Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Vierdtes Buch
[Spaltenumbruch] setzte ein anders über den Brigantinischen
See/ und kam den Rhetiern in Rücken; al-
so nach dem sie vor und hinterwerts angegrif-
fen wurden/ sie nach unterschiedenen harten
Treffen in die Gebürge zurück wichen. Nach
dem aber Tiberius Taxegetium/ Cur/ Bri-
gantz/ Vemania/ und Viaca/ Drusus Paero-
dun/ Abudiacum/ Esco/ Ambra/ Jsarisca und
Clavenna einnahm/ und an dem Lech in der
Stadt Damasia etliche tausend Römische Ge-
schlechter niedersetzte/ hingegen die streitbar-
sten Rhetier in Jtalien hin und wieder zerthei-
lete; musten sich diese Völcker nach mehrmahls
fruchtloß versuchten Auffstande nur endlich
für dem Drusus demüthigen und das Römi-
sche Joch auff sich nehmen. Allein die in Gal-
lien versetzten Rhetier thäten den Rö-
mern daselbst unbewaffnet mehr Schaden/
als vorhin in ihrem Vaterlande. Denn sie
nahmen der Gelegenheit wahr den Galliern
ihre schimpffliche Dienstbarkeit stachlicht zu
verweisen/ und sie so gar für Werckzeuge und
Fesselträger der Römischen Herrschafft zu
schelten; nach dem man so gar fremde der
Freyheit zugethane Völcker in Gallien gleich-
sam in ein genugsam sicheres Gefängniß bräch-
te. Wie nun diese Einhaltung unterschiedenen
fürnehmen Galliern tieff zu Gemüthe ging;
also unterliessen auch die benachbarten und zum
Theil in Gallien noch vermischten Deutschen
nicht/ insonderheit die Sicambrer und Usipe-
ter/ denen der glückselige Streich wider den
Lollius schon einst geglückt war/ ihnen in Oh-
ren zu liegen. Unter andern aber trug sich
zu: daß als der Käyser Augustus aus Spa-
nien in Gallien ankam/ der Römische Land-
pfleger alle Fürsten in Gallien nach der Stadt
Lugdun an dem Rhodan verschrieb/ den Käy-
ser daselbst mit desto grösserer Pracht zu be-
willkommen. Drey Tage nach des Käysers
Ankunfft fiel sein Geburts-Tag ein. Ob nun
[Spaltenumbruch] wohl August sich zu Rom aller übermäßigen
Ehre entschlug/ so verhing er gleichwohl/ daß
man daselbst seinen Geburts-Tag als heilig
mit Lust-Spielen und Jagten feyerte. Die
Ritterschafft hielte allerhand Rennen/ und
die Zunfften sammleten so gar das gantze Jahr
in eine Lade die Unkosten zu unterschiedenen
Freuden-Zeichen. Alle Stände gingen mit
grosser Ehrerbietung zu dem Pful des Cur-
tius/ und warffen dem Gott Summanus für
das Heil des Käysers eine Gabe hinein. Und
an diesem Tage durffte kein Ubelthäter verur-
theilet/ weniger abgethan werden. Alleine
in denen überwundenen Ländern hatte die
Heucheley der Landvögte diese Fest-Tage viel
herrlicher zu halten eingeführet/ auch August
solches mehrmahls gebillicht/ welcher für ein
Geheimniß seiner Herrschafft hielt sich zu
Rom kleiner/ anderwerts aber grösser/ als er
war/ zu machen/ und dort für einen Bürger/
anderwerts für einen Gott angesehen seyn
wolte. Jnsonderheit meinte dißmahl der Land-
vogt Qvintus Adginnius was ungemeines aus-
zuüben/ verschrieb also alle Fürsten und einen
Ausschuß des Adels nach Lugdun/ welche den
Käyser nebst zwey Römischen Legionen auffs
prächtigste einholeten. Ausserhalb der Stadt
war eine kostbare Ehren-Pforte gebauet/ wel-
che mit allerhand von dem Phönix genomme-
nen Sinne-Bildern bemahlet war. Auff der
rechten Seiten stand das Bild des Käysers/
über ihm war eine Welt-Kugel/ und darauff
ein Phönix gemahlet/ mit den Worten:
Der einige in dem einigen. Neben ihm
stand ein Phönix/ der gerade in die Sonne sa-
he/ mit der Veyschrifft: Gleich und gleich.
