Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Sechstes Buch
[Spaltenumbruch] umb diese streitbare Völcker nicht wider sich in
Harnisch zu jagen. Der Römer in Jllyris und
Griechenland verübte Grausamkeit verursach-
te: daß als die Stadt Uscana des Appius Clau-
dius Ankunft mit 8000. Kriegsleuten an dem
Lycheidischen See auf der Macedonischen Grän-
tze vernahm/ sie die benachbarten Scordiskischen
Deutschen umb Beschirmung ersuchten/ und
4000. Mann zur Besatzung erhielten. Clau-
dius der hiervon nichts wuste/ eilte dahin/ in
Meynung sie des Nachts unversehens zu über-
fallen. Wie die Römer aber nur einen Bogen-
Schuß von der ihrer Einbildung nach eingeschla-
fenen Stadt waren; erhob sich auf den Mauern
von Geschrey der Weiber/ vom Schwirren des
Ertzts ein jämmerliches Getümmel. Die Deut-
schen fielen durch 2. Thore auf die so wohl müden
als sicheren Römer beraus; brachten sie auch al-
sofort in Unordnung und in die Flucht; also:
daß Appius nicht für voll 2000. zurück nach Ly-
chindus brachte/ die übrigen alle erschlagen oder
gefangen/ alle an Rom hängende Städte aber
hierdurch in Schrecken gesetzt/ und die Römer
ihre Macht in Griechenland zu verstärcken ge-
nöthigt wurden. Dessen ungeachtet setzte Ce-
phalus der Fürst in Epirus von Rom ab; Cotys
eroberte mit Hülffe der Deutschen/ und sonderlich
Hertzog Gözonors alles verlohrne in Thracien/
machte daselbst mit seinen Feinden einen vor-
theilhaften Frieden. Dem Perses kam gleich-
sam die alte Macedonische Tugend wieder in sein
Hertze; sintemal er mit dem durch den König
Cotys wieder versöhnten Fürsten Gözonor die
Dardaner überwand; die von den Jllyriern den
Römern verkauffte Stadt Uscana zur Ubergabe
zwang/ und darinnen allein viertausend Römer
gefangen bekam/ und die fast unüberwindliche
Festung Oeneum mit Sturm eroberte. Hier-
auf schickte Perses anfangs den Jllyrier Pleu-
ratus/ hernach auch nebst ihm den Glaucias über
das Skordische Gebürge nach Lissus an den Kö-
nig Gentius umb ihn zu einem Bündnüsse wi-
der die Römer zu bewegen/ welcher denn auch
[Spaltenumbruch] hiezu gute Neigung zeigte; wenn ihm vom Per-
ses mit nöthigen Kriegs-Mitteln unter die Ar-
men gegriffen würde. Aber der Geitz oder das
Verhängnüß band dem Perses die Hände: daß
er einen so streitbaren Bunds-Genossen zu er-
langen in Wind schlug. Hingegen aber liessen
sich die Römer nichts gutes träumen; sonderlich:
da Lucius Cölius mit grossem Verlust und
Schimpfe von der Stadt Uscana abgeschlagen
ward; und die Rhodischen Gesandten zu Rom
dem Rathe mit nachdencklichen Dräuungen ei-
nen Frieden mit dem Perses zu machen aufdrin-
gen wolten. Bey diesen und andern aufziehen-
den trüben Wolcken/ und da der Bastarnen Kö-
nig mit dem Hertzog Gözonor sich verknüpfte/
fertigten sie von Rom den Aulus Postumius/
Marcus Perpenna/ Lucius Petillius und Mar-
cus Pompejus ab. Der erste solte die Darda-
ner wider den Perses aufhetzen/ der andere die
Bastarner und Dacier in Ruh erhalten/ der
dritte die Dalmatier und Thracier gegen ihre
Feinde erregen/ der vierdte des Königs Gentius
