Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
desselbigen Ufers genüssen/ theils diese von denRömern selbst so beliebte/ und für einen kurtzen Begrieff gantz Griechenlands gerühmte Stadt zu besehen lüstern war. Massen mich denn auch die Reichthümer ihrer fernen Handlung nicht in geringe Verwunderung zohen/ die Reinligkeit der Griechischen Sprache/ welche sie von dem Alter ihrer unter dem Tarquinius geschehenen Erbauung zwischen eitel Galliern gantz rein behalten hatten/ und die Menge ihrer Weltweisen nebst der lustigen Gegend überaus erquickten. Aber diese Lust ward mir in weni- gen Tagen durch eine Nachricht zeitlich versal- tzen/ daß Lucius/ welcher bey Aphrodisium mit seinen Schiffen mir vergebens vorgewartet hät- te/ endlich auf meine Spur/ und gleichfalls in Massilien ankommen wäre. Jch mag hier nicht die Umbstände meiner Bekümmernüsse und des Lucius Anfechtungen erzehlen. Genung ist es zu wissen/ daß Lucius zu Massilien wie der Käyser selbst angebetet ward/ und ihm alles zu Gebote stand. Daher es ihm unschwer fiel mir und meinem Schiffe die Ausfarth aus dem Ha- fen zu verwehren. Nach dem er meiner Keusch- heit durch die allerglattesten Liebkosungen und Versprechung güldener Berge vergebens zuge- setzt hatte/ verfiel dieser geile Hengst in die Rase- rey/ daß er in einem Lusthause Gewalt an mich legen wolte/ wordurch ich genöthigt ward von selbtem einen kühnen aber glücklichen Sprung zu thun. Denn ich kam durch Hülffe meiner auf mein Geschrey sich nähernden Leute aus dem Garten. Weil ich mich aber nirgends sicher wuste/ nahm ich meine Zuflucht in den nah von dem Uhrheber selbiger Stadt/ nemlich dem Peranus/ gebauten Tempel der Dianen/ dar- innen alleine 300. Griechische Jungfrauen un- terhalten; aber/ weil die Massilier unter dem Scheine der Gottesfurcht niemanden einigen Müssiggang enträumen/ in der Weltweißheit und denen Geheimnüssen des Gottes-Dienstes aufs sorgfältigste geübet werden. Sie nahmen [Spaltenumbruch] mich willig in den Vorhof/ und nachdem ich mich gebadet/ und mit gantz neuen Kleidern angethan hatte/ in den Tempel auf; sintemal so wohl allhier als zu Tarent niemand sonst diß Heiligthum be- schreiten darff. Lucius begehrte mich zwar als seine Verlobte mit grossem Ungestüm und Dräuen heraus; nach dem ich aber die Ober- Priesterin eines widrigen betheuerlich versicher- te/ schlug sie ihm meine/ als ihrer Freyheit verle- tzende Ausfolgung rund ab. Als er auch ihr mit mehr schimpflichen Worten zusetzte/ sagte sie dem Lucius in die Augen: Es wäre diß ein Tem- pel der keuschen und glimpflichen Diane. Da- hero möchte er mit seinem geilen Ansinnen sich nach Athen zu dem Tempel der Unverschämig- keit/ und mit seinen Schelt-Worten zu dem Heiligthume der Verachtung verfügen. Hier- mit ließ sie den Tempel für ihm zuschlagen; der wütende Lucius aber denen drey Obersten unter denen sechshundert Tumuchen oder Rathherren anbefehlen: Sie solten der Ober-Priesterin das auf dem Rathhause verwahrte Gift zu ihrem