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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] bekommt/ der Glantzbaum der des Nachts mit
seinem Scheine die Finsternüß erleuchtet/ ja
alle und iede Kräuter gäben mit ihren wunder-
würdigen und dem unachtsamen Menschen
noch grossen theils verborgenen Würckungen
ihre Danckbarkeit gegen ihrem ewigen Schöpf-
fer zu verstehen/ und dienten Gott unbefleckter
als die alberen Menschen/ welche das durch ei-
ne unzertrennliche Einigkeit in einander ver-
knüpffte Wesen der Natur/ oder vielmehr den
einträchtigen Einfluß des Schöpffers zerglie-
derten/ und wenn dieser die Sonne/ ein ander
die Sternen/ der dritte die Erde/ der vierdte
das Wasser/ der fünffte das Feuer/ etliche nur
Bäume und Steine anbeteten/ das Stück-
werck für das gantze verehreten/ oder vielmehr
Gott den alles beseelenden Geist in ein so enges
Gefässe einsperveten. Da doch sie mit Augen
wahrnehmen/ daß die Zeder einen grössern
Raum zu seinem Wachsthum/ als der Jsop be-
dürffe. Ja der Mensch/ das unvollkommene
Nachbild Gottes liesse sich nicht in einen Wald
wie der Elefant/ nicht in eine Wiese/ wie das
Pferd/ nicht in einen Seebusem/ wie der Wall-
fisch/ nicht in einen Teich/ wie der Schwan/
nicht in eine Pfütze/ wie der Frosch/ noch auch
allein in die weite Lufft/ wie der Adler einrie-
geln/ sondern die Erde sey ihm zu seichte; er
durchgrabe ihre innersten Eingeweide/ daß
Gold und Silber seinen Geitz sättige; Er baue
Wolcken-hohe Schlösser in die Lüffte/ seinen
Hochmuth zu vergnügen; Er fahre über/ und in
die Tieffen des Meeres/ um seiner Eitelkeit
Perlen/ Corallen und Ambra zu opffern; ja sei-
ne Gedancken meisterten den Lauff und die
Würckung der Gestirne; sein Nachdencken lö-
sete die Rähtsel auff/ die die ewige Versehung
mit verborgenen Ziffern in die Himmels-Kreis-
se verzeichnet; und die Schrancken der Natur
wären der Grösse seines Gemüthes/ oder seinen
unmäßigen Begierden zu enge. Wie viel
weniger könte nun ein Stern/ oder was gerin-
[Spaltenumbruch] gers/ ein genungsamer Begriff einer uner-
mäßlichen Gottheit seyn? Diesemnach wäre
zwar eine Eichel/ aus der so ein grosser Baum
wüchse/ eine Biene/ die so künstlich baute/ eine
Ameisse/ die so sorgfältig wäre/ eine Schnecke
in ihrem Wunder-Hause/ eine Muschel/ in der
die Natur mit so viel Farben spielet/ ein kleiner
Stein/ der das Zu- und Abnehmen des Mon-
den fürbildet/ ein gläntzender Nachtwurm mit
seinem Wunder-Lichte ihnen ein genungsamer
Beweiß einer wahrhafftigseyenden/ kein Ge-
schöpffe aber/ ja die gantze Welt selbst nicht ein
anständiges Behältnüß einer unumspannlichen
Gottheit. Es sey zwar die Grösse der Himmels-
Bogen mit der Geschwindigkeit der darinnen
geschehenden/ und die Blicke der Augen überei-
lenden Bewegungen unbegreiflich; Die Schön-
heit und Eigenschafften der zwar nicht nach der
Schnur oder dem Zirckel eines Feldmessers ge-
setzten-aber mit einem gewissen Lauff und durch-
dringenden Tugenden begabten Gestirne/ in
dem wie iedes Kraut/ also auch ieder Stern sei-
ne absonderliche Würckung hat/ unermäßlich;
die zwey grossen Lichter Sonne und Monde/
derer jene die Erde erwärmte und trocknete/
dieser die Meere benetzte/ und die Pflantzen be-
thaute/ jene den Tag/ dieser die Nacht erleuchte-
te/ jener dem Jahre/ dieser den Monaten ihr
Maaß gäbe/ wären zwar die zwey Wagscha-
len der Zeit/ die zwey Pfeiler/ an denen die
Wunder der göttlichen Versehung geschrieben
wären; Alleine wie ein hundertäugichter
Mensch viel zu wenig Augen hätte den Himmel
genungsam zu betrachten; also wären die fünff
Sinnen viel zu wenig die Fruchtbarkeit der Er-
de/ welche täglich mit neuen Gewächsen unse-
rer eckelnden Zärtligkeit abhülffe/ zu genüssen/
oder nur in einer Rose die Schönheit zu be-
schauen/ die Vielheit der Blätter zu zehlen/
mit dem Geruche sich zu erqvicken. Der U-
berfluß der unzehlbaren Gewächse wäre ein
Kennzeichen ihrer Freygebigkeit/ der grosse

