Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Ibrahim Sultan. Leipzig, 1673.

Bild:
<< vorherige Seite
Sisig. Verstattet Mahumed: daß man Gelübde bricht?
150
Ibrah. Der Käyser der befiehl'ts/ verstattet's Mufti nicht.
Sisig. Kein Fürst/ kein Jbrahim herrscht über die Gewissen.
Ibrah. Sein Blitz zermalmt/ die nicht gehorchen semen Schlüssen.
Sisig. Der Himmel straft die Seel'n/ die Meyneyd hat befleckt.
Ibrah. Wird die/ die unser lacht/ von fernen Blitz' erschreckt?
155
Sisig. Des Höchsten Rachschwerd ist der Bosheit unentfernet.
Ibrah. Wie: Daß dein Hochmuth nicht auch unsers fürchten lernet?
Sisig. Wo mich der Käyser liebt/ was ist für Furchte Noth?
Ibrah. Verschmähte Liebe führt im Köcher Haß und Tod.
Sisig. Behertzte Tugend läß't sich Haß und Tod nicht schrecken.
160
Ibrah. Trotz kan auß Sonnen auch Gewölck' und Blitz erwecken.
Sisig. Die Sonne der Vernunft verklär't Begierd und Brunst.
Ibrah. Wir bitten noch einmahl Jhr wiedmend unsre Gunst.
Sisig. Wir werden tausendmal ihm Lieb und Bitt abschlagen.
Ibrah. Laß schaun: was ein frech Weib Uns Macht hat zu versagen.
165
Sisig. Hilf Himmel! wil der Fürst durch Noth-Zwang uns entweyh'n.
Ibrah. Gib dich!
Sisig. der Käyser ruh/ ich werd auf Hülfe schrei'n.
Ibrah. Gib dich! sonst sol dein Blut hier diesen Dolch bespritzen.
Sisig. So sol diß Messer mich für Dolch und Unzucht schützen.
Ibrah. Zückstu/ verteufelte/ das Messer wider mich?
170
Sisig. Auf einen fernern Tritt erwarte Rach und Stich.
Ibrah. Hat Weib und Wahn diß ie gewagt auf Oßmans Erben?
Sisig. Du oder ich sol eh durchbohrt/ als fleckicht sterben.
Kiosem. Die Käyserliche Mutter. Ibrahim. Sisigambis Sechier-
pera. Achmet. Kuslir Aga
ein verschnittener Mohr/ der
das Frauenzimmer in Obacht hat.
Kiosem. WAs hat der Fürst hier für?
Sisig. Er spinnet Nothzucht an.
Kiosem. Ha! daß ein Sultan sich so sehr verstellen kan!
175
Ibrah. Steht Weibern frey die Macht des Käysers zu verhöhnen?
Sisig. Wir suchten seine Brunst mit Demuth abzulehnen.
Ibrah. Die Demuth reucht nach Trotz/ die Fürsten was schlägt ab.
Kiosem. Durch solche Schandthat baut er seiner Ehr ein Grab.
Ibrah. Sol reine Liebe sich hier Schandmal schelten lassen?
180
Sisig. Die lieben andre nicht/ die ihren Ruhm selbst hassen.
Ibrah. Befleckt der Fürsten Ruhm/ was ieden Sclav ergetzt?
Kiosem. Die Wollust ist vergönnt/ wenn man ein Ziel ihr setzt;
Wo aber Tugend sie und Maaß nicht hält im Zaume/
Flösst sie in Seel und Leib Gift/ wenn sie Brunst und Gaume
185Gleich reinsten Zucker schätzt. Dein siecher Leib wird bald/
Ja hat dich schon gelehr't: daß Jugend selbst wird kalt/
Die hier zu hitzig spielt; und daß/ der Seuchen hecket/
Das Leben ihm verkürtzt; der hier den Bogen strecket
Zu vielmal/ und zu hoch. Auch Stahl wird weich gemacht.
