Lohenstein, Daniel Casper von: Sophonisbe. Breslau, 1680.SOPHONISBE. Tychaeus. Der sie Blutt-dürstig frißt/ als wie Saturn/ die Kinder? Sophon. Jch leide zwar von ihm/ doch er vom Uberwinder 355Dem harten Scipio. Tychaeus. Jst er der Römer Knecht? Sophon. Obsiegender Gewalt ist alles Unrecht recht. Tychaeus. Könt' er sie nicht befreyn/ solt' er sie selbst nicht tödten. Sophon Der Tod ist ein Geschenck' in solchen Freyheits-Nöthen. Tychaeus. Ein Greuel der Natur/ der Rachch' und Ehrsucht Kind. 360 Sophon. Glaubt: daß in diesem Gifft' auch Oel der Liebe rinn't. Himilc. Jhr Ehherr baut sein Glück auf ihre Todten-Beine. Sophon. Wir finden in der Gruft die schönsten Edelsteine. Micipsa. Des Körpers scharffen Schmertz/ der Freinde gröstes Leid. Sophon. Dem Schmertz' hilft ab der Tod/ das Leid versüßt die Zeit. 365 Himilc. Die Götter haben noch nicht allen Trost verschrencket. Sophon. Die Römer uns bereit Halß-Eisen angehencket. Micipsa. Der Himmel kan aus Band- und Eisen machen frey. Sophon. Wenn man den Lebens-Drat selbst hertzhafft reißt ent- zwey. Himilc. Rom wird auf solch hoch Blutt nicht solch scharf Ur- thel sprechen. 370 Sophon. Rom wird den Regulus in Sophonisben rechen. Micips. Mißt Rom der Königin mit Fug zu frembde Schuld? Sophon. Das Recht liegt/ wo man siegt/ und schaft nur Unge- duld. Sätzt mir nicht ferner zu/ macht meinen Geist nicht irre/ Es muß gestorben sein. Dis giftige Geschirre 375Bewirthet unser Heil/ und macht zur Göttin mich. Ward doch Amilcar auch vergöttert/ weil er sich Des Gelo Hand entzoh/ das Leben ihm verkürtzte/ Und in die Opffer-Glutt sich selbst zum Opffer stürtzte. Jch sterb'/ Elissa nimm mich zur Gespielin an! 380Melcarthos/ weil ich dir kein Erstling schlachten kan/ Verwirf mich Todte nicht; Thychaeus/ nicht mein Bitten: Sey auf dein Heil bedacht/ entfleuch aus Cyrthens Hütten/ Zeuch F 5
SOPHONISBE. Tychæus. Der ſie Blutt-duͤrſtig frißt/ als wie Saturn/ die Kinder? Sophon. Jch leide zwar von ihm/ doch er vom Uberwinder 355Dem harten Scipio. Tychæus. Jſt er der Roͤmer Knecht? Sophon. Obſiegender Gewalt iſt alles Unrecht recht. Tychæus. Koͤnt’ er ſie nicht befreyn/ ſolt’ er ſie ſelbſt nicht toͤdten. Sophon Der Tod iſt ein Geſchenck’ in ſolchen Freyheits-Noͤthen. Tychæus. Ein Greuel der Natur/ der Rachch’ und Ehrſucht Kind. 360 Sophon. Glaubt: daß in dieſem Gifft’ auch Oel der Liebe rinn’t. Himilc. Jhr Ehherr baut ſein Gluͤck auf ihre Todten-Beine. Sophon. Wir finden in der Gruft die ſchoͤnſten Edelſteine. Micipſa. Des Koͤrpers ſcharffen Schmertz/ der Freinde groͤſtes Leid. Sophon. Dem Schmertz’ hilft ab der Tod/ das Leid verſuͤßt die Zeit. 365 Himilc. Die Goͤtter haben noch nicht allen Troſt verſchrencket. Sophon. Die Roͤmer uns bereit Halß-Eiſen angehencket. Micipſa. Der Himmel kan aus Band- und Eiſen machen frey. Sophon. Wenn man den Lebens-Drat ſelbſt hertzhafft reißt ent- zwey. Himilc. Rom wird auf ſolch hoch Blutt nicht ſolch ſcharf Ur- thel ſprechen. 