Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Sechstes Buch
[Spaltenumbruch] ret aber dieses falsche Geschrey daher: Hertzog
Brennus schickte einen aus dichtem Golde ge-
machten Spieß/ derogleichen die Tectosager
nach der ältesten Völcker Art für ein göttliches
Bild verehrten/ in den Delphischen Tempel zu
einem Geschencke. Die aberwitzigen Priester
aber/ welche dieses Kriegrische Gewehre für ei-
ne Andeutung des Krieges hielten; da doch die
Säulen des Apollo selbst Lantzen und Pfeile
führen/ weigerten sich nicht alleine selbte anzu-
nehmen/ unter dem Vorwand: daß Gold und
andere unnütze Schätze der Tempel nur Anlaß
zu ihrer Entweihung und zum Kirchen-Raube
gebe/ wie sie es schon vom Philomelus/ und an-
dere reiche Tempel Griechenlands vom Phi-
lippus/ des Belus oder Didymeischen Jupi-
ters vom Antiochus und die Egyptischen Hei-
ligthümer vom Cambyses erfahren hätten; son-
dern sie liessen auch einem so mächtigen Fürsten
höchst unzeitig entbieten: daß ihr Gott am Ge-
schencke geraubter Güter kein Gefallen hätte.
Welches den Brennus derogestalt verbitterte:
daß er über die Priester Rache auszuüben mit
seinem Heere dem Tempel sich näherte. Es
traf sich aber ungefähr: daß als selbtes den Tem-
pel im Gesichte hatte/ die Sonne sich verfinster-
te; welches/ wie ieder zeit dem unwissenden Pö-
fel/ also auch dißmal den Tectosagern nicht ein
geringes Schrecken einjagte; die Delphischen
Priesterinnen aber zum Aberglauben meister-
lich zu gebrauchen wusten; in dem sie gleichsam
als verzückt mit zerstreuten Haaren und mit
Schlangen in Händen/ unter das zu Beschir-
mung des Tempels versammlete Volck lieffen/
vorgebende: Sie hätten den Apollo in Gestalt
eines schönen Jünglings mit zwey gewaffneten
Jungfrauen/ welches Diana und Minerva seyn
müste/ vom Himmel in den Tempel absteigen
gesehen; sie hätten gehört das Schwirren der
Waffen und der gespanneten Bogen; die Gei-
ster des längst verstorbenen Pyrrhus Hypero-
chus und Laodocus wären ihre Vorgänger; al-
so möchten sie nicht die Gelegenheit versäumen
[Spaltenumbruch] mit denen vorgehenden Göttern die vom Schre-
cken schon halb todte Feinde anzufallen. Für
diesen wütenden Leuten wäre der angefallene
Vortrab aus einer abergläubischen Bestürtzung
zurück gewichen/ und von selbtem an statt des
Fechtens mit seinen Waffen um der verfinster-
ten Sonne zu helffen/ ein grosses Gethöne ge-
macht worden. Rhemetalces fing an: Es ist
nichts ungemeines: daß die tapffersien Leute
durch ein solch unversehenes Schauspiel er-
schreckt/ oder durch eine aber glaubische Andacht
in die Flucht bracht worden. Also zerstreuten
die Valisker und Tarqvinier/ wie auch die Ve-
jenter und Fidenater zwey mal das Römische
Heer durch eine Menge als Priester angeklei-
deter Kriegsleute/ welche mit Schlangen und
Fackeln in Händen sie gleichsam rasende anfie-
len. Adgandester versetzte: Brennus aber ließ
sich diese Larven nicht schrecken; sondern sprach
seinem fortzurücken sich weigerndem Heere/
welches ihr Fürnehmen für ein Gott widriges
Erkühnen gehalten/ und ihm selbst den Unter-
gang wahrgesagt/ durch seine mit sich geführte