190Du mergelst dich des Tag's/ nicht nur iedwede Nacht
Mit so viel Weibern ab; schwimmst in den Uppigkeiten/
Wenn du/ gleich einer See/ lässt Zimmer dir bereiten
Mit Zobeln überdielt/ mit Dirnen angefül't/
Die alle Welt dir zinßt. Wie manch unzüchtig Bild
195Verstell't dein Schlafgemach nach schlimmer Heyden-Weise.
Dein Ambra/ dein Zibeth/ der täglich deine Speise
Mit Uberflusse würtzt/ ist zwar ein Saltz der Brunst/
Nicht aber Lebens-Oel/ auß welchen du umbsonst
Verschwelgte Kräfte suchst.
Ibrah. Was hat sie zu verliehren/
200Wenn wir uns selbst verspieln?
Kiosem. Der Mutter wil gebühren
Zu sorgen für das Heil der Kinder biß in Tod.
Ibrah. Nicht sich zu massen an ein Herrisches Gebot.
Kiosem. Von Schmach und Lastern sie vernünftig abzuleiten.
Ibrah. Wer darf die Fehler zehl'n/ wenn hohe Häupter gleiten?
205
Kiosem. Der gantze Welt-Kreiß sieht auf eines Fürsten Fall.
Man forscht mit scharffem Aug' und durch gehöhlt Chrystall
Der Sterne Flecken auß; Man schreibt ins Buch der Zeiten
Der Sonnen Finsterniß auch/ die der andern Seiten
Der Welt nur sichtbar sind. Und deine Thorheit hält
210Unsichtbar/ Schand und Fleck der Sonnen dieser Welt?
Schmier't als wohlständig an dem Purpur und der Seide/
Was Woll' und Haar verstellt; schminckt Wangen mit der Kreide
Die
A iij
Siſig. Verſtattet Mahumed: daß man Geluͤbde bricht?
150
Ibrah. Der Kaͤyſer der befiehl’ts/ verſtattet’s Mufti nicht.
Siſig. Kein Fuͤrſt/ kein Jbrahim herrſcht uͤber die Gewiſſen.
Ibrah. Sein Blitz zermalmt/ die nicht gehorchen ſemen Schluͤſſen.
Siſig. Der Himmel ſtraft die Seel’n/ die Meyneyd hat befleckt.
Ibrah. Wird die/ die unſer lacht/ von fernen Blitz’ erſchreckt?
155
Siſig. Des Hoͤchſten Rachſchwerd iſt der Bosheit unentfernet.
Ibrah. Wie: Daß dein Hochmuth nicht auch unſers fuͤrchten lernet?
Siſig. Wo mich der Kaͤyſer liebt/ was iſt fuͤr Furchte Noth?
Ibrah. Verſchmaͤhte Liebe fuͤhrt im Koͤcher Haß und Tod.
Siſig. Behertzte Tugend laͤß’t ſich Haß und Tod nicht ſchrecken.
160
Ibrah. Trotz kan auß Sonnen auch Gewoͤlck’ und Blitz erwecken.
Siſig. Die Sonne der Vernunft verklaͤr’t Begierd und Brunſt.
Ibrah. Wir bitten noch einmahl Jhr wiedmend unſre Gunſt.
Siſig. Wir werden tauſendmal ihm Lieb und Bitt abſchlagen.
Ibrah. Laß ſchaun: was ein frech Weib Uns Macht hat zu verſagen.
165
Siſig. Hilf Himmel! wil der Fuͤrſt durch Noth-Zwang uns entweyh’n.
Ibrah. Gib dich!
Siſig. der Kaͤyſer ruh/ ich werd auf Huͤlfe ſchrei’n.
Ibrah. Gib dich! ſonſt ſol dein Blut hier dieſen Dolch beſpritzen.
Siſig. So ſol diß Meſſer mich fuͤr Dolch und Unzucht ſchuͤtzen.
