Lohenstein, Daniel Casper von: Ibrahim Sultan. Leipzig, 1673. Sisig. Verstattet Mahumed: daß man Gelübde bricht? 150 Ibrah. Der Käyser der befiehl'ts/ verstattet's Mufti nicht. Sisig. Kein Fürst/ kein Jbrahim herrscht über die Gewissen. Ibrah. Sein Blitz zermalmt/ die nicht gehorchen semen Schlüssen. Sisig. Der Himmel straft die Seel'n/ die Meyneyd hat befleckt. Ibrah. Wird die/ die unser lacht/ von fernen Blitz' erschreckt? 155 Sisig. Des Höchsten Rachschwerd ist der Bosheit unentfernet. Ibrah. Wie: Daß dein Hochmuth nicht auch unsers fürchten lernet? Sisig. Wo mich der Käyser liebt/ was ist für Furchte Noth? Ibrah. Verschmähte Liebe führt im Köcher Haß und Tod. Sisig. Behertzte Tugend läß't sich Haß und Tod nicht schrecken. 160 Ibrah. Trotz kan auß Sonnen auch Gewölck' und Blitz erwecken. Sisig. Die Sonne der Vernunft verklär't Begierd und Brunst. Ibrah. Wir bitten noch einmahl Jhr wiedmend unsre Gunst. Sisig. Wir werden tausendmal ihm Lieb und Bitt abschlagen. Ibrah. Laß schaun: was ein frech Weib Uns Macht hat zu versagen. 165 Sisig. Hilf Himmel! wil der Fürst durch Noth-Zwang uns entweyh'n. Ibrah. Gib dich! Sisig. der Käyser ruh/ ich werd auf Hülfe schrei'n. Ibrah. Gib dich! sonst sol dein Blut hier diesen Dolch bespritzen. Sisig. So sol diß Messer mich für Dolch und Unzucht schützen. Ibrah. Zückstu/ verteufelte/ das Messer wider mich? 170 Sisig. Auf einen fernern Tritt erwarte Rach und Stich. Ibrah. Hat Weib und Wahn diß ie gewagt auf Oßmans Erben? Sisig. Du oder ich sol eh durchbohrt/ als fleckicht sterben. Kiosem. Die Käyserliche Mutter. Ibrahim. Sisigambis Sechier- pera. Achmet. Kuslir Aga ein verschnittener Mohr/ der das Frauenzimmer in Obacht hat. Kiosem. WAs hat der Fürst hier für? Sisig. Er spinnet Nothzucht an. Kiosem. Ha! daß ein Sultan sich so sehr verstellen kan! 175 Ibrah. Steht Weibern frey die Macht des Käysers zu verhöhnen? Sisig. Wir suchten seine Brunst mit Demuth abzulehnen. Ibrah. Die Demuth reucht nach Trotz/ die Fürsten was schlägt ab. Kiosem. Durch solche Schandthat baut er seiner Ehr ein Grab. Ibrah. Sol reine Liebe sich hier Schandmal schelten lassen? 180 Sisig. Die lieben andre nicht/ die ihren Ruhm selbst hassen. Ibrah. Befleckt der Fürsten Ruhm/ was ieden Sclav ergetzt? Kiosem. Die Wollust ist vergönnt/ wenn man ein Ziel ihr setzt; Wo aber Tugend sie und Maaß nicht hält im Zaume/ Flösst sie in Seel und Leib Gift/ wenn sie Brunst und Gaume 185Gleich reinsten Zucker schätzt. Dein siecher Leib wird bald/ Ja hat dich schon gelehr't: daß Jugend selbst wird kalt/ Die hier zu hitzig spielt; und daß/ der Seuchen hecket/ Das Leben ihm verkürtzt; der hier den Bogen strecket Zu vielmal/ und zu hoch. Auch Stahl wird weich gemacht. 