Priester/ welche hierinnen beym Pöfel vermö-
gender als Obrigkeiten sind/ vernünfftig zu/ und
versicherte es: daß diese aus natürlichen Ursachen
entstandene Finsternüß in einer Stunde über-
hin seyn würde. Worauf er denn auch bey der
darauf folgenden schönen Ausklärung des Him-
mels/ welche die Sonnen-Finsternüsse wie der
Wind die Monden-Finsternüsse insgemein zu
begleiten pflegt/ die ihm entgegen rasenden
Hauffen unschwer zerstreuete/ etliche schuldig
befundene Priesterinnen tödtete/ die andern aber
beschenckte/ in dem Tempel seine Andacht ver-
richtete/ ja zwey in seinem Heere befindliche Für-
sten aus Thessalien/ welche ein Marmelnes
Siegsbild aus dem Delphischen in einen Thes-
salischen Tempel gebracht hatte/ straffte/ und an
seinen ersten Ort setzen ließ. Ob auch wol die
Phocenser hernach aus einem blinden Eyver
und Aberglauben dem Brennus unter der
Stadt Ambrysus einfielen; wurden sie doch mit

bluti-

Sechſtes Buch
[Spaltenumbruch] ret aber dieſes falſche Geſchrey daher: Hertzog
Brennus ſchickte einen aus dichtem Golde ge-
machten Spieß/ derogleichen die Tectoſager
nach der aͤlteſten Voͤlcker Art fuͤr ein goͤttliches
Bild verehrten/ in den Delphiſchen Tempel zu
einem Geſchencke. Die aberwitzigen Prieſter
aber/ welche dieſes Kriegriſche Gewehre fuͤr ei-
ne Andeutung des Krieges hielten; da doch die
Saͤulen des Apollo ſelbſt Lantzen und Pfeile
fuͤhren/ weigerten ſich nicht alleine ſelbte anzu-
nehmen/ unter dem Vorwand: daß Gold und
andere unnuͤtze Schaͤtze der Tempel nur Anlaß
zu ihrer Entweihung und zum Kirchen-Raube
gebe/ wie ſie es ſchon vom Philomelus/ und an-
dere reiche Tempel Griechenlands vom Phi-
lippus/ des Belus oder Didymeiſchen Jupi-
ters vom Antiochus und die Egyptiſchen Hei-
ligthuͤmer vom Cambyſes erfahren haͤtten; ſon-
dern ſie lieſſen auch einem ſo maͤchtigen Fuͤrſten
hoͤchſt unzeitig entbieten: daß ihr Gott am Ge-
ſchencke geraubter Guͤter kein Gefallen haͤtte.
Welches den Brennus derogeſtalt verbitterte:
daß er uͤber die Prieſter Rache auszuuͤben mit
ſeinem Heere dem Tempel ſich naͤherte. Es
traf ſich aber ungefaͤhr: daß als ſelbtes den Tem-
pel im Geſichte hatte/ die Sonne ſich verfinſter-
te; welches/ wie ieder zeit dem unwiſſenden Poͤ-
fel/ alſo auch dißmal den Tectoſagern nicht ein
geringes Schrecken einjagte; die Delphiſchen
Prieſterinnen aber zum Aberglauben meiſter-
lich zu gebrauchen wuſten; in dem ſie gleichſam
als verzuͤckt mit zerſtreuten Haaren und mit
Schlangen in Haͤnden/ unter das zu Beſchir-
mung des Tempels verſammlete Volck lieffen/
vorgebende: Sie haͤtten den Apollo in Geſtalt
eines ſchoͤnen Juͤnglings mit zwey gewaffneten
Jungfrauen/ welches Diana und Mineꝛva ſeyn
muͤſte/ vom Himmel in den Tempel abſteigen
geſehen; ſie haͤtten gehoͤrt das Schwirren der
Waffen und der geſpanneten Bogen; die Gei-
ſter des laͤngſt verſtorbenen Pyrrhus Hypero-
chus und Laodocus waͤren ihre Vorgaͤnger; al-
ſo moͤchten ſie nicht die Gelegenheit verſaͤumen
[Spaltenumbruch] mit denen vorgehenden Goͤtteꝛn die vom Schre-
cken ſchon halb todte Feinde anzufallen. Fuͤr
dieſen wuͤtenden Leuten waͤre der angefallene
