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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] gesinnte hielten zwar den Nachruhm für einen
Rauch; aber dieser wäre die süsseste Speise der
Seelen/ wie der von den Opffern auffsteigen-
de Dampff eine Annehmligkeit GOttes. Al-
le andere Dinge verleschten; das Gedächtnüß
der Tugend aber erleuchtete die fernsten und fin-
stersten Zeiten. Dieses herrlichen Glantzes hal-
ber hätten die Alten/ welche die Ehre für eine
Gottheit gehalten/ selbter eben so/ wie dem Sa-
turn/ oder der durch ihn vor gebildeten Zeit/ mit
blossen Häuptern geopfert; gleich als wenn nur
diese zwey Gottheiten nicht verfinstert werden
könten. Mit einem Worte: Jn dem Nach-
ruhme bestünde alleine die irrdische Glückselig-
keit/ und die Ehre wäre die einige Köstligkeit/
wormit man Gott selbst beschencken könte. Ja
der tugendhaften Gemüther Vegierde/ nach ih-
rem Tode ein rühmliches Andencken zu behal-
ten/ wäre kein geringer Beweiß für die Unsterb-
ligkeit der Seelen. Jn solchem Absehen könte
wohl geschehen/ daß das Bild des Drusus alldar
aufgesetzt würde; die Altar-Taffel aber gereich-
te zu Abbruch ihres reinen Gottes-Diensts. Die
Fürsten nahmen des Priesters Urtheil/ als einen
Göttlichen Außspruch an/ und der Feldherr be-
fahl hierauf/ des Drusus Bild aufzurichten/ die
Taffel aber zu zerbrechen.

Bey dieser Unterredung lieffen dem Feld-
herrn wichtige Schreiben ein/ welche veranlaß-
ten/ daß er sich mit dem Hertzog Jubil/ Arpus/
Sigismund und Melo zur Berathschlagung in
Tempel verfügte/ den Fürsten Adgandester aber
zu Unterhaltung des Fürsten Rhemetalces und
Malovends hinterließ/ welche inzwischen der
Zermalmung der herrlichen Taffel zuschaueten.
Rhemetalces fragte hierauf den Adgandester:
Ob diß alles/ was in der Uberschrift vom Drusus
erwehnt würde/ der Warheit gemäß wäre? Die-
ser antwortete: Seine und der Deutschen Red-
ligkeit wäre nicht gewohnt eigene Fehler zu über-
firnßen/ fremden Ruhm aber mit dem Schwamme
[Spaltenumbruch] der Mißgunst zu verwischen; also müste er geste-
hen daß daran wenig zuviel geschrieben wäre. Die-
ser Drusus/ sagte er/ des Nero rechter/ des Käy-
sers Stieffsohn/ den Livia erst nach der mit dem
Käyser schon erfolgten Vermählung gebohren
hatte/ hat wenig Römer seines gleichen gehabt/
keiner aber in Deutschland mehr ausgerichtet.
Seine Geschickligkeit übereilete das Alter/ und
der Verstand kam den Jahren zuvor. Deß-
wegen erlaubte ihm auch Augustus/ daß er fünff
Jahr eher/ als es die Gewonheit zu Rom mit-
brachte/ öffentliche Aemter bediente. Wie er
denn auch alsofort als Tiberius der damahlige
Römische Stadtvogt mit dem Käyser in Galli-
en zoh/ sein Amt inzwischen rühmlich vertrat.
Kurtz hierauff ereignete sich/ daß/ nach dem der
Marckmänner König die Bojen/ ein Volck
dem Ursprunge nach aus Gallien/ aus ihrem
Sitz an der Moldau/ Elbe und Eger vertrie-
ben/ dieses aber sich bey den Rhetiern und Vin-
delichern mit dem Könige Segovesus nieder-
gelassen hatte/ diese vermischten Völcker theils
aus angebohrner kriegerischen Art/ theils weil
ihre Felsen ihnen zu enge werden wolten/ nicht
nur in Gallien zum öfftern Einfälle thäten/ son-
dern auch gar aus Jtalien Raub holeten/ ja von
den Römern selbst Schatzung foderten und ihrer
Stadt dräueten. Uber diß hielten sie alle durch
ihre Länder reisende und mit den Römern/ nicht
aber mit ihnen verbundene Personen an; setzten
denen sich darüber beschwerenden Nachbarn
entgegen: Es wäre bey ihnen ein altes Her-
kommen/ daß wer nicht ihr Bundes-Genosse
wäre/ oder ihnen Schatzung gebe/ für Feind
gehalten würde. Rhemetalces fing an: Jch hö-
re wohl/ die Rhetier sind derselben Weltweisen
Meinung/ welche den insgemein geglaubten
Wahn/ samb die Natur die Menschen durch
einen geheimen Zug vereinbarte und zu Unter-
haltung der Gemeinschafft triebe/ verdammen/
sondern die für einander habende Furcht sie in