Ibrah. Zuͤckſtu/ verteufelte/ das Meſſer wider mich?
170
Siſig. Auf einen fernern Tritt erwarte Rach und Stich.
Ibrah. Hat Weib und Wahn diß ie gewagt auf Oßmans Erben?
Siſig. Du oder ich ſol eh durchbohrt/ als fleckicht ſterben.
Kioſem. Die Kaͤyſeꝛliche Mutter. Ibrahim. Siſigambis Sechier-
pera. Achmet. Kuslir Aga
ein verſchnittener Mohr/ der
das Frauenzimmer in Obacht hat.
Kioſem. WAs hat der Fuͤrſt hier fuͤr?
Siſig. Er ſpinnet Nothzucht an.
Kioſem. Ha! daß ein Sultan ſich ſo ſehr verſtellen kan!
175
Ibrah. Steht Weibern frey die Macht des Kaͤyſers zu verhoͤhnen?
Siſig. Wir ſuchten ſeine Brunſt mit Demuth abzulehnen.
Ibrah. Die Demuth reucht nach Trotz/ die Fuͤrſten was ſchlaͤgt ab.
Kioſem. Durch ſolche Schandthat baut er ſeiner Ehr ein Grab.
Ibrah. Sol reine Liebe ſich hier Schandmal ſchelten laſſen?
180
Siſig. Die lieben andre nicht/ die ihren Ruhm ſelbſt haſſen.
Ibrah. Befleckt der Fuͤrſten Ruhm/ was ieden Sclav ergetzt?
Kioſem. Die Wolluſt iſt vergoͤnnt/ wenn man ein Ziel ihr ſetzt;
Wo aber Tugend ſie und Maaß nicht haͤlt im Zaume/
Floͤſſt ſie in Seel und Leib Gift/ wenn ſie Brunſt und Gaume
185Gleich reinſten Zucker ſchaͤtzt. Dein ſiecher Leib wird bald/
Ja hat dich ſchon gelehr’t: daß Jugend ſelbſt wird kalt/
Die hier zu hitzig ſpielt; und daß/ der Seuchen hecket/
Das Leben ihm verkuͤrtzt; der hier den Bogen ſtrecket
Zu vielmal/ und zu hoch. Auch Stahl wird weich gemacht.
190Du mergelſt dich des Tag’s/ nicht nur iedwede Nacht
Mit ſo viel Weibern ab; ſchwim̃ſt in den Uppigkeiten/
Wenn du/ gleich einer See/ laͤſſt Zimmer dir bereiten
Mit Zobeln uͤberdielt/ mit Dirnen angefuͤl’t/
Die alle Welt dir zinßt. Wie manch unzuͤchtig Bild
195Verſtell’t dein Schlafgemach nach ſchlimmer Heyden-Weiſe.
Dein Ambra/ dein Zibeth/ der taͤglich deine Speiſe
Mit Uberfluſſe wuͤrtzt/ iſt zwar ein Saltz der Brunſt/
Nicht aber Lebens-Oel/ auß welchen du umbſonſt
Verſchwelgte Kraͤfte ſuchſt.
Ibrah. Was hat ſie zu verliehren/
200Wenn wir uns ſelbſt verſpieln?
Kioſem. Der Mutter wil gebuͤhren
Zu ſorgen fuͤr das Heil der Kinder biß in Tod.
Ibrah. Nicht ſich zu maſſen an ein Herriſches Gebot.
Kioſem. Von Schmach und Laſtern ſie vernuͤnftig abzuleiten.
Ibrah. Wer darf die Fehler zehl’n/ wenn hohe Haͤupter gleiten?
205
Kioſem. Der gantze Welt-Kreiß ſieht auf eines Fuͤrſten Fall.
