Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Fünfftes Buch [Spaltenumbruch]
Werckstatt der Feuchtigkeiten ist in den Thie-ren das Gehirne/ in dem Himmel der Monde; der Austheiler der Lebens-Geister ist in der kleinen Welt das Hertze/ in der grossen die Sonne; die Leber theilet den Gliedern mit dem Geblüte Krafft und Stärcke mit/ der ge- stirnte Jupiter allen Geschöpfen/ die Lunge schöpfet Lufft/ und kühlet die Hitze des Hertzens ab/ wie der Mercur unter den Gestirnen; die Nieren sind das Sieb/ welches das reine von dem unreinen unterscheidet/ und der Werck- zeug der Fruchtbarkeit; dieses würcket auch in der Welt die gestirnte Venus; und wie die Galle das bittere und schweflichte Geblüte an sich zeucht; also macht es im Himmel der Kriegs-Stern; ja wie der Miltz alle andere schädliche Feuchtigkeit dem Leibe zum besten theils in sich zeucht/ theils durch die Stulgän- ge abtreibet; also ist es in der grossen Welt mit dem gestirnten Saturn beschaffen; zu geschwei- gen/ daß er auch die flüchtigen Geister hemmet/ alles überflüssige zusammen zeucht/ und den Menschen zu Erforschung nachdencklicher Dinge bereitet. Alle diese sechs Kugeln waren nur vorwerts stor-
Fuͤnfftes Buch [Spaltenumbruch]
Werckſtatt der Feuchtigkeiten iſt in den Thie-ren das Gehirne/ in dem Himmel der Monde; der Austheiler der Lebens-Geiſter iſt in der kleinen Welt das Hertze/ in der groſſen die Sonne; die Leber theilet den Gliedern mit dem Gebluͤte Krafft und Staͤrcke mit/ der ge- ſtirnte Jupiter allen Geſchoͤpfen/ die Lunge ſchoͤpfet Lufft/ und kuͤhlet die Hitze des Hertzens ab/ wie der Mercur unter den Geſtirnen; die Nieren ſind das Sieb/ welches das reine von dem unreinen unterſcheidet/ und der Werck- zeug der Fruchtbarkeit; dieſes wuͤrcket auch in der Welt die geſtirnte Venus; und wie die Galle das bittere und ſchweflichte Gebluͤte an ſich zeucht; alſo macht es im Himmel der Kriegs-Stern; ja wie der Miltz alle andere ſchaͤdliche Feuchtigkeit dem Leibe zum beſten theils in ſich zeucht/ theils durch die Stulgaͤn- ge abtreibet; alſo iſt es in der groſſen Welt mit dem geſtirnten Saturn beſchaffen; zu geſchwei- gen/ daß er auch die fluͤchtigen Geiſter hemmet/ alles uͤberfluͤſſige zuſammen zeucht/ und den Menſchen zu Erforſchung nachdencklicher Dinge bereitet. Alle dieſe ſechs Kugeln waren nur vorwerts ſtor-
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Fuͤnfftes Buch
Werckſtatt der Feuchtigkeiten iſt in den Thie-
ren das Gehirne/ in dem Himmel der Monde;
der Austheiler der Lebens-Geiſter iſt in der
kleinen Welt das Hertze/ in der groſſen die
Sonne; die Leber theilet den Gliedern mit
dem Gebluͤte Krafft und Staͤrcke mit/ der ge-
ſtirnte Jupiter allen Geſchoͤpfen/ die Lunge
ſchoͤpfet Lufft/ und kuͤhlet die Hitze des Hertzens
ab/ wie der Mercur unter den Geſtirnen; die
Nieren ſind das Sieb/ welches das reine von
dem unreinen unterſcheidet/ und der Werck-
zeug der Fruchtbarkeit; dieſes wuͤrcket auch in
der Welt die geſtirnte Venus; und wie die
Galle das bittere und ſchweflichte Gebluͤte
an ſich zeucht; alſo macht es im Himmel der
Kriegs-Stern; ja wie der Miltz alle andere
ſchaͤdliche Feuchtigkeit dem Leibe zum beſten
theils in ſich zeucht/ theils durch die Stulgaͤn-
ge abtreibet; alſo iſt es in der groſſen Welt mit
dem geſtirnten Saturn beſchaffen; zu geſchwei-
gen/ daß er auch die fluͤchtigen Geiſter hemmet/
alles uͤberfluͤſſige zuſammen zeucht/ und den
Menſchen zu Erforſchung nachdencklicher
Dinge bereitet.
