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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Fünfftes Buch
[Spaltenumbruch] der Minerva Priesterinnen ihren Auffenthalt
haben/ und aß daselbst mit ihnen dicke Milch
aus dem Eylande Salamis/ auser welcher sie
keine sonst essen dorfften. Allenthalben em-
pfiengen August und Livia fast göttliche Ehren-
bezeugungen; wordurch Athen aber so viel zu
wege brachte/ daß den Morgen darauf August
dieser Stadt auf Liviens Vorbitte alles wieder
gab/ was er ihr vorher darum entzogen hatte/
daß sie dem Antonius so sehr waren zugethan ge-
west. Denn weil die Weiber insgemein am
herrschsüchtigsten sind/ geben sie denen Liebkosen-
den am liebsten Gehöre; sintemal doch der Heu-
cheley das denen Herrschenden angenehme La-
ster der Dienstbarkeit im Busen steckt. Fol-
genden Tag wurden alle Tempel in Athen/
und darunter auch der des Bacchus/ welchen
man doch nur des Jahres einmal öffnete/ aufge-
sperrt/ und in iedem sein gröstes Feyer gehalten/
gleich als wenn alle auf diesen Tag eingefallen
wären. Jn dem Tempel des Olympischen
Jupiters/ welcher ein Achttheil einer Meilwe-
ges im Umkreisse hat/ und zwar seiner Grösse
halber in sechs hundert Jahren nicht hat aus ge-
bauet werden können/ aber wegen seiner un-
schätzbaren Bilder/ und des an Gold und Helf-
fenbein verhandenen Uberflusses ein rechtes
Wunder der Welt ist/ wurden hundert Ochsen/
in dem Heiligthume der Agroterischen Diana
fünf hundert Böcke geopffert/ welches sonst nur
an dem Tage der erhaltenen Marathonischen
Schlacht geschiehet. Jn einem vom Egeus
gebauten Tempel der himmlischen Venus/ dar-
innen ihr vom Phidias gemachtes Wunderbild
stand/ schlachtete man hundert Pfauen/ im an-
dern fünf hundert Tauben/ und zehn tausend
Sperlinge/ im Tempel des Esculapius zwey
hundert Hähne/ in dem des Mars hundert
Hunde/ in dem Heiligthume des Saturn und
der Rhea drey Scythische Knaben. Jn dem herr-
lichen Triclinion/ darinnen auf einer Seite ein
Gastmahl der Götter/ auf der andern Seite der
[Spaltenumbruch] alten Griechen in weissem Marmel aufs künst-
lichste erhöhet ist/ ward allen Fremdlingen eine
offene Taffel gedeckt; in dem auff einem Ey-
rundten Hügel nach gleicher Art erbautem
Schauplatze/ welchen niemand ohne Verwun-
derung iemals gesehen hat/ wurden allerhand
Rennen gehalten. Jm Spatzier-Saale des
Elevtherischen Jupiters waren alle denen Per-
sen für Alters abgenommene Waffen auffge-
henckt/ welche Sylla nicht mit nach Rom ge-
führet hatte. Jm Spatzier-Gange des Atta-
lus hegte man allerhand Spiele/ im Thraconi-
schen theilte man iederman Mehl aus. Jn dem
Schauplatze Odeon/ welches Ariston für der
Syllanischen Belägerung eingerissen/ Ario-
barzanes König in Cappadocien aber auf eigene
Kosten wieder erbaut hatte/ kämpfften die be-
rühmtesten Sänger und Saiten-Spieler mit
einander um den Preiß. Jm grossen Schau-
platze des Bacchus/ welcher der erste in der Welt
gewesen seyn soll/ wurden die auserlesensten
Lustspiele des Aristophanes/ des Alepis und
Cleodemus/ welche letztern zwey für Freuden
wegen erlangten Preisses ihrer fürgestellten
Schauspiele gestorben/ gesungen. Der Schall
der Redend- und Singenden bethörte aller Zu-
hörer Ohren/ und die Lufft aller Zuschauer Na-
sen. Denn in etlichen Hölen des Schaupla-
tzes waren in wol abgemessener Ferne ertztene
Gefässe gesetzt/ welche den darein fallenden
Schall annehmlich verstärckten. Und die o-
ben auf den Zinnen des Schauplatzes stehenden
Alabaster-Bilder des Menanders/ welcher
hundert und fünf/ Euripidens/ der funftzig
Schauspiele geschrieben/ und vieler anderer be-
rühmten Tichter bisamten durch einen aus klei-
nen Silber-Röhren gespritzten Thau den gan-
tzen Schauplatz ein. Bey der Jthonischen
Pforte neben dem von den Amazonen gebauten
Tempel/ wo Theseus mit ihnen geschlagen hat-
te/ wald auf Amazonische Art ein Kampf/ bey
dem Tempel des Vulcan und der blauäugich-

ten

Fuͤnfftes Buch
