Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] mit viel tausend umschwermenden Seelen ange-
füllet/ die Vielheit der Götter gelehret/ und sie in
Zahlen verwandelt; am allermeisten aber mit den
albern Egyptiern die Welt mit der Wanderung
der Seelen in andere menschliche und viehische
Leiber bethöret hat; vorgebende: daß nachden die
Seele sich einmal aus dem Gestirne in einen irr-
dischen Leib herab gelassen hätte/ müste sie durch
allerhand andere Leiber herum wandern/ biß sie
nach 3000. Jahren/ oder dem grossen Welt-Jahre/
wieder in ihren ersten Leib und vorigen Circkel
komme/ endlich aber nach einer sehr langen Zeit
sich mit ihren Flügeln wieder zu ihrem Gestirne
empor schwinge. Diese Wanderschafft geschehe
aber nach der Beschaffenheit des guten und bösen
Verhaltens/ also: daß die Frommen entweder in
eine andere menschliche/ oder in heiliger Thiere/
die Bösen aber in unreiner Thiere Leiber sich ver-
fügten. Also rühmte sich Pythagoras: Seine
Seele wäre anfänglich in einem Pfauen gewest/
hernach in Euphorbus/ von dar in Homerus/
und so fort Pyrrhus/ Eleus/ endlich in seinen
damaligen Leib gefahren; weßwegen er auch zu
Delphis noch eigentlich scinen dahin gewiedme-
ten Schild erkennet hätte; und sich erinnerte:
wie er in der Hölle den an eine ertztene Säule
angefesselten Hesiodus/ und des Homerus an
einen Baum gehenckte und mit Schlangen um-
gebene Seele gesehen. Gleicher gestalt wäre
die Seele des Orpheus in einen Schwan/ des
Thamyras in eine Lerche/ des Telamonischen
Ajax in einen Löwen (in welcher Gestalt auch
einst König Amasis soll erkennet worden seyn)
Agamemnons in einen Adler gediegen. Der
Weltweisen ihre kämen in Bienen/ der Redner
in Nachtigaln/ umb sich auch nach dem Tode an
der Anmuth und Süssigkeit zu sättigen. Wel-
che aber nur dem Göttlichen Erkäntnüsse obge-
legen/ würden unmittelbar zu Engeln. Auch
wäre diese Umbirrung ihnen keine Straffe/
sondern eine Ehre und Vergnügung; nachdem
die heiligen Seelen auch in der wilden Thiere
[Spaltenumbruch] Leibern ihrem Vaterlande wohlthäten/ die Erd-
Kugel umbreiseten/ und das Thun der Men-
schen beobachteten/ ja die Götter selbst in heilige
Thiere sich zu verfügen nicht scheueten. Hin-
gegen würden die Zornigen in Schlangen/ die
Geitzigen in Wölffe/ die Betrüger in Füchse/
die Hoffärtigen in Pfauen/ die Neidischen in
Hunde/ die Unzüchtigen in Schweine/ die grau-
samen in Crocodile/ die Faulen in Esel/ die
Rauber in Raub - Vögel/ einige Seelen auch
wohl gar/ nach der Lehre des Empedocles/ in
Bäume und Pflantzen verdammet. Ob nun
wohl die Egyptischen Priester eben dieses den
albern Pöfel und die leichtglaubigen Ausländer
überredet/ also daß dieser Jrrthum nicht nur
gantz Morgenland eingenommen/ auch unsere
Einfältigen die glückseligsten Seelen in Küh-
Häuten eingeschlossen zu seyn vermeynen/ son-
dern auch vom Zamolxis zu den Geten/ von den
Druyden in Gallien/ und auch in Deutschland
gebracht worden; so haben doch die Priester ih-
nen etwas mit Fleiß weiß gemacht/ was sie