Vortrab aus einer aberglaͤubiſchen Beſtuͤrtzung
zuruͤck gewichen/ und von ſelbtem an ſtatt des
Fechtens mit ſeinen Waffen um der verfinſter-
ten Sonne zu helffen/ ein groſſes Gethoͤne ge-
macht worden. Rhemetalces fing an: Es iſt
nichts ungemeines: daß die tapfferſien Leute
durch ein ſolch unverſehenes Schauſpiel er-
ſchreckt/ oder durch eine aber glaubiſche Andacht
in die Flucht bracht worden. Alſo zerſtreuten
die Valisker und Tarqvinier/ wie auch die Ve-
jenter und Fidenater zwey mal das Roͤmiſche
Heer durch eine Menge als Prieſter angeklei-
deter Kriegsleute/ welche mit Schlangen und
Fackeln in Haͤnden ſie gleichſam raſende anfie-
len. Adgandeſter verſetzte: Brennus aber ließ
ſich dieſe Larven nicht ſchrecken; ſondern ſprach
ſeinem fortzuruͤcken ſich weigerndem Heere/
welches ihr Fuͤrnehmen fuͤr ein Gott widriges
Erkuͤhnen gehalten/ und ihm ſelbſt den Unter-
gang wahrgeſagt/ durch ſeine mit ſich gefuͤhrte
Prieſter/ welche hierinnen beym Poͤfel vermoͤ-
gender als Obrigkeiten ſind/ vernuͤnfftig zu/ und
verſicherte es: daß dieſe aus natuͤrlichen Urſachen
entſtandene Finſternuͤß in einer Stunde uͤber-
hin ſeyn wuͤrde. Worauf er denn auch bey der
darauf folgenden ſchoͤnen Ausklaͤrung des Him-
mels/ welche die Sonnen-Finſternuͤſſe wie der
Wind die Monden-Finſternuͤſſe insgemein zu
begleiten pflegt/ die ihm entgegen raſenden
Hauffen unſchwer zerſtreuete/ etliche ſchuldig
befundene Prieſterinnen toͤdtete/ die andern abeꝛ
beſchenckte/ in dem Tempel ſeine Andacht ver-
richtete/ ja zwey in ſeinem Heere befindliche Fuͤr-
ſten aus Theſſalien/ welche ein Marmelnes
Siegsbild aus dem Delphiſchen in einen Theſ-
ſaliſchen Tempel gebracht hatte/ ſtraffte/ und an
ſeinen erſten Ort ſetzen ließ. Ob auch wol die
Phocenſer hernach aus einem blinden Eyver
und Aberglauben dem Brennus unter der
Stadt Ambryſus einfielen; wurden ſie doch mit

bluti-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0844" n="782[784]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Sech&#x017F;tes Buch</hi></fw><lb/><cb/>
ret aber die&#x017F;es fal&#x017F;che Ge&#x017F;chrey daher: Hertzog<lb/>
Brennus &#x017F;chickte einen aus dichtem Golde ge-<lb/>
machten Spieß/ derogleichen die Tecto&#x017F;ager<lb/>
nach der a&#x0364;lte&#x017F;ten Vo&#x0364;lcker Art fu&#x0364;r ein go&#x0364;ttliches<lb/>
Bild verehrten/ in den Delphi&#x017F;chen Tempel zu<lb/>
einem Ge&#x017F;chencke. Die aberwitzigen Prie&#x017F;ter<lb/>
aber/ welche die&#x017F;es Kriegri&#x017F;che Gewehre fu&#x0364;r ei-<lb/>
ne Andeutung des Krieges hielten; da doch die<lb/>
Sa&#x0364;ulen des Apollo &#x017F;elb&#x017F;t Lantzen und Pfeile<lb/>
fu&#x0364;hren/ weigerten &#x017F;ich nicht alleine &#x017F;elbte anzu-<lb/>
nehmen/ unter dem Vorwand: daß Gold und<lb/>
andere unnu&#x0364;tze Scha&#x0364;tze der Tempel nur Anlaß<lb/>
zu ihrer Entweihung und zum Kirchen-Raube<lb/>
gebe/ wie &#x017F;ie es &#x017F;chon vom Philomelus/ und an-<lb/>
dere reiche Tempel Griechenlands vom Phi-<lb/>
lippus/ des Belus oder Didymei&#x017F;chen Jupi-<lb/>
ters vom Antiochus und die Egypti&#x017F;chen Hei-<lb/>
