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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] stellten selbte in Schlacht-Ordnung. Pirimal/
der der Scythen Entschlüssung nicht so wohl ih-
rer Hertzhafftigkeit als einem Mangel an Le-
bensmitteln zuschrieb/ ordnete ungesäumt auch
sein unzehlbares Kriegsheer/ ob schon selbtes der
neundte Tag nach dem Neumonden war/ den die
Jndianer eben so wie den ersten/ da der Mond
zurück bleibt/ für sehr unglückselig halten/ und
dem Pirimal ein rother Sperber/ mit einem
weissen Ringe um den Hals/ von der lincken
Hand gegen der rechten/ über sein Zelt flog; ja
selbige Nacht ein Crocodil einen Elephanten/ für
dem er sich sonst so sehr gefürchtet/ getödtet hatte.
Für ieden Flügel stellte er funffzig geübte Ele-
phanten/ in der Mitten aber waren derer wohl
hundert/ und er selbst als auch seine Schwester/
die er nach der Jndianer Reichs-Gesetzen ge-
heyrathet hatte/ (die doch sonst die von dem ersten
Priester des Feuers Andsham/ bey den Baby-
loniern und Persern als ein Heiligthum einge-
führte Blutschande so sehr verdammen) liessen
sich auff zwey überaus grossen und schneeweissen
Elephanten sehen/ welche von Purpur/ Gold
und Edelgesteinen an der Sonne gleich als ein
Feuer gläntzeten/ und einem die Augen ver-
bländeten. Diese weisse Elephanten findet
man alleine und zwar selten an dem Strome
Lukiang/ die Jndianer halten sie für Könige der
andern/ sie verehren sie als etwas göttliches/ der
König selbst sucht sie offtmahls heim/ und sie
werden aus eitel güldenen Geschirren gefüt-
tert. Die sonst so behertzten Scythen bebten
anfangs für diesen gethürmten Thieren/ und de-
nen Sichel-Wagen/ welche mit ihrem Ansehen
und Erschütterung einem ein Grauen einjag-
ten. König Huhansien aber sprach den seinen
ein Hertz ein/ und erinnerte sie; wie diese Dinge
mehr das Auge fülleten/ als Nachdruck hätten.
Zwey oder dreyer Elephanten Erlegung würde
die andern scheue/ und ihren Feinden zum Fall-
brete machen. Denn sie gingen so lange auff
den Feind/ so lange ihr Leiter ihrer mächtig wä-
[Spaltenumbruch] re; nach ihrem Schrecknisse aber rennten sie die
ihrigen als blind und rasend zu Bodem. Sie
solten sich erinnern/ daß der grosse Alexander wi-
der des Porus gleichmäßige Rüstung die hertz-
hafften Scythen an die Spitze gestellt/ und
durch ihre Tugend mit einer Schlacht dem gan-
tzen Kriege ein Ende gemacht hätte. Ja als die
Macedonier für ihnen die Hände sincken lassen/
habe er mit den Scythen alleine durchzubrechen
getrauet. Jhm hätte es an Elephanten zum
Kriege so wenig gemangelt/ wenn er sie für
dienlich geachtet; er hätte sie aber als mehr
verächtlich von sich gelassen. Jhre Tugend
wäre so vielen Völckern obgelegen/ welche zum
Theil unter ihnen die Waffen trügen; wie möch-
ten sie sich nun für der langsamen Bürde unver-
nünfftiger Thiere entsetzen. Die von Ertzt sich
erschütternden Sichel-Wagen aber lägen mit
Zerbrechung eines Nagels/ oder mit Hinfal-
lung eines Pferdes zu Bodem. Endlich wären
dieses ihrer verzweiffelten Feinde letzte Kräff-
ten/ nach derer Niederlage sie nicht mehr um
den Sieg zu kämpffen/ sondern um die Ein-
theilung unschätzbarer Beute sich zu bemühen
haben würden. Wie nun beyde Kriegs-Heere
auffs beste geordnet/ insonderheit aber von mir
dieselbigen/ welche bey Mien schon die Elephan-
ten zu fällen gelernet hatten/ hierauff abson-
derlich bestellt waren/ mit dem Befehl/ daß
sie die auff dem Nacken sitzenden/ welche diese
Thiere durch einen eisernen Griffel leiteten/ mit
langen Hacken herunter zu ziehen/ die Elephan-
ten selbst mit Wurff-Spiessen hinter die Ohren
zu verletzen/ oder hinten unter dem Schwantze
in die weiche Haut die Degen zu stossen/ mit lan-
gen Beilen ihnen die Schnautzen abzuhauen/
und endlich sie mit brennenden Fackeln zu blän-
den trachten solten; gieng die Schlacht mit grau-
samen Blutstürtzen an. Die Scythen litten
anfangs von denen alles über einen Hauffen
rennenden Elephanten die gröste Noth/ die Jn-
dianer aber blendete die Sonne/ und die ge-

