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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Vierdtes Buch
[Spaltenumbruch] sicher setzen konte. Um Mitternacht als ich
meinte/ daß der mit der Alraun-Wurtzel ver-
mischte Wein/ welcher auch/ wenn er nur neben
ihr wächst/ zwar nicht giftig wird/ aber eine hef-
tige Einschläffungs-Krafft bekommt/ seine
Würckung gethan haben würde; machte ich
mich in aller Stille auf/ und kam an den Ort
meines Verlustes: Daselbst fand ich etliche
theils leere/ theils belastete Kamele/ umirren;
welches mir ein gewünschter Vorbote eines son-
derbaren Vortheils war. Jch rückte nur zwey
Stadien der Spure nach fort/ da fand ich die
Getulier in einem Palmen-Gepüsche ohne ei-
nige Wache theils schwermend/ meist aber schlaf-
fend. Diesemnach ließ ich die Helffte meiner
Reuterey in zweyen Theilen auf allen Nothfall
fertig stehen; die andere Helffte aber theilte ich
wol in zwölf Hauffen/ welche auf die noch wa-
chenden loß giengen. Es ist ohne Noth hier-
von viel Ruhmes zu machen. Denn es waren
wenige/ die an die Gegenwehr gedachten/ son-
dern nur die Flucht ergrieffen. Also schlachte-
ten wir zwölf tausend Getulier ohne Verlust ei-
nes einigen Mannes ab. Etliche zwantzig
von meinem Volcke waren alleine verwundet.
Drey tausend schlaffenden nahmen wir nur aus
Kurtzweil ihre Pferde und Waffen von der Sei-
te/ welche auff den Morgen bey ihrer Erwa-
chung fußfällig um ihr Leben bitten musten.
Den grösten abgenommenen Raub/ nebst funf-
zehn tausend meist Lybischen Pferden eroberten
wir wieder; also/ daß ich bey meiner Annähe-
rung zu unserm für Antotale stehendem Heere
anfangs ein grosses Schrecken/ hernach aber ei-
ne viel grössere Freude erweckte. Massen mich
denn Juba mit beyden Armen umschloß/ mich
seinen Bruder nennte/ und mit kostbaren Waf-
fen beschenckte; wiewol ich den Titel des Bru-
ders in eine väterliche Gewogenheit zu verwan-
deln bat und erlangte. Weil nun meine Deut-
schen der Getulier Köpffe an die Pferde gebun-
den/ die Numidier aber sie auf die wie der erober-
ten Kamele gepackt/ und ins Läger gebracht hat-
[Spaltenumbruch] ten; ließ Juba gegen Antotale einen grossen
Berg von der Erschlagenen Köpffen aufbauen/
durch etliche Gefangene aber den Belägerten
die böse Zeitung des grossen Verlustes zubrin-
gen. Aber Hiarba steckte auch Mauern und
Thürme voll von denen Köpffen der erwürgten
Römischen und Numidischen Gefangenen.
Juba ließ hingegen die gefangenen Getulier
zehn und zehn zusammen schmieden/ und brauchte
sie im Stürmen zu der Seinigen Vormauer.
Gleichwol verzog sich die mit allen ersinnlichen
Kriegs-Streichen eifrigst fortgesetzte Beläge-
rung biß in sechsten Monat/ in welchem endlich
die hartnäckichten Feinde überwältiget/ und
alle lebende Seelen in Antotale durch die
Schärffe der Schwerdter vertilget wurden.
Die Stadt Thubutis und Aegea giengen hier-
auf gleicher gestalt über. Hiempsal muste hier-
über gegen dem Flusse Ampsa weichen; ich
brachte ihn aber an selbtem unter der Stadt Tu-
marra wieder zu Stande/ und nach einem ver-
zweiffelten Gefechte in die Flucht. Die Ge-
tulier setzten wol durch den Strom/ weil aber die
Deutschen geschickter als sie waren durch die
Flüsse zu schwämmen/ wurden ihrer viel theils
im Wasser/ theils auf dem Ufer erschlagen.
