Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] schwerligkeit des Kriegs fürzuziehen; oder viel-
mehr ihre güldne Freyheit um den faulen
Schlamm eines stinckenden Müßiggangs zu
verkauffen. Welchen Griffs sich Käyser Ju-
lius meisterlich zu gebrauchen gewüst/ als er
für dem ihm bereit im Kopffe steckenden Bür-
ger-Kriege den Kriegs-Sold um des Heeres
Gewogenheit zu gewinnen/ noch einmal so hoch
gesetzt. Und August hätte es ihm ebenfals nachge-
than. Gleichwohl aber wäre das hierdurch ver-
wehnte Römische Kriegs-Volck darmit nicht
vergnügt/ sondern es hätte schon mehrmals durch
Auffstand des Soldes Vergrösserung gesucht.
Uber diß hieraus erwachsende Ubel wäre der
Kriegs-Sold nicht nur ins gemein auch den
vermögensten Ländern unerschwinglich/ welche
mit Herbeyschaffung des Kriegs-Geräthes und
der Lebensmittel genug zu schaffen hätten; son-
dern er wäre auch der Verkürtzung der Zahl-
meister/ der Verschwendung der Kriegs-O-
bersten/ und andern so vielen Unterschlieffen
unterworffen: daß die scharffsichtigste Auffsicht
der redlichsten Befehlhaber selbten zu steuern
viel zu unvermögend wäre. Das allerärgste a-
ber wäre: daß so denn unter denen Fahnen un-
zehlbare blinde Lücken blieben/ und dem Feld-
herrn tausend nie in der Welt geweste Und in-
ge/ oder die Nahmen der längst Verstorbenen
für Kriegsleute verkaufft/ derselben Sold in
fremde Beutel gestrichen/ und durch diese
Blendung die Fürsten eines auff den Rollen
starcken/ im Felde aber schwachen Heeres zu
unvernünfftigen und höchstschädlichen Ent-
schlüssungen verleitet würden. Welcher Be-
trug hingegen mit Benehmung der Gelegen-
heit von dem Solde schnöden Gewinn zu ma-
chen hinfiele/ und also viel heilsamer wäre: wenn
ein Kriegs-Heer nur mit auskommentlichen Le-
bensmitteln Kleidern und Waffen versorgt;
die tapffern aber wegen ihrer Verdienste an-
sehnlich belohnet; und derogestalt nichts min-
der die feigen von den Hertzhafften unterschie-
[Spaltenumbruch] den/ als die tugendhafften durch anderer Hervor-
zückung zu Nachthuung gleichmäßiger Hel-
denthaten angereitzt werden. Diese Eyver-
sucht ist der beste Sporn zu grossen Verrich-
tungen/ und die Ehre der würdigste Sold der
Kriegs-Leute; unter denen die Edelsten so begie-
rig nach einem Krantze von eichenem Laube o-
der Lorber-Zweigen gestrebt haben: daß sie auch
vergessen die zu ihrem Begräbnisse nöthige Un-
kosten zu hinterlegen. Auff diese Art zahlete
auch der großmüthige Brennus sein siegendes
Kriegs-Volck aus/ durch welches er ihm nach
obiger Niederlage mit weniger Müh nicht nur
das Land vom Flusse Utis biß an den Strom
Aesis/ sondern auch die Umbrier unterwürf-
fig machte; welche einem so grossen Helden zu
gehorsamen ehe für Glück als Verlust hielten.