[Spaltenumbruch] der Minerva Prieſterinnen ihren Auffenthalt
haben/ und aß daſelbſt mit ihnen dicke Milch
aus dem Eylande Salamis/ auſer welcher ſie
keine ſonſt eſſen dorfften. Allenthalben em-
pfiengen Auguſt und Livia faſt goͤttliche Ehren-
bezeugungen; wordurch Athen aber ſo viel zu
wege brachte/ daß den Morgen darauf Auguſt
dieſer Stadt auf Liviens Vorbitte alles wieder
gab/ was er ihr vorher darum entzogen hatte/
daß ſie dem Antonius ſo ſehr waren zugethan ge-
weſt. Denn weil die Weiber insgemein am
herꝛſchſuͤchtigſten ſind/ geben ſie denen Liebkoſen-
den am liebſten Gehoͤre; ſintemal doch der Heu-
cheley das denen Herrſchenden angenehme La-
ſter der Dienſtbarkeit im Buſen ſteckt. Fol-
genden Tag wurden alle Tempel in Athen/
und darunter auch der des Bacchus/ welchen
man doch nur des Jahres einmal oͤffnete/ aufge-
ſperrt/ und in iedem ſein groͤſtes Feyer gehalten/
gleich als wenn alle auf dieſen Tag eingefallen
waͤren. Jn dem Tempel des Olympiſchen
Jupiters/ welcher ein Achttheil einer Meilwe-
ges im Umkreiſſe hat/ und zwar ſeiner Groͤſſe
halber in ſechs hundert Jahren nicht hat aus ge-
bauet werden koͤnnen/ aber wegen ſeiner un-
ſchaͤtzbaren Bilder/ und des an Gold und Helf-
fenbein verhandenen Uberfluſſes ein rechtes
Wunder der Welt iſt/ wurden hundert Ochſen/
in dem Heiligthume der Agroteriſchen Diana
fuͤnf hundert Boͤcke geopffert/ welches ſonſt nur
an dem Tage der erhaltenen Marathoniſchen
Schlacht geſchiehet. Jn einem vom Egeus
gebauten Tempel der himmliſchen Venus/ dar-
innen ihr vom Phidias gemachtes Wunderbild
ſtand/ ſchlachtete man hundert Pfauen/ im an-
dern fuͤnf hundert Tauben/ und zehn tauſend
Sperlinge/ im Tempel des Eſculapius zwey
hundert Haͤhne/ in dem des Mars hundert
Hunde/ in dem Heiligthume des Saturn und
der Rhea drey Scythiſche Knaben. Jn dem herr-
lichen Triclinion/ darinnen auf einer Seite ein
Gaſtmahl der Goͤtter/ auf der andern Seite der
[Spaltenumbruch] alten Griechen in weiſſem Marmel aufs kuͤnſt-
lichſte erhoͤhet iſt/ ward allen Fremdlingen eine
offene Taffel gedeckt; in dem auff einem Ey-
rundten Huͤgel nach gleicher Art erbautem
Schauplatze/ welchen niemand ohne Verwun-
derung iemals geſehen hat/ wurden allerhand
Rennen gehalten. Jm Spatzier-Saale des
Elevtheriſchen Jupiters waren alle denen Per-
ſen fuͤr Alters abgenommene Waffen auffge-
henckt/ welche Sylla nicht mit nach Rom ge-
fuͤhret hatte. Jm Spatzier-Gange des Atta-
lus hegte man allerhand Spiele/ im Thraconi-
ſchen theilte man iederman Mehl aus. Jn dem
Schauplatze Odeon/ welches Ariſton fuͤr der
Syllaniſchen Belaͤgerung eingeriſſen/ Ario-
barzanes Koͤnig in Cappadocien aber auf eigene
Koſten wieder erbaut hatte/ kaͤmpfften die be-
ruͤhmteſten Saͤnger und Saiten-Spieler mit
einander um den Preiß. Jm groſſen Schau-
platze des Bacchus/ welcher der erſte in der Welt
geweſen ſeyn ſoll/ wurden die auserleſenſten
Luſtſpiele des Ariſtophanes/ des Alepis und
Cleodemus/ welche letztern zwey fuͤr Freuden
wegen erlangten Preiſſes ihrer fuͤrgeſtellten
Schauſpiele geſtorben/ geſungen. Der Schall
der Redend- und Singenden bethoͤrte aller Zu-
hoͤrer Ohren/ und die Lufft aller Zuſchauer Na-
ſen. Denn in etlichen Hoͤlen des Schaupla-
tzes waren in wol abgemeſſener Ferne ertztene
Gefaͤſſe geſetzt/ welche den darein fallenden
Schall annehmlich verſtaͤrckten. Und die o-
ben auf den Zinnen des Schauplatzes ſtehenden
Alabaſter-Bilder des Menanders/ welcher
hundert und fuͤnf/ Euripidens/ der funftzig
Schauſpiele geſchrieben/ und vieler anderer be-
ruͤhmten Tichter biſamten durch einen aus klei-
nen Silber-Roͤhren geſpritzten Thau den gan-
tzen Schauplatz ein. Bey der Jthoniſchen
Pforte neben dem von den Amazonen gebauten
Tempel/ wo Theſeus mit ihnen geſchlagen hat-
te/ wald auf Amazoniſche Art ein Kampf/ bey
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 688. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/744>, abgerufen am 23.11.2024.