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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] dala zulieff. Diese Macht/ oder vielleicht auch
die Abscheu für grösserm Blutver giessen brach-
te zu wege/ daß die drey Brüder ihrer Schwester
Vandala den Strich zwischen der Weichsel
und dem Guttalus einräumten. Es verliebte
sich aber in diese tapffere Vandala des Bojus
Sohn/ Tanausis/ welchen sein Vater zum Kö-
nige der damahls um die Meotische Pfütze
wohnenden Gothen gemacht hatte. Diesen
tapffern Held vergnügte zwar die Königin
Vandala/ iedoch war sie nicht zu bewegen/ daß
sie ihn als ihren Ehherrn bey sich behalten/
und die Herrschafft über ihr männliches Frau-
enzimmer mitgetheilet hätte; sondern er muste
darmit vorlieb nehmen/ daß sie ihm alle Jahr
einen Monat bey ihr zu bleiben erlaubte/ die
Söhne/ die sie gebahr/ ihm folgen ließ/ die Töch-
ter aber für sich behielt. Eben zu selbiger Zeit
bemeisterte sich fast gantz Asiens der Egypti-
sche König Vexores/ Sesostres/ oder Sethos.
Nachdem dieser das Reich der Aßyrier unter
dem Könige Sosarin/ und der Sycioner un-
ter dem Jmachus ihm zinßbar gemacht/ schick-
te er an den Tanausis einen Herold mit Be-
fehl/ daß er sich seiner Herrschafft gleichfals un-
terwerffen solte. Dieser Deutsche König der
Gothen ließ dem Vexores zur Antwort wis-
sen: Es wäre grosse Thorheit/ daß eines so rei-
chen Volckes König durch Krieg bey denen et-
was suchen wolte/ die die Sebel für ihr gröstes
Reichthum hielten/ also alldar zwar keine Beu-
te/ wohl aber Verlust und ein zweiffelbarer
Kriegs-Ausschlag zu besorgen wäre. Nach
dem ihn aber ja so gelüstete/ mit den Gothen
anzubinden/ wolten sie selbsten ehestens bey ihm
seyn. Weil nun Tanausis der Königin Van-
dala Ehrsucht wohl wuste/ machte er alles diß ihr
eilfertig zu wissen/ welche mit ihrem Weiblichen
Heere sich nicht säumete den Gothen zu Hülffe
zu kommen. Die grossen Ströme des Bori-
sthenes/ des Pantycapes/ des Pacyris/ und
Gerrhus/ und der Cimmerische Bosphorus/
[Spaltenumbruch] waren ihrer Ruhms-Begierde allzu geringe
Hinderniße in Asien zu dringen. Tanausis/
welcher mit einem starcken Heere über die Flüs-
se Tanais/ Marabius/ Rhambites/ Psöpis/
und Varadan gesetzt/ und solche unter dem
Coraxischen Gebürge stehen hatte/ kam ihr biß
in die Stadt Apaturus mit den fürnehmsten
seiner Gothischen Fürsten entgegen; baute auch
hernach wegen ihrer daselbst genossenen Vergnü-
gung der Liebe einen prächtigen Tempel. Hier-
auff zohen sie mit einander an der Nord-Seite
des Caucasischen Gebürges/ und kamen in Jbe-
rien/ bey der Stadt Harmastis gegen der Egy-
ptier Vortrab zu stehen. Die Fürstin Vanda-
la bat ihr gegen diesem wollüstigen Feinde allein
zu fechten aus. Der unverschene Anblick eitel
gerüsteter/ und so männlich anfallender Wei-
ber jagte denen Egyptiern alsbald ein grausa-
mes Schrecken ein. Denn/ weil sie nicht glaub-
ten/ daß dieses schwache Geschlechte solcher
Tapfferkeit fähig wäre/ sahen sie sie für Ge-
spenster an. Weil nun in Schlachten das Au-
ge am ersten überwunden wird/ dieses aber so
denn dem Hertzen leicht den Muth benimmt/
schlug Vandala nach weniger Stunden Ge-
fechte den Feind aus dem Felde; welches in das
grosse Königliche Heer nicht einen geringen
Schrecken vorher jagte. Dieses traffen die
Deutschen in Colchis an dem Flusse Hippus
an. Beyde Heere wurden des Nachts in
Schlacht-Ordnung gestellet/ wormit sie bald/
wenn es begunte zu tagen/ mit einander an-
binden könten. Vandala führte den rechten/
Tanausis den lincken Flügel. Die auffgehen-
de Sonne warff durch ihren Widerschein von
der Egyptier güldenen Waffen/ goldgestückten
Kleidern/ und Pferde-Decken denen Deut-
schen und Gothen einen solchen Widerschein in
die Augen/ daß sie bey nahe verbländet/ und
daher so wohl Vadala als Tanausis die Stir-
ne ihrer Schlacht-Ordnung etwas seitwerts
zu lencken genöthigt wurden. Beyde Heer-

füh-
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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] dala zulieff. Dieſe Macht/ oder vielleicht auch
die Abſcheu fuͤr groͤſſerm Blutver gieſſen brach-
te zu wege/ daß die drey Bruͤder ihrer Schweſter
Vandala den Strich zwiſchen der Weichſel
und dem Guttalus einraͤumten. Es verliebte
ſich aber in dieſe tapffere Vandala des Bojus
Sohn/ Tanauſis/ welchen ſein Vater zum Koͤ-
nige der damahls um die Meotiſche Pfuͤtze
wohnenden Gothen gemacht hatte. Dieſen
tapffern Held vergnuͤgte zwar die Koͤnigin
Vandala/ iedoch war ſie nicht zu bewegen/ daß
ſie ihn als ihren Ehherrn bey ſich behalten/
und die Herrſchafft uͤber ihr maͤnnliches Frau-
enzimmer mitgetheilet haͤtte; ſondern er muſte
darmit vorlieb nehmen/ daß ſie ihm alle Jahr
einen Monat bey ihr zu bleiben erlaubte/ die
Soͤhne/ die ſie gebahr/ ihm folgen ließ/ die Toͤch-
ter aber fuͤr ſich behielt. Eben zu ſelbiger Zeit
bemeiſterte ſich faſt gantz Aſiens der Egypti-
ſche Koͤnig Vexores/ Seſoſtres/ oder Sethos.