selbst nicht geglaubt/ auch von unsern Vor-
fahren nicht gelernet; oder sie selbst haben die
Lehre des Hermes und Zoroasters als unserer
Schüler übel verstanden; oder nachdem sie die
Unsterbligkeit der Seelen/ und daß die From-
men nach dem Tode ergetzt/ die Bösen gepei-
nigt werden solten/ gestehen müssen/ nicht ge-
wüßt/ was sie denen Seelen für einen Aufent-
halt zueignen/ oder einem Geiste für äuserlichen
Zwang anthun solten; diß/ was wir verblüm-
ter Weise geredet/ und die Griechen zum Theil
selbst unter der Zauber-Ruthe Circens und der
Ulyssischen Geferten fürgebildet/ wie nehmlich
der Mensch durch seine unvernünftige Begier-
den/ durch Unterdrückung der Vernunfft/ von
dem Kitzel äuserlichen Sinnen sich selbst zum
Viehe mache/ wesentlich angenommen/ und die
Spreu für den Weitzen erkieset/ wiewohl auch
einige unter ihnen nur die Wanderung der
Seelen in andere Menschen/ nicht aber in das

Vieh
P p p p 2

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] mit viel tauſend umſchwermendẽ Seelen ange-
fuͤllet/ die Vielheit der Goͤtter gelehret/ und ſie in
Zahlen verwandelt; am allermeiſtẽ aber mit den
albern Egyptiern die Welt mit der Wanderung
der Seelen in andere menſchliche und viehiſche
Leiber bethoͤret hat; vorgebende: daß nachdẽ die
Seele ſich einmal aus dem Geſtirne in einen irr-
diſchen Leib herab gelaſſen haͤtte/ muͤſte ſie durch
allerhand andere Leiber herum wandern/ biß ſie
nach 3000. Jahrẽ/ oder dem groſſẽ Welt-Jahre/
wieder in ihren erſten Leib und vorigen Circkel
komme/ endlich aber nach einer ſehr langen Zeit
ſich mit ihren Fluͤgeln wieder zu ihrem Geſtirne
empor ſchwinge. Dieſe Wanderſchafft geſchehe
aber nach der Beſchaffenheit des guten und boͤſen
Verhaltens/ alſo: daß die From̃en entweder in
eine andere menſchliche/ oder in heiliger Thiere/
die Boͤſẽ aber in unreiner Thiere Leiber ſich ver-
fuͤgten. Alſo ruͤhmte ſich Pythagoras: Seine
Seele waͤre anfaͤnglich in einem Pfauen geweſt/
hernach in Euphorbus/ von dar in Homerus/
und ſo fort Pyrrhus/ Eleus/ endlich in ſeinen
damaligen Leib gefahren; weßwegen er auch zu
Delphis noch eigentlich ſcinen dahin gewiedme-
ten Schild erkennet haͤtte; und ſich erinnerte:
wie er in der Hoͤlle den an eine ertztene Saͤule
angefeſſelten Heſiodus/ und des Homerus an
einen Baum gehenckte und mit Schlangen um-
gebene Seele geſehen. Gleicher geſtalt waͤre
die Seele des Orpheus in einen Schwan/ des
Thamyras in eine Lerche/ des Telamoniſchen
Ajax in einen Loͤwen (in welcher Geſtalt auch
einſt Koͤnig Amaſis ſoll erkennet worden ſeyn)
Agamemnons in einen Adler gediegen. Der
Weltweiſen ihre kaͤmen in Bienen/ der Redner
in Nachtigaln/ umb ſich auch nach dem Tode an
der Anmuth und Suͤſſigkeit zu ſaͤttigen. Wel-
che aber nur dem Goͤttlichen Erkaͤntnuͤſſe obge-
legen/ wuͤrden unmittelbar zu Engeln. Auch
waͤre dieſe Umbirrung ihnen keine Straffe/
ſondern eine Ehre und Vergnuͤgung; nachdem
die heiligen Seelen auch in der wilden Thiere
[Spaltenumbruch] Leibern ihrem Vaterlande wohlthaͤten/ die Erd-
Kugel umbreiſeten/ und das Thun der Men-
