Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] theils die zeugende/ theils die empfangende
Krafft der fruchtbaren Natur andächtig fürbil-
dete. Am allerwenigsten aber wäre sich zu ver-
wundern/ daß sie sich so sehr für Speisung des
Rindfleisches enteuserten/ welches so vielen
Völckern ein göttliches Vorbild gegeben hätte;
nach dem auch die Juden lieber stürben/ als von
Schweinen nur wegen ihrer Unreinigkeit spei-
seten/ Sostrates und andere hätten ihr Lebetage
sich alles Fleisches enthalten/ und mit Milch
vergnüget/ weil sie gesehen/ daß weder das
Fleisch zur Nahrung dienlich wäre/ noch die
Natur uns mit einigen zum Fleisch-Essen ge-
schickten Werckzeugen geschaffen hätte. Zeno
berichtete hierauf: Er hätte bey dieser Gelegen-
heit dem Brahman einen Einwurff gethan/
daß sie aber auch keines andern Thieres Fleisch
zu essen pflegten/ ob diese denn alle göttliche
Bilder wären? So könte er auch nicht begreif-
fen/ warum die Brahminen des Tages nur ein-
mal/ und zwar mit keinem Menschen/ ja so gar
mit ihren eigenen Ehweibern/ die eines an-
dern Geschlechts wären/ nicht speiseten/ noch
ihre Gefässe brauchten/ oder doch im Nothfalle
das Wasser daraus in ihren Mund ohne Be-
rührung der Lippen schütteten/ und so gar den
König selbst ihrem Essen nicht zuschauen liessen.
Worauf ihm Zarmar geantwortet hätte: Wol-
te Gott! unsere Natur vertrüge/ daß wir gar
nicht essen dörfften/ wormit der Leib mit der Zeit
die Seele nicht wegen der ihm durch Ubermaß
angefügten Feindschafft verklagen dörffte/ hin-
gegen man Gott täglich mit Fasten dienen kön-
te. Denn wie Gott der Trunckenheit und
Schwelgerey todt-feind ist/ also daß/ vermöge
eines alten Gefetzes/ ein iedes Weib bey uns ei-
nen trunckenen König nicht allein unsträflich
tödtet/ sondern auch dem folgenden Könige
zur Belohnung vermählet wird; also ist Gott
ein nüchterner Mund/ und ein andächtiges
Hertze das annehmlichste Heiligthum. Wel-
[Spaltenumbruch] ches auch euer Empedockes verstanden/ welcher
allezeit zu fasten rieth/ so offt ein Mensch was
übels gethan hatte/ oder in Nöthen steckte. Ja
die bey euch das Feyer der reichen Ceres bege-
hen/ müssen ihr für ihren Uberfluß mit Fasten
dienen. Zu dem hat Gott dem allerersten
Menschen ein Gesetze gegeben/ daß er sich des
Fleisches enthalten/ und nur von Feldfrüchten
leben solte. Unsere Einsamkeit aber rühret aus
keiner Hoffarth her/ sondern es dienet uns zu
steter Erinnerung/ daß die/ welche allein Gott
zu dienen gewiedmet seyn/ nicht viel Gemein-
schafft mit Weltgesinnten haben sollen. Denn
die Gemüther der Sterblichen bleiben leichter
an irrdischer Wollust/ als die Vogel an der
Leimruthe kleben. Die Mücke fleucht in das
Feuer/ ob sie gleich darinn eingeäschert wird/
und der Fisch greisset nach der Angel/ ob gleich
nur ein Stücke Aas daran klebt/ und es ihm
das Leben kostet. Und warum halten auch bey
euch unterschiedene Völcker die für unrein/ die
nur eine Leiche anrühren? Warum dörffen die
Priester des Jupiters zu Rom die Bohnen/ weil
man sie zu Todten-Mahlzeiten und Leichen-
bestattungen gebrauchte/ weder anrühren noch
nennen? Glaube aber/ daß niemand mehr todt
sey/ als in dem die Begierde Gott unaufhörlich
zu dienen erkaltet ist. Dannenhero müssen un-
sere sündigen Pereaes ihre Brunnen und Häu-
ser mit Todtenbeinen bezeichnen; wormit selbte
iederman fliehe/ und niemand sich auch nur
durch ihr Wasser/ oder den Schatten ihres Da-
ches verunreinige. Und zu Memphis habe
ich selbst wahrgenommen/ daß die/ welche mit
Schweinen umgehen/ weder die Tempel/ noch
die Wohnungen der Priester betreten dörffen.