Unter-
Erster Theil. A a a a

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] bekommt/ der Glantzbaum der des Nachts mit
ſeinem Scheine die Finſternuͤß erleuchtet/ ja
alle und iede Kraͤuter gaͤben mit ihren wunder-
wuͤrdigen und dem unachtſamen Menſchen
noch groſſen theils verborgenen Wuͤrckungen
ihre Danckbarkeit gegen ihrem ewigen Schoͤpf-
fer zu verſtehen/ und dienten Gott unbefleckter
als die alberen Menſchen/ welche das durch ei-
ne unzertrennliche Einigkeit in einander ver-
knuͤpffte Weſen der Natur/ oder vielmehr den
eintraͤchtigen Einfluß des Schoͤpffers zerglie-
derten/ und wenn dieſer die Sonne/ ein ander
die Sternen/ der dritte die Erde/ der vierdte
das Waſſer/ der fuͤnffte das Feuer/ etliche nur
Baͤume und Steine anbeteten/ das Stuͤck-
werck fuͤr das gantze verehreten/ oder vielmehr
Gott den alles beſeelenden Geiſt in ein ſo enges
Gefaͤſſe einſperveten. Da doch ſie mit Augen
wahrnehmen/ daß die Zeder einen groͤſſern
Raum zu ſeinem Wachsthum/ als der Jſop be-
duͤrffe. Ja der Menſch/ das unvollkommene
Nachbild Gottes lieſſe ſich nicht in einen Wald
wie der Elefant/ nicht in eine Wieſe/ wie das
Pferd/ nicht in einen Seebuſem/ wie der Wall-
fiſch/ nicht in einen Teich/ wie der Schwan/
nicht in eine Pfuͤtze/ wie der Froſch/ noch auch
allein in die weite Lufft/ wie der Adler einrie-
geln/ ſondern die Erde ſey ihm zu ſeichte; er
durchgrabe ihre innerſten Eingeweide/ daß
Gold und Silber ſeinen Geitz ſaͤttige; Er baue
Wolcken-hohe Schloͤſſer in die Luͤffte/ ſeinen
Hochmuth zu vergnuͤgen; Er fahre uͤber/ und in
die Tieffen des Meeres/ um ſeiner Eitelkeit
Perlen/ Corallen und Ambra zu opffern; ja ſei-
ne Gedancken meiſterten den Lauff und die
Wuͤrckung der Geſtirne; ſein Nachdencken loͤ-
ſete die Raͤhtſel auff/ die die ewige Verſehung
mit verborgenen Ziffern in die Himmels-Kreiſ-
ſe verzeichnet; und die Schrancken der Natur
waͤren der Groͤſſe ſeines Gemuͤthes/ oder ſeinen
unmaͤßigen Begierden zu enge. Wie viel
weniger koͤnte nun ein Stern/ oder was gerin-
[Spaltenumbruch] gers/ ein genungſamer Begriff einer uner-
maͤßlichen Gottheit ſeyn? Dieſemnach waͤre
zwar eine Eichel/ aus der ſo ein groſſer Baum
wuͤchſe/ eine Biene/ die ſo kuͤnſtlich baute/ eine
Ameiſſe/ die ſo ſorgfaͤltig waͤre/ eine Schnecke
in ihrem Wunder-Hauſe/ eine Muſchel/ in der
die Natur mit ſo viel Farben ſpielet/ ein kleiner
Stein/ der das Zu- und Abnehmen des Mon-
den fuͤrbildet/ ein glaͤntzender Nachtwurm mit
ſeinem Wunder-Lichte ihnen ein genungſamer
Beweiß einer wahrhafftigſeyenden/ kein Ge-
ſchoͤpffe aber/ ja die gantze Welt ſelbſt nicht ein
anſtaͤndiges Behaͤltnuͤß einer unumſpannlichen
Gottheit. Es ſey zwar die Groͤſſe der Himmels-
Bogen mit der Geſchwindigkeit der darinnen
geſchehenden/ und die Blicke der Augen uͤberei-
lenden Bewegungen unbegreiflich; Die Schoͤn-
heit und Eigenſchafften der zwar nicht nach der
Schnur oder dem Zirckel eines Feldmeſſers ge-
ſetzten-aber mit einem gewiſſen Lauff und durch-
dringenden Tugenden begabten Geſtirne/ in
dem wie iedes Kraut/ alſo auch ieder Stern ſei-
ne abſonderliche Wuͤrckung hat/ unermaͤßlich;
die zwey groſſen Lichter Sonne und Monde/
derer jene die Erde erwaͤrmte und trocknete/
dieſer die Meere benetzte/ und die Pflantzen be-
thaute/ jene den Tag/ dieſer die Nacht erleuchte-
te/ jener dem Jahre/ dieſer den Monaten ihr
Maaß gaͤbe/ waͤren zwar die zwey Wagſcha-
len der Zeit/ die zwey Pfeiler/ an denen die
Wunder der goͤttlichen Verſehung geſchrieben
waͤren; Alleine wie ein hundertaͤugichter
Menſch viel zu wenig Augen haͤtte den Himmel
genungſam zu betrachten; alſo waͤren die fuͤnff
Sinnen viel zu wenig die Fruchtbarkeit der Er-
de/ welche taͤglich mit neuen Gewaͤchſen unſe-
rer eckelnden Zaͤrtligkeit abhuͤlffe/ zu genuͤſſen/
oder nur in einer Roſe die Schoͤnheit zu be-
ſchauen/ die Vielheit der Blaͤtter zu zehlen/
mit dem Geruche ſich zu erqvicken. Der U-
berfluß der unzehlbaren Gewaͤchſe waͤre ein
Kennzeichen ihrer Freygebigkeit/ der groſſe

Unter-
Erſter Theil. A a a a
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 553. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/609>, abgerufen am 27.05.2024.