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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Platze der Weltumb; ich zweifele/ daß weder die
Liebe noch die Ehre dir eine vollkommenere Ge-
mahlin auslesen könne/ als die der Käyser und
ich dir bestimmet/ nehmlich die unvergleichliche
Antonia. Diese hast du nunmehro ohne fer-
nere Zeitverlierung zu erkiesen/ da du den Käy-
ser vergnügen/ mich erfreuen/ und dein eigenes
Glücke befestigen wilst. Drusus fiel nach
beschlossener Rede Livien zu Fusse/ und fing ge-
gen ihr an: Jch würde/ allerliebste Mutter/ für
ihr erstummen müssen/ wenn gleich Kinder an-
dern Müttern ihre Wolthaten verdancken kön-
ten. Denn ich erkenne die Ubermaaß ihrer
Verdienste/ und das Unvermögen meiner Ab-
schuldung. Sie hat mich geleitet zur Tugend/
und das Thor aufgeschlossen der Ehren. Jch
erkenne ihre wohl-gemeynte Abzielung/ und ich
werde über ihren Urtheln keinen höhern Richter
suchen. Aber nachdem hohe Würden zwar durch
Verbindnüsse befestiget/ durch die Tugend aber
erworben werden müssen/ düncket mich/ ich
würde durch Ubereilung mich selbst stürtzen/
da ich nicht den Ansprung von der Tugend
nehme. Meine Kriegs - Ubungen sind
allererst Erstlinge der Tapferkeit/ keine
Thaten/ die einen Käyserlichen Stuhl be-
haupten könten/ welcher auf Klugheit und
Hertzhaftigkeit gegründet werden muß;
welches letztere zwar angebohren/ das erstere
aber durch Erfahrung erlanget werden
muß. Die hierzu nöthigen Ausübungen aber
würde Zweifels-frey hindern/ wo nicht gar stö-
ren eine übereilte Heyrath/ als der wahrhafte
Stein des Anstossens derer/ die auf der Renne-
Bahn der Ehren gleich rühmlich einlegen/ ja
auch einen guten Vorsprung haben. Denn
ein sich verheyrathender giebet dem Glücke/ wel-
ches sonst über die Tugend nichts zu gebieten
hat/ schon den Zügel in die Hand. Da er vor
nichts als Ehre zu gewinnen trachtete/ fürchtet
er hernach nichts als sein Weib und Kinder ein-
zubüssen/ welche ihm bey allen kühnen Unter-
[Spaltenumbruch] fangungen für dem Gesichte herumb irren/ und
nicht anders als traurige Gespenste alles Un-
glück wahrsagen. Er ist lüstern nach dem Rau-
che von Jthaca/ und verspielet darüber etliche
Länder; er seufzet nach seiner Penelope/ und
vergisset des unsterblichen Nachruhms; er wa-
get keine Schlacht unter dem Vorwand des er-
mangelnden Befehls von Hofe; er hebet Belä-
gerungen der schon sich zur Ergebung verstehen-
den Festungen auf/ wormit er nur das Bette
seines ihn in geheim beruffenden Ehweibes be-
steigen könne. Er schätzt es für Grausamkeit
seinem Hause Abbruch thun/ wenn er schon sein
Vaterland darüber in Stich setzt. Sein Kum-
mer bestehet in dem/ was er seinen Kindern ver-
lassen/ und wie er seinen Söhnen die Anwart-
schafft der Aempter zuwege bringen möge; sie
mögen gleich darzu geschickt seyn oder nicht.