ſchen beobachteten/ ja die Goͤtter ſelbſt in heilige
Thiere ſich zu verfuͤgen nicht ſcheueten. Hin-
gegen wuͤrden die Zornigen in Schlangen/ die
Geitzigen in Woͤlffe/ die Betruͤger in Fuͤchſe/
die Hoffaͤrtigen in Pfauen/ die Neidiſchen in
Hunde/ die Unzuͤchtigen in Schweine/ die grau-
ſamen in Crocodile/ die Faulen in Eſel/ die
Rauber in Raub - Voͤgel/ einige Seelen auch
wohl gar/ nach der Lehre des Empedocles/ in
Baͤume und Pflantzen verdammet. Ob nun
wohl die Egyptiſchen Prieſter eben dieſes den
albern Poͤfel und die leichtglaubigen Auslaͤnder
uͤberredet/ alſo daß dieſer Jrrthum nicht nur
gantz Morgenland eingenommen/ auch unſere
Einfaͤltigen die gluͤckſeligſten Seelen in Kuͤh-
Haͤuten eingeſchloſſen zu ſeyn vermeynen/ ſon-
dern auch vom Zamolxis zu den Geten/ von den
Druyden in Gallien/ und auch in Deutſchland
gebracht worden; ſo haben doch die Prieſter ih-
nen etwas mit Fleiß weiß gemacht/ was ſie
ſelbſt nicht geglaubt/ auch von unſern Vor-
fahren nicht gelernet; oder ſie ſelbſt haben die
Lehre des Hermes und Zoroaſters als unſerer
Schuͤler uͤbel verſtanden; oder nachdem ſie die
Unſterbligkeit der Seelen/ und daß die From-
men nach dem Tode ergetzt/ die Boͤſen gepei-
nigt werden ſolten/ geſtehen muͤſſen/ nicht ge-
wuͤßt/ was ſie denen Seelen fuͤr einen Aufent-
halt zueignen/ oder einem Geiſte fuͤr aͤuſerlichen
Zwang anthun ſolten; diß/ was wir verbluͤm-
ter Weiſe geredet/ und die Griechen zum Theil
ſelbſt unter der Zauber-Ruthe Circens und der
Ulyſſiſchen Geferten fuͤrgebildet/ wie nehmlich
der Menſch durch ſeine unvernuͤnftige Begier-
den/ durch Unterdruͤckung der Vernunfft/ von
dem Kitzel aͤuſerlichen Sinnen ſich ſelbſt zum
Viehe mache/ weſentlich angenommen/ und die
Spreu fuͤr den Weitzen erkieſet/ wiewohl auch
einige unter ihnen nur die Wanderung der
Seelen in andere Menſchen/ nicht aber in das

Vieh
P p p p 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0723" n="667"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/>
mit viel tau&#x017F;end um&#x017F;chwermende&#x0303; Seelen ange-<lb/>
fu&#x0364;llet/ die Vielheit der Go&#x0364;tter gelehret/ und &#x017F;ie in<lb/>
Zahlen verwandelt; am allermei&#x017F;te&#x0303; aber mit den<lb/>
albern Egyptiern die Welt mit der Wanderung<lb/>
der Seelen in andere men&#x017F;chliche und viehi&#x017F;che<lb/>
Leiber betho&#x0364;ret hat; vorgebende: daß nachde&#x0303; die<lb/>
Seele &#x017F;ich einmal aus dem Ge&#x017F;tirne in einen irr-<lb/>
di&#x017F;chen Leib herab gela&#x017F;&#x017F;en ha&#x0364;tte/ mu&#x0364;&#x017F;te &#x017F;ie durch<lb/>
allerhand andere Leiber herum wandern/ biß &#x017F;ie<lb/>
nach 3000. Jahre&#x0303;/ oder dem gro&#x017F;&#x017F;e&#x0303; Welt-Jahre/<lb/>
wieder in ihren er&#x017F;ten Leib und vorigen Circkel<lb/>
komme/ endlich aber nach einer &#x017F;ehr langen Zeit<lb/>
&#x017F;ich mit ihren Flu&#x0364;geln wieder zu ihrem Ge&#x017F;tirne<lb/>
empor &#x017F;chwinge. Die&#x017F;e Wander&#x017F;chafft ge&#x017F;chehe<lb/>
aber nach der Be&#x017F;chaffenheit des guten und bo&#x0364;&#x017F;en<lb/>