verdienten Eigen-Morde schicken/ und mich aus dem Tempel schaffen. Der Rath entschul- digte sich aufs beste/ daß solch Gift nur dem/ wel- cher es selbst verlangte/ und genungsame Ursache zu sterben andeutete/ gegeben würde; an dem Tempel aber dörfften sie sich ohne ihren unge- zweifelten Untergang nicht vergreiffen/ dessen Schatten auch die Verächter selbiger Gottheit tödtete. Lucius lachte über diesem Vortrage/ und sagte: Es wäre dieser Aberglaube vielleicht so wahr/ als daß derselben Leiber/ welche einmal in den Arcadischen Tempel des Jupiters einen Fuß gesetzt hätten/ so verklärt würden/ daß sie hernach an der Sonne keinen Schatten mehr von sich würffen. Wie er denn auch ferner hönisch fra- gete: Ob solcher Tempel auch nicht/ wie von dem unbedeckten Heiligthume der Cyndiadi- schen Diane getichtet würde/ nicht beregnete und beschneyete? Und derogestalt beharrete er halsstarrig auf seinem Verlangen. Der Rath umb Erster Theil. P p p
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
deſſelbigen Ufers genuͤſſen/ theils dieſe von denRoͤmern ſelbſt ſo beliebte/ und fuͤr einen kurtzen Begrieff gantz Griechenlands geruͤhmte Stadt zu beſehen luͤſtern war. Maſſen mich denn auch die Reichthuͤmer ihrer fernen Handlung nicht in geringe Verwunderung zohen/ die Reinligkeit der Griechiſchen Sprache/ welche ſie von dem Alter ihrer unter dem Tarquinius geſchehenen Erbauung zwiſchen eitel Galliern gantz rein behalten hatten/ und die Menge ihrer Weltweiſen nebſt der luſtigen Gegend uͤberaus erquickten. Aber dieſe Luſt ward mir in weni- gen Tagen durch eine Nachricht zeitlich verſal- tzen/ daß Lucius/ welcher bey Aphrodiſium mit ſeinen Schiffen mir vergebens vorgewartet haͤt- te/ endlich auf meine Spur/ und gleichfalls in Maſſilien ankommen waͤre. Jch mag hier nicht die Umbſtaͤnde meiner Bekuͤmmernuͤſſe und des Lucius Anfechtungen erzehlen. Genung iſt es zu wiſſen/ daß Lucius zu Maſſilien wie der Kaͤyſer ſelbſt angebetet ward/ und ihm alles zu Gebote ſtand. Daher es ihm unſchwer fiel mir und meinem Schiffe die Ausfarth aus dem Ha- fen zu verwehren. Nach dem er meiner Keuſch- heit durch die allerglatteſten Liebkoſungen und Verſprechung guͤldener Berge vergebens zuge- ſetzt hatte/ verfiel dieſer geile Hengſt in die Raſe- rey/ daß er in einem Luſthauſe Gewalt an mich legen wolte/ wordurch ich genoͤthigt ward von ſelbtem einen kuͤhnen aber gluͤcklichen Sprung zu thun. Denn ich kam durch Huͤlffe meiner auf mein Geſchrey ſich naͤhernden Leute aus dem Garten. Weil ich mich aber nirgends ſicher wuſte/ nahm ich meine Zuflucht in den nah von dem Uhrheber ſelbiger Stadt/ nemlich dem Peranus/ gebauten Tempel der Dianẽ/ dar- innen alleine 300. Griechiſche Jungfrauen un- terhalten; aber/ weil die Maſſilier unter dem Scheine der Gottesfurcht niemanden einigen Muͤſſiggang entraͤumen/ in der Weltweißheit und denen Geheimnuͤſſen des Gottes-Dienſtes aufs ſorgfaͤltigſte geuͤbet werden. Sie nahmen [Spaltenumbruch] mich willig in den Vorhof/ und nachdem ich mich