Uberdiß verträgt auch unser bey der Mahlzeit
gewöhnlicher Dienst so wenig/ als die Kost keine
Gemeinschafft der Unwissenden. Wir selbst
müssen uns mit Jsop und Springwasser
reinigen/ unsere Stirne zur Erinnerung

der

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] theils die zeugende/ theils die empfangende
Krafft der fruchtbaren Natur andaͤchtig fuͤrbil-
dete. Am allerwenigſten aber waͤre ſich zu ver-
wundern/ daß ſie ſich ſo ſehr fuͤr Speiſung des
Rindfleiſches enteuſerten/ welches ſo vielen
Voͤlckern ein goͤttliches Vorbild gegeben haͤtte;
nach dem auch die Juden lieber ſtuͤrben/ als von
Schweinen nur wegen ihrer Unreinigkeit ſpei-
ſeten/ Soſtrates und andere haͤtten ihr Lebetage
ſich alles Fleiſches enthalten/ und mit Milch
vergnuͤget/ weil ſie geſehen/ daß weder das
Fleiſch zur Nahrung dienlich waͤre/ noch die
Natur uns mit einigen zum Fleiſch-Eſſen ge-
ſchickten Werckzeugen geſchaffen haͤtte. Zeno
berichtete hierauf: Er haͤtte bey dieſer Gelegen-
heit dem Brahman einen Einwurff gethan/
daß ſie aber auch keines andern Thieres Fleiſch
zu eſſen pflegten/ ob dieſe denn alle goͤttliche
Bilder waͤren? So koͤnte er auch nicht begreif-
fen/ warum die Brahminen des Tages nur ein-
mal/ und zwar mit keinem Menſchen/ ja ſo gar
mit ihren eigenen Ehweibern/ die eines an-
dern Geſchlechts waͤren/ nicht ſpeiſeten/ noch
ihre Gefaͤſſe brauchten/ oder doch im Nothfalle
das Waſſer daraus in ihren Mund ohne Be-
ruͤhrung der Lippen ſchuͤtteten/ und ſo gar den
Koͤnig ſelbſt ihrem Eſſen nicht zuſchauen lieſſen.
Worauf ihm Zarmar geantwortet haͤtte: Wol-
te Gott! unſere Natur vertruͤge/ daß wir gar
nicht eſſen doͤrfften/ wormit der Leib mit der Zeit
die Seele nicht wegen der ihm durch Ubermaß
angefuͤgten Feindſchafft verklagen doͤrffte/ hin-
gegen man Gott taͤglich mit Faſten dienen koͤn-
te. Denn wie Gott der Trunckenheit und
Schwelgerey todt-feind iſt/ alſo daß/ vermoͤge
eines alten Gefetzes/ ein iedes Weib bey uns ei-
nen trunckenen Koͤnig nicht allein unſtraͤflich
toͤdtet/ ſondern auch dem folgenden Koͤnige
zur Belohnung vermaͤhlet wird; alſo iſt Gott
ein nuͤchterner Mund/ und ein andaͤchtiges
Hertze das annehmlichſte Heiligthum. Wel-
[Spaltenumbruch] ches auch euer Empedockes verſtanden/ welcher
allezeit zu faſten rieth/ ſo offt ein Menſch was
uͤbels gethan hatte/ oder in Noͤthen ſteckte. Ja
die bey euch das Feyer der reichen Ceres bege-
hen/ muͤſſen ihr fuͤr ihren Uberfluß mit Faſten
dienen. Zu dem hat Gott dem allererſten
Menſchen ein Geſetze gegeben/ daß er ſich des
Fleiſches enthalten/ und nur von Feldfruͤchten
leben ſolte. Unſere Einſamkeit aber ruͤhret aus
keiner Hoffarth her/ ſondern es dienet uns zu
ſteter Erinnerung/ daß die/ welche allein Gott
zu dienen gewiedmet ſeyn/ nicht viel Gemein-