Man forſcht mit ſcharffem Aug’ und durch gehoͤhlt Chryſtall
Der Sterne Flecken auß; Man ſchreibt ins Buch der Zeiten
Der Sonnen Finſterniß auch/ die der andern Seiten
Der Welt nur ſichtbar ſind. Und deine Thorheit haͤlt
210Unſichtbar/ Schand und Fleck der Sonnen dieſer Welt?
Schmier’t als wohlſtaͤndig an dem Purpur und der Seide/
Was Woll’ und Haar verſtellt; ſchminckt Wangen mit der Kreide
Die
A iij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0023" n="5"/>
        <sp who="#SIS">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Si&#x017F;ig.</hi> </speaker>
          <p>Ver&#x017F;tattet Mahumed: daß man Gelu&#x0364;bde bricht?</p><lb/>
          <note place="left">150</note>
        </sp>
        <sp who="#IBR">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Ibrah.</hi> </speaker>
          <p>Der Ka&#x0364;y&#x017F;er der befiehl&#x2019;ts/ ver&#x017F;tattet&#x2019;s Mufti nicht.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#SIS">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Si&#x017F;ig.</hi> </speaker>
          <p>Kein Fu&#x0364;r&#x017F;t/ kein Jbrahim herr&#x017F;cht u&#x0364;ber die Gewi&#x017F;&#x017F;en.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#IBR">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Ibrah.</hi> </speaker>
          <p>Sein Blitz zermalmt/ die nicht gehorchen &#x017F;emen Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#SIS">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Si&#x017F;ig.</hi> </speaker>
          <p>Der Himmel &#x017F;traft die Seel&#x2019;n/ die Meyneyd hat befleckt.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#IBR">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Ibrah.</hi> </speaker>
          <p>Wird die/ die un&#x017F;er lacht/ von fernen Blitz&#x2019; er&#x017F;chreckt?</p><lb/>
          <note place="left">155</note>
        </sp>
        <sp who="#SIS">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Si&#x017F;ig.</hi> </speaker>
          <p>Des Ho&#x0364;ch&#x017F;ten Rach&#x017F;chwerd i&#x017F;t der Bosheit unentfernet.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#IBR">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Ibrah.</hi> </speaker>
          <p>Wie: Daß dein Hochmuth nicht auch un&#x017F;ers fu&#x0364;rchten lernet?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#SIS">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Si&#x017F;ig.</hi> </speaker>
          <p>Wo mich der Ka&#x0364;y&#x017F;er liebt/ was i&#x017F;t fu&#x0364;r Furchte Noth?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#IBR">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Ibrah.</hi> </speaker>
          <p>Ver&#x017F;chma&#x0364;hte Liebe fu&#x0364;hrt im Ko&#x0364;cher Haß und Tod.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#SIS">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Si&#x017F;ig.</hi> </speaker>
          <p>Behertzte Tugend la&#x0364;ß&#x2019;t &#x017F;ich Haß und Tod nicht &#x017F;chrecken.</p><lb/>
          <note place="left">160</note>
        </sp>
        <sp who="#IBR">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Ibrah.</hi> </speaker>
          <p>Trotz kan auß Sonnen auch Gewo&#x0364;lck&#x2019; und Blitz erwecken.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#SIS">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Si&#x017F;ig.</hi> </speaker>
