Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Fünfftes Buch
[Spaltenumbruch] schwinde Reuterey machte ihnen auf allen Sei-
ten genugsam zu schaffen. Derogestalt war das
Glücke biß in die sinckende Nacht durch beyder
Heere Tapfferkeit gefäßelt/ daß seine Wage
weder auf ein-noch das andere Theil einen Aus-
schlag gab/ sondern/ nachdem iedes einen Bo-
genschuß zurücke gezogen/ auff der Wallstadt
gegeneinander stehen blieben; wiewohl die Scy-
then durch Erlegung etlicher dreißig Elephanten
einen grossen Vortheil erlangt zu haben vermein-
ten. Um Mitternacht begunte ein starcker
Nordwind zu wehen/ daher wich Huhansien
mit seiner Schlacht-Ordnung dahin ab/ theils
gegen den Feind den Wind zu gewinnen/ theils
auch die Morgen-Sonne aus den Augen zu
kriegen. Alle Serer aber versteckte er in das
Gebürge unter Scythischen/ wiewol auch Se-
risch gekleideten Kriegs-Häuptern/ welche zu
rechter Zeit den Jndianern in die Seite fal-
len solten. Diese wurden noch des Nachts des
von den Scythen gesuchten Vortheils gewahr/
und also kam es/ ehe es noch tagete/ zum neuen
Gefechte. Alleine die Scythen behaupteten
den Wind/ der ihre Pfeile mit grösserm Nach-
drucke auff die Jndianer zu; dieser ihre aber auff
sie selbst zurücke trieb. Ja er schmiß den häuf-
figen Sand und Staub so wohl den Menschen
als Elephanten so sehr in die Augen/ daß sie ehe
die tödtlichen Streiche von den Scythischen Se-
beln empfunden/ als ihren Feind zu Gesichte be-
kamen. Nichts destoweniger that Pirimal und
seine hertzhaffte Gemahlin das eusserste die ihri-
gen mit ihrem Beyspiel und Worten in festem
Stande zu erhalten/ und die Menge ihres
Krieges-Volcks vermochte allezeit mit frischen
Hauffen die Lücken der Fallenden zu ersetzen.
Jnsonderheit kam dem Pirimal die von dem
Cyrus auch gegen den Crösus glücklich ange-
wehrte Kriegs-List nicht wenig zu statten; da er
gegen die unvergleichliche Reuterey der Scy-
then/ welche bey vollem Rennen sich biß zur Er-
de bücken/ und ihre verschossene Spiesse oder
[Spaltenumbruch] Pfeile wieder auffheben kan/ etliche tausend auff
Kamele gesetzte Bactrianer herfür rücken ließ.
Weil nun die Pferde die Kamele weder rüchen
noch sehen können/ geriethen die Scythen in nicht
geringe Unordnung; denn auch die edelsten Pfer-
de der Scythischen Fürsten/ welche über ihre
Ankunfft wie der Adel über seiner Ahnen Ge-
schlechts-Register halten; ja auch Huhansien
selbst konten ihre edelsten Pferde/ welche sonst mit
einem seidenen Faden zu leiten waren/ nicht bän-
digen/ und an der Schnure halten. Huhansi-
en ließ zwar alsofort ein Theil des Serischen
Fuß-Volcks darzwischen rücken; Aber dieses
würde gegen die viel stärckern Jndianer nicht
lange getauert haben/ wenn nicht ein Scythi-
scher Oberster durch eine andere Kriegs-List der
feindlichen abgeholffen/ und durch Herbeyho-
lung zweyer gezähmten Löwen alle Kamele
schüchtern gemacht/ und in die Flucht getrieben
hätte. Hiermit kriegte die Reiterey wieder Lufft/
und gegen dem Mittag gerieth einem Scythen
im lincken Flügel ein so glücklicher Streich/ daß