Also ist auch in Feinden die Tugend ein Ma-
gnet der Gewogenheit/ und eine Bezauberung
der Seelen. Brennus baute zum Gedächt-
nisse an dem Meer-Strand bey dem Einflus-
se des Misus-Stroms/ eine Stadt/ und nennte
sie nach seinem Volcke Semnogallien; befe-
stigte seine neue Herrschafft mit Gerechtigkeit/
und erlangte in Jtalien für allen andern Häu-
ptern das gröste Ansehen. Dieses veranla-
ste einen Hetrurischen Edelmann aus der
Stadt Clusium/ Aruntes: daß er zum Bren-
nus kam/ und so wohl wider den Rath wegen
versagten Rechtes/ als wider seinen Pflege-
Sohn Lucumon/ der sein Ehebette besudelt
hatte/ Rache und Hülffe soderte. Brennus
ärgerte sich nach seiner deutschen Art so wohl
über ein-als dem andern Laster; als bey wel-
chem die Straffe der versehrten Keuschheit auf
der Fersen folget/ und unnachläßlich ist; und
niemand wie die zu Clusium/ aus dem Ehe-
bruche ein Gelächter macht. Gleichwohl a-
ber schickte er nach Clusium/ und verlangte
den Lucumar entweder nach aller Völcker Rech-
ten zu straffen/ oder ihn ihm ausfolgen zu las-

sen.
A a a a a 3

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] ſchwerligkeit des Kriegs fuͤrzuziehen; oder viel-
mehr ihre guͤldne Freyheit um den faulen
Schlamm eines ſtinckenden Muͤßiggangs zu
verkauffen. Welchen Griffs ſich Kaͤyſer Ju-
lius meiſterlich zu gebrauchen gewuͤſt/ als er
fuͤr dem ihm bereit im Kopffe ſteckenden Buͤr-
ger-Kriege den Kriegs-Sold um des Heeres
Gewogenheit zu gewinnen/ noch einmal ſo hoch
geſetzt. Und Auguſt haͤtte es ihm ebenfals nachge-
than. Gleichwohl aber waͤre das hierdurch ver-
wehnte Roͤmiſche Kriegs-Volck darmit nicht
veꝛgnuͤgt/ ſondeꝛn es haͤtte ſchon mehrmals duꝛch
Auffſtand des Soldes Vergroͤſſerung geſucht.
Uber diß hieraus erwachſende Ubel waͤre der
Kriegs-Sold nicht nur ins gemein auch den
vermoͤgenſten Laͤndern unerſchwinglich/ welche
mit Herbeyſchaffung des Kriegs-Geraͤthes und
der Lebensmittel genug zu ſchaffen haͤtten; ſon-
dern er waͤre auch der Verkuͤrtzung der Zahl-
meiſter/ der Verſchwendung der Kriegs-O-
berſten/ und andern ſo vielen Unterſchlieffen
unterworffen: daß die ſcharffſichtigſte Auffſicht
der redlichſten Befehlhaber ſelbten zu ſteuern
viel zu unvermoͤgend waͤre. Das alleraͤrgſte a-
ber waͤre: daß ſo denn unter denen Fahnen un-
zehlbare blinde Luͤcken blieben/ und dem Feld-
herrn tauſend nie in der Welt geweſte Und in-
ge/ oder die Nahmen der laͤngſt Verſtorbenen
fuͤr Kriegsleute verkaufft/ derſelben Sold in
fremde Beutel geſtrichen/ und durch dieſe
Blendung die Fuͤrſten eines auff den Rollen
ſtarcken/ im Felde aber ſchwachen Heeres zu
unvernuͤnfftigen und hoͤchſtſchaͤdlichen Ent-
ſchluͤſſungen verleitet wuͤrden. Welcher Be-
trug hingegen mit Benehmung der Gelegen-
heit von dem Solde ſchnoͤden Gewinn zu ma-
chen hinfiele/ und alſo viel heilſamer waͤre: weñ
ein Kriegs-Heer nur mit auskommentlichen Le-
bensmitteln Kleidern und Waffen verſorgt;
die tapffern aber wegen ihrer Verdienſte an-
ſehnlich belohnet; und derogeſtalt nichts min-
der die feigen von den Hertzhafften unterſchie-
[Spaltenumbruch] den/ als die tugendhafften durch andereꝛ Hervor-
zuͤckung zu Nachthuung gleichmaͤßiger Hel-
denthaten angereitzt werden. Dieſe Eyver-
ſucht iſt der beſte Sporn zu groſſen Verrich-
tungen/ und die Ehre der wuͤrdigſte Sold der
Kriegs-Leute; unter denen die Edelſten ſo begie-
rig nach einem Krantze von eichenem Laube o-
der Lorber-Zweigen geſtrebt haben: daß ſie auch
vergeſſen die zu ihrem Begraͤbniſſe noͤthige Un-
koſten zu hinterlegen. Auff dieſe Art zahlete
auch der großmuͤthige Brennus ſein ſiegendes
Kriegs-Volck aus/ durch welches er ihm nach
obiger Niederlage mit weniger Muͤh nicht nur
das Land vom Fluſſe Utis biß an den Strom
Aeſis/ ſondern auch die Umbrier unterwuͤrf-
fig machte; welche einem ſo groſſen Helden zu
gehorſamen ehe fuͤr Gluͤck als Verluſt hielten.