Auff der andern Seite flog ein junger Phö-
nix/ der eines andern verbrenntes Nest auff
ein der Sonne gewiedmetes Altar legte/ mit
der Uberschrifft: Heute dir/ morgen mir.

Bey

Vierdtes Buch
[Spaltenumbruch] ſetzte ein anders uͤber den Brigantiniſchen
See/ und kam den Rhetiern in Ruͤcken; al-
ſo nach dem ſie vor und hinterwerts angegrif-
fen wurden/ ſie nach unterſchiedenen harten
Treffen in die Gebuͤrge zuruͤck wichen. Nach
dem aber Tiberius Taxegetium/ Cur/ Bri-
gantz/ Vemania/ und Viaca/ Druſus Paero-
dun/ Abudiacum/ Eſco/ Ambra/ Jſariſca und
Clavenna einnahm/ und an dem Lech in der
Stadt Damaſia etliche tauſend Roͤmiſche Ge-
ſchlechter niederſetzte/ hingegen die ſtreitbar-
ſten Rhetier in Jtalien hin und wieder zerthei-
lete; muſten ſich dieſe Voͤlcker nach mehrmahls
fruchtloß verſuchten Auffſtande nur endlich
fuͤr dem Druſus demuͤthigen und das Roͤmi-
ſche Joch auff ſich nehmen. Allein die in Gal-
lien verſetzten Rhetier thaͤten den Roͤ-
mern daſelbſt unbewaffnet mehr Schaden/
als vorhin in ihrem Vaterlande. Denn ſie
nahmen der Gelegenheit wahr den Galliern
ihre ſchimpffliche Dienſtbarkeit ſtachlicht zu
verweiſen/ und ſie ſo gar fuͤr Werckzeuge und
Feſſeltraͤger der Roͤmiſchen Herrſchafft zu
ſchelten; nach dem man ſo gar fremde der
Freyheit zugethane Voͤlcker in Gallien gleich-
ſam in ein genugſam ſicheres Gefaͤngniß braͤch-
te. Wie nun dieſe Einhaltung unterſchiedenen
fuͤrnehmen Galliern tieff zu Gemuͤthe ging;
alſo unterlieſſen auch die benachbarten und zum
Theil in Gallien noch vermiſchten Deutſchen
nicht/ inſonderheit die Sicambrer und Uſipe-
ter/ denen der gluͤckſelige Streich wider den
Lollius ſchon einſt gegluͤckt war/ ihnen in Oh-
ren zu liegen. Unter andern aber trug ſich
zu: daß als der Kaͤyſer Auguſtus aus Spa-
nien in Gallien ankam/ der Roͤmiſche Land-
pfleger alle Fuͤrſten in Gallien nach der Stadt
Lugdun an dem Rhodan verſchrieb/ den Kaͤy-
ſer daſelbſt mit deſto groͤſſerer Pracht zu be-
willkommen. Drey Tage nach des Kaͤyſers
Ankunfft fiel ſein Geburts-Tag ein. Ob nun
[Spaltenumbruch] wohl Auguſt ſich zu Rom aller uͤbermaͤßigen
Ehre entſchlug/ ſo verhing er gleichwohl/ daß
man daſelbſt ſeinen Geburts-Tag als heilig
mit Luſt-Spielen und Jagten feyerte. Die
Ritterſchafft hielte allerhand Rennen/ und
die Zunfften ſammleten ſo gar das gantze Jahr
in eine Lade die Unkoſten zu unterſchiedenen
Freuden-Zeichen. Alle Staͤnde gingen mit
groſſer Ehrerbietung zu dem Pful des Cur-
tius/ und warffen dem Gott Summanus fuͤr
das Heil des Kaͤyſers eine Gabe hinein. Und
an dieſem Tage durffte kein Ubelthaͤter verur-
theilet/ weniger abgethan werden. Alleine
in denen uͤberwundenen Laͤndern hatte die