er der Königin weissen Elephanten in rechten
Vorder-Schenckel verletzte/ worvon er zu Bo-
dem fiel. Wiewohl dieser hertzhafte Edelmann diß
Glücke mit seinem Lebenbezahlen muste. Denn
der Elephant schlug ihn mit der Schnautze zu
Bodem. Die Königin selbst tödtete ihn durch ei-
nen Pfeil von ihrem Bogen; hingegen senckten
sich alle bey diesem Flügel fechtende Elephanten
zu grossem Unglück der Jndianer auff die Erde/
sintemahl sie gewohnt waren/ dem weissen Ele-
fanten als ihrer Königin alles nachzuthun. Wel-
che Abrichtung seinem Bedüncken nach so schäd-
lich wäre/ als die übrige Zubereitung der Pfer-
de; wordurch die Sybariten auff einen Tag
schier gar vertilget worden/ nachdem ihre schlau-
en Feinde mitten in der Schlacht die angewohn-
ten Saitenspiele hören liessen/ die Pferde aber
statt des Kampffes zu tantzen anfingen. Die
Verwirrung des rechten Flügels/ und die Ge-
fängniß der Königin/ welche die Jndianer ver-

gebens

Fuͤnfftes Buch
[Spaltenumbruch] ſchwinde Reuterey machte ihnen auf allen Sei-
ten genugſam zu ſchaffen. Derogeſtalt war das
Gluͤcke biß in die ſinckende Nacht durch beyder
Heere Tapfferkeit gefaͤßelt/ daß ſeine Wage
weder auf ein-noch das andere Theil einen Aus-
ſchlag gab/ ſondern/ nachdem iedes einen Bo-
genſchuß zuruͤcke gezogen/ auff der Wallſtadt
gegeneinander ſtehen blieben; wiewohl die Scy-
then durch Erlegung etlicher dreißig Elephanten
einen groſſẽ Vortheil erlangt zu haben vermein-
ten. Um Mitternacht begunte ein ſtarcker
Nordwind zu wehen/ daher wich Huhanſien
mit ſeiner Schlacht-Ordnung dahin ab/ theils
gegen den Feind den Wind zu gewinnen/ theils
auch die Morgen-Sonne aus den Augen zu
kriegen. Alle Serer aber verſteckte er in das
Gebuͤrge unter Scythiſchen/ wiewol auch Se-
riſch gekleideten Kriegs-Haͤuptern/ welche zu
rechter Zeit den Jndianern in die Seite fal-
len ſolten. Dieſe wurden noch des Nachts des
von den Scythen geſuchten Vortheils gewahr/
und alſo kam es/ ehe es noch tagete/ zum neuen
Gefechte. Alleine die Scythen behaupteten
den Wind/ der ihre Pfeile mit groͤſſerm Nach-
drucke auff die Jndianer zu; dieſer ihre aber auff
ſie ſelbſt zuruͤcke trieb. Ja er ſchmiß den haͤuf-
figen Sand und Staub ſo wohl den Menſchen
als Elephanten ſo ſehr in die Augen/ daß ſie ehe
die toͤdtlichen Streiche von den Scythiſchen Se-
beln empfunden/ als ihren Feind zu Geſichte be-
kamen. Nichts deſtoweniger that Pirimal und
ſeine hertzhaffte Gemahlin das euſſerſte die ihri-
gen mit ihrem Beyſpiel und Worten in feſtem
Stande zu erhalten/ und die Menge ihres
Krieges-Volcks vermochte allezeit mit friſchen
Hauffen die Luͤcken der Fallenden zu erſetzen.
Jnſonderheit kam dem Pirimal die von dem
Cyrus auch gegen den Croͤſus gluͤcklich ange-
wehrte Kriegs-Liſt nicht wenig zu ſtatten; da er
gegen die unvergleichliche Reuterey der Scy-
then/ welche bey vollem Rennen ſich biß zur Er-
de buͤcken/ und ihre verſchoſſene Spieſſe oder
[Spaltenumbruch] Pfeile wieder auffheben kan/ etliche tauſend auff
Kamele geſetzte Bactrianer herfuͤr ruͤcken ließ.