Hiempsal ward selbst verwundet/ und konte mit
genauer Noth nebst wenigen auf das Buzarische
Gebürge entrinnen. Juba folgte mit dem
Groß seines Heeres nach/ kam aber zum Siege
zu spät/ iedoch fand er sich so vergnügt/ daß er die
Stadt/ bey welcher ich diß Glücke gehabt/ den
Deutschen zu Ehren Germana heissen ließ.
Mit diesem Siege ward zwar Juba des flachen
Getuliens Meister/ aber die in und über dem
Buzarischen/ Thambischen und Atlantischen
Gebürge wohnenden Phorusier/ Siranger/
Nisibes/ schwartzen Getulier und Natembres
stellten sich gegen dem Juba in möglichste Ver-
fassung/ und versahen Hiempsaln mit einem
neuen Heere. Nach etlicher Monate Ruh
drangen wir/ wie wol nicht ohne Verlust vielen
edlen Blutes/ ins Gebürge ein. Unter andern

zeich-

Vierdtes Buch
[Spaltenumbruch] ſicher ſetzen konte. Um Mitternacht als ich
meinte/ daß der mit der Alraun-Wurtzel ver-
miſchte Wein/ welcher auch/ wenn er nur neben
ihr waͤchſt/ zwar nicht giftig wird/ aber eine hef-
tige Einſchlaͤffungs-Krafft bekommt/ ſeine
Wuͤrckung gethan haben wuͤrde; machte ich
mich in aller Stille auf/ und kam an den Ort
meines Verluſtes: Daſelbſt fand ich etliche
theils leere/ theils belaſtete Kamele/ umirren;
welches mir ein gewuͤnſchter Vorbote eines ſon-
derbaren Vortheils war. Jch ruͤckte nur zwey
Stadien der Spure nach fort/ da fand ich die
Getulier in einem Palmen-Gepuͤſche ohne ei-
nige Wache theils ſchwermend/ meiſt aber ſchlaf-
fend. Dieſemnach ließ ich die Helffte meiner
Reuterey in zweyen Theilen auf allen Nothfall
fertig ſtehen; die andere Helffte aber theilte ich
wol in zwoͤlf Hauffen/ welche auf die noch wa-
chenden loß giengen. Es iſt ohne Noth hier-
von viel Ruhmes zu machen. Denn es waren
wenige/ die an die Gegenwehr gedachten/ ſon-
dern nur die Flucht ergrieffen. Alſo ſchlachte-
ten wir zwoͤlf tauſend Getulier ohne Verluſt ei-
nes einigen Mannes ab. Etliche zwantzig
von meinem Volcke waren alleine verwundet.
Drey tauſend ſchlaffenden nahmen wir nur aus
Kurtzweil ihre Pferde und Waffen von der Sei-
te/ welche auff den Morgen bey ihrer Erwa-
chung fußfaͤllig um ihr Leben bitten muſten.
Den groͤſten abgenommenen Raub/ nebſt funf-
zehn tauſend meiſt Lybiſchen Pferden eroberten
wir wieder; alſo/ daß ich bey meiner Annaͤhe-
rung zu unſerm fuͤr Antotale ſtehendem Heere
anfangs ein groſſes Schrecken/ hernach aber ei-
ne viel groͤſſere Freude erweckte. Maſſen mich
denn Juba mit beyden Armen umſchloß/ mich
ſeinen Bruder nennte/ und mit koſtbaren Waf-
fen beſchenckte; wiewol ich den Titel des Bru-
ders in eine vaͤterliche Gewogenheit zu verwan-
deln bat und erlangte. Weil nun meine Deut-
ſchen der Getulier Koͤpffe an die Pferde gebun-
den/ die Numidier aber ſie auf die wie der erober-
ten Kamele gepackt/ und ins Laͤger gebracht hat-
[Spaltenumbruch] ten; ließ Juba gegen Antotale einen groſſen
Berg von der Erſchlagenen Koͤpffen aufbauen/
durch etliche Gefangene aber den Belaͤgerten
die boͤſe Zeitung des groſſen Verluſtes zubrin-
gen. Aber Hiarba ſteckte auch Mauern und
Thuͤrme voll von denen Koͤpffen der erwuͤrgten
Roͤmiſchen und Numidiſchen Gefangenen.