gebadet/ und mit gantz neuen Kleidern angethan hatte/ in den Tempel auf; ſintemal ſo wohl allhier als zu Tarent niemand ſonſt diß Heiligthum be- ſchreiten darff. Lucius begehrte mich zwar als ſeine Verlobte mit groſſem Ungeſtuͤm und Draͤuen heraus; nach dem ich aber die Ober- Prieſterin eines widrigen betheuerlich verſicher- te/ ſchlug ſie ihm meine/ als ihrer Freyheit verle- tzende Ausfolgung rund ab. Als er auch ihr mit mehr ſchimpflichen Worten zuſetzte/ ſagte ſie dem Lucius in die Augen: Es waͤre diß ein Tem- pel der keuſchen und glimpflichen Diane. Da- hero moͤchte er mit ſeinem geilen Anſinnen ſich nach Athen zu dem Tempel der Unverſchaͤmig- keit/ und mit ſeinen Schelt-Worten zu dem Heiligthume der Verachtung verfuͤgen. Hier- mit ließ ſie den Tempel fuͤr ihm zuſchlagen; der wuͤtende Lucius aber denen drey Oberſten unter denen ſechshundert Tumuchen oder Rathherren anbefehlen: Sie ſolten der Ober-Prieſterin das auf dem Rathhauſe verwahrte Gift zu ihrem verdienten Eigen-Morde ſchicken/ und mich aus dem Tempel ſchaffen. Der Rath entſchul- digte ſich aufs beſte/ daß ſolch Gift nur dem/ wel- cher es ſelbſt verlangte/ und genungſame Urſache zu ſterben andeutete/ gegeben wuͤrde; an dem Tempel aber doͤrfften ſie ſich ohne ihren unge- zweifelten Untergang nicht vergreiffen/ deſſen Schatten auch die Veraͤchter ſelbiger Gottheit toͤdtete. Lucius lachte uͤber dieſem Vortrage/ und ſagte: Es waͤre dieſer Aberglaube vielleicht ſo wahr/ als daß derſelbẽ Leiber/ welche einmal in den Arcadiſchen Tempel des Jupiters einen Fuß geſetzt haͤtten/ ſo verklaͤrt wuͤrden/ daß ſie hernach an der Sonne keinen Schatten mehr von ſich wuͤrffen. Wie er denn auch ferner hoͤniſch fra- gete: Ob ſolcher Tempel auch nicht/ wie von dem unbedeckten Heiligthume der Cyndiadi- ſchen Diane getichtet wuͤrde/ nicht beregnete und beſchneyete? Und derogeſtalt beharrete er halsſtarrig auf ſeinem Verlangen. Der Rath umb Erſter Theil. P p p
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Arminius und Thußnelda.
deſſelbigen Ufers genuͤſſen/ theils dieſe von den
Roͤmern ſelbſt ſo beliebte/ und fuͤr einen kurtzen
Begrieff gantz Griechenlands geruͤhmte Stadt
zu beſehen luͤſtern war. Maſſen mich denn
auch die Reichthuͤmer ihrer fernen Handlung
nicht in geringe Verwunderung zohen/ die
Reinligkeit der Griechiſchen Sprache/ welche
ſie von dem Alter ihrer unter dem Tarquinius
geſchehenen Erbauung zwiſchen eitel Galliern
gantz rein behalten hatten/ und die Menge ihrer
Weltweiſen nebſt der luſtigen Gegend uͤberaus
erquickten. Aber dieſe Luſt ward mir in weni-
gen Tagen durch eine Nachricht zeitlich verſal-
tzen/ daß Lucius/ welcher bey Aphrodiſium mit
ſeinen Schiffen mir vergebens vorgewartet haͤt-
te/ endlich auf meine Spur/ und gleichfalls in
Maſſilien ankommen waͤre. Jch mag hier
nicht die Umbſtaͤnde meiner Bekuͤmmernuͤſſe
und des Lucius Anfechtungen erzehlen. Genung
iſt es zu wiſſen/ daß Lucius zu Maſſilien wie der
Kaͤyſer ſelbſt angebetet ward/ und ihm alles zu