ligthu&#x0364;mer vom Camby&#x017F;es erfahren ha&#x0364;tten; &#x017F;on-<lb/>
dern &#x017F;ie lie&#x017F;&#x017F;en auch einem &#x017F;o ma&#x0364;chtigen Fu&#x0364;r&#x017F;ten<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;t unzeitig entbieten: daß ihr Gott am Ge-<lb/>
&#x017F;chencke geraubter Gu&#x0364;ter kein Gefallen ha&#x0364;tte.<lb/>
Welches den Brennus deroge&#x017F;talt verbitterte:<lb/>
daß er u&#x0364;ber die Prie&#x017F;ter Rache auszuu&#x0364;ben mit<lb/>
&#x017F;einem Heere dem Tempel &#x017F;ich na&#x0364;herte. Es<lb/>
traf &#x017F;ich aber ungefa&#x0364;hr: daß als &#x017F;elbtes den Tem-<lb/>
pel im Ge&#x017F;ichte hatte/ die Sonne &#x017F;ich verfin&#x017F;ter-<lb/>
te; welches/ wie ieder zeit dem unwi&#x017F;&#x017F;enden Po&#x0364;-<lb/>
fel/ al&#x017F;o auch dißmal den Tecto&#x017F;agern nicht ein<lb/>
geringes Schrecken einjagte; die Delphi&#x017F;chen<lb/>
Prie&#x017F;terinnen aber zum Aberglauben mei&#x017F;ter-<lb/>
lich zu gebrauchen wu&#x017F;ten; in dem &#x017F;ie gleich&#x017F;am<lb/>
als verzu&#x0364;ckt mit zer&#x017F;treuten Haaren und mit<lb/>
Schlangen in Ha&#x0364;nden/ unter das zu Be&#x017F;chir-<lb/>
mung des Tempels ver&#x017F;ammlete Volck lieffen/<lb/>
vorgebende: Sie ha&#x0364;tten den Apollo in Ge&#x017F;talt<lb/>
eines &#x017F;cho&#x0364;nen Ju&#x0364;nglings mit zwey gewaffneten<lb/>
Jungfrauen/ welches Diana und Mine&#xA75B;va &#x017F;eyn<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;te/ vom Himmel in den Tempel ab&#x017F;teigen<lb/>
ge&#x017F;ehen; &#x017F;ie ha&#x0364;tten geho&#x0364;rt das Schwirren der<lb/>
Waffen und der ge&#x017F;panneten Bogen; die Gei-<lb/>
&#x017F;ter des la&#x0364;ng&#x017F;t ver&#x017F;torbenen Pyrrhus Hypero-<lb/>
chus und Laodocus wa&#x0364;ren ihre Vorga&#x0364;nger; al-<lb/>
&#x017F;o mo&#x0364;chten &#x017F;ie nicht die Gelegenheit ver&#x017F;a&#x0364;umen<lb/><cb/>
mit denen vorgehenden Go&#x0364;tte&#xA75B;n die vom Schre-<lb/>
cken &#x017F;chon halb todte Feinde anzufallen. Fu&#x0364;r<lb/>
die&#x017F;en wu&#x0364;tenden Leuten wa&#x0364;re der angefallene<lb/>
Vortrab aus einer abergla&#x0364;ubi&#x017F;chen Be&#x017F;tu&#x0364;rtzung<lb/>
zuru&#x0364;ck gewichen/ und von &#x017F;elbtem an &#x017F;tatt des<lb/>
Fechtens mit &#x017F;einen Waffen um der verfin&#x017F;ter-<lb/>
ten Sonne zu helffen/ ein gro&#x017F;&#x017F;es Getho&#x0364;ne ge-<lb/>
macht worden. Rhemetalces fing an: Es i&#x017F;t<lb/>
nichts ungemeines: daß die tapffer&#x017F;ien Leute<lb/>
durch ein &#x017F;olch unver&#x017F;ehenes Schau&#x017F;piel er-<lb/>
&#x017F;chreckt/ oder durch eine aber glaubi&#x017F;che Andacht<lb/>
in die Flucht bracht worden. Al&#x017F;o zer&#x017F;treuten<lb/>
die Valisker und Tarqvinier/ wie auch die Ve-<lb/>
jenter und Fidenater zwey mal das Ro&#x0364;mi&#x017F;che<lb/>
Heer durch eine Menge als Prie&#x017F;ter angeklei-<lb/>
deter Kriegsleute/ welche mit Schlangen und<lb/>
Fackeln in Ha&#x0364;nden &#x017F;ie gleich&#x017F;am ra&#x017F;ende anfie-<lb/>
len. Adgande&#x017F;ter ver&#x017F;etzte: Brennus aber ließ<lb/>
