Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. Die Weser verchret ihn/die er unter den Römern am ersten überschritten/ und allhier zwischen ihr festen Fuß gesetzt. Die Elbe bewillkommet ihn/ weil sie für ihm keinen Römer gesehen hat. Das Nord-Meer verwundert sich über ihm; weil er auf selbtem die ersten Römischen Flacken aufgesteckt. Seiner Tapfferkeit schafften weder die Feinde mit ihren Waffen/ die Gebürge mit ihren Klippen/ die Flüsse mit ihren Strömen/ die Lufft mit Gespenstern/ noch die Träume mit ihren Schrecknüssen einige Hindernüß. Ja die Natur war nicht nur zuschwach ihm ir gendswo einen Rügel fürzuschieben/ sondern er selbst änderte die Gräntz-Mahle der Natur; in dem er den Rhein mit der Jsel vermählte/ in Deutschland neue Eylande machte/ den Nachkommen aber den Weg zeigete/ durch Zusammenschneidung der Arar und Mosel/ das grosse Welt-Meer mit dem Mittelländischen zu vereinbarn. Seine Gestalt bezauberte die Hertzen der Anschauer/ seine Tugend gewan die Gewogenheit des Himmels/ welche von nichts als seiner Sanfftmuth übertroffen ward. Denn/ ob er zwar wie der Blitz alles ihm widerstrebende zermalmete/ so versehrte er doch nichts/ was sich dem üthigte. Ob er schon die Sicambrer durchs Schwerd/ die Us[i]peter durch Feuer verheerte/ so nahm er doch die Schwaben freundlich auf/ Er riß den Cheruskern die Palmen aus den Händen/ wormit er den Friesen Oelzweige einhändigte. Er vergnügte sich an dieser gezinßten Ochsenhäuten/ und versorgte die Schwaben mit einem tauglichen Könige. Seine eigene Feinde netzten seine Asche mit Thränen/ weil niemand bey seinem Leben über ihn hatte weinen dörffen. Seine Wolthätigkeit hatte kein Maaß/ seine Großmüthigkeit kein Ziel; Wenn die gütigen oder mißgünstigen Götter in weiblicher Gestalt/ mit der er auch unter den Sterblichen zu kämpffen verkleinerlich hielt/ selbtes an dem Ufer der Elbe/ nicht so wol seinen Wercken/ als seinem Leben gesteckt hätten. Dann/ nach Erster Theil. U u
Arminius und Thußnelda. Die Weſer verchret ihn/die er unter den Roͤmern am erſten uͤberſchritten/ und allhier zwiſchen ihr feſten Fuß geſetzt. Die Elbe bewillkommet ihn/ weil ſie fuͤr ihm keinen Roͤmer geſehen hat. Das Nord-Meer verwundert ſich uͤber ihm; weil er auf ſelbtem die erſten Roͤmiſchen Flacken aufgeſteckt. Seiner Tapfferkeit ſchafften weder die Feinde mit ihren Waffen/ die Gebuͤrge mit ihren Klippen/ die Fluͤſſe mit ihren Stroͤmen/ die Lufft mit Geſpenſtern/ noch die Traͤume mit ihren Schrecknuͤſſen einige Hindernuͤß. Ja die Natur war nicht nur zuſchwach ihm ir gendswo einen Ruͤgel fuͤrzuſchieben/ ſondern er ſelbſt aͤnderte die Graͤntz-Mahle der Natur; in dem er den Rhein mit der Jſel vermaͤhlte/ in Deutſchland neue Eylande machte/ den Nachkommen aber den Weg zeigete/ durch Zuſammenſchneidung der Arar und Moſel/ das groſſe Welt-Meer mit dem Mittellaͤndiſchen zu vereinbarn. Seine Geſtalt bezauberte die Hertzen der Anſchauer/ ſeine Tugend gewan die Gewogenheit des