Verhaltens/ al&#x017F;o: daß die From&#x0303;en entweder in<lb/>
eine andere men&#x017F;chliche/ oder in heiliger Thiere/<lb/>
die Bo&#x0364;&#x017F;e&#x0303; aber in unreiner Thiere Leiber &#x017F;ich ver-<lb/>
fu&#x0364;gten. Al&#x017F;o ru&#x0364;hmte &#x017F;ich Pythagoras: Seine<lb/>
Seele wa&#x0364;re anfa&#x0364;nglich in einem Pfauen gewe&#x017F;t/<lb/>
hernach in Euphorbus/ von dar in Homerus/<lb/>
und &#x017F;o fort Pyrrhus/ Eleus/ endlich in &#x017F;einen<lb/>
damaligen Leib gefahren; weßwegen er auch zu<lb/>
Delphis noch eigentlich &#x017F;cinen dahin gewiedme-<lb/>
ten Schild erkennet ha&#x0364;tte; und &#x017F;ich erinnerte:<lb/>
wie er in der Ho&#x0364;lle den an eine ertztene Sa&#x0364;ule<lb/>
angefe&#x017F;&#x017F;elten He&#x017F;iodus/ und des Homerus an<lb/>
einen Baum gehenckte und mit Schlangen um-<lb/>
gebene Seele ge&#x017F;ehen. Gleicher ge&#x017F;talt wa&#x0364;re<lb/>
die Seele des Orpheus in einen Schwan/ des<lb/>
Thamyras in eine Lerche/ des Telamoni&#x017F;chen<lb/>
Ajax in einen Lo&#x0364;wen (in welcher Ge&#x017F;talt auch<lb/>
ein&#x017F;t Ko&#x0364;nig Ama&#x017F;is &#x017F;oll erkennet worden &#x017F;eyn)<lb/>
Agamemnons in einen Adler gediegen. Der<lb/>
Weltwei&#x017F;en ihre ka&#x0364;men in Bienen/ der Redner<lb/>
in Nachtigaln/ umb &#x017F;ich auch nach dem Tode an<lb/>
der Anmuth und Su&#x0364;&#x017F;&#x017F;igkeit zu &#x017F;a&#x0364;ttigen. Wel-<lb/>
che aber nur dem Go&#x0364;ttlichen Erka&#x0364;ntnu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e obge-<lb/>
legen/ wu&#x0364;rden unmittelbar zu Engeln. Auch<lb/>
wa&#x0364;re die&#x017F;e Umbirrung ihnen keine Straffe/<lb/>
&#x017F;ondern eine Ehre und Vergnu&#x0364;gung; nachdem<lb/>
die heiligen Seelen auch in der wilden Thiere<lb/><cb/>
Leibern ihrem Vaterlande wohltha&#x0364;ten/ die Erd-<lb/>
Kugel umbrei&#x017F;eten/ und das Thun der Men-<lb/>
&#x017F;chen beobachteten/ ja die Go&#x0364;tter &#x017F;elb&#x017F;t in heilige<lb/>
Thiere &#x017F;ich zu verfu&#x0364;gen nicht &#x017F;cheueten. Hin-<lb/>
gegen wu&#x0364;rden die Zornigen in Schlangen/ die<lb/>
Geitzigen in Wo&#x0364;lffe/ die Betru&#x0364;ger in Fu&#x0364;ch&#x017F;e/<lb/>
die Hoffa&#x0364;rtigen in Pfauen/ die Neidi&#x017F;chen in<lb/>
Hunde/ die Unzu&#x0364;chtigen in Schweine/ die grau-<lb/>
&#x017F;amen in Crocodile/ die Faulen in E&#x017F;el/ die<lb/>
Rauber in Raub - Vo&#x0364;gel/ einige Seelen auch<lb/>
wohl gar/ nach der Lehre des Empedocles/ in<lb/>
Ba&#x0364;ume und Pflantzen verdammet. Ob nun<lb/>
wohl die Egypti&#x017F;chen Prie&#x017F;ter eben die&#x017F;es den<lb/>
albern Po&#x0364;fel und die leichtglaubigen Ausla&#x0364;nder<lb/>
u&#x0364;berredet/ al&#x017F;o daß die&#x017F;er Jrrthum nicht nur<lb/>
gantz Morgenland eingenommen/ auch un&#x017F;ere<lb/>
Einfa&#x0364;ltigen die glu&#x0364;ck&#x017F;elig&#x017F;ten Seelen in Ku&#x0364;h-<lb/>
Ha&#x0364;uten einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en zu &#x017F;eyn vermeynen/ &#x017F;on-<lb/>
