Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
mel gebauter inwendig mit dichtem Golde über-zogener und mit vielfärbicht eingelegten Por- phiren und Agathen gepflasterter Tempel ste- het/ in welchem die Könige dieses Sophitischen Reichs für Alters gekrönet/ und für dem Wüte- rich Tein/ welcher/ umb aller seiner Vorfahren Gedächtnüß auszutilgen/ von ihm aber einen Anfang aller Geschichte zu stiften/ alle Schriff- ten und Denckmahle verbrennen lassen/ wohl 30000. Bücher von dem Priester Scyulo ver- borgen und erhalten worden. So bald er da- hin kam/ trat er mit der Fürstin Syrmanis für das Altar/ auf welchem die Priester von eitel wohlrüchendem Adler- und Zimmet-Holtze/ das ein Regenbogen berühret hatte/ ein Feuer mach- ten. Hierauf reichte er der Syrmanis eine Agtsteinerne Schale mit Weyrauch/ und er- mahnte sie/ daß sie dem grossen Himmels-Köni- ge darmit opfern solte. Syrmanis/ unwissende/ daß dieses denen Königin dieses Reiches allein zu- käme/ und selbte durch derogleichen Opferung für das Haupt des Landes erkläret würde/ streu- te den Weyrauch freymüthig in die Flamme. Die- ses war kaum geschehen/ als die mit Fleiß anher geführten theils gefangenen/ theils sich ergebenden Fürsten und Mandarinen in Suchuen der Syr- manis zu Fusse fielen/ ihre Häupter biß zur Er- de neigten/ hernach sie/ wiewohl mit helffenbei- nernen Taffeln für dem Munde/ wormit sie ihr Athem nicht berührte/ für die Königin in Su- chuen grüßten. Also nimmet man auch fremb- de Herrschafften/ nur weil sie neu sind/ mit Fro- locken an. Diesen folgten vier Scythische Fürsten/ welche die Syrmanis nahmen/ und auf einen mit unzehlbaren Edelgesteinen schim- mernden Stul hoben. König Huhansien ward von vier andern auf einen gleich über ste- henden getragen. Der Tempel erbebte von dem Frolocken des Volckes/ Syrmanis aber wuste nicht/ wie ihr geschahe/ biß nach einem Handwinck alles stille ward/ der König aber zu reden anfing: Das Glücke/ das Recht der Waf- fen/ und unsere Tugend hat uns zum Meister [Spaltenumbruch] in Suchuen gemacht. Man muß aber durch Klugheit behalten/ was man durch Tapferkeit erworben hat. Jene erfordert die Belohnung grosser Verdienste/ und eine weise Einrichtung der Ober-Herrschafft. Beydes dieses aber eignet der unvergleichlichen Syrmanis die Krone Su- chuens zu. Diese gebühret dir/ weil du dem grossen Fürsten der Scythen das Leben erhal- ten/ dem Serischen aber hertzhaftig genommen hast. Du aber wirst selber dich nicht entziehen/ weil das Verhängnüß dir übermässigen Ver- stand solche zu tragen/ und einen Helden-Geist sie zu beschützen verliehen hat. Freue dich aber nunmehr erst glückseliges Suchuen/ daß du ei- ner Königin gehorchest/ welche Saltz im Gehir- ne/ Zucker im Munde/ Feuer im Hertzen/ und den Blitz in Händen führet. Jst sie nicht von Geburt eine Königin/ so hat sie die Natur durch ihre Fähigkeit/ und die Tugend durch Verdienst hierzu gemacht. Fürstliche Hoheit und Freund- ligkeit aber sind augenscheinlich in ihr Antlitz ge- präget. Dieses annehmliche Ansehen verknüpft durch eine geheime Krafft die