Himmels/ welche von nichts als ſeiner Sanfftmuth uͤbertroffen ward. Denn/ ob er zwar wie der Blitz alles ihm widerſtrebende zermalmete/ ſo verſehrte er doch nichts/ was ſich dem uͤthigte. Ob er ſchon die Sicambrer durchs Schwerd/ die Uſ[i]peter durch Feuer verheerte/ ſo nahm er doch die Schwaben freundlich auf/ Er riß den Cheruskern die Palmen aus den Haͤnden/ wormit er den Frieſen Oelzweige einhaͤndigte. Er vergnuͤgte ſich an dieſer gezinßten Ochſenhaͤuten/ und verſorgte die Schwaben mit einem tauglichen Koͤnige. Seine eigene Feinde netzten ſeine Aſche mit Thraͤnen/ weil niemand bey ſeinem Leben uͤber ihn hatte weinen doͤrffen. Seine Wolthaͤtigkeit hatte kein Maaß/ ſeine Großmuͤthigkeit kein Ziel; Wenn die guͤtigen oder mißguͤnſtigen Goͤtter in weiblicher Geſtalt/ mit der er auch unter den Sterblichen zu kaͤmpffen verkleinerlich hielt/ ſelbtes an dem Ufer der Elbe/ nicht ſo wol ſeinen Wercken/ als ſeinem Leben geſteckt haͤtten. Dann/ nach Erſter Theil. U u
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Arminius und Thußnelda.
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Die Elbe bewillkommet ihn/
weil ſie fuͤr ihm keinen Roͤmer geſehen hat.
Das Nord-Meer verwundert ſich uͤber ihm;
weil er auf ſelbtem die erſten Roͤmiſchen Flacken aufgeſteckt.
Seiner Tapfferkeit ſchafften weder
die Feinde mit ihren Waffen/
die Gebuͤrge mit ihren Klippen/
die Fluͤſſe mit ihren Stroͤmen/
die Lufft mit Geſpenſtern/
noch die Traͤume mit ihren Schrecknuͤſſen
einige Hindernuͤß.
Ja die Natur war nicht nur zuſchwach ihm ir gendswo einen Ruͤgel fuͤrzuſchieben/
ſondern er ſelbſt aͤnderte die Graͤntz-Mahle der Natur;
in dem er den Rhein mit der Jſel vermaͤhlte/
in Deutſchland neue Eylande machte/
den Nachkommen aber den Weg zeigete/
durch Zuſammenſchneidung der Arar und Moſel/
das groſſe Welt-Meer mit dem Mittellaͤndiſchen zu vereinbarn.
Seine Geſtalt bezauberte die Hertzen der Anſchauer/
ſeine Tugend gewan die Gewogenheit des Himmels/
welche von nichts als ſeiner Sanfftmuth uͤbertroffen ward.
Denn/ ob er zwar wie der Blitz alles ihm widerſtrebende zermalmete/
ſo verſehrte er doch nichts/ was ſich dem uͤthigte.
Ob er ſchon die Sicambrer durchs Schwerd/ die Uſipeter durch Feuer verheerte/
ſo nahm er doch die Schwaben freundlich auf/
Er riß den Cheruskern die Palmen aus den Haͤnden/
wormit er den Frieſen Oelzweige einhaͤndigte.
Er vergnuͤgte ſich an dieſer gezinßten Ochſenhaͤuten/
und verſorgte die Schwaben mit einem tauglichen Koͤnige.
Seine eigene Feinde netzten ſeine Aſche mit Thraͤnen/
weil niemand bey ſeinem Leben uͤber ihn hatte weinen doͤrffen.
Seine Wolthaͤtigkeit hatte kein Maaß/
ſeine Großmuͤthigkeit kein Ziel;
Wenn die guͤtigen oder mißguͤnſtigen Goͤtter in weiblicher Geſtalt/
mit der er auch unter den Sterblichen zu kaͤmpffen verkleinerlich hielt/
ſelbtes an dem Ufer der Elbe/
nicht ſo wol ſeinen Wercken/ als ſeinem Leben geſteckt haͤtten.
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