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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Sechstes Buch
[Spaltenumbruch] noch übrige Spitze eines Berges wäre durch ein
Löse geld erhalten worden. Die bey ihm stehen-
den Galatischen Deutschen wären eben ihres
Ursprungs; ja ihre Tapfferkeit durch die in Jl-
lyrien/ Thracien und Asien geführte Kriege
noch mehr geschärfft worden. Was hätten ih-
nen nicht die Cimbern und Marsen für em-
pfindliche Wunden geschlagen? Wenn nun so
viel streitbare Völcker den gemachten herrlichen
Anfang mit ihm hertzhafft verfolgen wolten;
traute er in kurtzer Zeit sein ihm durch Berau-
bung so vieler Länder/ durch Verwerffung des
tapffern Gordius zum Cappadocischen Könige/
durch Ausswie gelung des Tantzmeisters Nico-
medes angethanes Unrecht zu rächen; und ihre
wieder alle Könige der Welt hegende Todfeind-
schafft auszuleschen. Sintemahl sie alle ihnen
nach der Unart ihrer gehabten Könige fürbil-
deten; als welche entweder nur der Aborige-
ner Hirten/ der Sabiner Wahrsager/ oder ver-
wiesene Corinthier/ ja Leibeigene der Thuscier
gewest wären; und keiner keinen ehrlichern Zu-
nahmen als eines Hoffärtigen verdient hätten.
Jhre Uhrheber aber hätten nichts minder die
Grausamkeit als die Milch aus den Wartzen
einer Wölfin gesogen; welche wilde Art das
gantze Volck durch unersättlichen Blutdurst/
Geitz und Herrschsucht angenommen/ oder viel-
mehr überstiegen hätten. Seiner Herrschafft
aber würde sich hoffentlich kein Volck zu schä-
men haben/ weil er vom Vater des grossen Cy-
rus und Darius/ von der Mutter des noch grös-
sern Alexanders und Nicanors Enckel wäre.
Das von Alexandern gar nicht oder unglücklich
berührte Scythien hätte er noch in seiner Kind-
schafft ihm unterworffen. Das viel mildere A-
sien lächsete unter dem Römischen Joche/ und
Jtalien selbst seuffzete gleichsam nach seiner
Herrschafft. Das gantze Heer gab mit Zusam-
menschlagung der Schilde und einem Feldge-
schrey ihre Beypflichtung zu verstehen. Tibor-
gis/ der das Didymische Gebürge bewohnen-
[Spaltenumbruch] den Deutschen Fürst verließ nunmehr auch den
furchtsamen Aqvilius. Mithridates aber rückte
mit gesamter Macht in das den Römern un-
mittelbar unterwürffige Phrygien/ und schlug
zum glücklichen Zeichen sein erstes Läger an
dem Orte/ wo es der grosse Alexander gehabt
hatte. Das Gelücke lieh gleichsam seinem Sie-
ge die Flügel; und die Ausbreitung seiner Herr-
schafft kam seiner Einbild- und Hoffnung zuvor.
Er selbst nahm Phrygien und Mysien ohne
Verlust einigen Schweises oder Blutes ein.
Neoptolemus bemeisterte Carien und Lycien;
Archelaus Pamphylien; der Deutschen König
Lydien und alles biß an Jonien und Ephesus.
Ja als er nur die mächtige Stadt Laodicea an
dem Flusse Lycus durch einen Herold auff for-
dern/ und auff erfolgende Ausliefferung der
Römer alle Gnade ankündigen ließ; banden die
Einwohner den Römischen Stadthalter Qvin-
tus Oppius mit allen Römern/ überliefferten
sie dem Amyntas/ und öffneten ihm die Stadt-
Thore. Jn Jonien meinte Maltinus/ Ma-
nius Aqvilius in dem Eylande Lesbos Mithri-
daten die Stirne zu bieten; aber beyde wurden
gefangen/ und ihr Volck erschlagen; Oppius
zwar höflich/ aber Aqvilius/ als der Uhrheber
des Pontischen Krieges/ scharff gehalten/ an-
fangs an einer Kette von einem fünff Ellen
langen Bastarnen hinter dem Pferde nachge-
schleppt/ hernach den über ihn erzürnten Mi-
tylenern übergeben; Manius seines Geitzes
halber täglich geprügelt/ auff einem Esel her-
um geführet/ und zu Pergamus ihm zerschmol-
tzen Gold in Hals gegossen. Hierauff ergab
sich auch bald Magnesia und Ephesus/ all wo al-
ler Römer Bilder abgestürtzt/ und aus selbten
Mithridatens gegossen wurden. Stratoni-
cea in Carien wiedersetzte sich zwar noch dem
Neoptolemus; Aber Mithridatens Ankunfft
jagte ihr ein solch Schrecken ein: daß sie sich er-
gab; iedoch diesen grossen König bald zu ihrem
eigenen Gefangenen bekam. Denn er verliebte