dern auch vom Zamolxis zu den Geten/ von den<lb/>
Druyden in Gallien/ und auch in Deut&#x017F;chland<lb/>
gebracht worden; &#x017F;o haben doch die Prie&#x017F;ter ih-<lb/>
nen etwas mit Fleiß weiß gemacht/ was &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t nicht geglaubt/ auch von un&#x017F;ern Vor-<lb/>
fahren nicht gelernet; oder &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t haben die<lb/>
Lehre des Hermes und Zoroa&#x017F;ters als un&#x017F;erer<lb/>
Schu&#x0364;ler u&#x0364;bel ver&#x017F;tanden; oder nachdem &#x017F;ie die<lb/>
Un&#x017F;terbligkeit der Seelen/ und daß die From-<lb/>
men nach dem Tode ergetzt/ die Bo&#x0364;&#x017F;en gepei-<lb/>
nigt werden &#x017F;olten/ ge&#x017F;tehen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ nicht ge-<lb/>
wu&#x0364;ßt/ was &#x017F;ie denen Seelen fu&#x0364;r einen Aufent-<lb/>
halt zueignen/ oder einem Gei&#x017F;te fu&#x0364;r a&#x0364;u&#x017F;erlichen<lb/>
Zwang anthun &#x017F;olten; diß/ was wir verblu&#x0364;m-<lb/>
ter Wei&#x017F;e geredet/ und die Griechen zum Theil<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t unter der Zauber-Ruthe Circens und der<lb/>
Uly&#x017F;&#x017F;i&#x017F;chen Geferten fu&#x0364;rgebildet/ wie nehmlich<lb/>
der Men&#x017F;ch durch &#x017F;eine unvernu&#x0364;nftige Begier-<lb/>
den/ durch Unterdru&#x0364;ckung der Vernunfft/ von<lb/>
dem Kitzel a&#x0364;u&#x017F;erlichen Sinnen &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t zum<lb/>
Viehe mache/ we&#x017F;entlich angenommen/ und die<lb/>
Spreu fu&#x0364;r den Weitzen erkie&#x017F;et/ wiewohl auch<lb/>
einige unter ihnen nur die Wanderung der<lb/>
Seelen in andere Men&#x017F;chen/ nicht aber in das<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">P p p p 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Vieh</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[667/0723] Arminius und Thußnelda. mit viel tauſend umſchwermendẽ Seelen ange- fuͤllet/ die Vielheit der Goͤtter gelehret/ und ſie in Zahlen verwandelt; am allermeiſtẽ aber mit den albern Egyptiern die Welt mit der Wanderung der Seelen in andere menſchliche und viehiſche Leiber bethoͤret hat; vorgebende: daß nachdẽ die Seele ſich einmal aus dem Geſtirne in einen irr- diſchen Leib herab gelaſſen haͤtte/ muͤſte ſie durch allerhand andere Leiber herum wandern/ biß ſie nach 3000. Jahrẽ/ oder dem groſſẽ Welt-Jahre/ wieder in ihren erſten Leib und vorigen Circkel komme/ endlich aber nach einer ſehr langen Zeit ſich mit ihren Fluͤgeln wieder zu ihrem Geſtirne empor ſchwinge. Dieſe Wanderſchafft geſchehe aber nach der Beſchaffenheit des guten und boͤſen Verhaltens/ alſo: daß die From̃en entweder in eine andere menſchliche/ oder in heiliger Thiere/ die Boͤſẽ aber in unreiner Thiere Leiber ſich ver- fuͤgten. Alſo ruͤhmte ſich Pythagoras: Seine Seele waͤre anfaͤnglich in einem Pfauen geweſt/ hernach in Euphorbus/ von dar in Homerus/ und ſo fort Pyrrhus/ Eleus/ endlich in ſeinen damaligen Leib gefahren; weßwegen