Fürhaben ausforschen. Pompejus brachte den
Perpenna und Petilius ohne einige vorher er-
langte Geleits-Briefe nach Scodra an den Kö-
niglichen Hof. Weil nun der Römische Rath vor-
her auf der Jsseer Vergällung des Gentius
Botschafft/ sonder ertheilte Verhör schimpflich
abgewiesen hatte/ und Gentius erfuhr: daß
Pompejus mehr als ein Kundschafter denn ein
Botschafter dahin kam/ ließ er den Perpenna
und Petilius in Hafft nehmen; den Pompejus
aber fragte er bey der Verhör: Zu was Ende und
wohin Perpenna und Petilius verschickt wären;
weil er selbst aus Rom für ihren gefährlichen
Rathschlägen wäre gewarnigt worden. Pompe-
jus trat auf diese Befraguug zu dem neben des
Königs Stule gesetzten Tische/ hielt seinen Fin-
gerin eine der daselbst brennenden Wachsfackeln
so lange/ biß er gäntzlich versehrt war. Hernach
antwortete er: Die Römer sind gewohnt sich ehe
einzuäschern/ als ihre Geheimnüsse zu verra-
then. Gentius ward hierüber bestürtzt/

schickte

Sechſtes Buch
[Spaltenumbruch] umb dieſe ſtreitbare Voͤlcker nicht wider ſich in
Harniſch zu jagen. Der Roͤmer in Jllyris und
Griechenland veruͤbte Grauſamkeit verurſach-
te: daß als die Stadt Uſcana des Appius Clau-
dius Ankunft mit 8000. Kriegsleuten an dem
Lycheidiſchẽ See auf der Macedoniſchen Graͤn-
tze vernahm/ ſie die benachbarten Scordiskiſchen
Deutſchen umb Beſchirmung erſuchten/ und
4000. Mann zur Beſatzung erhielten. Clau-
dius der hiervon nichts wuſte/ eilte dahin/ in
Meynung ſie des Nachts unverſehens zu uͤber-
fallen. Wie die Roͤmer aber nur einen Bogen-
Schuß von der ihrer Einbildũg nach eingeſchla-
fenen Stadt waren; erhob ſich auf den Mauern
von Geſchrey der Weiber/ vom Schwirren des
Ertzts ein jaͤmmerliches Getuͤmmel. Die Deut-
ſchen fielen durch 2. Thore auf die ſo wohl muͤden
als ſicheren Roͤmer beraus; brachten ſie auch al-
ſofort in Unordnung und in die Flucht; alſo:
daß Appius nicht fuͤr voll 2000. zuruͤck nach Ly-
chindus brachte/ die uͤbrigen alle erſchlagen odeꝛ
gefangen/ alle an Rom haͤngende Staͤdte aber
hierdurch in Schrecken geſetzt/ und die Roͤmer
ihre Macht in Griechenland zu verſtaͤrcken ge-
noͤthigt wurden. Deſſen ungeachtet ſetzte Ce-
phalus der Fuͤrſt in Epirus von Rom ab; Cotys
erobeꝛte mit Huͤlffe deꝛ Deutſchen/ und ſonderlich
Hertzog Goͤzonors alles verlohrne in Thracien/
machte daſelbſt mit ſeinen Feinden einen vor-
theilhaften Frieden. Dem Perſes kam gleich-
ſam die alte Macedoniſche Tugend wieder in ſein
Hertze; ſintemal er mit dem durch den Koͤnig
Cotys wieder verſoͤhnten Fuͤrſten Goͤzonor die
Dardaner uͤberwand; die von den Jllyriern den
Roͤmern veꝛkauffte Stadt Uſcana zur Ubergabe
zwang/ und darinnen allein viertauſend Roͤmer
gefangen bekam/ und die faſt unuͤberwindliche
Feſtung Oeneum mit Sturm eroberte. Hier-
auf ſchickte Perſes anfangs den Jllyrier Pleu-
ratus/ hernach auch nebſt ihm den Glaucias uͤbeꝛ
das Skordiſche Gebuͤrge nach Liſſus an den Koͤ-
nig Gentius umb ihn zu einem Buͤndnuͤſſe wi-
der die Roͤmer zu bewegen/ welcher denn auch
[Spaltenumbruch] hiezu gute Neigung zeigte; wenn ihm vom Peꝛ-