Alſo iſt auch in Feinden die Tugend ein Ma-
gnet der Gewogenheit/ und eine Bezauberung
der Seelen. Brennus baute zum Gedaͤcht-
niſſe an dem Meer-Strand bey dem Einfluſ-
ſe des Miſus-Stroms/ eine Stadt/ und nennte
ſie nach ſeinem Volcke Semnogallien; befe-
ſtigte ſeine neue Herrſchafft mit Gerechtigkeit/
und erlangte in Jtalien fuͤr allen andern Haͤu-
ptern das groͤſte Anſehen. Dieſes veranla-
ſte einen Hetruriſchen Edelmann aus der
Stadt Cluſium/ Aruntes: daß er zum Bren-
nus kam/ und ſo wohl wider den Rath wegen
verſagten Rechtes/ als wider ſeinen Pflege-
Sohn Lucumon/ der ſein Ehebette beſudelt
hatte/ Rache und Huͤlffe ſoderte. Brennus
aͤrgerte ſich nach ſeiner deutſchen Art ſo wohl
uͤber ein-als dem andern Laſter; als bey wel-
chem die Straffe der verſehrten Keuſchheit auf
der Ferſen folget/ und unnachlaͤßlich iſt; und
niemand wie die zu Cluſium/ aus dem Ehe-
bruche ein Gelaͤchter macht. Gleichwohl a-
ber ſchickte er nach Cluſium/ und verlangte
den Lucumar entweder nach aller Voͤlcker Rech-
ten zu ſtraffen/ oder ihn ihm ausfolgen zu laſ-

ſen.
A a a a a 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0803" n="737[743]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/>
&#x017F;chwerligkeit des Kriegs fu&#x0364;rzuziehen; oder viel-<lb/>
mehr ihre gu&#x0364;ldne Freyheit um den faulen<lb/>
Schlamm eines &#x017F;tinckenden Mu&#x0364;ßiggangs zu<lb/>
verkauffen. Welchen Griffs &#x017F;ich Ka&#x0364;y&#x017F;er Ju-<lb/>
lius mei&#x017F;terlich zu gebrauchen gewu&#x0364;&#x017F;t/ als er<lb/>
fu&#x0364;r dem ihm bereit im Kopffe &#x017F;teckenden Bu&#x0364;r-<lb/>
ger-Kriege den Kriegs-Sold um des Heeres<lb/>
Gewogenheit zu gewinnen/ noch einmal &#x017F;o hoch<lb/>
ge&#x017F;etzt. Und Augu&#x017F;t ha&#x0364;tte es ihm ebenfals nachge-<lb/>
than. Gleichwohl aber wa&#x0364;re das hierdurch ver-<lb/>
wehnte Ro&#x0364;mi&#x017F;che Kriegs-Volck darmit nicht<lb/>
ve&#xA75B;gnu&#x0364;gt/ &#x017F;onde&#xA75B;n es ha&#x0364;tte &#x017F;chon mehrmals du&#xA75B;ch<lb/>
Auff&#x017F;tand des Soldes Vergro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erung ge&#x017F;ucht.<lb/>
Uber diß hieraus erwach&#x017F;ende Ubel wa&#x0364;re der<lb/>
Kriegs-Sold nicht nur ins gemein auch den<lb/>
vermo&#x0364;gen&#x017F;ten La&#x0364;ndern uner&#x017F;chwinglich/ welche<lb/>
mit Herbey&#x017F;chaffung des Kriegs-Gera&#x0364;thes und<lb/>
der Lebensmittel genug zu &#x017F;chaffen ha&#x0364;tten; &#x017F;on-<lb/>
dern er wa&#x0364;re auch der Verku&#x0364;rtzung der Zahl-<lb/>
mei&#x017F;ter/ der Ver&#x017F;chwendung der Kriegs-O-<lb/>
ber&#x017F;ten/ und andern &#x017F;o vielen Unter&#x017F;chlieffen<lb/>
unterworffen: daß die &#x017F;charff&#x017F;ichtig&#x017F;te Auff&#x017F;icht<lb/>