Antonius ist durch Cleopatren von der höchsten
Staffel in Abgrund verfallen; und der grosse
Mithridates hat/ umb sich selbst den Fesseln
und Untergange zu entziehen/ seine Sebel in
seiner eigenen Gemahlinnen Blute waschen
müssen. Ja das Oppische und andere Gesetze
hat den Landvögten ihre Ehe-Weiber in die zu
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men verboten. Sintemal dieses Geschlechte
beym Frieden Uppigkeit/ beym Kriege Schre-
cken/ beym Aufbruche Unordnung/ bey den
Männern Mißbrauch der Schatzungen/ bey
den Unterthanen Schwürigkeit verursacht/ und/
wie viel Schwachheiten selbtem gleich ankleben/
doch bey gutem Glücke sich aus Ehrgeitz des Ge-
bietens anmasset. Nach dem sich denn die dem
Vaterlande und denen Seinigen schuldige Lie-
be so schwer eintheilen läst/ zweifele ich nicht/ es
werde die/ von der ich nicht nur das Leben/ son-
dern auch den Reitz zur Tugend erlangt/ ihr mehr
meine zu rühmlichen Entschlüssungen dienende
Freyheit gefallen lassen/ als selbten durch früh-
zeitige Verheyrathung einen Kapzaum anlegen.
Livia begegnete dem Drusus: Er thue dem hei-

ligen
D d d 3

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Platze der Weltumb; ich zweifele/ daß weder die
Liebe noch die Ehre dir eine vollkommenere Ge-
mahlin ausleſen koͤnne/ als die der Kaͤyſer und
ich dir beſtimmet/ nehmlich die unvergleichliche
Antonia. Dieſe haſt du nunmehro ohne fer-
nere Zeitverlierung zu erkieſen/ da du den Kaͤy-
ſer vergnuͤgen/ mich erfreuen/ und dein eigenes
Gluͤcke befeſtigen wilſt. Druſus fiel nach
beſchloſſener Rede Livien zu Fuſſe/ und fing ge-
gen ihr an: Jch wuͤrde/ allerliebſte Mutter/ fuͤr
ihr erſtummen muͤſſen/ wenn gleich Kinder an-
dern Muͤttern ihre Wolthaten verdancken koͤn-
ten. Denn ich erkenne die Ubermaaß ihrer
Verdienſte/ und das Unvermoͤgen meiner Ab-
ſchuldung. Sie hat mich geleitet zur Tugend/
und das Thor aufgeſchloſſen der Ehren. Jch
erkenne ihre wohl-gemeynte Abzielung/ und ich
werde uͤber ihren Urtheln keinen hoͤhern Richter
ſuchen. Aber nachdem hohe Wuͤrden zwar durch
Verbindnuͤſſe befeſtiget/ durch die Tugend aber
erworben werden muͤſſen/ duͤncket mich/ ich
wuͤrde durch Ubereilung mich ſelbſt ſtuͤrtzen/
da ich nicht den Anſprung von der Tugend
nehme. Meine Kriegs - Ubungen ſind
allererſt Erſtlinge der Tapferkeit/ keine
Thaten/ die einen Kaͤyſerlichen Stuhl be-
haupten koͤnten/ welcher auf Klugheit und
Hertzhaftigkeit gegruͤndet werden muß;
welches letztere zwar angebohren/ das erſtere
aber durch Erfahrung erlanget werden
muß. Die hierzu noͤthigen Ausuͤbungen aber
wuͤrde Zweifels-frey hindern/ wo nicht gar ſtoͤ-
ren eine uͤbereilte Heyrath/ als der wahrhafte
Stein des Anſtoſſens derer/ die auf der Renne-
Bahn der Ehren gleich ruͤhmlich einlegen/ ja
auch einen guten Vorſprung haben. Denn
ein ſich verheyrathender giebet dem Gluͤcke/ wel-
ches ſonſt uͤber die Tugend nichts zu gebieten
hat/ ſchon den Zuͤgel in die Hand. Da er vor
nichts als Ehre zu gewinnen trachtete/ fuͤrchtet
er hernach nichts als ſein Weib und Kinder ein-
zubuͤſſen/ welche ihm bey allen kuͤhnen Unter-
[Spaltenumbruch] fangungen fuͤr dem Geſichte herumb irren/ und
nicht anders als traurige Geſpenſte alles Un-
gluͤck wahrſagen. Er iſt luͤſtern nach dem Rau-
che von Jthaca/ und verſpielet daruͤber etliche
Laͤnder; er ſeufzet nach ſeiner Penelope/ und
vergiſſet des unſterblichen Nachruhms; er wa-
get keine Schlacht unter dem Vorwand des er-
mangelnden Befehls von Hofe; er hebet Belaͤ-
gerungen der ſchon ſich zur Ergebung verſtehen-
den Feſtungen auf/ wormit er nur das Bette
ſeines ihn in geheim beruffenden Ehweibes be-
ſteigen koͤnne. Er ſchaͤtzt es fuͤr Grauſamkeit
ſeinem Hauſe Abbruch thun/ wenn er ſchon ſein
Vaterland daruͤber in Stich ſetzt. Sein Kum-
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laſſen/ und wie er ſeinen Soͤhnen die Anwart-
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moͤgen gleich darzu geſchickt ſeyn oder nicht.