          <p>Die Sonne der Vernunft verkla&#x0364;r&#x2019;t Begierd und Brun&#x017F;t.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#IBR">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Ibrah.</hi> </speaker>
          <p>Wir bitten noch einmahl Jhr wiedmend un&#x017F;re Gun&#x017F;t.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#SIS">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Si&#x017F;ig.</hi> </speaker>
          <p>Wir werden tau&#x017F;endmal ihm Lieb und Bitt ab&#x017F;chlagen.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#IBR">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Ibrah.</hi> </speaker>
          <p>Laß &#x017F;chaun: was ein frech Weib Uns Macht hat zu ver&#x017F;agen.</p><lb/>
          <note place="left">165</note>
        </sp>
        <sp who="#SIS">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Si&#x017F;ig.</hi> </speaker>
          <p>Hilf Himmel! wil der Fu&#x0364;r&#x017F;t durch Noth-Zwang uns entweyh&#x2019;n.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#IBR">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Ibrah.</hi> </speaker>
          <p>Gib dich!</p>
        </sp>
        <sp who="#SIS">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Si&#x017F;ig.</hi> </speaker>
          <p>der Ka&#x0364;y&#x017F;er ruh/ ich werd auf Hu&#x0364;lfe &#x017F;chrei&#x2019;n.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#IBR">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Ibrah.</hi> </speaker>
          <p>Gib dich! &#x017F;on&#x017F;t &#x017F;ol dein Blut hier die&#x017F;en Dolch be&#x017F;pritzen.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#SIS">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Si&#x017F;ig.</hi> </speaker>
          <p>So &#x017F;ol diß Me&#x017F;&#x017F;er mich fu&#x0364;r Dolch und Unzucht &#x017F;chu&#x0364;tzen.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#IBR">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Ibrah.</hi> </speaker>
          <p>Zu&#x0364;ck&#x017F;tu/ verteufelte/ das Me&#x017F;&#x017F;er wider mich?</p><lb/>
          <note place="left">170</note>
        </sp>
        <sp who="#SIS">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Si&#x017F;ig.</hi> </speaker>
          <p>Auf einen fernern Tritt erwarte Rach und Stich.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#IBR">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Ibrah.</hi> </speaker>
          <p>Hat Weib und Wahn diß ie gewagt auf Oßmans Erben?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#SIS">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Si&#x017F;ig.</hi> </speaker>
          <p>Du oder ich &#x017F;ol eh durchbohrt/ als fleckicht &#x017F;terben.</p><lb/>
          <stage> <hi rendition="#aq">Kio&#x017F;em.</hi> <hi rendition="#fr">Die Ka&#x0364;y&#x017F;e&#xA75B;liche Mutter.</hi> <hi rendition="#aq">Ibrahim. Si&#x017F;igambis Sechier-<lb/>
pera. Achmet. Kuslir Aga</hi> <hi rendition="#fr">ein ver&#x017F;chnittener Mohr/ der<lb/>
das Frauenzimmer in Obacht hat.</hi> </stage>
        </sp><lb/>
        <sp who="#KIO">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Kio&#x017F;em.</hi> </speaker>
          <p><hi rendition="#in">W</hi>As hat der Fu&#x0364;r&#x017F;t hier fu&#x0364;r?</p>