190Du mergelst dich des Tag's/ nicht nur iedwede Nacht Mit so viel Weibern ab; schwimmst in den Uppigkeiten/ Wenn du/ gleich einer See/ lässt Zimmer dir bereiten Mit Zobeln überdielt/ mit Dirnen angefül't/ Die alle Welt dir zinßt. Wie manch unzüchtig Bild 195Verstell't dein Schlafgemach nach schlimmer Heyden-Weise. Dein Ambra/ dein Zibeth/ der täglich deine Speise Mit Uberflusse würtzt/ ist zwar ein Saltz der Brunst/ Nicht aber Lebens-Oel/ auß welchen du umbsonst Verschwelgte Kräfte suchst. Ibrah. Was hat sie zu verliehren/ 200Wenn wir uns selbst verspieln? Kiosem. Der Mutter wil gebühren Zu sorgen für das Heil der Kinder biß in Tod. Ibrah. Nicht sich zu massen an ein Herrisches Gebot. Kiosem. Von Schmach und Lastern sie vernünftig abzuleiten. Ibrah. Wer darf die Fehler zehl'n/ wenn hohe Häupter gleiten? 205 Kiosem. Der gantze Welt-Kreiß sieht auf eines Fürsten Fall. Man forscht mit scharffem Aug' und durch gehöhlt Chrystall Der Sterne Flecken auß; Man schreibt ins Buch der Zeiten Der Sonnen Finsterniß auch/ die der andern Seiten Der Welt nur sichtbar sind. Und deine Thorheit hält 210Unsichtbar/ Schand und Fleck der Sonnen dieser Welt? Schmier't als wohlständig an dem Purpur und der Seide/ Was Woll' und Haar verstellt; schminckt Wangen mit der Kreide Die A iij
Siſig. Verſtattet Mahumed: daß man Geluͤbde bricht? 150 Ibrah. Der Kaͤyſer der befiehl’ts/ verſtattet’s Mufti nicht. Siſig. Kein Fuͤrſt/ kein Jbrahim herrſcht uͤber die Gewiſſen. Ibrah. Sein Blitz zermalmt/ die nicht gehorchen ſemen Schluͤſſen. Siſig. Der Himmel ſtraft die Seel’n/ die Meyneyd hat befleckt. Ibrah. Wird die/ die unſer lacht/ von fernen Blitz’ erſchreckt? 155 Siſig. Des Hoͤchſten Rachſchwerd iſt der Bosheit unentfernet. Ibrah. Wie: Daß dein Hochmuth nicht auch unſers fuͤrchten lernet? Siſig. Wo mich der Kaͤyſer liebt/ was iſt fuͤr Furchte Noth? Ibrah. Verſchmaͤhte Liebe fuͤhrt im Koͤcher Haß und Tod. Siſig. Behertzte Tugend laͤß’t ſich Haß und Tod nicht ſchrecken. 160 Ibrah. Trotz kan auß Sonnen auch Gewoͤlck’ und Blitz erwecken. Siſig. Die Sonne der Vernunft verklaͤr’t Begierd und Brunſt. Ibrah. Wir bitten noch einmahl Jhr wiedmend unſre Gunſt. Siſig. Wir werden tauſendmal ihm Lieb und Bitt abſchlagen. Ibrah. Laß ſchaun: was ein frech Weib Uns Macht hat zu verſagen. 165 Siſig. Hilf Himmel! wil der Fuͤrſt durch Noth-Zwang uns entweyh’n. Ibrah. Gib dich! Siſig. der Kaͤyſer ruh/ ich werd auf Huͤlfe ſchrei’n. Ibrah. Gib dich! ſonſt ſol dein Blut hier dieſen Dolch beſpritzen. Siſig. So ſol diß Meſſer mich fuͤr Dolch und Unzucht ſchuͤtzen. Ibrah. Zuͤckſtu/ verteufelte/ das Meſſer wider mich? 170 Siſig. Auf einen fernern Tritt erwarte Rach und Stich. Ibrah. Hat Weib und Wahn diß ie gewagt auf Oßmans Erben? Siſig. Du oder ich ſol eh durchbohrt/ als fleckicht ſterben. Kioſem. Die Kaͤyſeꝛliche Mutter. Ibrahim. Siſigambis Sechier- pera. Achmet. Kuslir Aga ein verſchnittener Mohr/ der das Frauenzimmer in Obacht hat. Kioſem. WAs hat der Fuͤrſt hier fuͤr? Siſig. Er ſpinnet Nothzucht an. Kioſem. Ha! daß ein Sultan ſich ſo ſehr verſtellen kan! 175 Ibrah. Steht Weibern frey die Macht des Kaͤyſers zu verhoͤhnen? Siſig. Wir ſuchten ſeine Brunſt mit Demuth abzulehnen. Ibrah. Die Demuth reucht nach Trotz/ die Fuͤrſten was ſchlaͤgt ab. Kioſem. Durch ſolche Schandthat baut er ſeiner Ehr ein Grab. Ibrah. Sol reine Liebe ſich hier Schandmal ſchelten laſſen? 