Heucheley der Landvoͤgte dieſe Feſt-Tage viel
herrlicher zu halten eingefuͤhret/ auch Auguſt
ſolches mehrmahls gebillicht/ welcher fuͤr ein
Geheimniß ſeiner Herrſchafft hielt ſich zu
Rom kleiner/ anderwerts aber groͤſſer/ als er
war/ zu machen/ und dort fuͤr einen Buͤrger/
anderwerts fuͤr einen Gott angeſehen ſeyn
wolte. Jnſonderheit meinte dißmahl der Land-
vogt Qvintus Adginnius was ungemeines aus-
zuuͤben/ verſchrieb alſo alle Fuͤrſten und einen
Ausſchuß des Adels nach Lugdun/ welche den
Kaͤyſer nebſt zwey Roͤmiſchen Legionen auffs
praͤchtigſte einholeten. Auſſerhalb der Stadt
war eine koſtbare Ehren-Pforte gebauet/ wel-
che mit allerhand von dem Phoͤnix genomme-
nen Sinne-Bildern bemahlet war. Auff der
rechten Seiten ſtand das Bild des Kaͤyſers/
uͤber ihm war eine Welt-Kugel/ und darauff
ein Phoͤnix gemahlet/ mit den Worten:
Der einige in dem einigen. Neben ihm
ſtand ein Phoͤnix/ der gerade in die Sonne ſa-
he/ mit der Veyſchrifft: Gleich und gleich.
Auff der andern Seite flog ein junger Phoͤ-
nix/ der eines andern verbrenntes Neſt auff
ein der Sonne gewiedmetes Altar legte/ mit
der Uberſchrifft: Heute dir/ morgen mir.

Bey
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0408" n="354"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vierdtes Buch</hi></fw><lb/><cb/>
&#x017F;etzte ein anders u&#x0364;ber den Brigantini&#x017F;chen<lb/>
See/ und kam den Rhetiern in Ru&#x0364;cken; al-<lb/>
&#x017F;o nach dem &#x017F;ie vor und hinterwerts angegrif-<lb/>
fen wurden/ &#x017F;ie nach unter&#x017F;chiedenen harten<lb/>
Treffen in die Gebu&#x0364;rge zuru&#x0364;ck wichen. Nach<lb/>
dem aber Tiberius Taxegetium/ Cur/ Bri-<lb/>
gantz/ Vemania/ und Viaca/ Dru&#x017F;us Paero-<lb/>
dun/ Abudiacum/ E&#x017F;co/ Ambra/ J&#x017F;ari&#x017F;ca und<lb/>
Clavenna einnahm/ und an dem Lech in der<lb/>
Stadt Dama&#x017F;ia etliche tau&#x017F;end Ro&#x0364;mi&#x017F;che Ge-<lb/>
&#x017F;chlechter nieder&#x017F;etzte/ hingegen die &#x017F;treitbar-<lb/>
&#x017F;ten Rhetier in Jtalien hin und wieder zerthei-<lb/>
lete; mu&#x017F;ten &#x017F;ich die&#x017F;e Vo&#x0364;lcker nach mehrmahls<lb/>
fruchtloß ver&#x017F;uchten Auff&#x017F;tande nur endlich<lb/>
fu&#x0364;r dem Dru&#x017F;us demu&#x0364;thigen und das Ro&#x0364;mi-<lb/>
&#x017F;che Joch auff &#x017F;ich nehmen. Allein die in Gal-<lb/>
lien ver&#x017F;etzten Rhetier tha&#x0364;ten den Ro&#x0364;-<lb/>
mern da&#x017F;elb&#x017F;t unbewaffnet mehr Schaden/<lb/>
als vorhin in ihrem Vaterlande. Denn &#x017F;ie<lb/>
nahmen der Gelegenheit wahr den Galliern<lb/>
ihre &#x017F;chimpffliche Dien&#x017F;tbarkeit &#x017F;tachlicht zu<lb/>