Hertzen der Unter- thanen ihr nicht allein zum Gehorsam/ sondern so gar die Seelen der Herrschenden zur Vereh- rung. Beglückselige dich also/ Suchuen/ mit deinem Schiffbruche/ welcher dir was bessers gegeben/ als genommen hat/ Die härtesten Donner-Schläge/ wie schrecklich sie scheinen/ zie- hen nach sich eine reiche Fruchtbarkeit. Ver- gnüge dich aber/ grosse Syrmanis/ an diesem Reiche. Einer Ceder ist zwar ein kleines Ge- fässe/ einem grossen Gemüthe aber der geringste Winckel der Welt seine Tugend auszuüben zu enge. Nichts ist für klein zu schätzen/ wo ein grosser Nahme Raum finden kan. Die Für- stin Syrmanis/ ob sie zwar dieser Begebenheit sich auf diesen Tag am wenigsten versehen hatte/ hörete den König Huhansien mit unverändertem Gesichte/ und sonder das geringste Merckmal eines verwirrt- oder frolockenden Gemüthes aus. Jhre Geberden zeigten keinen Hochmuth/ und bey aller dieser Neuigkeit schien an ihr nichts neues/
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
mel gebauter inwendig mit dichtem Golde uͤber-zogener und mit vielfaͤrbicht eingelegten Por- phiren und Agathen gepflaſterter Tempel ſte- het/ in welchem die Koͤnige dieſes Sophitiſchen Reichs fuͤr Alters gekroͤnet/ und fuͤr dem Wuͤte- rich Tein/ welcher/ umb aller ſeiner Vorfahren Gedaͤchtnuͤß auszutilgen/ von ihm aber einen Anfang aller Geſchichte zu ſtiften/ alle Schriff- ten und Denckmahle verbrennen laſſen/ wohl 30000. Buͤcher von dem Prieſter Scyulo ver- borgen und erhalten worden. So bald er da- hin kam/ trat er mit der Fuͤrſtin Syrmanis fuͤr das Altar/ auf welchem die Prieſter von eitel wohlruͤchendem Adler- und Zimmet-Holtze/ das ein Regenbogen beruͤhret hatte/ ein Feuer mach- ten. Hierauf reichte er der Syrmanis eine Agtſteinerne Schale mit Weyrauch/ und er- mahnte ſie/ daß ſie dem groſſen Himmels-Koͤni- ge darmit opfern ſolte. Syrmanis/ unwiſſende/ daß dieſes denẽ Koͤnigin dieſes Reiches allein zu- kaͤme/ und ſelbte durch derogleichen Opferung fuͤr das Haupt des Landes erklaͤret wuͤrde/ ſtreu- te den Weyrauch freymuͤthig in die Flam̃e. Die- ſes war kaum geſchehen/ als die mit Fleiß anher gefuͤhrten theils gefangenen/ theils ſich ergebendẽ Fuͤrſten und Mandarinen in Suchuẽ der Syr- manis zu Fuſſe fielen/ ihre Haͤupter biß zur Er- de neigten/ hernach ſie/ wiewohl mit helffenbei- nernen Taffeln fuͤr dem Munde/ wormit ſie ihr Athem nicht beruͤhrte/ fuͤr die Koͤnigin in Su- chuen gruͤßten. Alſo nimmet man auch fremb- de Herrſchafften/ nur weil ſie neu ſind/ mit Fro- locken an. Dieſen folgten vier Scythiſche Fuͤrſten/ welche die Syrmanis nahmen/ und auf einen mit unzehlbaren Edelgeſteinen ſchim- mernden Stul hoben. Koͤnig Huhanſien ward von vier andern auf einen gleich uͤber ſte- henden getragen. Der Tempel erbebte von dem Frolocken des Volckes/ Syrmanis aber wuſte nicht/ wie ihr geſchahe/ biß nach einem Handwinck alles ſtille ward/ der Koͤnig aber zu reden anfing: Das Gluͤcke/ das Recht der Waf- fen/ und unſere Tugend hat uns zum Meiſter [Spaltenumbruch] in Suchuen gemacht. Man muß aber durch Klugheit behalten/ was man durch Tapferkeit