Juba ließ hingegen die gefangenen Getulier
zehn und zehn zuſam̃en ſchmieden/ und brauchte
ſie im Stuͤrmen zu der Seinigen Vormauer.
Gleichwol verzog ſich die mit allen erſinnlichen
Kriegs-Streichen eifrigſt fortgeſetzte Belaͤge-
rung biß in ſechſten Monat/ in welchem endlich
die hartnaͤckichten Feinde uͤberwaͤltiget/ und
alle lebende Seelen in Antotale durch die
Schaͤrffe der Schwerdter vertilget wurden.
Die Stadt Thubutis und Aegea giengen hier-
auf gleicher geſtalt uͤber. Hiempſal muſte hier-
uͤber gegen dem Fluſſe Ampſa weichen; ich
brachte ihn aber an ſelbtem unter der Stadt Tu-
marra wieder zu Stande/ und nach einem ver-
zweiffelten Gefechte in die Flucht. Die Ge-
tulier ſetzten wol durch den Strom/ weil aber die
Deutſchen geſchickter als ſie waren durch die
Fluͤſſe zu ſchwaͤmmen/ wurden ihrer viel theils
im Waſſer/ theils auf dem Ufer erſchlagen.
Hiempſal ward ſelbſt verwundet/ und konte mit
genauer Noth nebſt wenigen auf das Buzariſche
Gebuͤrge entrinnen. Juba folgte mit dem
Groß ſeines Heeres nach/ kam aber zum Siege
zu ſpaͤt/ iedoch fand er ſich ſo vergnuͤgt/ daß er die
Stadt/ bey welcher ich diß Gluͤcke gehabt/ den
Deutſchen zu Ehren Germana heiſſen ließ.
Mit dieſem Siege ward zwar Juba des flachen
Getuliens Meiſter/ aber die in und uͤber dem
Buzariſchen/ Thambiſchen und Atlantiſchen
Gebuͤrge wohnenden Phoruſier/ Siranger/
Niſibes/ ſchwartzen Getulier und Natembres
ſtellten ſich gegen dem Juba in moͤglichſte Ver-
faſſung/ und verſahen Hiempſaln mit einem
neuen Heere. Nach etlicher Monate Ruh
drangen wir/ wie wol nicht ohne Verluſt vielen
edlen Blutes/ ins Gebuͤrge ein. Unter andeꝛn

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[476/0530] Vierdtes Buch ſicher ſetzen konte. Um Mitternacht als ich meinte/ daß der mit der Alraun-Wurtzel ver- miſchte Wein/ welcher auch/ wenn er nur neben ihr waͤchſt/ zwar nicht giftig wird/ aber eine hef- tige Einſchlaͤffungs-Krafft bekommt/ ſeine Wuͤrckung gethan haben wuͤrde; machte ich mich in aller Stille auf/ und kam an den Ort meines Verluſtes: Daſelbſt fand ich etliche theils leere/ theils belaſtete Kamele/ umirren; welches mir ein gewuͤnſchter Vorbote eines ſon- derbaren Vortheils war. Jch ruͤckte nur zwey Stadien der Spure nach fort/ da fand ich die Getulier in einem Palmen-Gepuͤſche ohne ei- nige Wache theils ſchwermend/ meiſt aber ſchlaf- fend. Dieſemnach ließ ich die Helffte meiner Reuterey in zweyen Theilen auf allen Nothfall fertig ſtehen; die andere Helffte aber theilte ich wol in zwoͤlf Hauffen/ welche auf die noch wa- chenden loß giengen. Es iſt ohne Noth hier- von viel Ruhmes zu machen. Denn es waren wenige/ die an die Gegenwehr gedachten/ ſon- dern nur die Flucht ergrieffen. Alſo ſchlachte- ten wir zwoͤlf tauſend Getulier ohne Verluſt ei- nes einigen Mannes ab. Etliche zwantzig von meinem Volcke waren alleine verwundet. Drey tauſend ſchlaffenden nahmen wir