180 Siſig. Die lieben andre nicht/ die ihren Ruhm ſelbſt haſſen. Ibrah. Befleckt der Fuͤrſten Ruhm/ was ieden Sclav ergetzt? Kioſem. Die Wolluſt iſt vergoͤnnt/ wenn man ein Ziel ihr ſetzt; Wo aber Tugend ſie und Maaß nicht haͤlt im Zaume/ Floͤſſt ſie in Seel und Leib Gift/ wenn ſie Brunſt und Gaume 185Gleich reinſten Zucker ſchaͤtzt. Dein ſiecher Leib wird bald/ Ja hat dich ſchon gelehr’t: daß Jugend ſelbſt wird kalt/ Die hier zu hitzig ſpielt; und daß/ der Seuchen hecket/ Das Leben ihm verkuͤrtzt; der hier den Bogen ſtrecket Zu vielmal/ und zu hoch. Auch Stahl wird weich gemacht. 190Du mergelſt dich des Tag’s/ nicht nur iedwede Nacht Mit ſo viel Weibern ab; ſchwim̃ſt in den Uppigkeiten/ Wenn du/ gleich einer See/ laͤſſt Zimmer dir bereiten Mit Zobeln uͤberdielt/ mit Dirnen angefuͤl’t/ Die alle Welt dir zinßt. Wie manch unzuͤchtig Bild 195Verſtell’t dein Schlafgemach nach ſchlimmer Heyden-Weiſe. Dein Ambra/ dein Zibeth/ der taͤglich deine Speiſe Mit Uberfluſſe wuͤrtzt/ iſt zwar ein Saltz der Brunſt/ Nicht aber Lebens-Oel/ auß welchen du umbſonſt Verſchwelgte Kraͤfte ſuchſt. Ibrah. Was hat ſie zu verliehren/ 200Wenn wir uns ſelbſt verſpieln? Kioſem. Der Mutter wil gebuͤhren Zu ſorgen fuͤr das Heil der Kinder biß in Tod. Ibrah. Nicht ſich zu maſſen an ein Herriſches Gebot. Kioſem. Von Schmach und Laſtern ſie vernuͤnftig abzuleiten. Ibrah. Wer darf die Fehler zehl’n/ wenn hohe Haͤupter gleiten? 205 Kioſem. Der gantze Welt-Kreiß ſieht auf eines Fuͤrſten Fall. Man forſcht mit ſcharffem Aug’ und durch gehoͤhlt Chryſtall Der Sterne Flecken auß; Man ſchreibt ins Buch der Zeiten Der Sonnen Finſterniß auch/ die der andern Seiten Der Welt nur ſichtbar ſind. Und deine Thorheit haͤlt 210Unſichtbar/ Schand und Fleck der Sonnen dieſer Welt? Schmier’t als wohlſtaͤndig an dem Purpur und der Seide/ Was Woll’ und Haar verſtellt; ſchminckt Wangen mit der Kreide Die A iij
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Siſig. Verſtattet Mahumed: daß man Geluͤbde bricht?
Ibrah. Der Kaͤyſer der befiehl’ts/ verſtattet’s Mufti nicht.
Siſig. Kein Fuͤrſt/ kein Jbrahim herrſcht uͤber die Gewiſſen.
Ibrah. Sein Blitz zermalmt/ die nicht gehorchen ſemen Schluͤſſen.
Siſig. Der Himmel ſtraft die Seel’n/ die Meyneyd hat befleckt.
Ibrah. Wird die/ die unſer lacht/ von fernen Blitz’ erſchreckt?
Siſig. Des Hoͤchſten Rachſchwerd iſt der Bosheit unentfernet.
Ibrah. Wie: Daß dein Hochmuth nicht auch unſers fuͤrchten lernet?
Siſig. Wo mich der Kaͤyſer liebt/ was iſt fuͤr Furchte Noth?
Ibrah. Verſchmaͤhte Liebe fuͤhrt im Koͤcher Haß und Tod.
Siſig. Behertzte Tugend laͤß’t ſich Haß und Tod nicht ſchrecken.
Ibrah. Trotz kan auß Sonnen auch Gewoͤlck’ und Blitz erwecken.
Siſig. Die Sonne der Vernunft verklaͤr’t Begierd und Brunſt.
Ibrah. Wir bitten noch einmahl Jhr wiedmend unſre Gunſt.
Siſig. Wir werden tauſendmal ihm Lieb und Bitt abſchlagen.
Ibrah. Laß ſchaun: was ein frech Weib Uns Macht hat zu verſagen.
Siſig. Hilf Himmel! wil der Fuͤrſt durch Noth-Zwang uns entweyh’n.
Ibrah. Gib dich!
