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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] können/ über den Fluß Sihan/ und Yao ge-
setzt/ daselbst sein ander Heer über den Saff-
ran-Fluß an sich gezogen/ und mit dieser
schrecklichen Macht die Stadt Lieyao stürmen-
der Hand/ Thienxin aber die Begräbnüß-
Stadt des grossen Fohius mit dräuen/ welchem
eben zu selber Zeit der Berg Xecu oder die stei-
nerne Drommel genennt/ zum Zeichen eines
grossen bevorstehenden Ungemachs durch sein
schrecklich Gethöne zu statten kam/ eroberte/
und als die Serer selbte zu entsetzen/ wiewol zu
spät/ ankamen/ selbige abermals aufs Haupt er-
legte. Allhier erlangte der König Nachricht
von der Ubergabe der Hauptstadt Quanchung;
Daher ließ er die Königin Syrmanis mit dem
grösten Theile des Heeres für die Stadt Ganti
an dem Flusse King rücken/ und zugleich denen
flüchtigen Serern in den Eisen liegen; Er a-
ber eilte nach der Stadt Fungziang an dem
Flusse Ping/ welche ihm die Schlüssel biß zu der
Stadt Lung entgegen schickte/ weil sich ihr ge-
wöhnlicher Glücks-Vogel/ den sie für den Ara-
bischen Fenix halten/ abermals hatte sehen las-
sen/ und ihrer Auslegung nach unter dem
Schirme Huhansiens ihnen grossen Wolstand
verkündiget. Von dar kam er in wenig Ta-
gen nach Quanchung/ von dar ich inzwischen
mich der Festungen Hoa und Jao/ ja des gan-
tzen Strichs biß an den Saffran-Fluß bemäch-
tigethatte. Er umarmte mich allhier mit gros-
ser Vergnügung/ ging auch mit mir nun nicht
mehr als mit einem fremden Fürsten/ sondern
wie mit seinem Bruder um. Aus dem Köni-
glichen Schatze hieß er mich nehmen/ was mir
gefällig wäre/ der Königin Syrmanis aber/
von welcher in etlichen Tagen die Eroberung
der Stadt Gante berichtet ward/ schickte er die
zwey köstlichen Perlen oder Steine des hellen
Monden/ mit diesen Zeilen:

Nim diese Perlen an/ du Perle dieser Welt/
Wächst und verfällt ihr Glantz gleich mit des Monden Kertze;
So zweiffle du doch nicht/ daß mein getreues Hertze
Die Farbe krafftiger als Stern und Perlen hält.
[Spaltenumbruch]

Folgenden Tag/ als Huhansien nach Qvan-
chung kam/ ward auch des in der Schlacht ge-
bliebenen Königs Juen Leiche mit Serischem
Gepränge dahin gebracht/ nur daß die Ser-
then nicht/ wie es sonst bey Beerdigung der Se-
rischen Könige bräuchlich war/ alle der Leiche
begegnende Menschen/ und andere Thiere er-
mordet hatten/ gleich als wenn man durch so viel
Tode dem Volcke ihre Könige so viel mehr zu
beweinen Ursache geben wolte; Jn welchem
Absehn der Jüdische Landvogt Herodes viel edle
Leute nach seinem Absterben zu tödten im letzten
Willen nicht unbillich verordnete/ weil seine bö-
se Thaten ihm schon wahrsagten/ daß niemand
seinetwegen ein Auge naß machen würde. Her-
tzog Herrmann fing an: Es ist diß eine abscheu-
liche Erfindung/ das ohne diß unnütze und wei-
bische Weinen über die Verstorbenen zu erwe-
cken. Und sind gegen diese verdammte An-
stalten noch dieselben Völcker/ welche mit den
sterbenden Herren Pferde und Knechte begra-
ben; ja auch Alexander zu entschuldigen/ wel-
cher aus einer über Hephestions Tode empfun-
dener Unlust seinen Artzt hencken/ alle Pferde
und Maul-Thiere bescheren/ des Esculapius
Tempel anzünden/ das Ecbatanische Schloß
verwüsten/ vieler Städte Mauern umwerffen/
und noch mehr Völcker ihm Thränen und
Weyrauch opffern ließ. Zeno fuhr fort: so
viel zu thun hätte Huhansien wol nicht Ursache
gehabt; Weil aber die Serische Könige von
undencklicher Zeit zu Quanchung ihr Begräb-
nüß in einem von eitel Cypreß-Holtze gebauten
Tempel hatten/ befahl Huhansien die kostbar
eingebalsamte Leiche auffs allerprächtigste zu
seinen Vorfahren zu begraben. Rhemetalces
fing an: Es wäre einem Sieger nichts rühm-
licher/ als seinen gefangenen Feinden gütlich/
und den Todten ihren letzten Dienst thun. Al-
so hätten der grosse Alexander den Darius köni-
glich/ Anton den Brutus/ Annibal den Mar-
cell und Emilius stattlich beerdiget. Hinge-