nur aus Kurtzweil ihre Pferde und Waffen von der Sei- te/ welche auff den Morgen bey ihrer Erwa- chung fußfaͤllig um ihr Leben bitten muſten. Den groͤſten abgenommenen Raub/ nebſt funf- zehn tauſend meiſt Lybiſchen Pferden eroberten wir wieder; alſo/ daß ich bey meiner Annaͤhe- rung zu unſerm fuͤr Antotale ſtehendem Heere anfangs ein groſſes Schrecken/ hernach aber ei- ne viel groͤſſere Freude erweckte. Maſſen mich denn Juba mit beyden Armen umſchloß/ mich ſeinen Bruder nennte/ und mit koſtbaren Waf- fen beſchenckte; wiewol ich den Titel des Bru- ders in eine vaͤterliche Gewogenheit zu verwan- deln bat und erlangte. Weil nun meine Deut- ſchen der Getulier Koͤpffe an die Pferde gebun- den/ die Numidier aber ſie auf die wie der erober- ten Kamele gepackt/ und ins Laͤger gebracht hat- ten; ließ Juba gegen Antotale einen groſſen Berg von der Erſchlagenen Koͤpffen aufbauen/ durch etliche Gefangene aber den Belaͤgerten die boͤſe Zeitung des groſſen Verluſtes zubrin- gen. Aber Hiarba ſteckte auch Mauern und Thuͤrme voll von denen Koͤpffen der erwuͤrgten Roͤmiſchen und Numidiſchen Gefangenen. Juba ließ hingegen die gefangenen Getulier zehn und zehn zuſam̃en ſchmieden/ und brauchte ſie im Stuͤrmen zu der Seinigen Vormauer. Gleichwol verzog ſich die mit allen erſinnlichen Kriegs-Streichen eifrigſt fortgeſetzte Belaͤge- rung biß in ſechſten Monat/ in welchem endlich die hartnaͤckichten Feinde uͤberwaͤltiget/ und alle lebende Seelen in Antotale durch die Schaͤrffe der Schwerdter vertilget wurden. Die Stadt Thubutis und Aegea giengen hier- auf gleicher geſtalt uͤber. Hiempſal muſte hier- uͤber gegen dem Fluſſe Ampſa weichen; ich brachte ihn aber an ſelbtem unter der Stadt Tu- marra wieder zu Stande/ und nach einem ver- zweiffelten Gefechte in die Flucht. Die Ge- tulier ſetzten wol durch den Strom/ weil aber die Deutſchen geſchickter als ſie waren durch die Fluͤſſe zu ſchwaͤmmen/ wurden ihrer viel theils im Waſſer/ theils auf dem Ufer erſchlagen. Hiempſal ward ſelbſt verwundet/ und konte mit genauer Noth nebſt wenigen auf das Buzariſche Gebuͤrge entrinnen. Juba folgte mit dem Groß ſeines Heeres nach/ kam aber zum Siege zu ſpaͤt/ iedoch fand er ſich ſo vergnuͤgt/ daß er die Stadt/ bey welcher ich diß Gluͤcke gehabt/ den Deutſchen zu Ehren Germana heiſſen ließ. Mit dieſem Siege ward zwar Juba des flachen Getuliens Meiſter/ aber die in und uͤber dem Buzariſchen/ Thambiſchen und Atlantiſchen Gebuͤrge wohnenden Phoruſier/ Siranger/ Niſibes/ ſchwartzen Getulier und Natembres ſtellten ſich gegen dem Juba in moͤglichſte Ver- faſſung/ und verſahen Hiempſaln mit einem neuen Heere. Nach etlicher Monate Ruh drangen wir/ wie wol nicht ohne Verluſt vielen edlen Blutes/ ins Gebuͤrge ein. Unter andeꝛn zeich-

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 476. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/530>, abgerufen am 26.11.2024.