Weil nun die Pferde die Kamele weder ruͤchen
noch ſehen koͤñen/ geriethen die Scythen in nicht
geringe Unordnung; deñ auch die edelſten Pfer-
de der Scythiſchen Fuͤrſten/ welche uͤber ihre
Ankunfft wie der Adel uͤber ſeiner Ahnen Ge-
ſchlechts-Regiſter halten; ja auch Huhanſien
ſelbſt konten ihre edelſten Pferde/ welche ſonſt mit
einem ſeidenen Faden zu leiten waren/ nicht baͤn-
digen/ und an der Schnure halten. Huhanſi-
en ließ zwar alſofort ein Theil des Seriſchen
Fuß-Volcks darzwiſchen ruͤcken; Aber dieſes
wuͤrde gegen die viel ſtaͤrckern Jndianer nicht
lange getauert haben/ wenn nicht ein Scythi-
ſcher Oberſter durch eine andere Kriegs-Liſt der
feindlichen abgeholffen/ und durch Herbeyho-
lung zweyer gezaͤhmten Loͤwen alle Kamele
ſchuͤchtern gemacht/ und in die Flucht getrieben
haͤtte. Hiermit kriegte die Reiterey wieder Lufft/
und gegen dem Mittag gerieth einem Scythen
im lincken Fluͤgel ein ſo gluͤcklicher Streich/ daß
er der Koͤnigin weiſſen Elephanten in rechten
Vorder-Schenckel verletzte/ worvon er zu Bo-
dem fiel. Wiewohl dieſer hertzhafte Edelmañ diß
Gluͤcke mit ſeinem Lebenbezahlen muſte. Denn
der Elephant ſchlug ihn mit der Schnautze zu
Bodem. Die Koͤnigin ſelbſt toͤdtete ihn durch ei-
nen Pfeil von ihrem Bogen; hingegen ſenckten
ſich alle bey dieſem Fluͤgel fechtende Elephanten
zu groſſem Ungluͤck der Jndianer auff die Erde/
ſintemahl ſie gewohnt waren/ dem weiſſen Ele-
fanten als ihrer Koͤnigin alles nachzuthun. Wel-
che Abrichtung ſeinem Beduͤncken nach ſo ſchaͤd-
lich waͤre/ als die uͤbrige Zubereitung der Pfer-
de; wordurch die Sybariten auff einen Tag
ſchier gar vertilget worden/ nachdem ihre ſchlau-
en Feinde mitten in der Schlacht die angewohn-
ten Saitenſpiele hoͤren lieſſen/ die Pferde aber
ſtatt des Kampffes zu tantzen anfingen. Die
Verwirrung des rechten Fluͤgels/ und die Ge-
faͤngniß der Koͤnigin/ welche die Jndianer ver-

gebens
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0706" n="650"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Fu&#x0364;nfftes Buch</hi></fw><lb/><cb/>
&#x017F;chwinde Reuterey machte ihnen auf allen Sei-<lb/>
ten genug&#x017F;am zu &#x017F;chaffen. Deroge&#x017F;talt war das<lb/>
Glu&#x0364;cke biß in die &#x017F;inckende Nacht durch beyder<lb/>
Heere Tapfferkeit gefa&#x0364;ßelt/ daß &#x017F;eine Wage<lb/>
weder auf ein-noch das andere Theil einen Aus-<lb/>
&#x017F;chlag gab/ &#x017F;ondern/ nachdem iedes einen Bo-<lb/>
gen&#x017F;chuß zuru&#x0364;cke gezogen/ auff der Wall&#x017F;tadt<lb/>
gegeneinander &#x017F;tehen blieben; wiewohl die Scy-<lb/>
then durch Erlegung etlicher dreißig Elephanten<lb/>
einen gro&#x017F;&#x017F;e&#x0303; Vortheil erlangt zu haben vermein-<lb/>
ten. Um Mitternacht begunte ein &#x017F;tarcker<lb/>
Nordwind zu wehen/ daher wich Huhan&#x017F;ien<lb/>
mit &#x017F;einer Schlacht-Ordnung dahin ab/ theils<lb/>
gegen den Feind den Wind zu gewinnen/ theils<lb/>
auch die Morgen-Sonne aus den Augen zu<lb/>