Gesell-
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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] geſinnte hielten zwar den Nachruhm fuͤr einen
Rauch; aber dieſer waͤre die ſuͤſſeſte Speiſe der
Seelen/ wie der von den Opffern auffſteigen-
de Dampff eine Annehmligkeit GOttes. Al-
le andere Dinge verleſchten; das Gedaͤchtnuͤß
der Tugend aber erleuchtete die fernſten und fin-
ſterſten Zeiten. Dieſes herrlichen Glantzes hal-
ber haͤtten die Alten/ welche die Ehre fuͤr eine
Gottheit gehalten/ ſelbter eben ſo/ wie dem Sa-
turn/ oder der durch ihn vor gebildeten Zeit/ mit
bloſſen Haͤuptern geopfert; gleich als wenn nur
dieſe zwey Gottheiten nicht verfinſtert werden
koͤnten. Mit einem Worte: Jn dem Nach-
ruhme beſtuͤnde alleine die irrdiſche Gluͤckſelig-
keit/ und die Ehre waͤre die einige Koͤſtligkeit/
wormit man Gott ſelbſt beſchencken koͤnte. Ja
der tugendhaften Gemuͤther Vegierde/ nach ih-
rem Tode ein ruͤhmliches Andencken zu behal-
ten/ waͤre kein geringer Beweiß fuͤr die Unſterb-
ligkeit der Seelen. Jn ſolchem Abſehen koͤnte
wohl geſchehen/ daß das Bild des Druſus alldar
aufgeſetzt wuͤrde; die Altar-Taffel aber gereich-
te zu Abbruch ihres reinen Gottes-Dienſts. Die
Fuͤrſten nahmen des Prieſters Urtheil/ als einen
Goͤttlichen Außſpruch an/ und der Feldherr be-
fahl hierauf/ des Druſus Bild aufzurichten/ die
Taffel aber zu zerbrechen.

Bey dieſer Unterredung lieffen dem Feld-
herrn wichtige Schreiben ein/ welche veranlaß-
ten/ daß er ſich mit dem Hertzog Jubil/ Arpus/
Sigismund und Melo zur Berathſchlagung in
Tempel verfuͤgte/ den Fuͤrſten Adgandeſter aber
zu Unterhaltung des Fuͤrſten Rhemetalces und
Malovends hinterließ/ welche inzwiſchen der
Zermalmung der herrlichen Taffel zuſchaueten.
Rhemetalces fragte hierauf den Adgandeſter:
Ob diß alles/ was in der Uberſchrift vom Druſus
erwehnt wuͤrde/ der Warheit gemaͤß waͤre? Die-
ſer antwortete: Seine und der Deutſchen Red-
ligkeit waͤre nicht gewohnt eigene Fehler zu uͤber-
firnßen/ fremden Ruhm aber mit dem Schwam̃e
[Spaltenumbruch] der Mißgunſt zu verwiſchen; alſo muͤſte er geſte-
hen daß daꝛan wenig zuviel geſchriebẽ waͤꝛe. Die-
ſer Druſus/ ſagte er/ des Nero rechter/ des Kaͤy-
ſers Stieffſohn/ den Livia erſt nach der mit dem
Kaͤyſer ſchon erfolgten Vermaͤhlung gebohren
hatte/ hat wenig Roͤmer ſeines gleichen gehabt/
keiner aber in Deutſchland mehr ausgerichtet.
Seine Geſchickligkeit uͤbereilete das Alter/ und
der Verſtand kam den Jahren zuvor. Deß-
wegen erlaubte ihm auch Auguſtus/ daß er fuͤnff
Jahr eher/ als es die Gewonheit zu Rom mit-
brachte/ oͤffentliche Aemter bediente. Wie er
denn auch alſofort als Tiberius der damahlige
Roͤmiſche Stadtvogt mit dem Kaͤyſer in Galli-
en zoh/ ſein Amt inzwiſchen ruͤhmlich vertrat.
Kurtz hierauff ereignete ſich/ daß/ nach dem der
Marckmaͤnner Koͤnig die Bojen/ ein Volck
dem Urſprunge nach aus Gallien/ aus ihrem
Sitz an der Moldau/ Elbe und Eger vertrie-
ben/ dieſes aber ſich bey den Rhetiern und Vin-
delichern mit dem Koͤnige Segoveſus nieder-
gelaſſen hatte/ dieſe vermiſchten Voͤlcker theils
aus angebohrner kriegeriſchen Art/ theils weil
ihre Felſen ihnen zu enge werden wolten/ nicht
nur in Gallien zum oͤfftern Einfaͤlle thaͤten/ ſon-
dern auch gar aus Jtalien Raub holeten/ ja von
den Roͤmern ſelbſt Schatzung foderten und ihrer
Stadt draͤueten. Uber diß hielten ſie alle durch
ihre Laͤnder reiſende und mit den Roͤmern/ nicht
aber mit ihnen verbundene Perſonen an; ſetzten
denen ſich daruͤber beſchwerenden Nachbarn
entgegen: Es waͤre bey ihnen ein altes Her-
kommen/ daß wer nicht ihr Bundes-Genoſſe
waͤre/ oder ihnen Schatzung gebe/ fuͤr Feind
gehalten wuͤrde. Rhemetalces fing an: Jch hoͤ-
re wohl/ die Rhetier ſind derſelben Weltweiſen
Meinung/ welche den insgemein geglaubten
Wahn/ ſamb die Natur die Menſchen durch
einen geheimen Zug vereinbarte und zu Unter-
haltung der Gemeinſchafft triebe/ verdammen/
ſondern die fuͤr einander habende Furcht ſie in

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/403>, abgerufen am 13.05.2024.