Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Sophonisbe. Breslau, 1680.

Bild:
<< vorherige Seite
SOPHONISBE.
Masan. Eilt! rettet! wo in ihr sich noch ein Athem reget.
Bringt Balsam/ Oele/ Wein/ im Fall der Pulß noch schläget.
Jch Mörder! Ach! ich muß selbst ihren Zustand fühln!
520Und mein hell-lodernd Hertz auf ihrer Leiche kühln!
Ja! leider! sie ist hin. Die Rosen sind verschwunden/
Jn denen meine Seel' hat süsse Weide funden.
Jhr Athem ist verraucht/ der Zunder meiner Lust.
Allein' es glimmet noch in ihrer kalten Brust
525Jhr unausleschlich Oel und Schwesel meiner Liebe/
Die starren Augen zihn mit süssem Anmuths-Triebe
Mein lodernd Hertz an sich. Und meine Seele lächst
Nach Balsam/ der noch itzt auf ihren Lippen wächst.
Gib/ Sophonisbe/ zu/ mein Abgott/ Masanissen:
530Dir noch zum letzten mal dem kalten Mund zu küssen!
Ja flösse mir noch itzt des Liebens Zucker ein.
Dein todter Leib sol mir nicht nur die Baare sein/
Er sol mein liebster Schatz wie Periandern bleiben;
Ja ich wil Lieb' und Lust mit ihrem Schatten treiben.
535Alleine Masaniß'/ auf was für Wahn rennst du?
Störst du nach ihrem Mord' auch ihres Geistes Ruh?
Wilst du die Leich' ihr noch wie vor den Leib beflecken?
Siehst du mit Flammen dich nicht ihr Gespenste schrecken?
Besänfte deinen Grimm/ Durchlauchtste Königin!
540Weil ich mich selbst alsbald zu straffen schlüßig bin.
Ach! was hab ich gethan? wie viel hab' ich verschuldet?
Ach! daß der Himmel mich noch unzerschmettert duldet?
Ach! daß der Abgrund mich lebendig nicht verschlingt?
Und ihr hier schwermend Geist Megaeren mit sich bringt;
545Mich mit verdienter Kwal und Martern zu entseelen.
Jch seh's! itzt öfnen sich die unter-irrd'schen Hölen.
Jhr Antlitz schüttet Blitz/ ihr Arm wirft Glutt auf mich.
Auf! Masanissa/ auf! stich selbst dis Schwerdt durch dich!
Daß beyd' ein Tag ein Sarch zu Grabe kan bestatten.
550Versöhne durch mein Blutt und deinen blassen Schatten
Jhr zorniges Gespenst'!

Masan.
SOPHONISBE.
Maſan. Eilt! rettet! wo in ihr ſich noch ein Athem reget.
Bringt Balſam/ Oele/ Wein/ im Fall der Pulß noch ſchlaͤget.
Jch Moͤrder! Ach! ich muß ſelbſt ihren Zuſtand fuͤhln!
520Und mein hell-lodernd Hertz auf ihrer Leiche kuͤhln!
Ja! leider! ſie iſt hin. Die Roſen ſind verſchwunden/
Jn denen meine Seel’ hat ſuͤſſe Weide funden.
Jhr Athem iſt verraucht/ der Zunder meiner Luſt.
Allein’ es glimmet noch in ihrer kalten Bruſt
525Jhr unausleſchlich Oel und Schweſel meiner Liebe/
Die ſtarren Augen zihn mit ſuͤſſem Anmuths-Triebe
Mein lodernd Hertz an ſich. Und meine Seele laͤchſt
Nach Balſam/ der noch itzt auf ihren Lippen waͤchſt.
Gib/ Sophonisbe/ zu/ mein Abgott/ Maſaniſſen:
530Dir noch zum letzten mal dem kalten Mund zu kuͤſſen!
Ja floͤſſe mir noch itzt des Liebens Zucker ein.
Dein todter Leib ſol mir nicht nur die Baare ſein/
Er ſol mein liebſter Schatz wie Periandern bleiben;
Ja ich wil Lieb’ und Luſt mit ihrem Schatten treiben.
535Alleine Maſaniß’/ auf was fuͤr Wahn rennſt du?
Stoͤrſt du nach ihrem Mord’ auch ihres Geiſtes Ruh?
Wilſt du die Leich’ ihr noch wie vor den Leib beflecken?
Siehſt du mit Flammen dich nicht ihr Geſpenſte ſchrecken?