        </sp>
        <sp who="#SIS">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Si&#x017F;ig.</hi> </speaker>
          <p>Er &#x017F;pinnet Nothzucht an.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#KIO">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Kio&#x017F;em.</hi> </speaker>
          <p>Ha! daß ein Sultan &#x017F;ich &#x017F;o &#x017F;ehr ver&#x017F;tellen kan!</p><lb/>
          <note place="left">175</note>
        </sp>
        <sp who="#IBR">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Ibrah.</hi> </speaker>
          <p>Steht Weibern frey die Macht des Ka&#x0364;y&#x017F;ers zu verho&#x0364;hnen?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#SIS">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Si&#x017F;ig.</hi> </speaker>
          <p>Wir &#x017F;uchten &#x017F;eine Brun&#x017F;t mit Demuth abzulehnen.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#IBR">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Ibrah.</hi> </speaker>
          <p>Die Demuth reucht nach Trotz/ die Fu&#x0364;r&#x017F;ten was &#x017F;chla&#x0364;gt ab.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#KIO">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Kio&#x017F;em.</hi> </speaker>
          <p>Durch &#x017F;olche Schandthat baut er &#x017F;einer Ehr ein Grab.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#IBR">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Ibrah.</hi> </speaker>
          <p>Sol reine Liebe &#x017F;ich hier Schandmal &#x017F;chelten la&#x017F;&#x017F;en?</p><lb/>
          <note place="left">180</note>
        </sp>
        <sp who="#SIS">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Si&#x017F;ig.</hi> </speaker>
          <p>Die lieben andre nicht/ die ihren Ruhm &#x017F;elb&#x017F;t ha&#x017F;&#x017F;en.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#IBR">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Ibrah.</hi> </speaker>
          <p>Befleckt der Fu&#x0364;r&#x017F;ten Ruhm/ was ieden Sclav ergetzt?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#KIO">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Kio&#x017F;em.</hi> </speaker>
          <p>Die Wollu&#x017F;t i&#x017F;t vergo&#x0364;nnt/ wenn man ein Ziel ihr &#x017F;etzt;<lb/>
Wo aber Tugend &#x017F;ie und Maaß nicht ha&#x0364;lt im Zaume/<lb/>
Flo&#x0364;&#x017F;&#x017F;t &#x017F;ie in Seel und Leib Gift/ wenn &#x017F;ie Brun&#x017F;t und Gaume<lb/><note place="left">185</note>Gleich rein&#x017F;ten Zucker &#x017F;cha&#x0364;tzt. Dein &#x017F;iecher Leib wird bald/<lb/>
Ja hat dich &#x017F;chon gelehr&#x2019;t: daß Jugend &#x017F;elb&#x017F;t wird kalt/<lb/>
Die hier zu hitzig &#x017F;pielt; und daß/ der Seuchen hecket/<lb/>
Das Leben ihm verku&#x0364;rtzt; der hier den Bogen &#x017F;trecket<lb/>
Zu vielmal/ und zu hoch. Auch Stahl wird weich gemacht.<lb/><note place="left">190</note>Du mergel&#x017F;t dich des Tag&#x2019;s/ nicht nur iedwede Nacht<lb/>
Mit &#x017F;o viel Weibern ab; &#x017F;chwim&#x0303;&#x017F;t in den Uppigkeiten/<lb/>
Wenn du/ gleich einer See/ la&#x0364;&#x017F;&#x017F;t Zimmer dir bereiten<lb/>
Mit Zobeln u&#x0364;berdielt/ mit Dirnen angefu&#x0364;l&#x2019;t/<lb/>
Die alle Welt dir zinßt. Wie manch unzu&#x0364;chtig Bild<lb/><note place="left">195</note>Ver&#x017F;tell&#x2019;t dein Schlafgemach nach &#x017F;chlimmer Heyden-Wei&#x017F;e.<lb/>
