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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Sechstes Buch
[Spaltenumbruch] ste angefeindet hatten/ ihm ihre erste Stimme
gaben: daß er solche Ehren-Maale durch seine
Tugend verdient hätte. Also steiget diese end-
lich so hoch: daß dem Neide das Gesichte ver-
gehet; wenn er selbter nachsehen wil. Denn
weil die Mißgunst nichts himmlisches an sich
hat; sondern als ein geringer Dunst von der Er-
den/ und aus niedrigen Thälern entspringet;
wird selbte von denen kräfftigen Sonnenstrah-
len der Tugend bald untergedrückt. Ja wie
der Schatten der Erde mit seiner Verfinste-
rung nur den niedrigen Monden/ nicht die hö-
hern Gestirne erreichet; also muß die Miß-
gunst auch alle die unversehret lassen: welche
durch ihr Verdienst sich in so hohen Stand ver-
setzt haben: daß mit ihnen sich niemand verglei-
chen kan.

Wie nun die Uberbleibung von des König
Teutobachs Heere; welche sich in den Alpen zu
verstärcken vermeinten/ auch die unglückliche
Schlacht König Bojorichs vernahmen; liessen
sie die Hoffnung den Römern einiges Land ab-
zuzwingen fahren; kehrten sie zurücke an den
Rhein/ an welchem sie sechstausend Mann mit
ihrem schwersten Geräthe zurücke gelassen hat-
ten. Alldieweil aber ihnen die Deutschen/ in-
fonderheit aber die Bojen keinen Sitz erlauben
wolten; sondern man allenthalben ihnen mit
Heereskrafft begegnete: nahmen sie ihren Weg
an der Maaß hinunter; und setzten zwischen
der Schelde und dem Fluße Sabis bey ihren
daselbst vorhin schon eingesessenen Landes-Leu-
ten denen Adualichern festen Fuß. Ein Theil
darvon aber ward von denen Celtiberiern auff-
genommen; welche hernach den Römern in Hi-
spanien genung zu schaffen machten. Denn sie
redeten die Lusitanier auff: daß sie wider den
Cornelius Dolabella die Waffen ergriffen/ als
auch sie geschlagen/ und etliche hundert nach
Rom gefangen geführt; und in den Schauplatz
wieder Löwen und Elefanten zu kämpffen ge-
bracht wurden; redete sie ein einiger darunter be-
findliche Deutsche auf: daß sie durch freywilligen
[Spaltenumbruch] Kampff einander selbst aufrieben. Nichts min-
der lehnten sich die Celtiberier mit ihnen gegen
die Römer auf; und überfielen sie in der Stadt
Castulo. Daher die Römer zehn Gesandten in
Hispanien zu schicken genöthiget wurden. Wie-
wol auch Titus Didius wieder die Vacceer und
Termestiner glücklich fochte; so hemmten doch die-
se gewaltig den Lauff seiner siegenden Waffen;
und strafften die an der Stadt Colenda verrä-
therisch ausgeübte Mord-Lust. Nasica wütete
zwar nach ihm auff etliche Gefangene/ und ä-
scherte unterschiedene Städte ein; goß aber dar-
durch nur mehr Oel ins Feuer; biß Cajus Va-
lerius durch Erlegung wol zwantzig tausend
Celtiberier solches auff eine zeitlang stillete. Ein
Theil der Deutschen ward auch von den Ten-
eterern bewirthet; welches an dem Rheine un-
terhalb dem Flusse Segus eine Stadt nach dem
Nahmen der Teutoner baute.

