Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Fünfftes Buch [Spaltenumbruch]
nachteten in der Stadt/ oder/ vielmehr in demSteinhauffen der von Alexandern eingeäscherten Stadt Branchis; folgenden Tag aber erreichten wir die berühmte Stadt Buchara/ bey welcher sich ein ander Sogdianischer Fürst mit 10000. Mann zu uns schlug. Nachdem wir einen Tag ausgeruhet/ kamen wir nach dreytägiger Reise in der Sogdianischen Haupt-Stadt Sa- marcanda an dem Flusse Jsarlo an. Allhier stieß die gantze Sogdianische in mehr als 100000. streitbaren Männern bestehende Macht zu- sammen/ welche der Königliche Stadthalter mu- sterte/ hernach der Lebensmittel halber/ die ohn dis großen theils auf Kamelen mit geführet werden muste/ wieder in drey Hauffen vertheilte/ und ge- gen die Landschafft der Tacken ihren Zug einzu- richten befehlichte. Wir reiseten wohl zwantzig Tage/ biß wir nach Cascar unter das Gebürge Jmaus kamen/ welches sich von dem Mitter- nächtischen Welt-Meere an/ bis an das Gebür- ge Paropamisis/ welches die Macedonier/ Ale- xandern zu Ehren/ den Caucasus hiessen/ und von dar biß über den Fluß Oxus/ als ein Rückgrad/ sich erstrecket/ auch endlich in Bactriana mit dem Taurischen Gebürge sich verknüpfet. Allhier stieß das Heer wieder zusammen/ als welches durch eine gefährliche Enge über das Gebürge/ von welchem etliche hundert fehltretende Camee- le und Pferde in die tieffsten Abgründe stürtze- ten/ ziehen muste. Wir brachten hierüber zehn Tage zu; iedoch nach dem das Heer an den Fluß Caradrus kam/ auf welchem alles Heer-Gerä- the zu Schiffe geführet werden konte/ ward selb- tes einer grossen Last entbürdet/ und dadurch der Zug mercklich beschleuniget. Wo dieser Strom sich nun mit dem Ganges vereinbaret/ traffen wir den König Huhansien an/ welcher mit 200000. Scythen/ darunter aber auch viel Sarmater und Deutsche waren/ an dem Flusse Jaxarthes Strom-auf gezogen war. Dieser grosse König gab uns unter einem baumwöllenen Gezelt Gehöre. Auf dem Haupte hatte er statt einer Krone einen güldenen Wieder-Kopf/ sein [Spaltenumbruch] Kleid war ein purpurfärbichter Seidenrock/ mit schwartzen Füchsen durchfüttert/ die Sebel hatte allein einen güldenen Grieff und Beschläge mit Edelgesteinen versetzt. Denn die Scythen würdigen alleine zu den Waffen/ zu keiner an- dern Uppigkeit dieses seltzame Ertzt. Nach dem er von uns ietzigen Zustand Asiens/ und des Rö- mischen Reiches erforschet/ auch von uns die Er- klärung ver nommen hatte/ daß wir unter seinen Fahnen fechten wolten/ ordnete er uns einen reichlichen Unterhalt an allerhand Lebens-Mit- teln/ beschenckte uns mit seidenen Röcken/ Sebeln und Bogen/ und schwur bey dem Winde und seiner Sebel/ daß er nach glücklich verrichtetem Feldzuge uns mit reichen Geschencken in Ar- menien liefern wolte. Er ließ noch selbige Nacht an einer Brücke über den Ganges arbeiten/ welche zu unser Erstaunung