&#x017F;ich die&#x017F;e Larven nicht &#x017F;chrecken; &#x017F;ondern &#x017F;prach<lb/>
&#x017F;einem fortzuru&#x0364;cken &#x017F;ich weigerndem Heere/<lb/>
welches ihr Fu&#x0364;rnehmen fu&#x0364;r ein Gott widriges<lb/>
Erku&#x0364;hnen gehalten/ und ihm &#x017F;elb&#x017F;t den Unter-<lb/>
gang wahrge&#x017F;agt/ durch &#x017F;eine mit &#x017F;ich gefu&#x0364;hrte<lb/>
Prie&#x017F;ter/ welche hierinnen beym Po&#x0364;fel vermo&#x0364;-<lb/>
gender als Obrigkeiten &#x017F;ind/ vernu&#x0364;nfftig zu/ und<lb/>
ver&#x017F;icherte es: daß die&#x017F;e aus natu&#x0364;rlichen Ur&#x017F;achen<lb/>
ent&#x017F;tandene Fin&#x017F;ternu&#x0364;ß in einer Stunde u&#x0364;ber-<lb/>
hin &#x017F;eyn wu&#x0364;rde. Worauf er denn auch bey der<lb/>
darauf folgenden &#x017F;cho&#x0364;nen Auskla&#x0364;rung des Him-<lb/>
mels/ welche die Sonnen-Fin&#x017F;ternu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e wie der<lb/>
Wind die Monden-Fin&#x017F;ternu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e insgemein zu<lb/>
begleiten pflegt/ die ihm entgegen ra&#x017F;enden<lb/>
Hauffen un&#x017F;chwer zer&#x017F;treuete/ etliche &#x017F;chuldig<lb/>
befundene Prie&#x017F;terinnen to&#x0364;dtete/ die andern abe&#xA75B;<lb/>
be&#x017F;chenckte/ in dem Tempel &#x017F;eine Andacht ver-<lb/>
richtete/ ja zwey in &#x017F;einem Heere befindliche Fu&#x0364;r-<lb/>
&#x017F;ten aus The&#x017F;&#x017F;alien/ welche ein Marmelnes<lb/>
Siegsbild aus dem Delphi&#x017F;chen in einen The&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ali&#x017F;chen Tempel gebracht hatte/ &#x017F;traffte/ und an<lb/>
&#x017F;einen er&#x017F;ten Ort &#x017F;etzen ließ. Ob auch wol die<lb/>
Phocen&#x017F;er hernach aus einem blinden Eyver<lb/>
und Aberglauben dem Brennus unter der<lb/>
Stadt Ambry&#x017F;us einfielen; wurden &#x017F;ie doch mit<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">bluti-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[782[784]/0844] Sechſtes Buch ret aber dieſes falſche Geſchrey daher: Hertzog Brennus ſchickte einen aus dichtem Golde ge- machten Spieß/ derogleichen die Tectoſager nach der aͤlteſten Voͤlcker Art fuͤr ein goͤttliches Bild verehrten/ in den Delphiſchen Tempel zu einem Geſchencke. Die aberwitzigen Prieſter aber/ welche dieſes Kriegriſche Gewehre fuͤr ei- ne Andeutung des Krieges hielten; da doch die Saͤulen des Apollo ſelbſt Lantzen und Pfeile fuͤhren/ weigerten ſich nicht alleine ſelbte anzu- nehmen/ unter dem Vorwand: daß Gold und andere unnuͤtze Schaͤtze der Tempel nur Anlaß zu ihrer Entweihung und zum Kirchen-Raube gebe/ wie ſie es ſchon vom Philomelus/ und an- dere reiche Tempel Griechenlands vom Phi- lippus/ des Belus oder Didymeiſchen Jupi- ters vom Antiochus und die Egyptiſchen Hei- ligthuͤmer vom Cambyſes erfahren haͤtten; ſon- dern ſie lieſſen auch einem ſo maͤchtigen Fuͤrſten hoͤchſt unzeitig entbieten: daß ihr Gott am Ge- ſchencke geraubter Guͤter kein Gefallen haͤtte. Welches den Brennus derogeſtalt verbitterte: daß er uͤber die Prieſter Rache auszuuͤben mit ſeinem Heere dem Tempel ſich