erworben hat. Jene erfordert die Belohnung groſſer Verdienſte/ und eine weiſe Einrichtung der Ober-Herrſchafft. Beydes dieſes aber eignet der unvergleichlichen Syrmanis die Krone Su- chuens zu. Dieſe gebuͤhret dir/ weil du dem groſſen Fuͤrſten der Scythen das Leben erhal- ten/ dem Seriſchen aber hertzhaftig genommen haſt. Du aber wirſt ſelber dich nicht entziehen/ weil das Verhaͤngnuͤß dir uͤbermaͤſſigen Ver- ſtand ſolche zu tragen/ und einen Helden-Geiſt ſie zu beſchuͤtzen verliehen hat. Freue dich aber nunmehr erſt gluͤckſeliges Suchuen/ daß du ei- ner Koͤnigin gehorcheſt/ welche Saltz im Gehir- ne/ Zucker im Munde/ Feuer im Hertzen/ und den Blitz in Haͤnden fuͤhret. Jſt ſie nicht von Geburt eine Koͤnigin/ ſo hat ſie die Natur durch ihre Faͤhigkeit/ und die Tugend durch Verdienſt hierzu gemacht. Fuͤrſtliche Hoheit und Freund- ligkeit aber ſind augenſcheinlich in ihr Antlitz ge- praͤget. Dieſes annehmliche Anſehen verknuͤpft durch eine geheime Krafft die Hertzen der Unter- thanen ihr nicht allein zum Gehorſam/ ſondern ſo gar die Seelen der Herrſchenden zur Vereh- rung. Begluͤckſelige dich alſo/ Suchuen/ mit deinem Schiffbruche/ welcher dir was beſſers gegeben/ als genommen hat/ Die haͤrteſten Donner-Schlaͤge/ wie ſchrecklich ſie ſcheinen/ zie- hen nach ſich eine reiche Fruchtbarkeit. Ver- gnuͤge dich aber/ groſſe Syrmanis/ an dieſem Reiche. Einer Ceder iſt zwar ein kleines Ge- faͤſſe/ einem groſſen Gemuͤthe aber der geringſte Winckel der Welt ſeine Tugend auszuuͤben zu enge. Nichts iſt fuͤr klein zu ſchaͤtzen/ wo ein groſſer Nahme Raum finden kan. Die Fuͤr- ſtin Syrmanis/ ob ſie zwar dieſer Begebenheit ſich auf dieſen Tag am wenigſten verſehen hatte/ hoͤrete den Koͤnig Huhanſien mit unveraͤndertem Geſichte/ und ſonder das geringſte Merckmal eines verwirrt- oder frolockenden Gemuͤthes aus. Jhre Geberden zeigten keinen Hochmuth/ und bey aller dieſer Neuigkeit ſchien an ihr nichts neues/
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Arminius und Thußnelda.
mel gebauter inwendig mit dichtem Golde uͤber-
zogener und mit vielfaͤrbicht eingelegten Por-
phiren und Agathen gepflaſterter Tempel ſte-
het/ in welchem die Koͤnige dieſes Sophitiſchen
Reichs fuͤr Alters gekroͤnet/ und fuͤr dem Wuͤte-
rich Tein/ welcher/ umb aller ſeiner Vorfahren
Gedaͤchtnuͤß auszutilgen/ von ihm aber einen
Anfang aller Geſchichte zu ſtiften/ alle Schriff-
ten und Denckmahle verbrennen laſſen/ wohl
30000. Buͤcher von dem Prieſter Scyulo ver-
borgen und erhalten worden. So bald er da-
hin kam/ trat er mit der Fuͤrſtin Syrmanis fuͤr
das Altar/ auf welchem die Prieſter von eitel
wohlruͤchendem Adler- und Zimmet-Holtze/ das
ein Regenbogen beruͤhret hatte/ ein Feuer mach-
ten. Hierauf reichte er der Syrmanis eine
Agtſteinerne Schale mit Weyrauch/ und er-
mahnte ſie/ daß ſie dem groſſen Himmels-Koͤni-
ge darmit opfern ſolte. Syrmanis/ unwiſſende/
daß dieſes denẽ Koͤnigin dieſes Reiches allein zu-
kaͤme/ und ſelbte durch derogleichen Opferung
fuͤr das Haupt des Landes erklaͤret wuͤrde/ ſtreu-
te den Weyrauch freymuͤthig in die Flam̃e. Die-