ſes mit noͤthigen Kriegs-Mitteln unter die Ar-
men gegriffen wuͤrde. Aber der Geitz oder das
Verhaͤngnuͤß band dem Perſes die Haͤnde: daß
er einen ſo ſtreitbaren Bunds-Genoſſen zu er-
langen in Wind ſchlug. Hingegen aber lieſſen
ſich die Roͤmer nichts gutes traͤumen; ſonderlich:
da Lucius Coͤlius mit groſſem Verluſt und
Schimpfe von der Stadt Uſcana abgeſchlagen
ward; und die Rhodiſchen Geſandten zu Rom
dem Rathe mit nachdencklichen Draͤuungen ei-
nen Frieden mit dem Perſes zu machen aufdrin-
gen wolten. Bey dieſen und andern aufziehen-
den truͤben Wolcken/ und da der Baſtarnen Koͤ-
nig mit dem Hertzog Goͤzonor ſich verknuͤpfte/
fertigten ſie von Rom den Aulus Poſtumius/
Marcus Perpenna/ Lucius Petillius und Mar-
cus Pompejus ab. Der erſte ſolte die Darda-
ner wider den Perſes aufhetzen/ der andere die
Baſtarner und Dacier in Ruh erhalten/ der
dritte die Dalmatier und Thracier gegen ihre
Feinde erregen/ der vierdte des Koͤnigs Gentius
Fuͤrhaben ausforſchen. Pompejus brachte den
Perpenna und Petilius ohne einige vorher er-
langte Geleits-Briefe nach Scodꝛa an den Koͤ-
niglichen Hof. Weil nun der Roͤmiſche Rath voꝛ-
her auf der Jſſeer Vergaͤllung des Gentius
Botſchafft/ ſonder ertheilte Verhoͤr ſchimpflich
abgewieſen hatte/ und Gentius erfuhr: daß
Pompejus mehr als ein Kundſchafter denn ein
Botſchafter dahin kam/ ließ er den Perpenna
und Petilius in Hafft nehmen; den Pompejus
aber fragte er bey deꝛ Verhoͤr: Zu was Ende und
wohin Perpenna und Petilius verſchickt waͤren;
weil er ſelbſt aus Rom fuͤr ihren gefaͤhrlichen
Rathſchlaͤgen waͤre gewarnigt worden. Pompe-
jus trat auf dieſe Befraguug zu dem neben des
Koͤnigs Stule geſetzten Tiſche/ hielt ſeinen Fin-
geꝛin eine deꝛ daſelbſt brennenden Wachsfackeln
ſo lange/ biß er gaͤntzlich verſehrt war. Hernach
antwortete er: Die Roͤmer ſind gewohnt ſich ehe
einzuaͤſchern/ als ihre Geheimnuͤſſe zu verra-
then. Gentius ward hieruͤber beſtuͤrtzt/

ſchickte
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0938" n="876[878]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Sech&#x017F;tes Buch</hi></fw><lb/><cb/>
umb die&#x017F;e &#x017F;treitbare Vo&#x0364;lcker nicht wider &#x017F;ich in<lb/>
Harni&#x017F;ch zu jagen. Der Ro&#x0364;mer in Jllyris und<lb/>
Griechenland veru&#x0364;bte Grau&#x017F;amkeit verur&#x017F;ach-<lb/>
te: daß als die Stadt U&#x017F;cana des Appius Clau-<lb/>
dius Ankunft mit 8000. Kriegsleuten an dem<lb/>
Lycheidi&#x017F;che&#x0303; See auf der Macedoni&#x017F;chen Gra&#x0364;n-<lb/>
tze vernahm/ &#x017F;ie die benachbarten Scordiski&#x017F;chen<lb/>
Deut&#x017F;chen umb Be&#x017F;chirmung er&#x017F;uchten/ und<lb/>
4000. Mann zur Be&#x017F;atzung erhielten. Clau-<lb/>
dius der hiervon nichts wu&#x017F;te/ eilte dahin/ in<lb/>
Meynung &#x017F;ie des Nachts unver&#x017F;ehens zu u&#x0364;ber-<lb/>
fallen. Wie die Ro&#x0364;mer aber nur einen Bogen-<lb/>
Schuß von der ihrer Einbildu&#x0303;g nach einge&#x017F;chla-<lb/>
fenen Stadt waren; erhob &#x017F;ich auf den Mauern<lb/>
von Ge&#x017F;chrey der Weiber/ vom Schwirren des<lb/>