folgenden Tag gegen Abend fertig war. Wo der Ganges/ sagte Hertzog Arpus/ so groß als unser Rhein ist/ mag Käyser Julius sich verkriechen/ dessen in zehn Tagen über unsern Strom geschlagene Brücke die Römer für ein halbes Wunderwerck halten. Jn alle Wege/ antwortete Zeno. Denn der Gan- ges ist/ wo er am schmälesten/ 100. Stadien breit/ und an diesem Orte stärcker als der Nil/ und der Jster zusammen. Daher er des Huhansien Brücken- Bau für etwas wichtigers/ als Darius über den Thracischen Bosphorus/ und des Xerxes hielte/ welcher sich dem Neptun Fessel angelegt zu haben gerühmet/ weil er über den Hellespont eine Schiffbrücke geschlagen; für Alexanders gegen der Stadt Tyrus gebautem Tamme hätte sich zwar das Meer entsetzt/ und Neptun seine Wall- fische darwider ausgerüstet; aber es wäre ein Werck von 7. Monaten gewest. Des Pyrrhus und Varro Vorhaben von Apollonia aus Grie- chenland nach Hydrunt in Jtalien/ über das A- driatische Meer einen Weg zu bähnen/ wäre in den ersten Knospen der Einbildung ersticket. Lu- cullus hätte zwar die auf dem Lande abgetragene Berge in die See gesenckt/ und Lusthäuser drauf gesetzt; oder vielmehr aus dem Meere Land/ und aus
Fuͤnfftes Buch [Spaltenumbruch]
nachteten in der Stadt/ oder/ vielmehr in demSteinhauffen der von Alexandern eingeaͤſchertẽ Stadt Branchis; folgenden Tag aber erreichten wir die beruͤhmte Stadt Buchara/ bey welcher ſich ein ander Sogdianiſcher Fuͤrſt mit 10000. Mann zu uns ſchlug. Nachdem wir einen Tag ausgeruhet/ kamen wir nach dreytaͤgiger Reiſe in der Sogdianiſchen Haupt-Stadt Sa- marcanda an dem Fluſſe Jſarlo an. Allhier ſtieß die gantze Sogdianiſche in mehr als 100000. ſtreitbaren Maͤnnern beſtehende Macht zu- ſammen/ welche der Koͤnigliche Stadthalter mu- ſterte/ hernach der Lebensmittel halber/ die ohn dis großen theils auf Kamelen mit gefuͤhret werden muſte/ wieder in drey Hauffen vertheilte/ und ge- gen die Landſchafft der Tacken ihren Zug einzu- richten befehlichte. Wir reiſeten wohl zwantzig Tage/ biß wir nach Caſcar unter das Gebuͤrge Jmaus kamen/ welches ſich von dem Mitter- naͤchtiſchen Welt-Meere an/ bis an das Gebuͤr- ge Paropamiſis/ welches die Macedonier/ Ale- xandern zu Ehren/ den Caucaſus hieſſen/ und von dar biß uͤber den Fluß Oxus/ als ein Ruͤckgrad/ ſich erſtrecket/ auch endlich in Bactriana mit dem Tauriſchen Gebuͤrge ſich verknuͤpfet. Allhier ſtieß das Heer wieder zuſammen/ als welches durch eine gefaͤhrliche Enge uͤber das Gebuͤrge/ von welchem etliche hundert fehltretende Camee- le und Pferde in die tieffſten Abgruͤnde ſtuͤrtze- ten/ ziehen muſte. Wir brachten hieruͤber zehn Tage zu; iedoch nach dem das Heer an den Fluß Caradrus kam/ auf welchem alles Heer-Geraͤ- the zu Schiffe gefuͤhret werden konte/ ward ſelb- tes einer groſſen Laſt entbuͤrdet/ und dadurch der Zug mercklich beſchleuniget. Wo dieſer Strom ſich nun mit dem Ganges vereinbaret/ traffen wir den Koͤnig Huhanſien an/ welcher mit 200000. Scythen/ darunter aber auch viel Sarmater und Deutſche waren/ an dem Fluſſe Jaxarthes Strom-auf gezogen war. Dieſer groſſe Koͤnig gab uns unter einem baumwoͤllenẽ Gezelt Gehoͤre. Auf dem Haupte hatte er ſtatt einer Krone einen guͤldenen Wieder-Kopf/ ſein [Spaltenumbruch] Kleid war ein purpurfaͤrbichter Seidenrock/ mit ſchwartzen Fuͤchſen durchfuͤttert/ die Sebel hatte allein einen guͤldenen Grieff und Beſchlaͤge mit Edelgeſteinen verſetzt. Denn die Scythen wuͤrdigen alleine zu den Waffen/ zu keiner an- dern Uppigkeit dieſes ſeltzame Ertzt. Nach dem er von uns ietzigen Zuſtand Aſiens/ und des Roͤ- miſchen Reiches erforſchet/ auch von uns die Er- klaͤrung ver nommen hatte/ daß wir unter ſeinen Fahnen fechten wolten/ ordnete er uns einen reichlichen Unterhalt an allerhand Lebens-Mit- teln/ beſchenckte uns mit ſeidenẽ Roͤcken/ Sebeln und Bogen/ und ſchwur bey dem Winde und ſeiner Sebel/ daß er nach gluͤcklich verrichtetem Feldzuge uns mit reichen Geſchencken in Ar- menien liefern wolte. Er ließ noch ſelbige Nacht an einer Bruͤcke uͤber den Ganges arbeiten/ welche zu unſer Erſtaunung folgendẽ Tag gegen Abend fertig war. Wo der Ganges/ ſagte Hertzog Arpus/ ſo groß als unſer Rhein iſt/ mag Kaͤyſer Julius ſich verkriechen/ deſſen in zehn Tagen uͤber unſern Strom geſchlagene Bruͤcke die Roͤmer fuͤr ein halbes Wunderwerck halten. Jn alle Wege/ antwortete Zeno. Denn der Gan- ges iſt/ wo er am ſchmaͤleſten/ 100. Stadien breit/ und an dieſem Orte ſtaͤrcker als der Nil/ und der Jſter zuſam̃en. Daher er des Huhanſiẽ Bruͤckẽ- Bau fuͤr etwas wichtigers/ als Darius uͤber den Thraciſchen Boſphorus/ und des Xerxes hielte/ welcher ſich dem Neptun Feſſel angelegt zu habẽ geruͤhmet/ weil er uͤber den Helleſpont eine Schiffbruͤcke geſchlagen; fuͤr Alexanders gegen der Stadt Tyrus gebautem Tamme haͤtte ſich zwar das Meer entſetzt/ und Neptun ſeine Wall- fiſche darwider ausgeruͤſtet; aber es waͤre ein Werck von 7. Monaten geweſt. Des Pyrrhus und Varro Vorhaben von Apollonia aus Grie- chenland nach Hydrunt in Jtalien/ uͤber das A- driatiſche Meer einen Weg zu baͤhnen/ waͤre in den erſten Knoſpen der Einbildung erſticket. Lu- cullus haͤtte zwar die auf dem Lande abgetragene Berge in die See geſenckt/ und Luſthaͤuſer drauf geſetzt; oder vielmehr aus dem Meere Land/ und aus
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Fuͤnfftes Buch
nachteten in der Stadt/ oder/ vielmehr in dem
Steinhauffen der von Alexandern eingeaͤſchertẽ
Stadt Branchis; folgenden Tag aber erreichten
wir die beruͤhmte Stadt Buchara/ bey welcher
ſich ein ander Sogdianiſcher Fuͤrſt mit 10000.
Mann zu uns ſchlug. Nachdem wir einen
Tag ausgeruhet/ kamen wir nach dreytaͤgiger
Reiſe in der Sogdianiſchen Haupt-Stadt Sa-
marcanda an dem Fluſſe Jſarlo an. Allhier ſtieß
die gantze Sogdianiſche in mehr als 100000.