Gebote ſtand. Daher es ihm unſchwer fiel mir
und meinem Schiffe die Ausfarth aus dem Ha-
fen zu verwehren. Nach dem er meiner Keuſch-
heit durch die allerglatteſten Liebkoſungen und
Verſprechung guͤldener Berge vergebens zuge-
ſetzt hatte/ verfiel dieſer geile Hengſt in die Raſe-
rey/ daß er in einem Luſthauſe Gewalt an mich
legen wolte/ wordurch ich genoͤthigt ward von
ſelbtem einen kuͤhnen aber gluͤcklichen Sprung
zu thun. Denn ich kam durch Huͤlffe meiner
auf mein Geſchrey ſich naͤhernden Leute aus
dem Garten. Weil ich mich aber nirgends
ſicher wuſte/ nahm ich meine Zuflucht in den
nah von dem Uhrheber ſelbiger Stadt/ nemlich
dem Peranus/ gebauten Tempel der Dianẽ/ dar-
innen alleine 300. Griechiſche Jungfrauen un-
terhalten; aber/ weil die Maſſilier unter dem
Scheine der Gottesfurcht niemanden einigen
Muͤſſiggang entraͤumen/ in der Weltweißheit
und denen Geheimnuͤſſen des Gottes-Dienſtes
aufs ſorgfaͤltigſte geuͤbet werden. Sie nahmen
mich willig in den Vorhof/ und nachdem ich mich
gebadet/ und mit gantz neuen Kleidern angethan
hatte/ in den Tempel auf; ſintemal ſo wohl allhier
als zu Tarent niemand ſonſt diß Heiligthum be-
ſchreiten darff. Lucius begehrte mich zwar als
ſeine Verlobte mit groſſem Ungeſtuͤm und
Draͤuen heraus; nach dem ich aber die Ober-
Prieſterin eines widrigen betheuerlich verſicher-
te/ ſchlug ſie ihm meine/ als ihrer Freyheit verle-
tzende Ausfolgung rund ab. Als er auch ihr
mit mehr ſchimpflichen Worten zuſetzte/ ſagte ſie
dem Lucius in die Augen: Es waͤre diß ein Tem-
pel der keuſchen und glimpflichen Diane. Da-
hero moͤchte er mit ſeinem geilen Anſinnen ſich
nach Athen zu dem Tempel der Unverſchaͤmig-
keit/ und mit ſeinen Schelt-Worten zu dem
Heiligthume der Verachtung verfuͤgen. Hier-
mit ließ ſie den Tempel fuͤr ihm zuſchlagen; der
wuͤtende Lucius aber denen drey Oberſten unter
denen ſechshundert Tumuchen oder Rathherren
anbefehlen: Sie ſolten der Ober-Prieſterin das
auf dem Rathhauſe verwahrte Gift zu ihrem
verdienten Eigen-Morde ſchicken/ und mich
aus dem Tempel ſchaffen. Der Rath entſchul-
digte ſich aufs beſte/ daß ſolch Gift nur dem/ wel-
cher es ſelbſt verlangte/ und genungſame Urſache
zu ſterben andeutete/ gegeben wuͤrde; an dem
Tempel aber doͤrfften ſie ſich ohne ihren unge-
zweifelten Untergang nicht vergreiffen/ deſſen
Schatten auch die Veraͤchter ſelbiger Gottheit
toͤdtete. Lucius lachte uͤber dieſem Vortrage/
und ſagte: Es waͤre dieſer Aberglaube vielleicht
ſo wahr/ als daß derſelbẽ Leiber/ welche einmal in
den Arcadiſchen Tempel des Jupiters einen Fuß
geſetzt haͤtten/ ſo verklaͤrt wuͤrden/ daß ſie hernach
an der Sonne keinen Schatten mehr von ſich
wuͤrffen. Wie er denn auch ferner hoͤniſch fra-
gete: Ob ſolcher Tempel auch nicht/ wie von
dem unbedeckten Heiligthume der Cyndiadi-
ſchen Diane getichtet wuͤrde/ nicht beregnete
und beſchneyete? Und derogeſtalt beharrete er
halsſtarrig auf ſeinem Verlangen. Der Rath
umb
Erſter Theil. P p p
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