kriegen. Alle Serer aber ver&#x017F;teckte er in das<lb/>
Gebu&#x0364;rge unter Scythi&#x017F;chen/ wiewol auch Se-<lb/>
ri&#x017F;ch gekleideten Kriegs-Ha&#x0364;uptern/ welche zu<lb/>
rechter Zeit den Jndianern in die Seite fal-<lb/>
len &#x017F;olten. Die&#x017F;e wurden noch des Nachts des<lb/>
von den Scythen ge&#x017F;uchten Vortheils gewahr/<lb/>
und al&#x017F;o kam es/ ehe es noch tagete/ zum neuen<lb/>
Gefechte. Alleine die Scythen behaupteten<lb/>
den Wind/ der ihre Pfeile mit gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erm Nach-<lb/>
drucke auff die Jndianer zu; die&#x017F;er ihre aber auff<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t zuru&#x0364;cke trieb. Ja er &#x017F;chmiß den ha&#x0364;uf-<lb/>
figen Sand und Staub &#x017F;o wohl den Men&#x017F;chen<lb/>
als Elephanten &#x017F;o &#x017F;ehr in die Augen/ daß &#x017F;ie ehe<lb/>
die to&#x0364;dtlichen Streiche von den Scythi&#x017F;chen Se-<lb/>
beln empfunden/ als ihren Feind zu Ge&#x017F;ichte be-<lb/>
kamen. Nichts de&#x017F;toweniger that Pirimal und<lb/>
&#x017F;eine hertzhaffte Gemahlin das eu&#x017F;&#x017F;er&#x017F;te die ihri-<lb/>
gen mit ihrem Bey&#x017F;piel und Worten in fe&#x017F;tem<lb/>
Stande zu erhalten/ und die Menge ihres<lb/>
Krieges-Volcks vermochte allezeit mit fri&#x017F;chen<lb/>
Hauffen die Lu&#x0364;cken der Fallenden zu er&#x017F;etzen.<lb/>
Jn&#x017F;onderheit kam dem Pirimal die von dem<lb/>
Cyrus auch gegen den Cro&#x0364;&#x017F;us glu&#x0364;cklich ange-<lb/>
wehrte Kriegs-Li&#x017F;t nicht wenig zu &#x017F;tatten; da er<lb/>
gegen die unvergleichliche Reuterey der Scy-<lb/>
then/ welche bey vollem Rennen &#x017F;ich biß zur Er-<lb/>
de bu&#x0364;cken/ und ihre ver&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;ene Spie&#x017F;&#x017F;e oder<lb/><cb/>
Pfeile wieder auffheben kan/ etliche tau&#x017F;end auff<lb/>
Kamele ge&#x017F;etzte Bactrianer herfu&#x0364;r ru&#x0364;cken ließ.<lb/>
Weil nun die Pferde die Kamele weder ru&#x0364;chen<lb/>
noch &#x017F;ehen ko&#x0364;n&#x0303;en/ geriethen die Scythen in nicht<lb/>
geringe Unordnung; den&#x0303; auch die edel&#x017F;ten Pfer-<lb/>
de der Scythi&#x017F;chen Fu&#x0364;r&#x017F;ten/ welche u&#x0364;ber ihre<lb/>
Ankunfft wie der Adel u&#x0364;ber &#x017F;einer Ahnen Ge-<lb/>
&#x017F;chlechts-Regi&#x017F;ter halten; ja auch Huhan&#x017F;ien<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t konten ihre edel&#x017F;ten Pferde/ welche &#x017F;on&#x017F;t mit<lb/>
einem &#x017F;eidenen Faden zu leiten waren/ nicht ba&#x0364;n-<lb/>
digen/ und an der Schnure halten. Huhan&#x017F;i-<lb/>
en ließ zwar al&#x017F;ofort ein Theil des Seri&#x017F;chen<lb/>
Fuß-Volcks darzwi&#x017F;chen ru&#x0364;cken; Aber die&#x017F;es<lb/>
wu&#x0364;rde gegen die viel &#x017F;ta&#x0364;rckern Jndianer nicht<lb/>
lange getauert haben/ wenn nicht ein Scythi-<lb/>
&#x017F;cher Ober&#x017F;ter durch eine andere Kriegs-Li&#x017F;t der<lb/>
feindlichen abgeholffen/ und durch Herbeyho-<lb/>