Alle dieſe ſechs Kugeln waren nur vorwerts
glaͤntzend/ auſſer daß die des Saturn und Ju-
piters von den Geferten/ des Mars aber von
ſeinem eigenen Feuer auf der Abſeiten etwas
erhellet wurden/ weil ſie von der Sonnen-Ku-
gel ihren Schein bekommen/ und alle als klei-
ner hinter ſich einen zugeſpitzten Schatten
werffen. Man nahm in allen dieſen Kugeln
gleichſam Erde/ Lufft/ Feuer und Waſſer wahr/
ob wohl dieſer Dinge Vermiſchung bey einem
Sterne viel anders/ als beym andern/ zu ſeyn
ſchien. Sintemal iedes Element in einem
ieden Geſtirne eine beſondere Eigenſchafft ha-
ben ſoll. Daher auch ſo wohl die Jrr-als
andern Sterne ihre Ausdampfungen haben/
daraus zuweilen Schwantz- oder Haar-Ge-
ſtirne/ nach dem die Sonne ſie durchſtraalet/
entſtehen; welche/ ob ſie wohl lange Zeit/ ja biß
zwantzig Jahr ſcheinen/ nach dem ihr Weſen
nehmlich feſte und hartzicht iſt/ wie man in der
Caſſiopea/ auf der Bruſt des Schwanen und
andern Geſtirnen wahr genommen/ doch endlich
verſchwinden; nach dem der Mittelpunct iedes
Sternes eine magnetiſche Krafft in ſich hat/
welche/ wie es die Erde und alle Eingeweide
in den Thieren thun/ alles ſeinem Weſen gleich-
geartete an ſich zeucht; alſo daß da ein Stuͤck
von dem Monden mit Gewalt auf die Erde
kaͤme/ ſelbiges ſo wohl zu dem Monden klim-
men/ als ein Stein aus dem Monden zur Er-
de fallen wuͤrde. Und daher fuͤr ein bloſſes
Getichte zu haltẽ waͤre/ wenn Licinius Silanus
geſehen haben wil/ daß ein Maͤgdlein aus den
Sternen gefallen/ und ſelbtes nahe bey der
Erde in eine Fackel verwandelt worden waͤre;
Wie auch/ daß einſt ein Loͤwe aus dem Mon-
den in Peloponneſus abgeſtuͤrtzet haͤtte. Hinge-
gen billichte der Prieſter dieſes Ortes nicht nur
die Meynung des Pythagoras und des Xeno-
phanes: daß es im Monden Staͤdte/ vollkom-
menere Menſchen/ und funfzehen mal groͤſſere
Thiere gaͤbe als auf der Erden. Ja daß da-
ſelbſt in der Hoͤle der Hecate der hier abgeleb-
ten Seelen uͤber ihr Thun Rechenſchafft geben/
und ihre Straffe oder Belohnung empfangen
muͤſten/ indem daſelbſt das rechte Elyſiſche Thal
anzutreffen waͤre; ſondern es wuͤrden auch die
uͤbrigen Geſtirne/ gegen derer Herrligkeit unſe-
re Erde fuͤr Koth/ und gegen ihrer unbegreiff-
lichen Groͤſſe fuͤr ein Saam-Korn zu achten
waͤre/ bewohnet/ welche aber ihren Leibern und
Gemuͤthern nach/ uns gantz ungleich/ hingegen
ihrer Wohnung nach geartet waͤren. Glei-
cher geſtalt ſind die Seren und Scythen von
dieſer Meynung nicht entfernet/ daher der
Tatter Xaucung den Seriſchen Koͤnig Hiao-
rus unſchwer beredete/ daß er ihm ſeine ver-
ſtor-
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 574. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/630>, abgerufen am 29.06.2024. |