Dein Ambra/ dein Zibeth/ der ta&#x0364;glich deine Spei&#x017F;e<lb/>
Mit Uberflu&#x017F;&#x017F;e wu&#x0364;rtzt/ i&#x017F;t zwar ein Saltz der Brun&#x017F;t/<lb/>
Nicht aber Lebens-Oel/ auß welchen du umb&#x017F;on&#x017F;t<lb/>
Ver&#x017F;chwelgte Kra&#x0364;fte &#x017F;uch&#x017F;t.</p>
        </sp>
        <sp who="#IBR">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Ibrah.</hi> </speaker>
          <p>Was hat &#x017F;ie zu verliehren/<lb/><note place="left">200</note>Wenn wir uns &#x017F;elb&#x017F;t ver&#x017F;pieln?</p>
        </sp>
        <sp who="#KIO">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Kio&#x017F;em.</hi> </speaker>
          <p>Der Mutter wil gebu&#x0364;hren<lb/>
Zu &#x017F;orgen fu&#x0364;r das Heil der Kinder biß in Tod.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#IBR">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Ibrah.</hi> </speaker>
          <p>Nicht &#x017F;ich zu ma&#x017F;&#x017F;en an ein Herri&#x017F;ches Gebot.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#KIO">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Kio&#x017F;em.</hi> </speaker>
          <p>Von Schmach und La&#x017F;tern &#x017F;ie vernu&#x0364;nftig abzuleiten.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#IBR">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Ibrah.</hi> </speaker>
          <p>Wer darf die Fehler zehl&#x2019;n/ wenn hohe Ha&#x0364;upter gleiten?</p><lb/>
          <note place="left">205</note>
        </sp>
        <sp who="#KIO">
          <speaker> <hi rendition="#aq">Kio&#x017F;em.</hi> </speaker>
          <p>Der gantze Welt-Kreiß &#x017F;ieht auf eines Fu&#x0364;r&#x017F;ten Fall.<lb/>
Man for&#x017F;cht mit &#x017F;charffem Aug&#x2019; und durch geho&#x0364;hlt Chry&#x017F;tall<lb/>
Der Sterne Flecken auß; Man &#x017F;chreibt ins Buch der Zeiten<lb/>
Der Sonnen Fin&#x017F;terniß auch/ die der andern Seiten<lb/>
Der Welt nur &#x017F;ichtbar &#x017F;ind. Und deine Thorheit ha&#x0364;lt<lb/><note place="left">210</note>Un&#x017F;ichtbar/ Schand und Fleck der Sonnen die&#x017F;er Welt?<lb/>
Schmier&#x2019;t als wohl&#x017F;ta&#x0364;ndig an dem Purpur und der Seide/<lb/>
Was Woll&#x2019; und Haar ver&#x017F;tellt; &#x017F;chminckt Wangen mit der Kreide<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A iij</fw><fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[5/0023] Siſig. Verſtattet Mahumed: daß man Geluͤbde bricht? Ibrah. Der Kaͤyſer der befiehl’ts/ verſtattet’s Mufti nicht. Siſig. Kein Fuͤrſt/ kein Jbrahim herrſcht uͤber die Gewiſſen. Ibrah. Sein Blitz zermalmt/ die nicht gehorchen ſemen Schluͤſſen. Siſig. Der Himmel ſtraft die Seel’n/ die Meyneyd hat befleckt. Ibrah. Wird die/ die unſer lacht/ von fernen Blitz’ erſchreckt? Siſig. Des Hoͤchſten Rachſchwerd iſt der Bosheit unentfernet. Ibrah. Wie: Daß dein Hochmuth nicht auch unſers fuͤrchten lernet? Siſig. Wo mich der Kaͤyſer liebt/ was iſt fuͤr Furchte Noth? Ibrah. Verſchmaͤhte Liebe fuͤhrt im Koͤcher Haß und Tod. Siſig. Behertzte Tugend laͤß’t ſich Haß und Tod nicht ſchrecken. Ibrah. Trotz kan auß Sonnen auch Gewoͤlck’ und Blitz erwecken. Siſig. Die Sonne der Vernunft verklaͤr’t Begierd und Brunſt. Ibrah. Wir bitten noch einmahl Jhr wiedmend unſre Gunſt. Siſig. Wir werden tauſendmal ihm Lieb