Hertzog Merodach aber zohe mit des erschla-
genen Königs Bojorich über die Penninischen
Alpen entronnenen Cimbern zu ihren Landes-
Leuten denen Scordiskiern in Pannonien und
Thracien; welche die Römer in verwichenen
Kriegen entweder aus Jllyricum vertrieben/ o-
der sie zum Pfluge verdammt hatten. Durch diese
neue Verstärckung aber streckten die Scordis-
kischen Deutschen abermahls die Hörner von
sich; unterwarffen ihnen die Avtariaten/ die Tri-
ballier/ alle Eylande in Jster/ und erweiterten
die zwey Haupt-Städte Heorta und Capedun.
Ja Hertzog Merodach/ dessen Hertze von un-
auslöschlicher Rache gegen die Römer kochte/
nahm den Römern die Stadt Syrmium ab/
schlug den Cajus Geminius auffs Haupt; und
eroberte alles/ was die Deutschen zwischen der
Sau und Drave verlohren hatten/ verwüstete
Macedonien mit Feuer und Schwerdt. Und/
weil Marius unter denen zwölff der Calphur-
nia geopfferten Jungfrauen auch seine Schwe-
ster mit verbrennt/ und zu Rom dem Jupiter
sieben edle Deutschen geschlachtet hatte; ließ er
hundert gefangenen edlen Römern über einem

Kessel

Sechſtes Buch
[Spaltenumbruch] ſte angefeindet hatten/ ihm ihre erſte Stimme
gaben: daß er ſolche Ehren-Maale durch ſeine
Tugend verdient haͤtte. Alſo ſteiget dieſe end-
lich ſo hoch: daß dem Neide das Geſichte ver-
gehet; wenn er ſelbter nachſehen wil. Denn
weil die Mißgunſt nichts himmliſches an ſich
hat; ſondern als ein geringer Dunſt von der Er-
den/ und aus niedrigen Thaͤlern entſpringet;
wird ſelbte von denen kraͤfftigen Sonnenſtrah-
len der Tugend bald untergedruͤckt. Ja wie
der Schatten der Erde mit ſeiner Verfinſte-
rung nur den niedrigen Monden/ nicht die hoͤ-
hern Geſtirne erreichet; alſo muß die Miß-
gunſt auch alle die unverſehret laſſen: welche
durch ihr Verdienſt ſich in ſo hohen Stand ver-
ſetzt haben: daß mit ihnen ſich niemand verglei-
chen kan.

Wie nun die Uberbleibung von des Koͤnig
Teutobachs Heere; welche ſich in den Alpen zu
verſtaͤrcken vermeinten/ auch die ungluͤckliche
Schlacht Koͤnig Bojorichs vernahmen; lieſſen
ſie die Hoffnung den Roͤmern einiges Land ab-
zuzwingen fahren; kehrten ſie zuruͤcke an den
Rhein/ an welchem ſie ſechstauſend Mann mit
ihrem ſchwerſten Geraͤthe zuruͤcke gelaſſen hat-
ten. Alldieweil aber ihnen die Deutſchen/ in-
fonderheit aber die Bojen keinen Sitz erlauben
wolten; ſondern man allenthalben ihnen mit
Heereskrafft begegnete: nahmen ſie ihren Weg
an der Maaß hinunter; und ſetzten zwiſchen
der Schelde und dem Fluße Sabis bey ihren
daſelbſt vorhin ſchon eingeſeſſenen Landes-Leu-
ten denen Adualichern feſten Fuß. Ein Theil
darvon aber ward von denen Celtiberiern auff-
genommen; welche hernach den Roͤmern in Hi-
ſpanien genung zu ſchaffen machten. Denn ſie
redeten die Luſitanier auff: daß ſie wider den
Cornelius Dolabella die Waffen ergriffen/ als
auch ſie geſchlagen/ und etliche hundert nach
Rom gefangen gefuͤhrt; und in den Schauplatz
wieder Loͤwen und Elefanten zu kaͤmpffen ge-
bracht wurden; redete ſie ein einiger darunteꝛ be-
findliche Deutſche auf: daß ſie durch freywilligen
[Spaltenumbruch] Kampff einander ſelbſt aufrieben. Nichts min-
der lehnten ſich die Celtiberier mit ihnen gegen
die Roͤmer auf; und uͤberfielen ſie in der Stadt
Caſtulo. Daher die Roͤmer zehn Geſandten in
Hiſpanien zu ſchicken genoͤthiget wuꝛden. Wie-
wol auch Titus Didius wieder die Vacceer und
Termeſtiner gluͤcklich fochte; ſo hem̃ten doch die-
ſe gewaltig den Lauff ſeiner ſiegenden Waffen;
und ſtrafften die an der Stadt Colenda verraͤ-
theriſch ausgeuͤbte Mord-Luſt. Naſica wuͤtete
zwar nach ihm auff etliche Gefangene/ und aͤ-
ſcherte unterſchiedene Staͤdte ein; goß aber dar-
durch nur mehr Oel ins Feuer; biß Cajus Va-
lerius durch Erlegung wol zwantzig tauſend
Celtiberier ſolches auff eine zeitlang ſtillete. Ein
Theil der Deutſchen ward auch von den Ten-
eterern bewirthet; welches an dem Rheine un-
terhalb dem Fluſſe Segus eine Stadt nach dem
Nahmen der Teutoner baute.