naͤherte. Es traf ſich aber ungefaͤhr: daß als ſelbtes den Tem- pel im Geſichte hatte/ die Sonne ſich verfinſter- te; welches/ wie ieder zeit dem unwiſſenden Poͤ- fel/ alſo auch dißmal den Tectoſagern nicht ein geringes Schrecken einjagte; die Delphiſchen Prieſterinnen aber zum Aberglauben meiſter- lich zu gebrauchen wuſten; in dem ſie gleichſam als verzuͤckt mit zerſtreuten Haaren und mit Schlangen in Haͤnden/ unter das zu Beſchir- mung des Tempels verſammlete Volck lieffen/ vorgebende: Sie haͤtten den Apollo in Geſtalt eines ſchoͤnen Juͤnglings mit zwey gewaffneten Jungfrauen/ welches Diana und Mineꝛva ſeyn muͤſte/ vom Himmel in den Tempel abſteigen geſehen; ſie haͤtten gehoͤrt das Schwirren der Waffen und der geſpanneten Bogen; die Gei- ſter des laͤngſt verſtorbenen Pyrrhus Hypero- chus und Laodocus waͤren ihre Vorgaͤnger; al- ſo moͤchten ſie nicht die Gelegenheit verſaͤumen mit denen vorgehenden Goͤtteꝛn die vom Schre- cken ſchon halb todte Feinde anzufallen. Fuͤr dieſen wuͤtenden Leuten waͤre der angefallene Vortrab aus einer aberglaͤubiſchen Beſtuͤrtzung zuruͤck gewichen/ und von ſelbtem an ſtatt des Fechtens mit ſeinen Waffen um der verfinſter- ten Sonne zu helffen/ ein groſſes Gethoͤne ge- macht worden. Rhemetalces fing an: Es iſt nichts ungemeines: daß die tapfferſien Leute durch ein ſolch unverſehenes Schauſpiel er- ſchreckt/ oder durch eine aber glaubiſche Andacht in die Flucht bracht worden. Alſo zerſtreuten die Valisker und Tarqvinier/ wie auch die Ve- jenter und Fidenater zwey mal das Roͤmiſche Heer durch eine Menge als Prieſter angeklei- deter Kriegsleute/ welche mit Schlangen und Fackeln in Haͤnden ſie gleichſam raſende anfie- len. Adgandeſter verſetzte: Brennus aber ließ ſich dieſe Larven nicht ſchrecken; ſondern ſprach ſeinem fortzuruͤcken ſich weigerndem Heere/ welches ihr Fuͤrnehmen fuͤr ein Gott widriges Erkuͤhnen gehalten/ und ihm ſelbſt den Unter- gang wahrgeſagt/ durch ſeine mit ſich gefuͤhrte Prieſter/ welche hierinnen beym Poͤfel vermoͤ- gender als Obrigkeiten ſind/ vernuͤnfftig zu/ und verſicherte es: daß dieſe aus natuͤrlichen Urſachen entſtandene Finſternuͤß in einer Stunde uͤber- hin ſeyn wuͤrde. Worauf er denn auch bey der darauf folgenden ſchoͤnen Ausklaͤrung des Him- mels/ welche die Sonnen-Finſternuͤſſe wie der Wind die Monden-Finſternuͤſſe insgemein zu begleiten pflegt/ die ihm entgegen raſenden Hauffen unſchwer zerſtreuete/ etliche ſchuldig befundene Prieſterinnen toͤdtete/ die andern abeꝛ beſchenckte/ in dem Tempel ſeine Andacht ver- richtete/ ja zwey in ſeinem Heere befindliche Fuͤr- ſten aus Theſſalien/ welche ein Marmelnes Siegsbild aus dem Delphiſchen in einen Theſ- ſaliſchen Tempel gebracht hatte/ ſtraffte/ und an ſeinen erſten Ort ſetzen ließ. Ob auch wol die Phocenſer hernach aus einem blinden Eyver und Aberglauben dem Brennus unter der Stadt Ambryſus einfielen; wurden ſie doch mit bluti-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/844
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 782[784]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/844>, abgerufen am 23.11.2024.