Ertzts ein ja&#x0364;mmerliches Getu&#x0364;mmel. Die Deut-<lb/>
&#x017F;chen fielen durch 2. Thore auf die &#x017F;o wohl mu&#x0364;den<lb/>
als &#x017F;icheren Ro&#x0364;mer beraus; brachten &#x017F;ie auch al-<lb/>
&#x017F;ofort in Unordnung und in die Flucht; al&#x017F;o:<lb/>
daß Appius nicht fu&#x0364;r voll 2000. zuru&#x0364;ck nach Ly-<lb/>
chindus brachte/ die u&#x0364;brigen alle er&#x017F;chlagen ode&#xA75B;<lb/>
gefangen/ alle an Rom ha&#x0364;ngende Sta&#x0364;dte aber<lb/>
hierdurch in Schrecken ge&#x017F;etzt/ und die Ro&#x0364;mer<lb/>
ihre Macht in Griechenland zu ver&#x017F;ta&#x0364;rcken ge-<lb/>
no&#x0364;thigt wurden. De&#x017F;&#x017F;en ungeachtet &#x017F;etzte Ce-<lb/>
phalus der Fu&#x0364;r&#x017F;t in Epirus von Rom ab; Cotys<lb/>
erobe&#xA75B;te mit Hu&#x0364;lffe de&#xA75B; Deut&#x017F;chen/ und &#x017F;onderlich<lb/>
Hertzog Go&#x0364;zonors alles verlohrne in Thracien/<lb/>
machte da&#x017F;elb&#x017F;t mit &#x017F;einen Feinden einen vor-<lb/>
theilhaften Frieden. Dem Per&#x017F;es kam gleich-<lb/>
&#x017F;am die alte Macedoni&#x017F;che Tugend wieder in &#x017F;ein<lb/>
Hertze; &#x017F;intemal er mit dem durch den Ko&#x0364;nig<lb/>
Cotys wieder ver&#x017F;o&#x0364;hnten Fu&#x0364;r&#x017F;ten Go&#x0364;zonor die<lb/>
Dardaner u&#x0364;berwand; die von den Jllyriern den<lb/>
Ro&#x0364;mern ve&#xA75B;kauffte Stadt U&#x017F;cana zur Ubergabe<lb/>
zwang/ und darinnen allein viertau&#x017F;end Ro&#x0364;mer<lb/>
gefangen bekam/ und die fa&#x017F;t unu&#x0364;berwindliche<lb/>
Fe&#x017F;tung Oeneum mit Sturm eroberte. Hier-<lb/>
auf &#x017F;chickte Per&#x017F;es anfangs den Jllyrier Pleu-<lb/>
ratus/ hernach auch neb&#x017F;t ihm den Glaucias u&#x0364;be&#xA75B;<lb/>
das Skordi&#x017F;che Gebu&#x0364;rge nach Li&#x017F;&#x017F;us an den Ko&#x0364;-<lb/>
nig Gentius umb ihn zu einem Bu&#x0364;ndnu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e wi-<lb/>
der die Ro&#x0364;mer zu bewegen/ welcher denn auch<lb/><cb/>
hiezu gute Neigung zeigte; wenn ihm vom Pe&#xA75B;-<lb/>
&#x017F;es mit no&#x0364;thigen Kriegs-Mitteln unter die Ar-<lb/>
men gegriffen wu&#x0364;rde. Aber der Geitz oder das<lb/>
Verha&#x0364;ngnu&#x0364;ß band dem Per&#x017F;es die Ha&#x0364;nde: daß<lb/>
er einen &#x017F;o &#x017F;treitbaren Bunds-Geno&#x017F;&#x017F;en zu er-<lb/>
langen in Wind &#x017F;chlug. Hingegen aber lie&#x017F;&#x017F;en<lb/>
&#x017F;ich die Ro&#x0364;mer nichts gutes tra&#x0364;umen; &#x017F;onderlich:<lb/>
da Lucius Co&#x0364;lius mit gro&#x017F;&#x017F;em Verlu&#x017F;t und<lb/>
Schimpfe von der Stadt U&#x017F;cana abge&#x017F;chlagen<lb/>
ward; und die Rhodi&#x017F;chen Ge&#x017F;andten zu Rom<lb/>
dem Rathe mit nachdencklichen Dra&#x0364;uungen ei-<lb/>
nen Frieden mit dem Per&#x017F;es zu machen aufdrin-<lb/>
gen wolten. Bey die&#x017F;en und andern aufziehen-<lb/>
den tru&#x0364;ben Wolcken/ und da der Ba&#x017F;tarnen Ko&#x0364;-<lb/>
nig mit dem Hertzog Go&#x0364;zonor &#x017F;ich verknu&#x0364;pfte/<lb/>
fertigten &#x017F;ie von Rom den Aulus Po&#x017F;tumius/<lb/>