lung zweyer geza&#x0364;hmten Lo&#x0364;wen alle Kamele<lb/>
&#x017F;chu&#x0364;chtern gemacht/ und in die Flucht getrieben<lb/>
ha&#x0364;tte. Hiermit kriegte die Reiterey wieder Lufft/<lb/>
und gegen dem Mittag gerieth einem Scythen<lb/>
im lincken Flu&#x0364;gel ein &#x017F;o glu&#x0364;cklicher Streich/ daß<lb/>
er der Ko&#x0364;nigin wei&#x017F;&#x017F;en Elephanten in rechten<lb/>
Vorder-Schenckel verletzte/ worvon er zu Bo-<lb/>
dem fiel. Wiewohl die&#x017F;er hertzhafte Edelman&#x0303; diß<lb/>
Glu&#x0364;cke mit &#x017F;einem Lebenbezahlen mu&#x017F;te. Denn<lb/>
der Elephant &#x017F;chlug ihn mit der Schnautze zu<lb/>
Bodem. Die Ko&#x0364;nigin &#x017F;elb&#x017F;t to&#x0364;dtete ihn durch ei-<lb/>
nen Pfeil von ihrem Bogen; hingegen &#x017F;enckten<lb/>
&#x017F;ich alle bey die&#x017F;em Flu&#x0364;gel fechtende Elephanten<lb/>
zu gro&#x017F;&#x017F;em Unglu&#x0364;ck der Jndianer auff die Erde/<lb/>
&#x017F;intemahl &#x017F;ie gewohnt waren/ dem wei&#x017F;&#x017F;en Ele-<lb/>
fanten als ihrer Ko&#x0364;nigin alles nachzuthun. Wel-<lb/>
che Abrichtung &#x017F;einem Bedu&#x0364;ncken nach &#x017F;o &#x017F;cha&#x0364;d-<lb/>
lich wa&#x0364;re/ als die u&#x0364;brige Zubereitung der Pfer-<lb/>
de; wordurch die Sybariten auff einen Tag<lb/>
&#x017F;chier gar vertilget worden/ nachdem ihre &#x017F;chlau-<lb/>
en Feinde mitten in der Schlacht die angewohn-<lb/>
ten Saiten&#x017F;piele ho&#x0364;ren lie&#x017F;&#x017F;en/ die Pferde aber<lb/>
&#x017F;tatt des Kampffes zu tantzen anfingen. Die<lb/>
Verwirrung des rechten Flu&#x0364;gels/ und die Ge-<lb/>
fa&#x0364;ngniß der Ko&#x0364;nigin/ welche die Jndianer ver-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gebens</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[650/0706] Fuͤnfftes Buch ſchwinde Reuterey machte ihnen auf allen Sei- ten genugſam zu ſchaffen. Derogeſtalt war das Gluͤcke biß in die ſinckende Nacht durch beyder Heere Tapfferkeit gefaͤßelt/ daß ſeine Wage weder auf ein-noch das andere Theil einen Aus- ſchlag gab/ ſondern/ nachdem iedes einen Bo- genſchuß zuruͤcke gezogen/ auff der Wallſtadt gegeneinander ſtehen blieben; wiewohl die Scy- then durch Erlegung etlicher dreißig Elephanten einen groſſẽ Vortheil erlangt zu haben vermein- ten. Um Mitternacht begunte ein ſtarcker Nordwind zu wehen/ daher wich Huhanſien mit ſeiner Schlacht-Ordnung dahin ab/ theils gegen den Feind den Wind zu gewinnen/ theils auch die Morgen-Sonne aus den Augen zu kriegen. Alle Serer aber verſteckte er in das Gebuͤrge unter Scythiſchen/ wiewol auch Se- riſch gekleideten Kriegs-Haͤuptern/ welche zu rechter Zeit den Jndianern in die Seite fal- len ſolten. Dieſe wurden noch des Nachts des von den Scythen geſuchten Vortheils gewahr/ und alſo kam es/ ehe es noch tagete/ zum neuen Gefechte. Alleine die Scythen behaupteten den Wind/ der ihre Pfeile mit groͤſſerm Nach- drucke auff die Jndianer zu; dieſer ihre aber auff ſie ſelbſt zuruͤcke