verwei&#x017F;en/ und &#x017F;ie &#x017F;o gar fu&#x0364;r Werckzeuge und<lb/>
Fe&#x017F;&#x017F;eltra&#x0364;ger der Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Herr&#x017F;chafft zu<lb/>
&#x017F;chelten; nach dem man &#x017F;o gar fremde der<lb/>
Freyheit zugethane Vo&#x0364;lcker in Gallien gleich-<lb/>
&#x017F;am in ein genug&#x017F;am &#x017F;icheres Gefa&#x0364;ngniß bra&#x0364;ch-<lb/>
te. Wie nun die&#x017F;e Einhaltung unter&#x017F;chiedenen<lb/>
fu&#x0364;rnehmen Galliern tieff zu Gemu&#x0364;the ging;<lb/>
al&#x017F;o unterlie&#x017F;&#x017F;en auch die benachbarten und zum<lb/>
Theil in Gallien noch vermi&#x017F;chten Deut&#x017F;chen<lb/>
nicht/ in&#x017F;onderheit die Sicambrer und U&#x017F;ipe-<lb/>
ter/ denen der glu&#x0364;ck&#x017F;elige Streich wider den<lb/>
Lollius &#x017F;chon ein&#x017F;t geglu&#x0364;ckt war/ ihnen in Oh-<lb/>
ren zu liegen. Unter andern aber trug &#x017F;ich<lb/>
zu: daß als der Ka&#x0364;y&#x017F;er Augu&#x017F;tus aus Spa-<lb/>
nien in Gallien ankam/ der Ro&#x0364;mi&#x017F;che Land-<lb/>
pfleger alle Fu&#x0364;r&#x017F;ten in Gallien nach der Stadt<lb/>
Lugdun an dem Rhodan ver&#x017F;chrieb/ den Ka&#x0364;y-<lb/>
&#x017F;er da&#x017F;elb&#x017F;t mit de&#x017F;to gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erer Pracht zu be-<lb/>
willkommen. Drey Tage nach des Ka&#x0364;y&#x017F;ers<lb/>
Ankunfft fiel &#x017F;ein Geburts-Tag ein. Ob nun<lb/><cb/>
wohl Augu&#x017F;t &#x017F;ich zu Rom aller u&#x0364;berma&#x0364;ßigen<lb/>
Ehre ent&#x017F;chlug/ &#x017F;o verhing er gleichwohl/ daß<lb/>
man da&#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;einen Geburts-Tag als heilig<lb/>
mit Lu&#x017F;t-Spielen und Jagten feyerte. Die<lb/>
Ritter&#x017F;chafft hielte allerhand Rennen/ und<lb/>
die Zunfften &#x017F;ammleten &#x017F;o gar das gantze Jahr<lb/>
in eine Lade die Unko&#x017F;ten zu unter&#x017F;chiedenen<lb/>
Freuden-Zeichen. Alle Sta&#x0364;nde gingen mit<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;er Ehrerbietung zu dem Pful des Cur-<lb/>
tius/ und warffen dem Gott Summanus fu&#x0364;r<lb/>
das Heil des Ka&#x0364;y&#x017F;ers eine Gabe hinein. Und<lb/>
an die&#x017F;em Tage durffte kein Ubeltha&#x0364;ter verur-<lb/>
theilet/ weniger abgethan werden. Alleine<lb/>
in denen u&#x0364;berwundenen La&#x0364;ndern hatte die<lb/>
Heucheley der Landvo&#x0364;gte die&#x017F;e Fe&#x017F;t-Tage viel<lb/>
herrlicher zu halten eingefu&#x0364;hret/ auch Augu&#x017F;t<lb/>
&#x017F;olches mehrmahls gebillicht/ welcher fu&#x0364;r ein<lb/>
Geheimniß &#x017F;einer Herr&#x017F;chafft hielt &#x017F;ich zu<lb/>