Hertzog Merodach aber zohe mit des erſchla-
genen Koͤnigs Bojorich uͤber die Penniniſchen
Alpen entronnenen Cimbern zu ihren Landes-
Leuten denen Scordiskiern in Pannonien und
Thracien; welche die Roͤmer in verwichenen
Kriegen entweder aus Jllyricum vertrieben/ o-
der ſie zum Pfluge verdam̃t hatten. Durch dieſe
neue Verſtaͤrckung aber ſtreckten die Scordis-
kiſchen Deutſchen abermahls die Hoͤrner von
ſich; unterwarffen ihnen die Avtariaten/ die Tri-
ballier/ alle Eylande in Jſter/ und erweiterten
die zwey Haupt-Staͤdte Heorta und Capedun.
Ja Hertzog Merodach/ deſſen Hertze von un-
ausloͤſchlicher Rache gegen die Roͤmer kochte/
nahm den Roͤmern die Stadt Syrmium ab/
ſchlug den Cajus Geminius auffs Haupt; und
eroberte alles/ was die Deutſchen zwiſchen der
Sau und Drave verlohren hatten/ verwuͤſtete
Macedonien mit Feuer und Schwerdt. Und/
weil Marius unter denen zwoͤlff der Calphur-
nia geopfferten Jungfrauen auch ſeine Schwe-
ſter mit verbrennt/ und zu Rom dem Jupiter
ſieben edle Deutſchen geſchlachtet hatte; ließ er
hundeꝛt gefangenen edlen Roͤmern uͤber einem

