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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Fünfftes Buch
[Spaltenumbruch] schwinde Reuterey machte ihnen auf allen Sei-
ten genugsam zu schaffen. Derogestalt war das
Glücke biß in die sinckende Nacht durch beyder
Heere Tapfferkeit gefäßelt/ daß seine Wage
weder auf ein-noch das andere Theil einen Aus-
schlag gab/ sondern/ nachdem iedes einen Bo-
genschuß zurücke gezogen/ auff der Wallstadt
gegeneinander stehen blieben; wiewohl die Scy-
then durch Erlegung etlicher dreißig Elephanten
einen grossen Vortheil erlangt zu haben vermein-
ten. Um Mitternacht begunte ein starcker
Nordwind zu wehen/ daher wich Huhansien
mit seiner Schlacht-Ordnung dahin ab/ theils
gegen den Feind den Wind zu gewinnen/ theils
auch die Morgen-Sonne aus den Augen zu
kriegen. Alle Serer aber versteckte er in das
Gebürge unter Scythischen/ wiewol auch Se-
risch gekleideten Kriegs-Häuptern/ welche zu
rechter Zeit den Jndianern in die Seite fal-
len solten. Diese wurden noch des Nachts des
von den Scythen gesuchten Vortheils gewahr/
und also kam es/ ehe es noch tagete/ zum neuen
Gefechte. Alleine die Scythen behaupteten
den Wind/ der ihre Pfeile mit grösserm Nach-
drucke auff die Jndianer zu; dieser ihre aber auff
sie selbst zurücke trieb. Ja er schmiß den häuf-
figen Sand und Staub so wohl den Menschen
als Elephanten so sehr in die Augen/ daß sie ehe
die tödtlichen Streiche von den Scythischen Se-
beln empfunden/ als ihren Feind zu Gesichte be-
kamen. Nichts destoweniger that Pirimal und
seine hertzhaffte Gemahlin das eusserste die ihri-
gen mit ihrem Beyspiel und Worten in festem
Stande zu erhalten/ und die Menge ihres
Krieges-Volcks vermochte allezeit mit frischen
Hauffen die Lücken der Fallenden zu ersetzen.
Jnsonderheit kam dem Pirimal die von dem
Cyrus auch gegen den Crösus glücklich ange-
wehrte Kriegs-List nicht wenig zu statten; da er
gegen die unvergleichliche Reuterey der Scy-
then/ welche bey vollem Rennen sich biß zur Er-
de bücken/ und ihre verschossene Spiesse oder
[Spaltenumbruch] Pfeile wieder auffheben kan/ etliche tausend auff
Kamele gesetzte Bactrianer herfür rücken ließ.
Weil nun die Pferde die Kamele weder rüchen
noch sehen können/ geriethen die Scythen in nicht
geringe Unordnung; denn auch die edelsten Pfer-
de der Scythischen Fürsten/ welche über ihre
Ankunfft wie der Adel über seiner Ahnen Ge-
schlechts-Register halten; ja auch Huhansien
selbst konten ihre edelsten Pferde/ welche sonst mit
einem seidenen Faden zu leiten waren/ nicht bän-
digen/ und an der Schnure halten. Huhansi-
en ließ zwar alsofort ein Theil des Serischen
Fuß-Volcks darzwischen rücken; Aber dieses
würde gegen die viel stärckern Jndianer nicht
lange getauert haben/ wenn nicht ein Scythi-
scher Oberster durch eine andere Kriegs-List der
feindlichen abgeholffen/ und durch Herbeyho-
lung zweyer gezähmten Löwen alle Kamele
schüchtern gemacht/ und in die Flucht getrieben
hätte. Hiermit kriegte die Reiterey wieder Lufft/
und gegen dem Mittag gerieth einem Scythen