Marcus Perpenna/ Lucius Petillius und Mar-<lb/>
cus Pompejus ab. Der er&#x017F;te &#x017F;olte die Darda-<lb/>
ner wider den Per&#x017F;es aufhetzen/ der andere die<lb/>
Ba&#x017F;tarner und Dacier in Ruh erhalten/ der<lb/>
dritte die Dalmatier und Thracier gegen ihre<lb/>
Feinde erregen/ der vierdte des Ko&#x0364;nigs Gentius<lb/>
Fu&#x0364;rhaben ausfor&#x017F;chen. Pompejus brachte den<lb/>
Perpenna und Petilius ohne einige vorher er-<lb/>
langte Geleits-Briefe nach Scod&#xA75B;a an den Ko&#x0364;-<lb/>
niglichen Hof. Weil nun der Ro&#x0364;mi&#x017F;che Rath vo&#xA75B;-<lb/>
her auf der J&#x017F;&#x017F;eer Verga&#x0364;llung des Gentius<lb/>
Bot&#x017F;chafft/ &#x017F;onder ertheilte Verho&#x0364;r &#x017F;chimpflich<lb/>
abgewie&#x017F;en hatte/ und Gentius erfuhr: daß<lb/>
Pompejus mehr als ein Kund&#x017F;chafter denn ein<lb/>
Bot&#x017F;chafter dahin kam/ ließ er den Perpenna<lb/>
und Petilius in Hafft nehmen; den Pompejus<lb/>
aber fragte er bey de&#xA75B; Verho&#x0364;r: Zu was Ende und<lb/>
wohin Perpenna und Petilius ver&#x017F;chickt wa&#x0364;ren;<lb/>
weil er &#x017F;elb&#x017F;t aus Rom fu&#x0364;r ihren gefa&#x0364;hrlichen<lb/>
Rath&#x017F;chla&#x0364;gen wa&#x0364;re gewarnigt worden. Pompe-<lb/>
jus trat auf die&#x017F;e Befraguug zu dem neben des<lb/>
Ko&#x0364;nigs Stule ge&#x017F;etzten Ti&#x017F;che/ hielt &#x017F;einen Fin-<lb/>
ge&#xA75B;in eine de&#xA75B; da&#x017F;elb&#x017F;t brennenden Wachsfackeln<lb/>
&#x017F;o lange/ biß er ga&#x0364;ntzlich ver&#x017F;ehrt war. Hernach<lb/>
antwortete er: Die Ro&#x0364;mer &#x017F;ind gewohnt &#x017F;ich ehe<lb/>
einzua&#x0364;&#x017F;chern/ als ihre Geheimnu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e zu verra-<lb/>
then. Gentius ward hieru&#x0364;ber be&#x017F;tu&#x0364;rtzt/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;chickte</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[876[878]/0938] Sechſtes Buch umb dieſe ſtreitbare Voͤlcker nicht wider ſich in Harniſch zu jagen. Der Roͤmer in Jllyris und Griechenland veruͤbte Grauſamkeit verurſach- te: daß als die Stadt Uſcana des Appius Clau- dius Ankunft mit 8000. Kriegsleuten an dem Lycheidiſchẽ See auf der Macedoniſchen Graͤn- tze vernahm/ ſie die benachbarten Scordiskiſchen Deutſchen umb Beſchirmung erſuchten/ und 4000. Mann zur Beſatzung erhielten. Clau- dius der hiervon nichts wuſte/ eilte dahin/ in Meynung ſie des Nachts unverſehens zu uͤber- fallen. Wie die Roͤmer aber nur einen Bogen- Schuß von der ihrer Einbildũg nach eingeſchla- fenen Stadt waren; erhob ſich auf den Mauern von Geſchrey der Weiber/ vom Schwirren des Ertzts ein jaͤmmerliches Getuͤmmel. Die Deut- ſchen fielen durch 2. Thore auf die ſo wohl muͤden als ſicheren Roͤmer beraus; brachten ſie auch al- ſofort in Unordnung und in die Flucht; alſo: daß Appius nicht fuͤr voll 2000. zuruͤck nach Ly- chindus brachte/ die uͤbrigen alle erſchlagen odeꝛ gefangen/ alle an Rom haͤngende Staͤdte aber hierdurch in Schrecken geſetzt/ und die Roͤmer ihre Macht in Griechenland zu verſtaͤrcken ge- noͤthigt