ſchafft mit Weltgeſinnten haben ſollen. Denn
die Gemuͤther der Sterblichen bleiben leichter
an irrdiſcher Wolluſt/ als die Vogel an der
Leimruthe kleben. Die Muͤcke fleucht in das
Feuer/ ob ſie gleich darinn eingeaͤſchert wird/
und der Fiſch greiſſet nach der Angel/ ob gleich
nur ein Stuͤcke Aas daran klebt/ und es ihm
das Leben koſtet. Und warum halten auch bey
euch unterſchiedene Voͤlcker die fuͤr unrein/ die
nur eine Leiche anruͤhren? Warum doͤrffen die
Prieſter des Jupiters zu Rom die Bohnen/ weil
man ſie zu Todten-Mahlzeiten und Leichen-
beſtattungen gebrauchte/ weder anruͤhren noch
nennen? Glaube aber/ daß niemand mehr todt
ſey/ als in dem die Begierde Gott unaufhoͤrlich
zu dienen erkaltet iſt. Dannenhero muͤſſen un-
ſere ſuͤndigen Pereaes ihre Brunnen und Haͤu-
ſer mit Todtenbeinen bezeichnen; wormit ſelbte
iederman fliehe/ und niemand ſich auch nur
durch ihr Waſſer/ oder den Schatten ihres Da-
ches verunreinige. Und zu Memphis habe
ich ſelbſt wahrgenommen/ daß die/ welche mit
Schweinen umgehen/ weder die Tempel/ noch
die Wohnungen der Prieſter betreten doͤrffen.
Uberdiß vertraͤgt auch unſer bey der Mahlzeit
gewoͤhnlicher Dienſt ſo wenig/ als die Koſt keine
Gemeinſchafft der Unwiſſenden. Wir ſelbſt
muͤſſen uns mit Jſop und Springwaſſer
reinigen/ unſere Stirne zur Erinnerung

der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0719" n="662[663]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/>
theils die zeugende/ theils die empfangende<lb/>
Krafft der fruchtbaren Natur anda&#x0364;chtig fu&#x0364;rbil-<lb/>
dete. Am allerwenig&#x017F;ten aber wa&#x0364;re &#x017F;ich zu ver-<lb/>
wundern/ daß &#x017F;ie &#x017F;ich &#x017F;o &#x017F;ehr fu&#x0364;r Spei&#x017F;ung des<lb/>
Rindflei&#x017F;ches enteu&#x017F;erten/ welches &#x017F;o vielen<lb/>
Vo&#x0364;lckern ein go&#x0364;ttliches Vorbild gegeben ha&#x0364;tte;<lb/>
nach dem auch die Juden lieber &#x017F;tu&#x0364;rben/ als von<lb/>
Schweinen nur wegen ihrer Unreinigkeit &#x017F;pei-<lb/>
&#x017F;eten/ So&#x017F;trates und andere ha&#x0364;tten ihr Lebetage<lb/>
&#x017F;ich alles Flei&#x017F;ches enthalten/ und mit Milch<lb/>
vergnu&#x0364;get/ weil &#x017F;ie ge&#x017F;ehen/ daß weder das<lb/>
Flei&#x017F;ch zur Nahrung dienlich wa&#x0364;re/ noch die<lb/>
Natur uns mit einigen zum Flei&#x017F;ch-E&#x017F;&#x017F;en ge-<lb/>
&#x017F;chickten Werckzeugen ge&#x017F;chaffen ha&#x0364;tte. Zeno<lb/>
berichtete hierauf: Er ha&#x0364;tte bey die&#x017F;er Gelegen-<lb/>
heit dem Brahman einen Einwurff gethan/<lb/>
daß &#x017F;ie aber auch keines andern Thieres Flei&#x017F;ch<lb/>
zu e&#x017F;&#x017F;en pflegten/ ob die&#x017F;e denn alle go&#x0364;ttliche<lb/>
Bilder wa&#x0364;ren? So ko&#x0364;nte er auch nicht begreif-<lb/>
fen/ warum die Brahminen des Tages nur ein-<lb/>