Beſaͤnfte deinen Grim̃/ Durchlauchtſte Koͤnigin!
540Weil ich mich ſelbſt alsbald zu ſtraffen ſchluͤßig bin.
Ach! was hab ich gethan? wie viel hab’ ich verſchuldet?
Ach! daß der Himmel mich noch unzerſchmettert duldet?
Ach! daß der Abgrund mich lebendig nicht verſchlingt?
Und ihr hier ſchwermend Geiſt Megæren mit ſich bringt;
545Mich mit verdienter Kwal und Martern zu entſeelen.
Jch ſeh’s! itzt oͤfnen ſich die unter-irrd’ſchen Hoͤlen.
Jhr Antlitz ſchuͤttet Blitz/ ihr Arm wirft Glutt auf mich.
Auf! Maſaniſſa/ auf! ſtich ſelbſt dis Schwerdt durch dich!
Daß beyd’ ein Tag ein Sarch zu Grabe kan beſtatten.
550Verſoͤhne durch mein Blutt und deinen blaſſen Schatten
Jhr zorniges Geſpenſt’!

Maſan.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0131" n="94"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g">SOPHONISBE.</hi> </hi> </fw><lb/>
        <sp who="#MAS">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Ma&#x017F;an.</hi> </speaker>
          <p>Eilt! rettet! wo in ihr &#x017F;ich noch ein Athem reget.<lb/>
Bringt Bal&#x017F;am/ Oele/ Wein/ im Fall der Pulß noch &#x017F;chla&#x0364;get.<lb/>
Jch Mo&#x0364;rder! Ach! ich muß &#x017F;elb&#x017F;t ihren Zu&#x017F;tand fu&#x0364;hln!<lb/><note place="left">520</note>Und mein hell-lodernd Hertz auf ihrer Leiche ku&#x0364;hln!<lb/>
Ja! leider! &#x017F;ie i&#x017F;t hin. Die Ro&#x017F;en &#x017F;ind ver&#x017F;chwunden/<lb/>
Jn denen meine Seel&#x2019; hat &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e Weide funden.<lb/>
Jhr Athem i&#x017F;t verraucht/ der Zunder meiner Lu&#x017F;t.<lb/>
Allein&#x2019; es glimmet noch in ihrer kalten Bru&#x017F;t<lb/><note place="left">525</note>Jhr unausle&#x017F;chlich Oel und Schwe&#x017F;el meiner Liebe/<lb/>
Die &#x017F;tarren Augen zihn mit &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;em Anmuths-Triebe<lb/>
Mein lodernd Hertz an &#x017F;ich. Und meine Seele la&#x0364;ch&#x017F;t<lb/>
Nach Bal&#x017F;am/ der noch itzt auf ihren Lippen wa&#x0364;ch&#x017F;t.<lb/>
Gib/ Sophonisbe/ zu/ mein Abgott/ Ma&#x017F;ani&#x017F;&#x017F;en:<lb/><note place="left">530</note>Dir noch zum letzten mal dem kalten Mund zu ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en!<lb/>
Ja flo&#x0364;&#x017F;&#x017F;e mir noch itzt des Liebens Zucker ein.<lb/>
Dein todter Leib &#x017F;ol mir nicht nur die Baare &#x017F;ein/<lb/>
Er &#x017F;ol mein lieb&#x017F;ter Schatz wie Periandern bleiben;<lb/>
Ja ich wil Lieb&#x2019; und Lu&#x017F;t mit ihrem Schatten treiben.<lb/><note place="left">535</note>Alleine Ma&#x017F;aniß&#x2019;/ auf was fu&#x0364;r Wahn renn&#x017F;t du?<lb/>
Sto&#x0364;r&#x017F;t du nach ihrem Mord&#x2019; auch ihres Gei&#x017F;tes Ruh?<lb/>
Wil&#x017F;t du die Leich&#x2019; ihr noch wie vor den Leib beflecken?<lb/>
Sieh&#x017F;t du mit Flammen dich nicht ihr Ge&#x017F;pen&#x017F;te &#x017F;chrecken?<lb/>
Be&#x017F;a&#x0364;nfte deinen Grim&#x0303;/ Durchlaucht&#x017F;te Ko&#x0364;nigin!<lb/><note place="left">540</note>Weil ich mich &#x017F;elb&#x017F;t alsbald zu &#x017F;traffen &#x017F;chlu&#x0364;ßig bin.<lb/>
Ach! was hab ich gethan? wie viel hab&#x2019; ich ver&#x017F;chuldet?<lb/>