ſtreitbaren Maͤnnern beſtehende Macht zu-
ſammen/ welche der Koͤnigliche Stadthalter mu-
ſterte/ hernach der Lebensmittel halber/ die ohn dis
großen theils auf Kamelen mit gefuͤhret werden
muſte/ wieder in drey Hauffen vertheilte/ und ge-
gen die Landſchafft der Tacken ihren Zug einzu-
richten befehlichte. Wir reiſeten wohl zwantzig
Tage/ biß wir nach Caſcar unter das Gebuͤrge
Jmaus kamen/ welches ſich von dem Mitter-
naͤchtiſchen Welt-Meere an/ bis an das Gebuͤr-
ge Paropamiſis/ welches die Macedonier/ Ale-
xandern zu Ehren/ den Caucaſus hieſſen/ und von
dar biß uͤber den Fluß Oxus/ als ein Ruͤckgrad/
ſich erſtrecket/ auch endlich in Bactriana mit dem
Tauriſchen Gebuͤrge ſich verknuͤpfet. Allhier
ſtieß das Heer wieder zuſammen/ als welches
durch eine gefaͤhrliche Enge uͤber das Gebuͤrge/
von welchem etliche hundert fehltretende Camee-
le und Pferde in die tieffſten Abgruͤnde ſtuͤrtze-
ten/ ziehen muſte. Wir brachten hieruͤber zehn
Tage zu; iedoch nach dem das Heer an den Fluß
Caradrus kam/ auf welchem alles Heer-Geraͤ-
the zu Schiffe gefuͤhret werden konte/ ward ſelb-
tes einer groſſen Laſt entbuͤrdet/ und dadurch der
Zug mercklich beſchleuniget. Wo dieſer Strom
ſich nun mit dem Ganges vereinbaret/ traffen
wir den Koͤnig Huhanſien an/ welcher mit
200000. Scythen/ darunter aber auch viel
Sarmater und Deutſche waren/ an dem Fluſſe
Jaxarthes Strom-auf gezogen war. Dieſer
groſſe Koͤnig gab uns unter einem baumwoͤllenẽ
Gezelt Gehoͤre. Auf dem Haupte hatte er ſtatt
einer Krone einen guͤldenen Wieder-Kopf/ ſein
Kleid war ein purpurfaͤrbichter Seidenrock/ mit
ſchwartzen Fuͤchſen durchfuͤttert/ die Sebel hatte
allein einen guͤldenen Grieff und Beſchlaͤge mit
Edelgeſteinen verſetzt. Denn die Scythen
wuͤrdigen alleine zu den Waffen/ zu keiner an-
dern Uppigkeit dieſes ſeltzame Ertzt. Nach dem
er von uns ietzigen Zuſtand Aſiens/ und des Roͤ-
miſchen Reiches erforſchet/ auch von uns die Er-
klaͤrung ver nommen hatte/ daß wir unter ſeinen
Fahnen fechten wolten/ ordnete er uns einen
reichlichen Unterhalt an allerhand Lebens-Mit-
teln/ beſchenckte uns mit ſeidenẽ Roͤcken/ Sebeln
und Bogen/ und ſchwur bey dem Winde und
ſeiner Sebel/ daß er nach gluͤcklich verrichtetem
Feldzuge uns mit reichen Geſchencken in Ar-
menien liefern wolte. Er ließ noch ſelbige Nacht
an einer Bruͤcke uͤber den Ganges arbeiten/
welche zu unſer Erſtaunung folgendẽ Tag gegen
Abend fertig war. Wo der Ganges/ ſagte
Hertzog Arpus/ ſo groß als unſer Rhein iſt/ mag
Kaͤyſer Julius ſich verkriechen/ deſſen in zehn
Tagen uͤber unſern Strom geſchlagene Bruͤcke
die Roͤmer fuͤr ein halbes Wunderwerck halten.
Jn alle Wege/ antwortete Zeno. Denn der Gan-
ges iſt/ wo er am ſchmaͤleſten/ 100. Stadien breit/
und an dieſem Orte ſtaͤrcker als der Nil/ und der
Jſter zuſam̃en. Daher er des Huhanſiẽ Bruͤckẽ-
Bau fuͤr etwas wichtigers/ als Darius uͤber den
Thraciſchen Boſphorus/ und des Xerxes hielte/
welcher ſich dem Neptun Feſſel angelegt zu habẽ
geruͤhmet/ weil er uͤber den Helleſpont eine
Schiffbruͤcke geſchlagen; fuͤr Alexanders gegen
der Stadt Tyrus gebautem Tamme haͤtte ſich
zwar das Meer entſetzt/ und Neptun ſeine Wall-
fiſche darwider ausgeruͤſtet; aber es waͤre ein
Werck von 7. Monaten geweſt. Des Pyrrhus
und Varro Vorhaben von Apollonia aus Grie-
chenland nach Hydrunt in Jtalien/ uͤber das A-
driatiſche Meer einen Weg zu baͤhnen/ waͤre in
den erſten Knoſpen der Einbildung erſticket. Lu-
cullus haͤtte zwar die auf dem Lande abgetragene
Berge in die See geſenckt/ und Luſthaͤuſer drauf
geſetzt; oder vielmehr aus dem Meere Land/ und
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 592. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/648>, abgerufen am 01.07.2024. |