schwin-
Erster Theil. N n n n

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] ſtellten ſelbte in Schlacht-Ordnung. Pirimal/
der der Scythen Entſchluͤſſung nicht ſo wohl ih-
rer Hertzhafftigkeit als einem Mangel an Le-
bensmitteln zuſchrieb/ ordnete ungeſaͤumt auch
ſein unzehlbares Kriegsheer/ ob ſchon ſelbtes der
neundte Tag nach dem Neumonden waꝛ/ den die
Jndianer eben ſo wie den erſten/ da der Mond
zuruͤck bleibt/ fuͤr ſehr ungluͤckſelig halten/ und
dem Pirimal ein rother Sperber/ mit einem
weiſſen Ringe um den Hals/ von der lincken
Hand gegen der rechten/ uͤber ſein Zelt flog; ja
ſelbige Nacht ein Crocodil einen Elephanten/ fuͤr
dem er ſich ſonſt ſo ſehr gefuͤrchtet/ getoͤdtet hatte.
Fuͤr ieden Fluͤgel ſtellte er funffzig geuͤbte Ele-
phanten/ in der Mitten aber waren derer wohl
hundert/ und er ſelbſt als auch ſeine Schweſter/
die er nach der Jndianer Reichs-Geſetzen ge-
heyrathet hatte/ (die doch ſonſt die von dem erſten
Prieſter des Feuers Andsham/ bey den Baby-
loniern und Perſern als ein Heiligthum einge-
fuͤhrte Blutſchande ſo ſehr verdammen) lieſſen
ſich auff zwey uͤberaus groſſen und ſchneeweiſſen
Elephanten ſehen/ welche von Purpur/ Gold
und Edelgeſteinen an der Sonne gleich als ein
Feuer glaͤntzeten/ und einem die Augen ver-
blaͤndeten. Dieſe weiſſe Elephanten findet
man alleine und zwar ſelten an dem Strome
Lukiang/ die Jndianer halten ſie fuͤr Koͤnige der
andern/ ſie verehren ſie als etwas goͤttliches/ der
Koͤnig ſelbſt ſucht ſie offtmahls heim/ und ſie
werden aus eitel guͤldenen Geſchirren gefuͤt-
tert. Die ſonſt ſo behertzten Scythen bebten
anfangs fuͤr dieſen gethuͤrmten Thieren/ und de-
nen Sichel-Wagen/ welche mit ihrem Anſehen
und Erſchuͤtterung einem ein Grauen einjag-
ten. Koͤnig Huhanſien aber ſprach den ſeinen
ein Hertz ein/ und erinnerte ſie; wie dieſe Dinge
mehr das Auge fuͤlleten/ als Nachdruck haͤtten.
Zwey oder dreyer Elephanten Erlegung wuͤrde
die andern ſcheue/ und ihren Feinden zum Fall-
brete machen. Denn ſie gingen ſo lange auff
den Feind/ ſo lange ihr Leiter ihrer maͤchtig waͤ-
[Spaltenumbruch] re; nach ihrem Schreckniſſe aber rennten ſie die
ihrigen als blind und raſend zu Bodem. Sie
ſolten ſich erinnern/ daß der groſſe Alexander wi-
der des Porus gleichmaͤßige Ruͤſtung die hertz-
hafften Scythen an die Spitze geſtellt/ und
durch ihre Tugend mit einer Schlacht dem gan-
tzen Kriege ein Ende gemacht haͤtte. Ja als die
Macedonier fuͤr ihnen die Haͤnde ſincken laſſen/
habe er mit den Scythen alleine durchzubrechen
getrauet. Jhm haͤtte es an Elephanten zum
Kriege ſo wenig gemangelt/ wenn er ſie fuͤr
dienlich geachtet; er haͤtte ſie aber als mehr
veraͤchtlich von ſich gelaſſen. Jhre Tugend
waͤre ſo vielen Voͤlckern obgelegen/ welche zum
Theil unter ihnen die Waffen truͤgen; wie moͤch-
ten ſie ſich nun fuͤr der langſamen Buͤrde unver-
nuͤnfftiger Thiere entſetzen. Die von Ertzt ſich
erſchuͤtternden Sichel-Wagen aber laͤgen mit
Zerbrechung eines Nagels/ oder mit Hinfal-
lung eines Pferdes zu Bodem. Endlich waͤren
dieſes ihrer verzweiffelten Feinde letzte Kraͤff-
ten/ nach derer Niederlage ſie nicht mehr um
den Sieg zu kaͤmpffen/ ſondern um die Ein-
theilung unſchaͤtzbarer Beute ſich zu bemuͤhen
haben wuͤrden. Wie nun beyde Kriegs-Heere
auffs beſte geordnet/ inſonderheit aber von mir
dieſelbigen/ welche bey Mien ſchon die Elephan-
ten zu faͤllen gelernet hatten/ hierauff abſon-
derlich beſtellt waren/ mit dem Befehl/ daß
ſie die auff dem Nacken ſitzenden/ welche dieſe
Thiere durch einen eiſernen Griffel leiteten/ mit
langen Hacken herunter zu ziehen/ die Elephan-
ten ſelbſt mit Wurff-Spieſſen hinter die Ohren
zu verletzen/ oder hinten unter dem Schwantze
in die weiche Haut die Degen zu ſtoſſen/ mit lan-
gen Beilen ihnen die Schnautzen abzuhauen/
und endlich ſie mit brennenden Fackeln zu blaͤn-
den trachten ſolten; gieng die Schlacht mit grau-
ſamen Blutſtuͤrtzen an. Die Scythen litten
anfangs von denen alles uͤber einen Hauffen
rennenden Elephanten die groͤſte Noth/ die Jn-
dianer aber blendete die Sonne/ und die ge-

ſchwin-
Erſter Theil. N n n n
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 649. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/705>, abgerufen am 23.11.2024.