mal/ und zwar mit keinem Men&#x017F;chen/ ja &#x017F;o gar<lb/>
mit ihren eigenen Ehweibern/ die eines an-<lb/>
dern Ge&#x017F;chlechts wa&#x0364;ren/ nicht &#x017F;pei&#x017F;eten/ noch<lb/>
ihre Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e brauchten/ oder doch im Nothfalle<lb/>
das Wa&#x017F;&#x017F;er daraus in ihren Mund ohne Be-<lb/>
ru&#x0364;hrung der Lippen &#x017F;chu&#x0364;tteten/ und &#x017F;o gar den<lb/>
Ko&#x0364;nig &#x017F;elb&#x017F;t ihrem E&#x017F;&#x017F;en nicht zu&#x017F;chauen lie&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Worauf ihm Zarmar geantwortet ha&#x0364;tte: Wol-<lb/>
te Gott! un&#x017F;ere Natur vertru&#x0364;ge/ daß wir gar<lb/>
nicht e&#x017F;&#x017F;en do&#x0364;rfften/ wormit der Leib mit der Zeit<lb/>
die Seele nicht wegen der ihm durch Ubermaß<lb/>
angefu&#x0364;gten Feind&#x017F;chafft verklagen do&#x0364;rffte/ hin-<lb/>
gegen man Gott ta&#x0364;glich mit Fa&#x017F;ten dienen ko&#x0364;n-<lb/>
te. Denn wie Gott der Trunckenheit und<lb/>
Schwelgerey todt-feind i&#x017F;t/ al&#x017F;o daß/ vermo&#x0364;ge<lb/>
eines alten Gefetzes/ ein iedes Weib bey uns ei-<lb/>
nen trunckenen Ko&#x0364;nig nicht allein un&#x017F;tra&#x0364;flich<lb/>
to&#x0364;dtet/ &#x017F;ondern auch dem folgenden Ko&#x0364;nige<lb/>
zur Belohnung verma&#x0364;hlet wird; al&#x017F;o i&#x017F;t Gott<lb/>
ein nu&#x0364;chterner Mund/ und ein anda&#x0364;chtiges<lb/>
Hertze das annehmlich&#x017F;te Heiligthum. Wel-<lb/><cb/>
ches auch euer Empedockes ver&#x017F;tanden/ welcher<lb/>
allezeit zu fa&#x017F;ten rieth/ &#x017F;o offt ein Men&#x017F;ch was<lb/>
u&#x0364;bels gethan hatte/ oder in No&#x0364;then &#x017F;teckte. Ja<lb/>
die bey euch das Feyer der reichen Ceres bege-<lb/>
hen/ mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en ihr fu&#x0364;r ihren Uberfluß mit Fa&#x017F;ten<lb/>
dienen. Zu dem hat Gott dem allerer&#x017F;ten<lb/>
Men&#x017F;chen ein Ge&#x017F;etze gegeben/ daß er &#x017F;ich des<lb/>
Flei&#x017F;ches enthalten/ und nur von Feldfru&#x0364;chten<lb/>
leben &#x017F;olte. Un&#x017F;ere Ein&#x017F;amkeit aber ru&#x0364;hret aus<lb/>
keiner Hoffarth her/ &#x017F;ondern es dienet uns zu<lb/>
&#x017F;teter Erinnerung/ daß die/ welche allein Gott<lb/>
zu dienen gewiedmet &#x017F;eyn/ nicht viel Gemein-<lb/>
&#x017F;chafft mit Weltge&#x017F;innten haben &#x017F;ollen. Denn<lb/>
die Gemu&#x0364;ther der Sterblichen bleiben leichter<lb/>
an irrdi&#x017F;cher Wollu&#x017F;t/ als die Vogel an der<lb/>
Leimruthe kleben. Die Mu&#x0364;cke fleucht in das<lb/>
Feuer/ ob &#x017F;ie gleich darinn eingea&#x0364;&#x017F;chert wird/<lb/>
und der Fi&#x017F;ch grei&#x017F;&#x017F;et nach der Angel/ ob gleich<lb/>
nur ein Stu&#x0364;cke Aas daran klebt/ und es ihm<lb/>