der redlich&#x017F;ten Befehlhaber &#x017F;elbten zu &#x017F;teuern<lb/>
viel zu unvermo&#x0364;gend wa&#x0364;re. Das allera&#x0364;rg&#x017F;te a-<lb/>
ber wa&#x0364;re: daß &#x017F;o denn unter denen Fahnen un-<lb/>
zehlbare blinde Lu&#x0364;cken blieben/ und dem Feld-<lb/>
herrn tau&#x017F;end nie in der Welt gewe&#x017F;te Und in-<lb/>
ge/ oder die Nahmen der la&#x0364;ng&#x017F;t Ver&#x017F;torbenen<lb/>
fu&#x0364;r Kriegsleute verkaufft/ der&#x017F;elben Sold in<lb/>
fremde Beutel ge&#x017F;trichen/ und durch die&#x017F;e<lb/>
Blendung die Fu&#x0364;r&#x017F;ten eines auff den Rollen<lb/>
&#x017F;tarcken/ im Felde aber &#x017F;chwachen Heeres zu<lb/>
unvernu&#x0364;nfftigen und ho&#x0364;ch&#x017F;t&#x017F;cha&#x0364;dlichen Ent-<lb/>
&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ungen verleitet wu&#x0364;rden. Welcher Be-<lb/>
trug hingegen mit Benehmung der Gelegen-<lb/>
heit von dem Solde &#x017F;chno&#x0364;den Gewinn zu ma-<lb/>
chen hinfiele/ und al&#x017F;o viel heil&#x017F;amer wa&#x0364;re: wen&#x0303;<lb/>
ein Kriegs-Heer nur mit auskommentlichen Le-<lb/>
bensmitteln Kleidern und Waffen ver&#x017F;orgt;<lb/>
die tapffern aber wegen ihrer Verdien&#x017F;te an-<lb/>
&#x017F;ehnlich belohnet; und deroge&#x017F;talt nichts min-<lb/>
der die feigen von den Hertzhafften unter&#x017F;chie-<lb/><cb/>
den/ als die tugendhafften durch andere&#xA75B; Hervor-<lb/>
zu&#x0364;ckung zu Nachthuung gleichma&#x0364;ßiger Hel-<lb/>
denthaten angereitzt werden. Die&#x017F;e Eyver-<lb/>
&#x017F;ucht i&#x017F;t der be&#x017F;te Sporn zu gro&#x017F;&#x017F;en Verrich-<lb/>
tungen/ und die Ehre der wu&#x0364;rdig&#x017F;te Sold der<lb/>
Kriegs-Leute; unter denen die Edel&#x017F;ten &#x017F;o begie-<lb/>
rig nach einem Krantze von eichenem Laube o-<lb/>
der Lorber-Zweigen ge&#x017F;trebt haben: daß &#x017F;ie auch<lb/>
verge&#x017F;&#x017F;en die zu ihrem Begra&#x0364;bni&#x017F;&#x017F;e no&#x0364;thige Un-<lb/>
ko&#x017F;ten zu hinterlegen. Auff die&#x017F;e Art zahlete<lb/>
auch der großmu&#x0364;thige Brennus &#x017F;ein &#x017F;iegendes<lb/>
Kriegs-Volck aus/ durch welches er ihm nach<lb/>
obiger Niederlage mit weniger Mu&#x0364;h nicht nur<lb/>
das Land vom Flu&#x017F;&#x017F;e Utis biß an den Strom<lb/>
Ae&#x017F;is/ &#x017F;ondern auch die Umbrier unterwu&#x0364;rf-<lb/>
fig machte; welche einem &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;en Helden zu<lb/>
gehor&#x017F;amen ehe fu&#x0364;r Glu&#x0364;ck als Verlu&#x017F;t hielten.<lb/>
Al&#x017F;o i&#x017F;t auch in Feinden die Tugend ein Ma-<lb/>
gnet der Gewogenheit/ und eine Bezauberung<lb/>
der Seelen. Brennus baute zum Geda&#x0364;cht-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;e an dem Meer-Strand bey dem Einflu&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e des Mi&#x017F;us-Stroms/ eine Stadt/ und nennte<lb/>