Rom kleiner/ anderwerts aber gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er/ als er<lb/>
war/ zu machen/ und dort fu&#x0364;r einen Bu&#x0364;rger/<lb/>
anderwerts fu&#x0364;r einen Gott ange&#x017F;ehen &#x017F;eyn<lb/>
wolte. Jn&#x017F;onderheit meinte dißmahl der Land-<lb/>
vogt Qvintus Adginnius was ungemeines aus-<lb/>
zuu&#x0364;ben/ ver&#x017F;chrieb al&#x017F;o alle Fu&#x0364;r&#x017F;ten und einen<lb/>
Aus&#x017F;chuß des Adels nach Lugdun/ welche den<lb/>
Ka&#x0364;y&#x017F;er neb&#x017F;t zwey Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Legionen auffs<lb/>
pra&#x0364;chtig&#x017F;te einholeten. Au&#x017F;&#x017F;erhalb der Stadt<lb/>
war eine ko&#x017F;tbare Ehren-Pforte gebauet/ wel-<lb/>
che mit allerhand von dem Pho&#x0364;nix genomme-<lb/>
nen Sinne-Bildern bemahlet war. Auff der<lb/>
rechten Seiten &#x017F;tand das Bild des Ka&#x0364;y&#x017F;ers/<lb/>
u&#x0364;ber ihm war eine Welt-Kugel/ und darauff<lb/>
ein Pho&#x0364;nix gemahlet/ mit den Worten:<lb/><hi rendition="#fr">Der einige in dem einigen.</hi> Neben ihm<lb/>
&#x017F;tand ein Pho&#x0364;nix/ der gerade in die Sonne &#x017F;a-<lb/>
he/ mit der Vey&#x017F;chrifft: <hi rendition="#fr">Gleich und gleich.</hi><lb/>
Auff der andern Seite flog ein junger Pho&#x0364;-<lb/>
nix/ der eines andern verbrenntes Ne&#x017F;t auff<lb/>
ein der Sonne gewiedmetes Altar legte/ mit<lb/>
der Uber&#x017F;chrifft: <hi rendition="#fr">Heute dir/ morgen mir.</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Bey</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[354/0408] Vierdtes Buch ſetzte ein anders uͤber den Brigantiniſchen See/ und kam den Rhetiern in Ruͤcken; al- ſo nach dem ſie vor und hinterwerts angegrif- fen wurden/ ſie nach unterſchiedenen harten Treffen in die Gebuͤrge zuruͤck wichen. Nach dem aber Tiberius Taxegetium/ Cur/ Bri- gantz/ Vemania/ und Viaca/ Druſus Paero- dun/ Abudiacum/ Eſco/ Ambra/ Jſariſca und Clavenna einnahm/ und an dem Lech in der Stadt Damaſia etliche tauſend Roͤmiſche Ge- ſchlechter niederſetzte/ hingegen die ſtreitbar- ſten Rhetier in Jtalien hin und wieder zerthei- lete; muſten ſich dieſe Voͤlcker nach mehrmahls fruchtloß verſuchten Auffſtande nur endlich fuͤr dem Druſus demuͤthigen und das Roͤmi- ſche Joch auff ſich nehmen. Allein die in Gal- lien verſetzten Rhetier thaͤten den Roͤ- mern daſelbſt unbewaffnet mehr Schaden/ als vorhin in ihrem Vaterlande. Denn ſie nahmen der Gelegenheit wahr den Galliern ihre ſchimpffliche Dienſtbarkeit ſtachlicht zu verweiſen/ und ſie ſo gar fuͤr Werckzeuge und Feſſeltraͤger der Roͤmiſchen Herrſchafft zu ſchelten; nach dem man ſo gar fremde der Freyheit zugethane Voͤlcker