das Leben ko&#x017F;tet. Und warum halten auch bey<lb/>
euch unter&#x017F;chiedene Vo&#x0364;lcker die fu&#x0364;r unrein/ die<lb/>
nur eine Leiche anru&#x0364;hren? Warum do&#x0364;rffen die<lb/>
Prie&#x017F;ter des Jupiters zu Rom die Bohnen/ weil<lb/>
man &#x017F;ie zu Todten-Mahlzeiten und Leichen-<lb/>
be&#x017F;tattungen gebrauchte/ weder anru&#x0364;hren noch<lb/>
nennen? Glaube aber/ daß niemand mehr todt<lb/>
&#x017F;ey/ als in dem die Begierde Gott unaufho&#x0364;rlich<lb/>
zu dienen erkaltet i&#x017F;t. Dannenhero mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en un-<lb/>
&#x017F;ere &#x017F;u&#x0364;ndigen Pereaes ihre Brunnen und Ha&#x0364;u-<lb/>
&#x017F;er mit Todtenbeinen bezeichnen; wormit &#x017F;elbte<lb/>
iederman fliehe/ und niemand &#x017F;ich auch nur<lb/>
durch ihr Wa&#x017F;&#x017F;er/ oder den Schatten ihres Da-<lb/>
ches verunreinige. Und zu Memphis habe<lb/>
ich &#x017F;elb&#x017F;t wahrgenommen/ daß die/ welche mit<lb/>
Schweinen umgehen/ weder die Tempel/ noch<lb/>
die Wohnungen der Prie&#x017F;ter betreten do&#x0364;rffen.<lb/>
Uberdiß vertra&#x0364;gt auch un&#x017F;er bey der Mahlzeit<lb/>
gewo&#x0364;hnlicher Dien&#x017F;t &#x017F;o wenig/ als die Ko&#x017F;t keine<lb/>
Gemein&#x017F;chafft der Unwi&#x017F;&#x017F;enden. Wir &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en uns mit J&#x017F;op und Springwa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
reinigen/ un&#x017F;ere Stirne zur Erinnerung<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[662[663]/0719] Arminius und Thußnelda. theils die zeugende/ theils die empfangende Krafft der fruchtbaren Natur andaͤchtig fuͤrbil- dete. Am allerwenigſten aber waͤre ſich zu ver- wundern/ daß ſie ſich ſo ſehr fuͤr Speiſung des Rindfleiſches enteuſerten/ welches ſo vielen Voͤlckern ein goͤttliches Vorbild gegeben haͤtte; nach dem auch die Juden lieber ſtuͤrben/ als von Schweinen nur wegen ihrer Unreinigkeit ſpei- ſeten/ Soſtrates und andere haͤtten ihr Lebetage ſich alles Fleiſches enthalten/ und mit Milch vergnuͤget/ weil ſie geſehen/ daß weder das Fleiſch zur Nahrung dienlich waͤre/ noch die Natur uns mit einigen zum Fleiſch-Eſſen ge- ſchickten Werckzeugen geſchaffen haͤtte. Zeno berichtete hierauf: Er haͤtte bey dieſer Gelegen- heit dem Brahman einen Einwurff gethan/ daß ſie aber auch keines andern Thieres Fleiſch zu eſſen pflegten/ ob dieſe denn alle goͤttliche Bilder waͤren? So koͤnte er auch nicht begreif- fen/ warum die Brahminen des Tages nur ein- mal/ und zwar mit keinem Menſchen/ ja ſo gar mit ihren eigenen Ehweibern/ die eines an- dern Geſchlechts waͤren/ nicht ſpeiſeten/ noch ihre Gefaͤſſe brauchten/ oder doch im Nothfalle das Waſſer daraus in ihren Mund ohne Be- ruͤhrung der Lippen ſchuͤtteten/ und ſo gar