ſes war kaum geſchehen/ als die mit Fleiß anher
gefuͤhrten theils gefangenen/ theils ſich ergebendẽ
Fuͤrſten und Mandarinen in Suchuẽ der Syr-
manis zu Fuſſe fielen/ ihre Haͤupter biß zur Er-
de neigten/ hernach ſie/ wiewohl mit helffenbei-
nernen Taffeln fuͤr dem Munde/ wormit ſie ihr
Athem nicht beruͤhrte/ fuͤr die Koͤnigin in Su-
chuen gruͤßten. Alſo nimmet man auch fremb-
de Herrſchafften/ nur weil ſie neu ſind/ mit Fro-
locken an. Dieſen folgten vier Scythiſche
Fuͤrſten/ welche die Syrmanis nahmen/ und
auf einen mit unzehlbaren Edelgeſteinen ſchim-
mernden Stul hoben. Koͤnig Huhanſien
ward von vier andern auf einen gleich uͤber ſte-
henden getragen. Der Tempel erbebte von
dem Frolocken des Volckes/ Syrmanis aber
wuſte nicht/ wie ihr geſchahe/ biß nach einem
Handwinck alles ſtille ward/ der Koͤnig aber zu
reden anfing: Das Gluͤcke/ das Recht der Waf-
fen/ und unſere Tugend hat uns zum Meiſter
in Suchuen gemacht. Man muß aber durch
Klugheit behalten/ was man durch Tapferkeit
erworben hat. Jene erfordert die Belohnung
groſſer Verdienſte/ und eine weiſe Einrichtung
der Ober-Herrſchafft. Beydes dieſes aber eignet
der unvergleichlichen Syrmanis die Krone Su-
chuens zu. Dieſe gebuͤhret dir/ weil du dem
groſſen Fuͤrſten der Scythen das Leben erhal-
ten/ dem Seriſchen aber hertzhaftig genommen
haſt. Du aber wirſt ſelber dich nicht entziehen/
weil das Verhaͤngnuͤß dir uͤbermaͤſſigen Ver-
ſtand ſolche zu tragen/ und einen Helden-Geiſt
ſie zu beſchuͤtzen verliehen hat. Freue dich aber
nunmehr erſt gluͤckſeliges Suchuen/ daß du ei-
ner Koͤnigin gehorcheſt/ welche Saltz im Gehir-
ne/ Zucker im Munde/ Feuer im Hertzen/ und
den Blitz in Haͤnden fuͤhret. Jſt ſie nicht von
Geburt eine Koͤnigin/ ſo hat ſie die Natur durch
ihre Faͤhigkeit/ und die Tugend durch Verdienſt
hierzu gemacht. Fuͤrſtliche Hoheit und Freund-
ligkeit aber ſind augenſcheinlich in ihr Antlitz ge-
praͤget. Dieſes annehmliche Anſehen verknuͤpft
durch eine geheime Krafft die Hertzen der Unter-
thanen ihr nicht allein zum Gehorſam/ ſondern
ſo gar die Seelen der Herrſchenden zur Vereh-
rung. Begluͤckſelige dich alſo/ Suchuen/ mit
deinem Schiffbruche/ welcher dir was beſſers
gegeben/ als genommen hat/ Die haͤrteſten
Donner-Schlaͤge/ wie ſchrecklich ſie ſcheinen/ zie-
hen nach ſich eine reiche Fruchtbarkeit. Ver-
gnuͤge dich aber/ groſſe Syrmanis/ an dieſem
Reiche. Einer Ceder iſt zwar ein kleines Ge-
faͤſſe/ einem groſſen Gemuͤthe aber der geringſte
Winckel der Welt ſeine Tugend auszuuͤben zu
enge. Nichts iſt fuͤr klein zu ſchaͤtzen/ wo ein
groſſer Nahme Raum finden kan. Die Fuͤr-
ſtin Syrmanis/ ob ſie zwar dieſer Begebenheit
ſich auf dieſen Tag am wenigſten verſehen hatte/
hoͤrete den Koͤnig Huhanſien mit unveraͤndertem
Geſichte/ und ſonder das geringſte Merckmal
eines verwirrt- oder frolockenden Gemuͤthes
aus. Jhre Geberden zeigten keinen Hochmuth/
und bey aller dieſer Neuigkeit ſchien an ihr nichts
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 615. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/671>, abgerufen am 03.07.2024. |