in Gallien gleich- ſam in ein genugſam ſicheres Gefaͤngniß braͤch- te. Wie nun dieſe Einhaltung unterſchiedenen fuͤrnehmen Galliern tieff zu Gemuͤthe ging; alſo unterlieſſen auch die benachbarten und zum Theil in Gallien noch vermiſchten Deutſchen nicht/ inſonderheit die Sicambrer und Uſipe- ter/ denen der gluͤckſelige Streich wider den Lollius ſchon einſt gegluͤckt war/ ihnen in Oh- ren zu liegen. Unter andern aber trug ſich zu: daß als der Kaͤyſer Auguſtus aus Spa- nien in Gallien ankam/ der Roͤmiſche Land- pfleger alle Fuͤrſten in Gallien nach der Stadt Lugdun an dem Rhodan verſchrieb/ den Kaͤy- ſer daſelbſt mit deſto groͤſſerer Pracht zu be- willkommen. Drey Tage nach des Kaͤyſers Ankunfft fiel ſein Geburts-Tag ein. Ob nun wohl Auguſt ſich zu Rom aller uͤbermaͤßigen Ehre entſchlug/ ſo verhing er gleichwohl/ daß man daſelbſt ſeinen Geburts-Tag als heilig mit Luſt-Spielen und Jagten feyerte. Die Ritterſchafft hielte allerhand Rennen/ und die Zunfften ſammleten ſo gar das gantze Jahr in eine Lade die Unkoſten zu unterſchiedenen Freuden-Zeichen. Alle Staͤnde gingen mit groſſer Ehrerbietung zu dem Pful des Cur- tius/ und warffen dem Gott Summanus fuͤr das Heil des Kaͤyſers eine Gabe hinein. Und an dieſem Tage durffte kein Ubelthaͤter verur- theilet/ weniger abgethan werden. Alleine in denen uͤberwundenen Laͤndern hatte die Heucheley der Landvoͤgte dieſe Feſt-Tage viel herrlicher zu halten eingefuͤhret/ auch Auguſt ſolches mehrmahls gebillicht/ welcher fuͤr ein Geheimniß ſeiner Herrſchafft hielt ſich zu Rom kleiner/ anderwerts aber groͤſſer/ als er war/ zu machen/ und dort fuͤr einen Buͤrger/ anderwerts fuͤr einen Gott angeſehen ſeyn wolte. Jnſonderheit meinte dißmahl der Land- vogt Qvintus Adginnius was ungemeines aus- zuuͤben/ verſchrieb alſo alle Fuͤrſten und einen Ausſchuß des Adels nach Lugdun/ welche den Kaͤyſer nebſt zwey Roͤmiſchen Legionen auffs praͤchtigſte einholeten. Auſſerhalb der Stadt war eine koſtbare Ehren-Pforte gebauet/ wel- che mit allerhand von dem Phoͤnix genomme- nen Sinne-Bildern bemahlet war. Auff der rechten Seiten ſtand das Bild des Kaͤyſers/ uͤber ihm war eine Welt-Kugel/ und darauff ein Phoͤnix gemahlet/ mit den Worten: Der einige in dem einigen. Neben ihm ſtand ein Phoͤnix/ der gerade in die Sonne ſa- he/ mit der Veyſchrifft: Gleich und gleich. Auff der andern Seite flog ein junger Phoͤ- nix/ der eines andern verbrenntes Neſt auff ein der Sonne gewiedmetes Altar legte/ mit der Uberſchrifft: Heute dir/ morgen mir. Bey

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/408
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/408>, abgerufen am 13.05.2024.