370 Sophon. Rom wird den Regulus in Sophonisben rechen. Micipſ. Mißt Rom der Koͤnigin mit Fug zu frembde Schuld? Sophon. Das Recht liegt/ wo man ſiegt/ und ſchaft nur Unge- duld. Saͤtzt mir nicht ferner zu/ macht meinen Geiſt nicht irre/ Es muß geſtorben ſein. Dis giftige Geſchirre 375Bewirthet unſer Heil/ und macht zur Goͤttin mich. Ward doch Amilcar auch vergoͤttert/ weil er ſich Des Gelo Hand entzoh/ das Leben ihm verkuͤrtzte/ Und in die Opffer-Glutt ſich ſelbſt zum Opffer ſtuͤrtzte. Jch ſterb’/ Eliſſa nim̃ mich zur Geſpielin an! 380Melcarthos/ weil ich dir kein Erſtling ſchlachten kan/ Verwirf mich Todte nicht; Thychæus/ nicht mein Bitten: Sey auf dein Heil bedacht/ entfleuch aus Cyrthens Huͤtten/ Zeuch F 5
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Tychæus. Der ſie Blutt-duͤrſtig frißt/ als wie Saturn/ die
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Sophon. Jch leide zwar von ihm/ doch er vom Uberwinder
Dem harten Scipio.
Tychæus. Jſt er der Roͤmer Knecht?
Sophon. Obſiegender Gewalt iſt alles Unrecht recht.
Tychæus. Koͤnt’ er ſie nicht befreyn/ ſolt’ er ſie ſelbſt nicht toͤdten.
Sophon Der Tod iſt ein Geſchenck’ in ſolchen Freyheits-Noͤthen.
Tychæus. Ein Greuel der Natur/ der Rachch’ und Ehrſucht
Kind.
Sophon. Glaubt: daß in dieſem Gifft’ auch Oel der Liebe rinn’t.
Himilc. Jhr Ehherr baut ſein Gluͤck auf ihre Todten-Beine.
Sophon. Wir finden in der Gruft die ſchoͤnſten Edelſteine.
Micipſa. Des Koͤrpers ſcharffen Schmertz/ der Freinde groͤſtes
Leid.
Sophon. Dem Schmertz’ hilft ab der Tod/ das Leid verſuͤßt
die Zeit.
Himilc. Die Goͤtter haben noch nicht allen Troſt verſchrencket.
Sophon. Die Roͤmer uns bereit Halß-Eiſen angehencket.
Micipſa. Der Himmel kan aus Band- und Eiſen machen frey.
Sophon. Wenn man den Lebens-Drat ſelbſt hertzhafft reißt ent-
zwey.
Himilc. Rom wird auf ſolch hoch Blutt nicht ſolch ſcharf Ur-
thel ſprechen.
Sophon. Rom wird den Regulus in Sophonisben rechen.
Micipſ. Mißt Rom der Koͤnigin mit Fug zu frembde Schuld?
Sophon. Das Recht liegt/ wo man ſiegt/ und ſchaft nur Unge-
duld.
Saͤtzt mir nicht ferner zu/ macht meinen Geiſt nicht irre/
Es muß geſtorben ſein. Dis giftige Geſchirre
Bewirthet unſer Heil/ und macht zur Goͤttin mich.
Ward doch Amilcar auch vergoͤttert/ weil er ſich
Des Gelo Hand entzoh/ das Leben ihm verkuͤrtzte/
Und in die Opffer-Glutt ſich ſelbſt zum Opffer ſtuͤrtzte.
Jch ſterb’/ Eliſſa nim̃ mich zur Geſpielin an!
Melcarthos/ weil ich dir kein Erſtling ſchlachten kan/
Verwirf mich Todte nicht; Thychæus/ nicht mein Bitten:
Sey auf dein Heil bedacht/ entfleuch aus Cyrthens Huͤtten/
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Sophonisbe. Breslau, 1680, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_sophonisbe_1680/126>, abgerufen am 29.07.2024. |