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Staffel in Abgrund verfallen; und der groſſe
Mithridates hat/ umb ſich ſelbſt den Feſſeln
und Untergange zu entziehen/ ſeine Sebel in
ſeiner eigenen Gemahlinnen Blute waſchen
muͤſſen. Ja das Oppiſche und andere Geſetze
hat den Landvoͤgten ihre Ehe-Weiber in die zu
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men verboten. Sintemal dieſes Geſchlechte
beym Frieden Uppigkeit/ beym Kriege Schre-
cken/ beym Aufbruche Unordnung/ bey den
Maͤnnern Mißbrauch der Schatzungen/ bey
den Unterthanen Schwuͤrigkeit verurſacht/ und/
wie viel Schwachheiten ſelbtem gleich ankleben/
doch bey gutem Gluͤcke ſich aus Ehrgeitz des Ge-
bietens anmaſſet. Nach dem ſich denn die dem
Vaterlande und denen Seinigen ſchuldige Lie-
be ſo ſchwer eintheilen laͤſt/ zweifele ich nicht/ es
werde die/ von der ich nicht nur das Leben/ ſon-
dern auch den Reitz zur Tugend erlangt/ ihr mehr
meine zu ruͤhmlichen Entſchluͤſſungen dienende
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Livia begegnete dem Druſus: Er thue dem hei-

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[397/0451] Arminius und Thußnelda. Platze der Weltumb; ich zweifele/ daß weder die Liebe noch die Ehre dir eine vollkommenere Ge- mahlin ausleſen koͤnne/ als die der Kaͤyſer und ich dir beſtimmet/ nehmlich die unvergleichliche Antonia. Dieſe haſt du nunmehro ohne fer- nere Zeitverlierung zu erkieſen/ da du den Kaͤy- ſer vergnuͤgen/ mich erfreuen/ und dein eigenes Gluͤcke befeſtigen wilſt. Druſus fiel nach beſchloſſener Rede Livien zu Fuſſe/ und fing ge- gen ihr an: Jch wuͤrde/ allerliebſte Mutter/ fuͤr ihr erſtummen muͤſſen/ wenn gleich Kinder an- dern Muͤttern ihre Wolthaten verdancken koͤn- ten. Denn ich erkenne die Ubermaaß ihrer Verdienſte/ und das Unvermoͤgen meiner Ab- ſchuldung. Sie hat mich geleitet zur Tugend/ und das Thor aufgeſchloſſen der Ehren. Jch erkenne ihre wohl-gemeynte Abzielung/ und ich werde uͤber ihren Urtheln keinen hoͤhern Richter ſuchen. Aber nachdem hohe Wuͤrden zwar durch Verbindnuͤſſe befeſtiget/ durch die Tugend aber erworben werden muͤſſen/ duͤncket mich/ ich wuͤrde durch Ubereilung mich ſelbſt ſtuͤrtzen/ da ich nicht den Anſprung von der Tugend nehme. Meine Kriegs - Ubungen ſind allererſt Erſtlinge der Tapferkeit/ keine Thaten/ die einen Kaͤyſerlichen Stuhl be- haupten koͤnten/ welcher auf Klugheit und Hertzhaftigkeit gegruͤndet werden muß; welches letztere zwar angebohren/ das erſtere aber durch Erfahrung erlanget werden muß. Die hierzu noͤthigen Ausuͤbungen aber