trieb. Ja er ſchmiß den haͤuf- figen Sand und Staub ſo wohl den Menſchen als Elephanten ſo ſehr in die Augen/ daß ſie ehe die toͤdtlichen Streiche von den Scythiſchen Se- beln empfunden/ als ihren Feind zu Geſichte be- kamen. Nichts deſtoweniger that Pirimal und ſeine hertzhaffte Gemahlin das euſſerſte die ihri- gen mit ihrem Beyſpiel und Worten in feſtem Stande zu erhalten/ und die Menge ihres Krieges-Volcks vermochte allezeit mit friſchen Hauffen die Luͤcken der Fallenden zu erſetzen. Jnſonderheit kam dem Pirimal die von dem Cyrus auch gegen den Croͤſus gluͤcklich ange- wehrte Kriegs-Liſt nicht wenig zu ſtatten; da er gegen die unvergleichliche Reuterey der Scy- then/ welche bey vollem Rennen ſich biß zur Er- de buͤcken/ und ihre verſchoſſene Spieſſe oder Pfeile wieder auffheben kan/ etliche tauſend auff Kamele geſetzte Bactrianer herfuͤr ruͤcken ließ. Weil nun die Pferde die Kamele weder ruͤchen noch ſehen koͤñen/ geriethen die Scythen in nicht geringe Unordnung; deñ auch die edelſten Pfer- de der Scythiſchen Fuͤrſten/ welche uͤber ihre Ankunfft wie der Adel uͤber ſeiner Ahnen Ge- ſchlechts-Regiſter halten; ja auch Huhanſien ſelbſt konten ihre edelſten Pferde/ welche ſonſt mit einem ſeidenen Faden zu leiten waren/ nicht baͤn- digen/ und an der Schnure halten. Huhanſi- en ließ zwar alſofort ein Theil des Seriſchen Fuß-Volcks darzwiſchen ruͤcken; Aber dieſes wuͤrde gegen die viel ſtaͤrckern Jndianer nicht lange getauert haben/ wenn nicht ein Scythi- ſcher Oberſter durch eine andere Kriegs-Liſt der feindlichen abgeholffen/ und durch Herbeyho- lung zweyer gezaͤhmten Loͤwen alle Kamele ſchuͤchtern gemacht/ und in die Flucht getrieben haͤtte. Hiermit kriegte die Reiterey wieder Lufft/ und gegen dem Mittag gerieth einem Scythen im lincken Fluͤgel ein ſo gluͤcklicher Streich/ daß er der Koͤnigin weiſſen Elephanten in rechten Vorder-Schenckel verletzte/ worvon er zu Bo- dem fiel. Wiewohl dieſer hertzhafte Edelmañ diß Gluͤcke mit ſeinem Lebenbezahlen muſte. Denn der Elephant ſchlug ihn mit der Schnautze zu Bodem. Die Koͤnigin ſelbſt toͤdtete ihn durch ei- nen Pfeil von ihrem Bogen; hingegen ſenckten ſich alle bey dieſem Fluͤgel fechtende Elephanten zu groſſem Ungluͤck der Jndianer auff die Erde/ ſintemahl ſie gewohnt waren/ dem weiſſen Ele- fanten als ihrer Koͤnigin alles nachzuthun. Wel- che Abrichtung ſeinem Beduͤncken nach ſo ſchaͤd- lich waͤre/ als die uͤbrige Zubereitung der Pfer- de; wordurch die Sybariten auff einen Tag ſchier gar vertilget worden/ nachdem ihre ſchlau- en Feinde mitten in der Schlacht die angewohn- ten Saitenſpiele hoͤren lieſſen/ die Pferde aber ſtatt des Kampffes zu tantzen anfingen. Die Verwirrung des rechten Fluͤgels/ und die Ge- faͤngniß der Koͤnigin/ welche die Jndianer ver- gebens

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/706
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 650. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/706>, abgerufen am 23.11.2024.