im lincken Flügel ein so glücklicher Streich/ daß
er der Königin weissen Elephanten in rechten
Vorder-Schenckel verletzte/ worvon er zu Bo-
dem fiel. Wiewohl dieser hertzhafte Edelmann diß
Glücke mit seinem Lebenbezahlen muste. Denn
der Elephant schlug ihn mit der Schnautze zu
Bodem. Die Königin selbst tödtete ihn durch ei-
nen Pfeil von ihrem Bogen; hingegen senckten
sich alle bey diesem Flügel fechtende Elephanten
zu grossem Unglück der Jndianer auff die Erde/
sintemahl sie gewohnt waren/ dem weissen Ele-
fanten als ihrer Königin alles nachzuthun. Wel-
che Abrichtung seinem Bedüncken nach so schäd-
lich wäre/ als die übrige Zubereitung der Pfer-
de; wordurch die Sybariten auff einen Tag
schier gar vertilget worden/ nachdem ihre schlau-
en Feinde mitten in der Schlacht die angewohn-
ten Saitenspiele hören liessen/ die Pferde aber
statt des Kampffes zu tantzen anfingen. Die
Verwirrung des rechten Flügels/ und die Ge-
fängniß der Königin/ welche die Jndianer ver-

gebens

Fuͤnfftes Buch
[Spaltenumbruch] ſchwinde Reuterey machte ihnen auf allen Sei-
ten genugſam zu ſchaffen. Derogeſtalt war das
Gluͤcke biß in die ſinckende Nacht durch beyder
Heere Tapfferkeit gefaͤßelt/ daß ſeine Wage
weder auf ein-noch das andere Theil einen Aus-
ſchlag gab/ ſondern/ nachdem iedes einen Bo-
genſchuß zuruͤcke gezogen/ auff der Wallſtadt
gegeneinander ſtehen blieben; wiewohl die Scy-
then durch Erlegung etlicher dreißig Elephanten
einen groſſẽ Vortheil erlangt zu haben vermein-
ten. Um Mitternacht begunte ein ſtarcker
Nordwind zu wehen/ daher wich Huhanſien
mit ſeiner Schlacht-Ordnung dahin ab/ theils
gegen den Feind den Wind zu gewinnen/ theils
auch die Morgen-Sonne aus den Augen zu
kriegen. Alle Serer aber verſteckte er in das
Gebuͤrge unter Scythiſchen/ wiewol auch Se-
riſch gekleideten Kriegs-Haͤuptern/ welche zu
rechter Zeit den Jndianern in die Seite fal-
len ſolten. Dieſe wurden noch des Nachts des
von den Scythen geſuchten Vortheils gewahr/
und alſo kam es/ ehe es noch tagete/ zum neuen
Gefechte. Alleine die Scythen behaupteten
den Wind/ der ihre Pfeile mit groͤſſerm Nach-
drucke auff die Jndianer zu; dieſer ihre aber auff
ſie ſelbſt zuruͤcke trieb. Ja er ſchmiß den haͤuf-
figen Sand und Staub ſo wohl den Menſchen
als Elephanten ſo ſehr in die Augen/ daß ſie ehe
die toͤdtlichen Streiche von den Scythiſchen Se-
beln empfunden/ als ihren Feind zu Geſichte be-
kamen. Nichts deſtoweniger that Pirimal und
ſeine hertzhaffte Gemahlin das euſſerſte die ihri-
gen mit ihrem Beyſpiel und Worten in feſtem
Stande zu erhalten/ und die Menge ihres
Krieges-Volcks vermochte allezeit mit friſchen
Hauffen die Luͤcken der Fallenden zu erſetzen.
Jnſonderheit kam dem Pirimal die von dem
Cyrus auch gegen den Croͤſus gluͤcklich ange-
wehrte Kriegs-Liſt nicht wenig zu ſtatten; da er
gegen die unvergleichliche Reuterey der Scy-
then/ welche bey vollem Rennen ſich biß zur Er-
de buͤcken/ und ihre verſchoſſene Spieſſe oder
[Spaltenumbruch] Pfeile wieder auffheben kan/ etliche tauſend auff
Kamele geſetzte Bactrianer herfuͤr ruͤcken ließ.