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[922[924]/0984] Sechſtes Buch ſte angefeindet hatten/ ihm ihre erſte Stimme gaben: daß er ſolche Ehren-Maale durch ſeine Tugend verdient haͤtte. Alſo ſteiget dieſe end- lich ſo hoch: daß dem Neide das Geſichte ver- gehet; wenn er ſelbter nachſehen wil. Denn weil die Mißgunſt nichts himmliſches an ſich hat; ſondern als ein geringer Dunſt von der Er- den/ und aus niedrigen Thaͤlern entſpringet; wird ſelbte von denen kraͤfftigen Sonnenſtrah- len der Tugend bald untergedruͤckt. Ja wie der Schatten der Erde mit ſeiner Verfinſte- rung nur den niedrigen Monden/ nicht die hoͤ- hern Geſtirne erreichet; alſo muß die Miß- gunſt auch alle die unverſehret laſſen: welche durch ihr Verdienſt ſich in ſo hohen Stand ver- ſetzt haben: daß mit ihnen ſich niemand verglei- chen kan. Wie nun die Uberbleibung von des Koͤnig Teutobachs Heere; welche ſich in den Alpen zu verſtaͤrcken vermeinten/ auch die ungluͤckliche Schlacht Koͤnig Bojorichs vernahmen; lieſſen ſie die Hoffnung den Roͤmern einiges Land ab- zuzwingen fahren; kehrten ſie zuruͤcke an den Rhein/ an welchem ſie ſechstauſend Mann mit ihrem ſchwerſten Geraͤthe zuruͤcke gelaſſen hat- ten. Alldieweil aber ihnen die Deutſchen/ in- fonderheit aber die Bojen keinen Sitz erlauben wolten; ſondern man allenthalben ihnen mit Heereskrafft begegnete: nahmen ſie ihren Weg an der Maaß hinunter; und ſetzten zwiſchen der Schelde und dem Fluße Sabis bey ihren daſelbſt vorhin ſchon eingeſeſſenen Landes-Leu- ten denen Adualichern feſten Fuß. Ein Theil darvon aber ward von denen Celtiberiern auff- genommen; welche hernach den Roͤmern in Hi- ſpanien genung zu ſchaffen machten. Denn ſie redeten die Luſitanier auff: daß ſie wider den Cornelius Dolabella die Waffen ergriffen/ als auch ſie geſchlagen/ und etliche hundert nach Rom gefangen gefuͤhrt; und in den Schauplatz wieder Loͤwen und Elefanten zu kaͤmpffen ge- bracht wurden; redete ſie ein einiger darunteꝛ be- findliche Deutſche auf: daß ſie durch freywilligen Kampff einander ſelbſt aufrieben. Nichts min- der lehnten ſich die Celtiberier mit ihnen gegen die Roͤmer auf; und uͤberfielen ſie in der Stadt Caſtulo. Daher die Roͤmer zehn Geſandten in Hiſpanien zu ſchicken genoͤthiget wuꝛden. Wie- wol auch Titus Didius wieder die Vacceer und Termeſtiner gluͤcklich fochte; ſo hem̃ten doch die- ſe gewaltig den Lauff ſeiner ſiegenden Waffen; und ſtrafften die an der Stadt Colenda verraͤ- theriſch ausgeuͤbte Mord-Luſt. Naſica wuͤtete zwar nach ihm auff etliche Gefangene/ und aͤ- ſcherte unterſchiedene Staͤdte ein; goß aber dar- durch nur mehr Oel ins Feuer; biß Cajus Va- lerius durch Erlegung wol zwantzig tauſend Celtiberier ſolches auff eine zeitlang ſtillete. Ein Theil der Deutſchen ward auch von den Ten- eterern bewirthet; welches an dem Rheine un- terhalb dem Fluſſe Segus eine Stadt nach dem Nahmen der Teutoner baute. Hertzog Merodach aber zohe mit des erſchla- genen Koͤnigs Bojorich uͤber die Penniniſchen Alpen entronnenen Cimbern zu ihren Landes- Leuten denen Scordiskiern in Pannonien und Thracien; welche die Roͤmer in verwichenen Kriegen entweder aus Jllyricum vertrieben/ o- der ſie zum Pfluge verdam̃t hatten. Durch dieſe neue Verſtaͤrckung aber ſtreckten die Scordis- kiſchen Deutſchen abermahls die Hoͤrner von ſich; unterwarffen ihnen die Avtariaten/ die Tri- ballier/ alle Eylande in Jſter/ und erweiterten die zwey Haupt-Staͤdte Heorta und Capedun. Ja Hertzog Merodach/ deſſen Hertze von un- ausloͤſchlicher Rache gegen die Roͤmer kochte/ nahm den Roͤmern die Stadt Syrmium ab/ ſchlug den Cajus Geminius auffs Haupt; und eroberte alles/ was die Deutſchen zwiſchen der Sau und Drave verlohren hatten/ verwuͤſtete Macedonien mit Feuer und Schwerdt. Und/ weil Marius unter denen zwoͤlff der Calphur- nia geopfferten Jungfrauen auch ſeine Schwe- ſter mit verbrennt/ und zu Rom dem Jupiter ſieben edle Deutſchen geſchlachtet hatte; ließ er hundeꝛt gefangenen edlen Roͤmern uͤber einem Keſſel

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 922[924]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/984>, abgerufen am 23.11.2024.