gen
Erster Theil. L l l l

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] koͤnnen/ uͤber den Fluß Sihan/ und Yao ge-
ſetzt/ daſelbſt ſein ander Heer uͤber den Saff-
ran-Fluß an ſich gezogen/ und mit dieſer
ſchrecklichen Macht die Stadt Lieyao ſtuͤrmen-
der Hand/ Thienxin aber die Begraͤbnuͤß-
Stadt des groſſen Fohius mit draͤuen/ welchem
eben zu ſelber Zeit der Berg Xecu oder die ſtei-
nerne Drommel genennt/ zum Zeichen eines
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ſchrecklich Gethoͤne zu ſtatten kam/ eroberte/
und als die Serer ſelbte zu entſetzen/ wiewol zu
ſpaͤt/ ankamen/ ſelbige abermals aufs Haupt er-
legte. Allhier erlangte der Koͤnig Nachricht
von der Ubergabe der Hauptſtadt Quanchung;
Daher ließ er die Koͤnigin Syrmanis mit dem
groͤſten Theile des Heeres fuͤr die Stadt Ganti
an dem Fluſſe King ruͤcken/ und zugleich denen
fluͤchtigen Serern in den Eiſen liegen; Er a-
ber eilte nach der Stadt Fungziang an dem
Fluſſe Ping/ welche ihm die Schluͤſſel biß zu der
Stadt Lung entgegen ſchickte/ weil ſich ihr ge-
woͤhnlicher Gluͤcks-Vogel/ den ſie fuͤr den Ara-
biſchen Fenix halten/ abermals hatte ſehen laſ-
ſen/ und ihrer Auslegung nach unter dem
Schirme Huhanſiens ihnen groſſen Wolſtand
verkuͤndiget. Von dar kam er in wenig Ta-
gen nach Quanchung/ von dar ich inzwiſchen
mich der Feſtungen Hoa und Jao/ ja des gan-
tzen Strichs biß an den Saffran-Fluß bemaͤch-
tigethatte. Er umarmte mich allhier mit groſ-
ſer Vergnuͤgung/ ging auch mit mir nun nicht
mehr als mit einem fremden Fuͤrſten/ ſondern
wie mit ſeinem Bruder um. Aus dem Koͤni-
glichen Schatze hieß er mich nehmen/ was mir
gefaͤllig waͤre/ der Koͤnigin Syrmanis aber/
von welcher in etlichen Tagen die Eroberung
der Stadt Gante berichtet ward/ ſchickte er die
zwey koͤſtlichen Perlen oder Steine des hellen
Monden/ mit dieſen Zeilen:

Nim dieſe Perlen an/ du Perle dieſer Welt/
Waͤchſt und verfaͤllt ihr Glantz gleich mit des Monden Kertze;
So zweiffle du doch nicht/ daß mein getreues Hertze
Die Farbe krafftiger als Stern und Perlen haͤlt.
[Spaltenumbruch]

Folgenden Tag/ als Huhanſien nach Qvan-
chung kam/ ward auch des in der Schlacht ge-
bliebenen Koͤnigs Juen Leiche mit Seriſchem
Gepraͤnge dahin gebracht/ nur daß die Ser-
then nicht/ wie es ſonſt bey Beerdigung der Se-
riſchen Koͤnige braͤuchlich war/ alle der Leiche
begegnende Menſchen/ und andere Thiere er-
mordet hatten/ gleich als wenn man durch ſo viel
Tode dem Volcke ihre Koͤnige ſo viel mehr zu
beweinen Urſache geben wolte; Jn welchem
Abſehn der Juͤdiſche Landvogt Herodes viel edle
Leute nach ſeinem Abſterben zu toͤdten im letzten
Willen nicht unbillich verordnete/ weil ſeine boͤ-
ſe Thaten ihm ſchon wahrſagten/ daß niemand
ſeinetwegen ein Auge naß machen wuͤrde. Her-
tzog Herrmann fing an: Es iſt diß eine abſcheu-
liche Erfindung/ das ohne diß unnuͤtze und wei-
biſche Weinen uͤber die Verſtorbenen zu erwe-
cken. Und ſind gegen dieſe verdammte An-
ſtalten noch dieſelben Voͤlcker/ welche mit den
ſterbenden Herren Pferde und Knechte begra-
ben; ja auch Alexander zu entſchuldigen/ wel-
cher aus einer uͤber Hepheſtions Tode empfun-
dener Unluſt ſeinen Artzt hencken/ alle Pferde
und Maul-Thiere beſcheren/ des Eſculapius
Tempel anzuͤnden/ das Ecbataniſche Schloß
verwuͤſten/ vieler Staͤdte Mauern umwerffen/
und noch mehr Voͤlcker ihm Thraͤnen und
Weyrauch opffern ließ. Zeno fuhr fort: ſo
viel zu thun haͤtte Huhanſien wol nicht Urſache
gehabt; Weil aber die Seriſche Koͤnige von
undencklicher Zeit zu Quanchung ihr Begraͤb-
nuͤß in einem von eitel Cypreß-Holtze gebauten
Tempel hatten/ befahl Huhanſien die koſtbar
eingebalſamte Leiche auffs allerpraͤchtigſte zu
ſeinen Vorfahren zu begraben. Rhemetalces
fing an: Es waͤre einem Sieger nichts ruͤhm-
licher/ als ſeinen gefangenen Feinden guͤtlich/
und den Todten ihren letzten Dienſt thun. Al-
ſo haͤtten der groſſe Alexander den Darius koͤni-
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gen
Erſter Theil. L l l l
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 633. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/689>, abgerufen am 22.11.2024.