Weil nun die Pferde die Kamele weder ruͤchen
noch ſehen koͤñen/ geriethen die Scythen in nicht
geringe Unordnung; deñ auch die edelſten Pfer-
de der Scythiſchen Fuͤrſten/ welche uͤber ihre
Ankunfft wie der Adel uͤber ſeiner Ahnen Ge-
ſchlechts-Regiſter halten; ja auch Huhanſien
ſelbſt konten ihre edelſten Pferde/ welche ſonſt mit
einem ſeidenen Faden zu leiten waren/ nicht baͤn-
digen/ und an der Schnure halten. Huhanſi-
en ließ zwar alſofort ein Theil des Seriſchen
Fuß-Volcks darzwiſchen ruͤcken; Aber dieſes
wuͤrde gegen die viel ſtaͤrckern Jndianer nicht
lange getauert haben/ wenn nicht ein Scythi-
ſcher Oberſter durch eine andere Kriegs-Liſt der
feindlichen abgeholffen/ und durch Herbeyho-
lung zweyer gezaͤhmten Loͤwen alle Kamele
ſchuͤchtern gemacht/ und in die Flucht getrieben
haͤtte. Hiermit kriegte die Reiterey wieder Lufft/
und gegen dem Mittag gerieth einem Scythen
im lincken Fluͤgel ein ſo gluͤcklicher Streich/ daß
er der Koͤnigin weiſſen Elephanten in rechten
Vorder-Schenckel verletzte/ worvon er zu Bo-
dem fiel. Wiewohl dieſer hertzhafte Edelmañ diß
Gluͤcke mit ſeinem Lebenbezahlen muſte. Denn
der Elephant ſchlug ihn mit der Schnautze zu
Bodem. Die Koͤnigin ſelbſt toͤdtete ihn durch ei-
nen Pfeil von ihrem Bogen; hingegen ſenckten
ſich alle bey dieſem Fluͤgel fechtende Elephanten
zu groſſem Ungluͤck der Jndianer auff die Erde/
ſintemahl ſie gewohnt waren/ dem weiſſen Ele-
fanten als ihrer Koͤnigin alles nachzuthun. Wel-
che Abrichtung ſeinem Beduͤncken nach ſo ſchaͤd-
lich waͤre/ als die uͤbrige Zubereitung der Pfer-
de; wordurch die Sybariten auff einen Tag
ſchier gar vertilget worden/ nachdem ihre ſchlau-
en Feinde mitten in der Schlacht die angewohn-
ten Saitenſpiele hoͤren lieſſen/ die Pferde aber
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Verwirrung des rechten Fluͤgels/ und die Ge-
faͤngniß der Koͤnigin/ welche die Jndianer ver-

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[650/0706] Fuͤnfftes Buch ſchwinde Reuterey machte ihnen auf allen Sei- ten genugſam zu ſchaffen. Derogeſtalt war das Gluͤcke biß in die ſinckende Nacht durch beyder Heere Tapfferkeit gefaͤßelt/ daß ſeine Wage weder auf ein-noch das andere Theil einen Aus- ſchlag gab/ ſondern/ nachdem iedes einen Bo- genſchuß zuruͤcke gezogen/ auff der Wallſtadt gegeneinander ſtehen blieben; wiewohl die Scy- then durch Erlegung etlicher dreißig Elephanten einen groſſẽ Vortheil erlangt zu haben vermein- ten. Um Mitternacht begunte ein ſtarcker Nordwind zu wehen/ daher wich Huhanſien mit ſeiner Schlacht-Ordnung dahin ab/ theils gegen den Feind den Wind zu gewinnen/ theils auch die Morgen-Sonne aus den Augen zu kriegen. Alle Serer aber verſteckte er in das Gebuͤrge unter Scythiſchen/ wiewol auch Se- riſch gekleideten Kriegs-Haͤuptern/ welche zu rechter Zeit den Jndianern in die Seite fal- len ſolten. Dieſe wurden noch des Nachts des von den Scythen geſuchten Vortheils gewahr/ und alſo kam es/ ehe es noch tagete/ zum neuen Gefechte. Alleine die Scythen behaupteten den