&#x017F;ie nach &#x017F;einem Volcke Semnogallien; befe-<lb/>
&#x017F;tigte &#x017F;eine neue Herr&#x017F;chafft mit Gerechtigkeit/<lb/>
und erlangte in Jtalien fu&#x0364;r allen andern Ha&#x0364;u-<lb/>
ptern das gro&#x0364;&#x017F;te An&#x017F;ehen. Die&#x017F;es veranla-<lb/>
&#x017F;te einen Hetruri&#x017F;chen Edelmann aus der<lb/>
Stadt Clu&#x017F;ium/ Aruntes: daß er zum Bren-<lb/>
nus kam/ und &#x017F;o wohl wider den Rath wegen<lb/>
ver&#x017F;agten Rechtes/ als wider &#x017F;einen Pflege-<lb/>
Sohn Lucumon/ der &#x017F;ein Ehebette be&#x017F;udelt<lb/>
hatte/ Rache und Hu&#x0364;lffe &#x017F;oderte. Brennus<lb/>
a&#x0364;rgerte &#x017F;ich nach &#x017F;einer deut&#x017F;chen Art &#x017F;o wohl<lb/>
u&#x0364;ber ein-als dem andern La&#x017F;ter; als bey wel-<lb/>
chem die Straffe der ver&#x017F;ehrten Keu&#x017F;chheit auf<lb/>
der Fer&#x017F;en folget/ und unnachla&#x0364;ßlich i&#x017F;t; und<lb/>
niemand wie die zu Clu&#x017F;ium/ aus dem Ehe-<lb/>
bruche ein Gela&#x0364;chter macht. Gleichwohl a-<lb/>
ber &#x017F;chickte er nach Clu&#x017F;ium/ und verlangte<lb/>
den Lucumar entweder nach aller Vo&#x0364;lcker Rech-<lb/>
ten zu &#x017F;traffen/ oder ihn ihm ausfolgen zu la&#x017F;-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A a a a a 3</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;en.</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[737[743]/0803] Arminius und Thußnelda. ſchwerligkeit des Kriegs fuͤrzuziehen; oder viel- mehr ihre guͤldne Freyheit um den faulen Schlamm eines ſtinckenden Muͤßiggangs zu verkauffen. Welchen Griffs ſich Kaͤyſer Ju- lius meiſterlich zu gebrauchen gewuͤſt/ als er fuͤr dem ihm bereit im Kopffe ſteckenden Buͤr- ger-Kriege den Kriegs-Sold um des Heeres Gewogenheit zu gewinnen/ noch einmal ſo hoch geſetzt. Und Auguſt haͤtte es ihm ebenfals nachge- than. Gleichwohl aber waͤre das hierdurch ver- wehnte Roͤmiſche Kriegs-Volck darmit nicht veꝛgnuͤgt/ ſondeꝛn es haͤtte ſchon mehrmals duꝛch Auffſtand des Soldes Vergroͤſſerung geſucht. Uber diß hieraus erwachſende Ubel waͤre der Kriegs-Sold nicht nur ins gemein auch den vermoͤgenſten Laͤndern unerſchwinglich/ welche mit Herbeyſchaffung des Kriegs-Geraͤthes und der Lebensmittel genug zu ſchaffen haͤtten; ſon- dern er waͤre auch der Verkuͤrtzung der Zahl- meiſter/ der Verſchwendung der Kriegs-O- berſten/ und andern ſo vielen Unterſchlieffen unterworffen: daß die ſcharffſichtigſte Auffſicht der redlichſten Befehlhaber ſelbten zu ſteuern viel zu unvermoͤgend waͤre. Das alleraͤrgſte a- ber waͤre: daß ſo denn unter denen Fahnen un- zehlbare blinde Luͤcken blieben/ und dem Feld- herrn tauſend nie in der Welt