wuͤrde Zweifels-frey hindern/ wo nicht gar ſtoͤ- ren eine uͤbereilte Heyrath/ als der wahrhafte Stein des Anſtoſſens derer/ die auf der Renne- Bahn der Ehren gleich ruͤhmlich einlegen/ ja auch einen guten Vorſprung haben. Denn ein ſich verheyrathender giebet dem Gluͤcke/ wel- ches ſonſt uͤber die Tugend nichts zu gebieten hat/ ſchon den Zuͤgel in die Hand. Da er vor nichts als Ehre zu gewinnen trachtete/ fuͤrchtet er hernach nichts als ſein Weib und Kinder ein- zubuͤſſen/ welche ihm bey allen kuͤhnen Unter- fangungen fuͤr dem Geſichte herumb irren/ und nicht anders als traurige Geſpenſte alles Un- gluͤck wahrſagen. Er iſt luͤſtern nach dem Rau- che von Jthaca/ und verſpielet daruͤber etliche Laͤnder; er ſeufzet nach ſeiner Penelope/ und vergiſſet des unſterblichen Nachruhms; er wa- get keine Schlacht unter dem Vorwand des er- mangelnden Befehls von Hofe; er hebet Belaͤ- gerungen der ſchon ſich zur Ergebung verſtehen- den Feſtungen auf/ wormit er nur das Bette ſeines ihn in geheim beruffenden Ehweibes be- ſteigen koͤnne. Er ſchaͤtzt es fuͤr Grauſamkeit ſeinem Hauſe Abbruch thun/ wenn er ſchon ſein Vaterland daruͤber in Stich ſetzt. Sein Kum- mer beſtehet in dem/ was er ſeinen Kindern ver- laſſen/ und wie er ſeinen Soͤhnen die Anwart- ſchafft der Aempter zuwege bringen moͤge; ſie moͤgen gleich darzu geſchickt ſeyn oder nicht. Antonius iſt durch Cleopatren von der hoͤchſten Staffel in Abgrund verfallen; und der groſſe Mithridates hat/ umb ſich ſelbſt den Feſſeln und Untergange zu entziehen/ ſeine Sebel in ſeiner eigenen Gemahlinnen Blute waſchen muͤſſen. Ja das Oppiſche und andere Geſetze hat den Landvoͤgten ihre Ehe-Weiber in die zu Verwaltung anvertrauten Laͤnder mitzuneh- men verboten. Sintemal dieſes Geſchlechte beym Frieden Uppigkeit/ beym Kriege Schre- cken/ beym Aufbruche Unordnung/ bey den Maͤnnern Mißbrauch der Schatzungen/ bey den Unterthanen Schwuͤrigkeit verurſacht/ und/ wie viel Schwachheiten ſelbtem gleich ankleben/ doch bey gutem Gluͤcke ſich aus Ehrgeitz des Ge- bietens anmaſſet. Nach dem ſich denn die dem Vaterlande und denen Seinigen ſchuldige Lie- be ſo ſchwer eintheilen laͤſt/ zweifele ich nicht/ es werde die/ von der ich nicht nur das Leben/ ſon- dern auch den Reitz zur Tugend erlangt/ ihr mehr meine zu ruͤhmlichen Entſchluͤſſungen dienende Freyheit gefallen laſſen/ als ſelbten durch fruͤh- zeitige Verheyrathung einen Kapzaum anlegen. Livia begegnete dem Druſus: Er thue dem hei- ligen D d d 3

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/451>, abgerufen am 26.06.2024.