sich

Sechſtes Buch
[Spaltenumbruch] noch uͤbrige Spitze eines Berges waͤre durch ein
Loͤſe geld erhalten worden. Die bey ihm ſtehen-
den Galatiſchen Deutſchen waͤren eben ihres
Urſprungs; ja ihre Tapfferkeit durch die in Jl-
lyrien/ Thracien und Aſien gefuͤhrte Kriege
noch mehr geſchaͤrfft worden. Was haͤtten ih-
nen nicht die Cimbern und Marſen fuͤr em-
pfindliche Wunden geſchlagen? Wenn nun ſo
viel ſtreitbare Voͤlcker den gemachten herrlichen
Anfang mit ihm hertzhafft verfolgen wolten;
traute er in kurtzer Zeit ſein ihm durch Berau-
bung ſo vieler Laͤnder/ durch Verwerffung des
tapffern Gordius zum Cappadociſchen Koͤnige/
durch Auſſwie gelung des Tantzmeiſters Nico-
medes angethanes Unrecht zu raͤchen; und ihre
wieder alle Koͤnige der Welt hegende Todfeind-
ſchafft auszuleſchen. Sintemahl ſie alle ihnen
nach der Unart ihrer gehabten Koͤnige fuͤrbil-
deten; als welche entweder nur der Aborige-
ner Hirten/ der Sabiner Wahrſager/ oder ver-
wieſene Corinthier/ ja Leibeigene der Thuſcier
geweſt waͤren; und keiner keinen ehrlichern Zu-
nahmen als eines Hoffaͤrtigen verdient haͤtten.
Jhre Uhrheber aber haͤtten nichts minder die
Grauſamkeit als die Milch aus den Wartzen
einer Woͤlfin geſogen; welche wilde Art das
gantze Volck durch unerſaͤttlichen Blutdurſt/
Geitz und Herrſchſucht angenommen/ oder viel-
mehr uͤberſtiegen haͤtten. Seiner Herrſchafft
aber wuͤrde ſich hoffentlich kein Volck zu ſchaͤ-
men haben/ weil er vom Vater des groſſen Cy-
rus und Darius/ von der Mutter des noch groͤſ-
ſern Alexanders und Nicanors Enckel waͤre.
Das von Alexandern gar nicht oder ungluͤcklich
beruͤhrte Scythien haͤtte er noch in ſeiner Kind-
ſchafft ihm unterworffen. Das viel mildere A-
ſien laͤchſete unter dem Roͤmiſchen Joche/ und
Jtalien ſelbſt ſeuffzete gleichſam nach ſeiner
Herrſchafft. Das gantze Heer gab mit Zuſam-
menſchlagung der Schilde und einem Feldge-
ſchrey ihre Beypflichtung zu verſtehen. Tibor-
gis/ der das Didymiſche Gebuͤrge bewohnen-
[Spaltenumbruch] den Deutſchen Fuͤrſt verließ nunmehr auch den
furchtſamen Aqvilius. Mithridates aber ruͤckte
mit geſamter Macht in das den Roͤmern un-
mittelbar unterwuͤrffige Phrygien/ und ſchlug
zum gluͤcklichen Zeichen ſein erſtes Laͤger an
dem Orte/ wo es der groſſe Alexander gehabt
hatte. Das Geluͤcke lieh gleichſam ſeinem Sie-
ge die Fluͤgel; und die Ausbreitung ſeiner Herꝛ-
ſchafft kam ſeiner Einbild- und Hoffnung zuvor.
Er ſelbſt nahm Phrygien und Myſien ohne
Verluſt einigen Schweiſes oder Blutes ein.
Neoptolemus bemeiſterte Carien und Lycien;
Archelaus Pamphylien; der Deutſchen Koͤnig
Lydien und alles biß an Jonien und Epheſus.
Ja als er nur die maͤchtige Stadt Laodicea an
dem Fluſſe Lycus durch einen Herold auff for-
dern/ und auff erfolgende Ausliefferung der
Roͤmer alle Gnade ankuͤndigen ließ; banden die
Einwohner den Roͤmiſchen Stadthalter Qvin-
tus Oppius mit allen Roͤmern/ uͤberliefferten
ſie dem Amyntas/ und oͤffneten ihm die Stadt-
Thore. Jn Jonien meinte Maltinus/ Ma-
nius Aqvilius in dem Eylande Lesbos Mithri-
daten die Stirne zu bieten; aber beyde wurden
gefangen/ und ihr Volck erſchlagen; Oppius
zwar hoͤflich/ aber Aqvilius/ als der Uhrheber
des Pontiſchen Krieges/ ſcharff gehalten/ an-
fangs an einer Kette von einem fuͤnff Ellen
langen Baſtarnen hinter dem Pferde nachge-
ſchleppt/ hernach den uͤber ihn erzuͤrnten Mi-
tylenern uͤbergeben; Manius ſeines Geitzes
halber taͤglich gepruͤgelt/ auff einem Eſel her-
um gefuͤhret/ und zu Pergamus ihm zerſchmol-
tzen Gold in Hals gegoſſen. Hierauff ergab
ſich auch bald Magneſia und Epheſus/ all wo al-
ler Roͤmer Bilder abgeſtuͤrtzt/ und aus ſelbten
Mithridatens gegoſſen wurden. Stratoni-
cea in Carien wiederſetzte ſich zwar noch dem
Neoptolemus; Aber Mithridatens Ankunfft
jagte ihr ein ſolch Schrecken ein: daß ſie ſich er-
gab; iedoch dieſen groſſen Koͤnig bald zu ihrem
eigenen Gefangenen bekam. Denn er verliebte

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 934[936]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/996>, abgerufen am 23.11.2024.