Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Drittes Buch
[Spaltenumbruch] entfernet/ voll und am grösten/ bey Näherung
der Erden aber hörnricht und am kleinsten wä-
re. Der Priester ließ von denen geschlachteten
Böcken nur die im Weine rein abgewaschene
eussersten Theile der Glieder und Eingeweide
auff das Altar bringen/ denn es mit keinem Blu-
te bespritzt werden darff. Zweyfelsfrey/ weil
die Liebe selbst der Ursprung alles Blutes/ oder
auch gar nicht blutbegierig ist. Nach dem der
Priester alle Fäserlein/ und insonderheit die
Stücke von den Lebern genau beschauet/ streu-
te er eine Schüssel voll Weyrauch in die Flamme/
kehrte sich hierauff um und fing zur Erato an:
Die Göttin hätte ihr Gebeterhöret; Sie wür-
de zwar noch allerhand Zufälle überwinden
müssen/ aber das Verhängniß dächte ihr mehr
zu/ als ihre Gedancken itzt begreiffen/ oder ih-
re Hoffnung fassen könte. Nach dieser erfreu-
lichen Ankündigung führte uns Sostratus in
eine Halle/ und zeigte uns alle dieselben un-
vergleichlichen Schätze/ welche die Vorwelt/ und
in selbter auch ihre Vor-Eltern der Göttin ver-
ehret. Unter denen aber allen den Vorzug
verdienet das aus dichtem Golde gegossene
Bild der reutenden Hipsicratea/ welches zu ewi-
gem Gedächtnisse ihrer unzertrennlichen Be-
gleitung ihr Gemahl der grosse Mithridates die-
sem Heiligthume gewiedmet. Erato nahm nebst
uns Abschied/ und wir segelten mit gutem Win-
de nach Rom. Sintemahl sie in diesem allge-
meinen Vaterlande der Völcker vom Fürsten
Zeno einige Nachricht zu erhalten hoffte. Wie
wir nun zu Rom zwar vom Zeno das wenigste
vernahmen/ Erato aber mit des Tiberius Soh-
ne dem jungen Drusus verträuliche Freund-
schafft machte/ und dieser seinem Vater und dem
Germanicus in den Dalmatischen Krieg fol-
gen wolte/ entschloß sich Erato in seiner Gesell-
schafft zu reisen/ und mit ihm daselbst ihr Glück
zu versuchen. Wie wir aber in Rhetien ka-
men/ kriegte Drusus vom Tiberius Zeitung/
[Spaltenumbruch] daß der Dalmatische Hertzog Bato und sein
Sohn Sceva sich den Römern ergeben/ und al-
so dieser Krieg ein Ende bekommen hätte. Hier-
bey war ein Befehl an Drusus/ daß weil krafft
einer vom Könige Marbod ertheilten verträuli-
chen Warnigung die Deutschen wider die Rö-
mer einen Auffstand fürhätten/ solte er sich in
das Läger des Qvintilius Varus nach Deutsch-
land verfügen/ und daselbst in die Fußstapffen
seines Vettern des sieghafften Drusus treten/
welcher die auffrührischen Gallier im Zaume
gehalten/ die sie verleitenden Sicambrer über
den Rhein getrieben/ die Bataver und Usi-
peter gedemüthiget/ die Friesen/ Chauzen und
Cherusker zum Gehorsam bracht/ bey der in
die Lippe fliessenden Alme die Festung Elsens/
als einen Kapzaum selbigen rauhen Völckern
angelegt/ die Bructerer auff der Emse ge-
schlagen/ funffzig Schantzen an Rhein gelegt/
diesem Flusse den dritten Ausgang ins Meer
eröffnet/ und mit den Römischen Adlern biß
an die Elbe gedrungen wäre. Erato wol-
te diese Gelegenheit das so berühmte Deutsch-
land zu beschauen nicht aus Händen lassen/
und also reiseten wir mit dem Drusus nach
Meintz/ allwo er seines in Deutschland von
einem Bein-Bruche verstorbenen Vettern
prächtiges Begräbnüß-Mahl betrachtete/ und
auff seinem Altare opfferte. Von Meintz
reisete Drusus und wir mit ihm auff das
Gebürge Taunus/ und besahen gleicher ge-
stalt die daselbst vom ersten Drusus auffge-