und Bitt abſchlagen. Ibrah. Laß ſchaun: was ein frech Weib Uns Macht hat zu verſagen. Siſig. Hilf Himmel! wil der Fuͤrſt durch Noth-Zwang uns entweyh’n. Ibrah. Gib dich! Siſig. der Kaͤyſer ruh/ ich werd auf Huͤlfe ſchrei’n. Ibrah. Gib dich! ſonſt ſol dein Blut hier dieſen Dolch beſpritzen. Siſig. So ſol diß Meſſer mich fuͤr Dolch und Unzucht ſchuͤtzen. Ibrah. Zuͤckſtu/ verteufelte/ das Meſſer wider mich? Siſig. Auf einen fernern Tritt erwarte Rach und Stich. Ibrah. Hat Weib und Wahn diß ie gewagt auf Oßmans Erben? Siſig. Du oder ich ſol eh durchbohrt/ als fleckicht ſterben. Kioſem. Die Kaͤyſeꝛliche Mutter. Ibrahim. Siſigambis Sechier- pera. Achmet. Kuslir Aga ein verſchnittener Mohr/ der das Frauenzimmer in Obacht hat. Kioſem. WAs hat der Fuͤrſt hier fuͤr? Siſig. Er ſpinnet Nothzucht an. Kioſem. Ha! daß ein Sultan ſich ſo ſehr verſtellen kan! Ibrah. Steht Weibern frey die Macht des Kaͤyſers zu verhoͤhnen? Siſig. Wir ſuchten ſeine Brunſt mit Demuth abzulehnen. Ibrah. Die Demuth reucht nach Trotz/ die Fuͤrſten was ſchlaͤgt ab. Kioſem. Durch ſolche Schandthat baut er ſeiner Ehr ein Grab. Ibrah. Sol reine Liebe ſich hier Schandmal ſchelten laſſen? Siſig. Die lieben andre nicht/ die ihren Ruhm ſelbſt haſſen. Ibrah. Befleckt der Fuͤrſten Ruhm/ was ieden Sclav ergetzt? Kioſem. Die Wolluſt iſt vergoͤnnt/ wenn man ein Ziel ihr ſetzt; Wo aber Tugend ſie und Maaß nicht haͤlt im Zaume/ Floͤſſt ſie in Seel und Leib Gift/ wenn ſie Brunſt und Gaume Gleich reinſten Zucker ſchaͤtzt. Dein ſiecher Leib wird bald/ Ja hat dich ſchon gelehr’t: daß Jugend ſelbſt wird kalt/ Die hier zu hitzig ſpielt; und daß/ der Seuchen hecket/ Das Leben ihm verkuͤrtzt; der hier den Bogen ſtrecket Zu vielmal/ und zu hoch. Auch Stahl wird weich gemacht. Du mergelſt dich des Tag’s/ nicht nur iedwede Nacht Mit ſo viel Weibern ab; ſchwim̃ſt in den Uppigkeiten/ Wenn du/ gleich einer See/ laͤſſt Zimmer dir bereiten Mit Zobeln uͤberdielt/ mit Dirnen angefuͤl’t/ Die alle Welt dir zinßt. Wie manch unzuͤchtig Bild Verſtell’t dein Schlafgemach nach ſchlimmer Heyden-Weiſe. Dein Ambra/ dein Zibeth/ der taͤglich deine Speiſe Mit Uberfluſſe wuͤrtzt/ iſt zwar ein Saltz der Brunſt/ Nicht aber Lebens-Oel/ auß welchen du umbſonſt Verſchwelgte Kraͤfte ſuchſt. Ibrah. Was hat ſie zu verliehren/ Wenn wir uns ſelbſt verſpieln? Kioſem. Der Mutter wil gebuͤhren Zu ſorgen fuͤr das Heil der Kinder biß in Tod. Ibrah. Nicht ſich zu maſſen an ein Herriſches Gebot. Kioſem. Von Schmach und Laſtern ſie vernuͤnftig abzuleiten. Ibrah. Wer darf die Fehler zehl’n/ wenn hohe Haͤupter gleiten? Kioſem. Der gantze Welt-Kreiß ſieht auf eines Fuͤrſten Fall. Man forſcht mit ſcharffem Aug’ und durch gehoͤhlt Chryſtall Der Sterne Flecken auß; Man ſchreibt ins Buch der Zeiten Der Sonnen Finſterniß auch/ die der andern Seiten Der Welt nur ſichtbar ſind. Und deine Thorheit haͤlt Unſichtbar/ Schand und Fleck der Sonnen dieſer Welt? Schmier’t als wohlſtaͤndig an dem Purpur und der Seide/ Was Woll’ und Haar verſtellt; ſchminckt Wangen mit der Kreide Die A iij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_ibrahim_1673
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_ibrahim_1673/23
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Ibrahim Sultan. Leipzig, 1673, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_ibrahim_1673/23>, abgerufen am 21.11.2024.