geweſte Und in- ge/ oder die Nahmen der laͤngſt Verſtorbenen fuͤr Kriegsleute verkaufft/ derſelben Sold in fremde Beutel geſtrichen/ und durch dieſe Blendung die Fuͤrſten eines auff den Rollen ſtarcken/ im Felde aber ſchwachen Heeres zu unvernuͤnfftigen und hoͤchſtſchaͤdlichen Ent- ſchluͤſſungen verleitet wuͤrden. Welcher Be- trug hingegen mit Benehmung der Gelegen- heit von dem Solde ſchnoͤden Gewinn zu ma- chen hinfiele/ und alſo viel heilſamer waͤre: weñ ein Kriegs-Heer nur mit auskommentlichen Le- bensmitteln Kleidern und Waffen verſorgt; die tapffern aber wegen ihrer Verdienſte an- ſehnlich belohnet; und derogeſtalt nichts min- der die feigen von den Hertzhafften unterſchie- den/ als die tugendhafften durch andereꝛ Hervor- zuͤckung zu Nachthuung gleichmaͤßiger Hel- denthaten angereitzt werden. Dieſe Eyver- ſucht iſt der beſte Sporn zu groſſen Verrich- tungen/ und die Ehre der wuͤrdigſte Sold der Kriegs-Leute; unter denen die Edelſten ſo begie- rig nach einem Krantze von eichenem Laube o- der Lorber-Zweigen geſtrebt haben: daß ſie auch vergeſſen die zu ihrem Begraͤbniſſe noͤthige Un- koſten zu hinterlegen. Auff dieſe Art zahlete auch der großmuͤthige Brennus ſein ſiegendes Kriegs-Volck aus/ durch welches er ihm nach obiger Niederlage mit weniger Muͤh nicht nur das Land vom Fluſſe Utis biß an den Strom Aeſis/ ſondern auch die Umbrier unterwuͤrf- fig machte; welche einem ſo groſſen Helden zu gehorſamen ehe fuͤr Gluͤck als Verluſt hielten. Alſo iſt auch in Feinden die Tugend ein Ma- gnet der Gewogenheit/ und eine Bezauberung der Seelen. Brennus baute zum Gedaͤcht- niſſe an dem Meer-Strand bey dem Einfluſ- ſe des Miſus-Stroms/ eine Stadt/ und nennte ſie nach ſeinem Volcke Semnogallien; befe- ſtigte ſeine neue Herrſchafft mit Gerechtigkeit/ und erlangte in Jtalien fuͤr allen andern Haͤu- ptern das groͤſte Anſehen. Dieſes veranla- ſte einen Hetruriſchen Edelmann aus der Stadt Cluſium/ Aruntes: daß er zum Bren- nus kam/ und ſo wohl wider den Rath wegen verſagten Rechtes/ als wider ſeinen Pflege- Sohn Lucumon/ der ſein Ehebette beſudelt hatte/ Rache und Huͤlffe ſoderte. Brennus aͤrgerte ſich nach ſeiner deutſchen Art ſo wohl uͤber ein-als dem andern Laſter; als bey wel- chem die Straffe der verſehrten Keuſchheit auf der Ferſen folget/ und unnachlaͤßlich iſt; und niemand wie die zu Cluſium/ aus dem Ehe- bruche ein Gelaͤchter macht. Gleichwohl a- ber ſchickte er nach Cluſium/ und verlangte den Lucumar entweder nach aller Voͤlcker Rech- ten zu ſtraffen/ oder ihn ihm ausfolgen zu laſ- ſen. A a a a a 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/803
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 737[743]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/803>, abgerufen am 22.07.2024.