Siſig. der Kaͤyſer ruh/ ich werd auf Huͤlfe ſchrei’n.
Ibrah. Gib dich! ſonſt ſol dein Blut hier dieſen Dolch beſpritzen.
Siſig. So ſol diß Meſſer mich fuͤr Dolch und Unzucht ſchuͤtzen.
Ibrah. Zuͤckſtu/ verteufelte/ das Meſſer wider mich?
Siſig. Auf einen fernern Tritt erwarte Rach und Stich.
Ibrah. Hat Weib und Wahn diß ie gewagt auf Oßmans Erben?
Siſig. Du oder ich ſol eh durchbohrt/ als fleckicht ſterben.
Kioſem. Die Kaͤyſeꝛliche Mutter. Ibrahim. Siſigambis Sechier-
pera. Achmet. Kuslir Aga ein verſchnittener Mohr/ der
das Frauenzimmer in Obacht hat.
Kioſem. WAs hat der Fuͤrſt hier fuͤr?
Siſig. Er ſpinnet Nothzucht an.
Kioſem. Ha! daß ein Sultan ſich ſo ſehr verſtellen kan!
Ibrah. Steht Weibern frey die Macht des Kaͤyſers zu verhoͤhnen?
Siſig. Wir ſuchten ſeine Brunſt mit Demuth abzulehnen.
Ibrah. Die Demuth reucht nach Trotz/ die Fuͤrſten was ſchlaͤgt ab.
Kioſem. Durch ſolche Schandthat baut er ſeiner Ehr ein Grab.
Ibrah. Sol reine Liebe ſich hier Schandmal ſchelten laſſen?
Siſig. Die lieben andre nicht/ die ihren Ruhm ſelbſt haſſen.
Ibrah. Befleckt der Fuͤrſten Ruhm/ was ieden Sclav ergetzt?
Kioſem. Die Wolluſt iſt vergoͤnnt/ wenn man ein Ziel ihr ſetzt;
Wo aber Tugend ſie und Maaß nicht haͤlt im Zaume/
Floͤſſt ſie in Seel und Leib Gift/ wenn ſie Brunſt und Gaume
Gleich reinſten Zucker ſchaͤtzt. Dein ſiecher Leib wird bald/
Ja hat dich ſchon gelehr’t: daß Jugend ſelbſt wird kalt/
Die hier zu hitzig ſpielt; und daß/ der Seuchen hecket/
Das Leben ihm verkuͤrtzt; der hier den Bogen ſtrecket
Zu vielmal/ und zu hoch. Auch Stahl wird weich gemacht.
Du mergelſt dich des Tag’s/ nicht nur iedwede Nacht
Mit ſo viel Weibern ab; ſchwim̃ſt in den Uppigkeiten/
Wenn du/ gleich einer See/ laͤſſt Zimmer dir bereiten
Mit Zobeln uͤberdielt/ mit Dirnen angefuͤl’t/
Die alle Welt dir zinßt. Wie manch unzuͤchtig Bild
Verſtell’t dein Schlafgemach nach ſchlimmer Heyden-Weiſe.
Dein Ambra/ dein Zibeth/ der taͤglich deine Speiſe
Mit Uberfluſſe wuͤrtzt/ iſt zwar ein Saltz der Brunſt/
Nicht aber Lebens-Oel/ auß welchen du umbſonſt
Verſchwelgte Kraͤfte ſuchſt.
Ibrah. Was hat ſie zu verliehren/
Wenn wir uns ſelbſt verſpieln?
Kioſem. Der Mutter wil gebuͤhren
Zu ſorgen fuͤr das Heil der Kinder biß in Tod.
Ibrah. Nicht ſich zu maſſen an ein Herriſches Gebot.
Kioſem. Von Schmach und Laſtern ſie vernuͤnftig abzuleiten.
Ibrah. Wer darf die Fehler zehl’n/ wenn hohe Haͤupter gleiten?
Kioſem. Der gantze Welt-Kreiß ſieht auf eines Fuͤrſten Fall.
Man forſcht mit ſcharffem Aug’ und durch gehoͤhlt Chryſtall
Der Sterne Flecken auß; Man ſchreibt ins Buch der Zeiten
Der Sonnen Finſterniß auch/ die der andern Seiten
Der Welt nur ſichtbar ſind. Und deine Thorheit haͤlt
Unſichtbar/ Schand und Fleck der Sonnen dieſer Welt?
Schmier’t als wohlſtaͤndig an dem Purpur und der Seide/
Was Woll’ und Haar verſtellt; ſchminckt Wangen mit der Kreide
Die
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