schlender bezahlen, mag er auch noch so schön mit todten Blumen und Flor und Tand angeputzt sein. Der Herr Börner ist auch von der Partie, höre ich. Der wird um dich herumschwänzeln, wie eine glatte Katze, gieb Acht, ich sage es dir. Seit der Hauptmann abgewiesen wurde, trägt er sein gebücktes Haupt viel höher, der garstige Horcher! Ich weiß, was er will, aber wenn du das thust, wende ich mich im Grabe um.

Was will er denn? fragte Lottchen, wohl gar Marianen? Das habe ich lange gedacht. Die mag ihn nicht, und ich möchte ihn auch nicht.

Schweig, Jungfer Vorlaut! schalt Justine. Von

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="3">
        <p><pb facs="#f0035"/>
die ihr die Häuslichkeit ihrer Lieben bis zur                Anschauung mittheilten, machten ihr Glück.</p><lb/>
        <p>Der Herbst wich dem Winter, dieser brachte trotz des Krieges viel gesellige Freuden,                und so sehr der Vater sonst solchen Zerstreuungen abhold war, so sehr sie in dieser                Zeit gegen sein Gefühl streiten mochten, jetzt forderte er Marianen selbst auf,                Einladungen anzunehmen, machte ihr Geschenke zum Ballstaat und war unzufrieden, wenn                sie wenig Interesse an Putz und Tanz nahm. Justine dachte anders. Als sie Marianen                zum ersten Ball kleiden half, sprach sie laut gegen die listige Verführung. Laß dich                nicht blenden, Marianchen, sagte sie, halte fest an der Treue, denke an deinen                Liebsten. Das wäre mir ein Tausch! Ei, seht doch, wenn mir Einer aus klarem Eigensinn                einen braven Mann verweigert und will es mit einem rothen Schlender bezahlen, mag er                auch noch so schön mit todten Blumen und Flor und Tand angeputzt sein. Der Herr                Börner ist auch von der Partie, höre ich. Der wird um dich herumschwänzeln, wie eine                glatte Katze, gieb Acht, ich sage es dir. Seit der Hauptmann abgewiesen wurde, trägt                er sein gebücktes Haupt viel höher, der garstige Horcher! Ich weiß, was er will, aber                wenn du das thust, wende ich mich im Grabe um.</p><lb/>
        <p>Was will er denn? fragte Lottchen, wohl gar Marianen? Das habe ich lange gedacht. Die                mag ihn nicht, und ich möchte ihn auch nicht.</p><lb/>
        <p>Schweig, Jungfer Vorlaut! schalt Justine. Von<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0035] die ihr die Häuslichkeit ihrer Lieben bis zur Anschauung mittheilten, machten ihr Glück. Der Herbst wich dem Winter, dieser brachte trotz des Krieges viel gesellige Freuden, und so sehr der Vater sonst solchen Zerstreuungen abhold war, so sehr sie in dieser Zeit gegen sein Gefühl streiten mochten, jetzt forderte er Marianen selbst auf, Einladungen anzunehmen, machte ihr Geschenke zum Ballstaat und war unzufrieden, wenn sie wenig Interesse an Putz und Tanz nahm. Justine dachte anders. Als sie Marianen zum ersten Ball kleiden half, sprach sie laut gegen die listige Verführung. Laß dich nicht blenden, Marianchen, sagte sie, halte fest an der Treue, denke an deinen Liebsten. Das wäre mir ein Tausch! Ei, seht doch, wenn mir Einer aus klarem Eigensinn einen braven Mann verweigert und will es mit einem rothen Schlender bezahlen, mag er auch noch so schön mit todten Blumen und Flor und Tand angeputzt sein. Der Herr Börner ist auch von der Partie, höre ich. Der wird um dich herumschwänzeln, wie eine glatte Katze, gieb Acht, ich sage es dir. Seit der Hauptmann abgewiesen wurde, trägt er sein gebücktes Haupt viel höher, der garstige Horcher! Ich weiß, was er will, aber wenn du das thust, wende ich mich im Grabe um. Was will er denn? fragte Lottchen, wohl gar Marianen? Das habe ich lange gedacht. Die mag ihn nicht, und ich möchte ihn auch nicht. Schweig, Jungfer Vorlaut! schalt Justine. Von

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:20:58Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:20:58Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohmann_hochkirch_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohmann_hochkirch_1910/35
Zitationshilfe: Lohmann, Friederike: Die Entscheidung bei Hochkirch. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 63–137. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohmann_hochkirch_1910/35>, abgerufen am 23.11.2024.