Wind/ der ihre Pfeile mit groͤſſerm Nach- drucke auff die Jndianer zu; dieſer ihre aber auff ſie ſelbſt zuruͤcke trieb. Ja er ſchmiß den haͤuf- figen Sand und Staub ſo wohl den Menſchen als Elephanten ſo ſehr in die Augen/ daß ſie ehe die toͤdtlichen Streiche von den Scythiſchen Se- beln empfunden/ als ihren Feind zu Geſichte be- kamen. Nichts deſtoweniger that Pirimal und ſeine hertzhaffte Gemahlin das euſſerſte die ihri- gen mit ihrem Beyſpiel und Worten in feſtem Stande zu erhalten/ und die Menge ihres Krieges-Volcks vermochte allezeit mit friſchen Hauffen die Luͤcken der Fallenden zu erſetzen. Jnſonderheit kam dem Pirimal die von dem Cyrus auch gegen den Croͤſus gluͤcklich ange- wehrte Kriegs-Liſt nicht wenig zu ſtatten; da er gegen die unvergleichliche Reuterey der Scy- then/ welche bey vollem Rennen ſich biß zur Er- de buͤcken/ und ihre verſchoſſene Spieſſe oder Pfeile wieder auffheben kan/ etliche tauſend auff Kamele geſetzte Bactrianer herfuͤr ruͤcken ließ. Weil nun die Pferde die Kamele weder ruͤchen noch ſehen koͤñen/ geriethen die Scythen in nicht geringe Unordnung; deñ auch die edelſten Pfer- de der Scythiſchen Fuͤrſten/ welche uͤber ihre Ankunfft wie der Adel uͤber ſeiner Ahnen Ge- ſchlechts-Regiſter halten; ja auch Huhanſien ſelbſt konten ihre edelſten Pferde/ welche ſonſt mit einem ſeidenen Faden zu leiten waren/ nicht baͤn- digen/ und an der Schnure halten. Huhanſi- en ließ zwar alſofort ein Theil des Seriſchen Fuß-Volcks darzwiſchen ruͤcken; Aber dieſes wuͤrde gegen die viel ſtaͤrckern Jndianer nicht lange getauert haben/ wenn nicht ein Scythi- ſcher Oberſter durch eine andere Kriegs-Liſt der feindlichen abgeholffen/ und durch Herbeyho- lung zweyer gezaͤhmten Loͤwen alle Kamele ſchuͤchtern gemacht/ und in die Flucht getrieben haͤtte. Hiermit kriegte die Reiterey wieder Lufft/ und gegen dem Mittag gerieth einem Scythen im lincken Fluͤgel ein ſo gluͤcklicher Streich/ daß er der Koͤnigin weiſſen Elephanten in rechten Vorder-Schenckel verletzte/ worvon er zu Bo- dem fiel. Wiewohl dieſer hertzhafte Edelmañ diß Gluͤcke mit ſeinem Lebenbezahlen muſte. Denn der Elephant ſchlug ihn mit der Schnautze zu Bodem. Die Koͤnigin ſelbſt toͤdtete ihn durch ei- nen Pfeil von ihrem Bogen; hingegen ſenckten ſich alle bey dieſem Fluͤgel fechtende Elephanten zu groſſem Ungluͤck der Jndianer auff die Erde/ ſintemahl ſie gewohnt waren/ dem weiſſen Ele- fanten als ihrer Koͤnigin alles nachzuthun. Wel- che Abrichtung ſeinem Beduͤncken nach ſo ſchaͤd- lich waͤre/ als die uͤbrige Zubereitung der Pfer- de; wordurch die Sybariten auff einen Tag ſchier gar vertilget worden/ nachdem ihre ſchlau- en Feinde mitten in der Schlacht die angewohn- ten Saitenſpiele hoͤren lieſſen/ die Pferde aber ſtatt des Kampffes zu tantzen anfingen. Die Verwirrung des rechten Fluͤgels/ und die Ge- faͤngniß der Koͤnigin/ welche die Jndianer ver- gebens

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 650. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/706>, abgerufen am 03.07.2024.