wurden. Deſſen ungeachtet ſetzte Ce- phalus der Fuͤrſt in Epirus von Rom ab; Cotys erobeꝛte mit Huͤlffe deꝛ Deutſchen/ und ſonderlich Hertzog Goͤzonors alles verlohrne in Thracien/ machte daſelbſt mit ſeinen Feinden einen vor- theilhaften Frieden. Dem Perſes kam gleich- ſam die alte Macedoniſche Tugend wieder in ſein Hertze; ſintemal er mit dem durch den Koͤnig Cotys wieder verſoͤhnten Fuͤrſten Goͤzonor die Dardaner uͤberwand; die von den Jllyriern den Roͤmern veꝛkauffte Stadt Uſcana zur Ubergabe zwang/ und darinnen allein viertauſend Roͤmer gefangen bekam/ und die faſt unuͤberwindliche Feſtung Oeneum mit Sturm eroberte. Hier- auf ſchickte Perſes anfangs den Jllyrier Pleu- ratus/ hernach auch nebſt ihm den Glaucias uͤbeꝛ das Skordiſche Gebuͤrge nach Liſſus an den Koͤ- nig Gentius umb ihn zu einem Buͤndnuͤſſe wi- der die Roͤmer zu bewegen/ welcher denn auch hiezu gute Neigung zeigte; wenn ihm vom Peꝛ- ſes mit noͤthigen Kriegs-Mitteln unter die Ar- men gegriffen wuͤrde. Aber der Geitz oder das Verhaͤngnuͤß band dem Perſes die Haͤnde: daß er einen ſo ſtreitbaren Bunds-Genoſſen zu er- langen in Wind ſchlug. Hingegen aber lieſſen ſich die Roͤmer nichts gutes traͤumen; ſonderlich: da Lucius Coͤlius mit groſſem Verluſt und Schimpfe von der Stadt Uſcana abgeſchlagen ward; und die Rhodiſchen Geſandten zu Rom dem Rathe mit nachdencklichen Draͤuungen ei- nen Frieden mit dem Perſes zu machen aufdrin- gen wolten. Bey dieſen und andern aufziehen- den truͤben Wolcken/ und da der Baſtarnen Koͤ- nig mit dem Hertzog Goͤzonor ſich verknuͤpfte/ fertigten ſie von Rom den Aulus Poſtumius/ Marcus Perpenna/ Lucius Petillius und Mar- cus Pompejus ab. Der erſte ſolte die Darda- ner wider den Perſes aufhetzen/ der andere die Baſtarner und Dacier in Ruh erhalten/ der dritte die Dalmatier und Thracier gegen ihre Feinde erregen/ der vierdte des Koͤnigs Gentius Fuͤrhaben ausforſchen. Pompejus brachte den Perpenna und Petilius ohne einige vorher er- langte Geleits-Briefe nach Scodꝛa an den Koͤ- niglichen Hof. Weil nun der Roͤmiſche Rath voꝛ- her auf der Jſſeer Vergaͤllung des Gentius Botſchafft/ ſonder ertheilte Verhoͤr ſchimpflich abgewieſen hatte/ und Gentius erfuhr: daß Pompejus mehr als ein Kundſchafter denn ein Botſchafter dahin kam/ ließ er den Perpenna und Petilius in Hafft nehmen; den Pompejus aber fragte er bey deꝛ Verhoͤr: Zu was Ende und wohin Perpenna und Petilius verſchickt waͤren; weil er ſelbſt aus Rom fuͤr ihren gefaͤhrlichen Rathſchlaͤgen waͤre gewarnigt worden. Pompe- jus trat auf dieſe Befraguug zu dem neben des Koͤnigs Stule geſetzten Tiſche/ hielt ſeinen Fin- geꝛin eine deꝛ daſelbſt brennenden Wachsfackeln ſo lange/ biß er gaͤntzlich verſehrt war. Hernach antwortete er: Die Roͤmer ſind gewohnt ſich ehe einzuaͤſchern/ als ihre Geheimnuͤſſe zu verra- then. Gentius ward hieruͤber beſtuͤrtzt/ ſchickte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/938
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 876[878]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/938>, abgerufen am 24.11.2024.