den Koͤnig ſelbſt ihrem Eſſen nicht zuſchauen lieſſen. Worauf ihm Zarmar geantwortet haͤtte: Wol- te Gott! unſere Natur vertruͤge/ daß wir gar nicht eſſen doͤrfften/ wormit der Leib mit der Zeit die Seele nicht wegen der ihm durch Ubermaß angefuͤgten Feindſchafft verklagen doͤrffte/ hin- gegen man Gott taͤglich mit Faſten dienen koͤn- te. Denn wie Gott der Trunckenheit und Schwelgerey todt-feind iſt/ alſo daß/ vermoͤge eines alten Gefetzes/ ein iedes Weib bey uns ei- nen trunckenen Koͤnig nicht allein unſtraͤflich toͤdtet/ ſondern auch dem folgenden Koͤnige zur Belohnung vermaͤhlet wird; alſo iſt Gott ein nuͤchterner Mund/ und ein andaͤchtiges Hertze das annehmlichſte Heiligthum. Wel- ches auch euer Empedockes verſtanden/ welcher allezeit zu faſten rieth/ ſo offt ein Menſch was uͤbels gethan hatte/ oder in Noͤthen ſteckte. Ja die bey euch das Feyer der reichen Ceres bege- hen/ muͤſſen ihr fuͤr ihren Uberfluß mit Faſten dienen. Zu dem hat Gott dem allererſten Menſchen ein Geſetze gegeben/ daß er ſich des Fleiſches enthalten/ und nur von Feldfruͤchten leben ſolte. Unſere Einſamkeit aber ruͤhret aus keiner Hoffarth her/ ſondern es dienet uns zu ſteter Erinnerung/ daß die/ welche allein Gott zu dienen gewiedmet ſeyn/ nicht viel Gemein- ſchafft mit Weltgeſinnten haben ſollen. Denn die Gemuͤther der Sterblichen bleiben leichter an irrdiſcher Wolluſt/ als die Vogel an der Leimruthe kleben. Die Muͤcke fleucht in das Feuer/ ob ſie gleich darinn eingeaͤſchert wird/ und der Fiſch greiſſet nach der Angel/ ob gleich nur ein Stuͤcke Aas daran klebt/ und es ihm das Leben koſtet. Und warum halten auch bey euch unterſchiedene Voͤlcker die fuͤr unrein/ die nur eine Leiche anruͤhren? Warum doͤrffen die Prieſter des Jupiters zu Rom die Bohnen/ weil man ſie zu Todten-Mahlzeiten und Leichen- beſtattungen gebrauchte/ weder anruͤhren noch nennen? Glaube aber/ daß niemand mehr todt ſey/ als in dem die Begierde Gott unaufhoͤrlich zu dienen erkaltet iſt. Dannenhero muͤſſen un- ſere ſuͤndigen Pereaes ihre Brunnen und Haͤu- ſer mit Todtenbeinen bezeichnen; wormit ſelbte iederman fliehe/ und niemand ſich auch nur durch ihr Waſſer/ oder den Schatten ihres Da- ches verunreinige. Und zu Memphis habe ich ſelbſt wahrgenommen/ daß die/ welche mit Schweinen umgehen/ weder die Tempel/ noch die Wohnungen der Prieſter betreten doͤrffen. Uberdiß vertraͤgt auch unſer bey der Mahlzeit gewoͤhnlicher Dienſt ſo wenig/ als die Koſt keine Gemeinſchafft der Unwiſſenden. Wir ſelbſt muͤſſen uns mit Jſop und Springwaſſer reinigen/ unſere Stirne zur Erinnerung der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/719
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 662[663]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/719>, abgerufen am 23.11.2024.