er auch zu Delphis noch eigentlich ſcinen dahin gewiedme- ten Schild erkennet haͤtte; und ſich erinnerte: wie er in der Hoͤlle den an eine ertztene Saͤule angefeſſelten Heſiodus/ und des Homerus an einen Baum gehenckte und mit Schlangen um- gebene Seele geſehen. Gleicher geſtalt waͤre die Seele des Orpheus in einen Schwan/ des Thamyras in eine Lerche/ des Telamoniſchen Ajax in einen Loͤwen (in welcher Geſtalt auch einſt Koͤnig Amaſis ſoll erkennet worden ſeyn) Agamemnons in einen Adler gediegen. Der Weltweiſen ihre kaͤmen in Bienen/ der Redner in Nachtigaln/ umb ſich auch nach dem Tode an der Anmuth und Suͤſſigkeit zu ſaͤttigen. Wel- che aber nur dem Goͤttlichen Erkaͤntnuͤſſe obge- legen/ wuͤrden unmittelbar zu Engeln. Auch waͤre dieſe Umbirrung ihnen keine Straffe/ ſondern eine Ehre und Vergnuͤgung; nachdem die heiligen Seelen auch in der wilden Thiere Leibern ihrem Vaterlande wohlthaͤten/ die Erd- Kugel umbreiſeten/ und das Thun der Men- ſchen beobachteten/ ja die Goͤtter ſelbſt in heilige Thiere ſich zu verfuͤgen nicht ſcheueten. Hin- gegen wuͤrden die Zornigen in Schlangen/ die Geitzigen in Woͤlffe/ die Betruͤger in Fuͤchſe/ die Hoffaͤrtigen in Pfauen/ die Neidiſchen in Hunde/ die Unzuͤchtigen in Schweine/ die grau- ſamen in Crocodile/ die Faulen in Eſel/ die Rauber in Raub - Voͤgel/ einige Seelen auch wohl gar/ nach der Lehre des Empedocles/ in Baͤume und Pflantzen verdammet. Ob nun wohl die Egyptiſchen Prieſter eben dieſes den albern Poͤfel und die leichtglaubigen Auslaͤnder uͤberredet/ alſo daß dieſer Jrrthum nicht nur gantz Morgenland eingenommen/ auch unſere Einfaͤltigen die gluͤckſeligſten Seelen in Kuͤh- Haͤuten eingeſchloſſen zu ſeyn vermeynen/ ſon- dern auch vom Zamolxis zu den Geten/ von den Druyden in Gallien/ und auch in Deutſchland gebracht worden; ſo haben doch die Prieſter ih- nen etwas mit Fleiß weiß gemacht/ was ſie ſelbſt nicht geglaubt/ auch von unſern Vor- fahren nicht gelernet; oder ſie ſelbſt haben die Lehre des Hermes und Zoroaſters als unſerer Schuͤler uͤbel verſtanden; oder nachdem ſie die Unſterbligkeit der Seelen/ und daß die From- men nach dem Tode ergetzt/ die Boͤſen gepei- nigt werden ſolten/ geſtehen muͤſſen/ nicht ge- wuͤßt/ was ſie denen Seelen fuͤr einen Aufent- halt zueignen/ oder einem Geiſte fuͤr aͤuſerlichen Zwang anthun ſolten; diß/ was wir verbluͤm- ter Weiſe geredet/ und die Griechen zum Theil ſelbſt unter der Zauber-Ruthe Circens und der Ulyſſiſchen Geferten fuͤrgebildet/ wie nehmlich der Menſch durch ſeine unvernuͤnftige Begier- den/ durch Unterdruͤckung der Vernunfft/ von dem Kitzel aͤuſerlichen Sinnen ſich ſelbſt zum Viehe mache/ weſentlich angenommen/ und die Spreu fuͤr den Weitzen erkieſet/ wiewohl auch einige unter ihnen nur die Wanderung der Seelen in andere Menſchen/ nicht aber in das Vieh P p p p 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/723
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 667. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/723>, abgerufen am 23.11.2024.