Ach! daß der Himmel mich noch unzer&#x017F;chmettert duldet?<lb/>
Ach! daß der Abgrund mich lebendig nicht ver&#x017F;chlingt?<lb/>
Und ihr hier &#x017F;chwermend Gei&#x017F;t Meg<hi rendition="#aq">æ</hi>ren mit &#x017F;ich bringt;<lb/><note place="left">545</note>Mich mit verdienter Kwal und Martern zu ent&#x017F;eelen.<lb/>
Jch &#x017F;eh&#x2019;s! itzt o&#x0364;fnen &#x017F;ich die unter-irrd&#x2019;&#x017F;chen Ho&#x0364;len.<lb/>
Jhr Antlitz &#x017F;chu&#x0364;ttet Blitz/ ihr Arm wirft Glutt auf mich.<lb/>
Auf! Ma&#x017F;ani&#x017F;&#x017F;a/ auf! &#x017F;tich &#x017F;elb&#x017F;t dis Schwerdt durch dich!<lb/>
Daß beyd&#x2019; ein Tag ein Sarch zu Grabe kan be&#x017F;tatten.<lb/><note place="left">550</note>Ver&#x017F;o&#x0364;hne durch mein Blutt und deinen bla&#x017F;&#x017F;en Schatten<lb/>
Jhr zorniges Ge&#x017F;pen&#x017F;t&#x2019;!</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">Ma&#x017F;an.</hi> </fw><lb/>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[94/0131] SOPHONISBE. Maſan. Eilt! rettet! wo in ihr ſich noch ein Athem reget. Bringt Balſam/ Oele/ Wein/ im Fall der Pulß noch ſchlaͤget. Jch Moͤrder! Ach! ich muß ſelbſt ihren Zuſtand fuͤhln! Und mein hell-lodernd Hertz auf ihrer Leiche kuͤhln! Ja! leider! ſie iſt hin. Die Roſen ſind verſchwunden/ Jn denen meine Seel’ hat ſuͤſſe Weide funden. Jhr Athem iſt verraucht/ der Zunder meiner Luſt. Allein’ es glimmet noch in ihrer kalten Bruſt Jhr unausleſchlich Oel und Schweſel meiner Liebe/ Die ſtarren Augen zihn mit ſuͤſſem Anmuths-Triebe Mein lodernd Hertz an ſich. Und meine Seele laͤchſt Nach Balſam/ der noch itzt auf ihren Lippen waͤchſt. Gib/ Sophonisbe/ zu/ mein Abgott/ Maſaniſſen: Dir noch zum letzten mal dem kalten Mund zu kuͤſſen! Ja floͤſſe mir noch itzt des Liebens Zucker ein. Dein todter Leib ſol mir nicht nur die Baare ſein/ Er ſol mein liebſter Schatz wie Periandern bleiben; Ja ich wil Lieb’ und Luſt mit ihrem Schatten treiben. Alleine Maſaniß’/ auf was fuͤr Wahn rennſt du? Stoͤrſt du nach ihrem Mord’ auch ihres Geiſtes Ruh? Wilſt du die Leich’ ihr noch wie vor den Leib beflecken? Siehſt du mit Flammen dich nicht ihr Geſpenſte ſchrecken? Beſaͤnfte deinen Grim̃/ Durchlauchtſte Koͤnigin! Weil ich mich ſelbſt alsbald zu ſtraffen ſchluͤßig bin. Ach! was hab ich gethan? wie viel hab’ ich verſchuldet? Ach! daß der Himmel mich noch unzerſchmettert duldet? Ach! daß der Abgrund mich lebendig nicht verſchlingt? Und ihr hier ſchwermend Geiſt Megæren mit ſich bringt; Mich mit verdienter Kwal und Martern zu entſeelen. Jch ſeh’s! itzt oͤfnen ſich die unter-irrd’ſchen Hoͤlen. Jhr Antlitz ſchuͤttet Blitz/ ihr Arm wirft Glutt auf mich. Auf! Maſaniſſa/ auf! ſtich ſelbſt dis Schwerdt durch dich! Daß beyd’ ein Tag ein Sarch zu Grabe kan beſtatten. Verſoͤhne durch mein Blutt und deinen blaſſen Schatten Jhr zorniges Geſpenſt’! Maſan.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_sophonisbe_1680
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_sophonisbe_1680/131
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Sophonisbe. Breslau, 1680, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_sophonisbe_1680/131>, abgerufen am 24.11.2024.