Nachdem dieſer das Reich der Aßyrier unter
dem Koͤnige Soſarin/ und der Sycioner un-
ter dem Jmachus ihm zinßbar gemacht/ ſchick-
te er an den Tanauſis einen Herold mit Be-
fehl/ daß er ſich ſeiner Herrſchafft gleichfals un-
terwerffen ſolte. Dieſer Deutſche Koͤnig der
Gothen ließ dem Vexores zur Antwort wiſ-
ſen: Es waͤre groſſe Thorheit/ daß eines ſo rei-
chen Volckes Koͤnig durch Krieg bey denen et-
was ſuchen wolte/ die die Sebel fuͤr ihr groͤſtes
Reichthum hielten/ alſo alldar zwar keine Beu-
te/ wohl aber Verluſt und ein zweiffelbarer
Kriegs-Ausſchlag zu beſorgen waͤre. Nach
dem ihn aber ja ſo geluͤſtete/ mit den Gothen
anzubinden/ wolten ſie ſelbſten eheſtens bey ihm
ſeyn. Weil nun Tanauſis der Koͤnigin Van-
dala Ehrſucht wohl wuſte/ machte er alles diß ihr
eilfertig zu wiſſen/ welche mit ihrem Weiblichen
Heere ſich nicht ſaͤumete den Gothen zu Huͤlffe
zu kommen. Die groſſen Stroͤme des Bori-
ſthenes/ des Pantycapes/ des Pacyris/ und
Gerrhus/ und der Cimmeriſche Boſphorus/
[Spaltenumbruch] waren ihrer Ruhms-Begierde allzu geringe
Hinderniße in Aſien zu dringen. Tanauſis/
welcher mit einem ſtarcken Heere uͤber die Fluͤſ-
ſe Tanais/ Marabius/ Rhambites/ Pſoͤpis/
und Varadan geſetzt/ und ſolche unter dem
Coraxiſchen Gebuͤrge ſtehen hatte/ kam ihr biß
in die Stadt Apaturus mit den fuͤrnehmſten
ſeiner Gothiſchen Fuͤrſten entgegen; baute auch
hernach wegen ihrer daſelbſt genoſſenẽ Vergnuͤ-
gung der Liebe einen praͤchtigen Tempel. Hier-
auff zohen ſie mit einander an der Nord-Seite
des Caucaſiſchen Gebuͤrges/ und kamen in Jbe-
rien/ bey der Stadt Harmaſtis gegen der Egy-
ptier Vortrab zu ſtehen. Die Fuͤrſtin Vanda-
la bat ihr gegen dieſem wolluͤſtigen Feinde allein
zu fechten aus. Der unverſchene Anblick eitel
geruͤſteter/ und ſo maͤnnlich anfallender Wei-
ber jagte denen Egyptiern alsbald ein grauſa-
mes Schrecken ein. Denn/ weil ſie nicht glaub-
ten/ daß dieſes ſchwache Geſchlechte ſolcher
Tapfferkeit faͤhig waͤre/ ſahen ſie ſie fuͤr Ge-
ſpenſter an. Weil nun in Schlachten das Au-
ge am erſten uͤberwunden wird/ dieſes aber ſo
denn dem Hertzen leicht den Muth benimmt/
ſchlug Vandala nach weniger Stunden Ge-
fechte den Feind aus dem Felde; welches in das
groſſe Koͤnigliche Heer nicht einen geringen
Schrecken vorher jagte. Dieſes traffen die
Deutſchen in Colchis an dem Fluſſe Hippus
an. Beyde Heere wurden des Nachts in
Schlacht-Ordnung geſtellet/ wormit ſie bald/
wenn es begunte zu tagen/ mit einander an-
binden koͤnten. Vandala fuͤhrte den rechten/
Tanauſis den lincken Fluͤgel. Die auffgehen-
de Sonne warff durch ihren Widerſchein von
der Egyptier guͤldenen Waffen/ goldgeſtuͤckten
Kleidern/ und Pferde-Decken denen Deut-
ſchen und Gothen einen ſolchen Widerſchein in
die Augen/ daß ſie bey nahe verblaͤndet/ und
daher ſo wohl Vadala als Tanauſis die Stir-
ne ihrer Schlacht-Ordnung etwas ſeitwerts
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 523. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/579>, abgerufen am 25.11.2024.