baute Festung. Wie wir aber von dar/ in willens
zu dem andern Altare des Drusus an der Lippe
und Alme zu gelangen/ bey die Stadt Mattium
kamen/ wurden wir/ die wir von keinem Kriege
nicht wusten/ gantz unvermuthet von den Catten
überfallen/ ja der junge Drusus im ersten An-
falle mit seinem Pferde über einen Hauffen ge-
rennet. Wenn auch Erato und Artafernes
nicht so tapffer den Catten begegnet hätten/ wäre

Dru-

Drittes Buch
[Spaltenumbruch] entfernet/ voll und am groͤſten/ bey Naͤherung
der Erden aber hoͤrnricht und am kleinſten waͤ-
re. Der Prieſter ließ von denen geſchlachteten
Boͤcken nur die im Weine rein abgewaſchene
euſſerſten Theile der Glieder und Eingeweide
auff das Altar bringen/ denn es mit keinem Blu-
te beſpritzt werden darff. Zweyfelsfrey/ weil
die Liebe ſelbſt der Urſprung alles Blutes/ oder
auch gar nicht blutbegierig iſt. Nach dem der
Prieſter alle Faͤſerlein/ und inſonderheit die
Stuͤcke von den Lebern genau beſchauet/ ſtreu-
te er eine Schuͤſſel voll Weyrauch in die Flam̃e/
kehrte ſich hierauff um und fing zur Erato an:
Die Goͤttin haͤtte ihr Gebeterhoͤret; Sie wuͤr-
de zwar noch allerhand Zufaͤlle uͤberwinden
muͤſſen/ aber das Verhaͤngniß daͤchte ihr mehr
zu/ als ihre Gedancken itzt begreiffen/ oder ih-
re Hoffnung faſſen koͤnte. Nach dieſer erfreu-
lichen Ankuͤndigung fuͤhrte uns Soſtratus in
eine Halle/ und zeigte uns alle dieſelben un-
vergleichlichen Schaͤtze/ welche die Vorwelt/ und
in ſelbter auch ihre Vor-Eltern der Goͤttin ver-
ehret. Unter denen aber allen den Vorzug
verdienet das aus dichtem Golde gegoſſene
Bild der reutenden Hipſicratea/ welches zu ewi-
gem Gedaͤchtniſſe ihrer unzertrennlichen Be-
gleitung ihr Gemahl der groſſe Mithridates die-
ſem Heiligthume gewiedmet. Erato nahm nebſt
uns Abſchied/ und wir ſegelten mit gutem Win-
de nach Rom. Sintemahl ſie in dieſem allge-
meinen Vaterlande der Voͤlcker vom Fuͤrſten
Zeno einige Nachricht zu erhalten hoffte. Wie
wir nun zu Rom zwar vom Zeno das wenigſte
vernahmen/ Erato aber mit des Tiberius Soh-
ne dem jungen Druſus vertraͤuliche Freund-
ſchafft machte/ und dieſer ſeinem Vater und dem
Germanicus in den Dalmatiſchen Krieg fol-
gen wolte/ entſchloß ſich Erato in ſeiner Geſell-
ſchafft zu reiſen/ und mit ihm daſelbſt ihr Gluͤck
zu verſuchen. Wie wir aber in Rhetien ka-
men/ kriegte Druſus vom Tiberius Zeitung/
[Spaltenumbruch] daß der Dalmatiſche Hertzog Bato und ſein
Sohn Sceva ſich den Roͤmern ergeben/ und al-
ſo dieſer Krieg ein Ende bekommen haͤtte. Hier-
bey war ein Befehl an Druſus/ daß weil krafft
einer vom Koͤnige Marbod ertheilten vertraͤuli-
chen Warnigung die Deutſchen wider die Roͤ-
mer einen Auffſtand fuͤrhaͤtten/ ſolte er ſich in
das Laͤger des Qvintilius Varus nach Deutſch-
land verfuͤgen/ und daſelbſt in die Fußſtapffen
ſeines Vettern des ſieghafften Druſus treten/
welcher die auffruͤhriſchen Gallier im Zaume
gehalten/ die ſie verleitenden Sicambrer uͤber
den Rhein getrieben/ die Bataver und Uſi-
peter gedemuͤthiget/ die Frieſen/ Chauzen und
Cheruſker zum Gehorſam bracht/ bey der in
die Lippe flieſſenden Alme die Feſtung Elſens/
als einen Kapzaum ſelbigen rauhen Voͤlckern
angelegt/ die Bructerer auff der Emſe ge-
ſchlagen/ funffzig Schantzen an Rhein gelegt/
dieſem Fluſſe den dritten Ausgang ins Meer
eroͤffnet/ und mit den Roͤmiſchen Adlern biß
an die Elbe gedrungen waͤre. Erato wol-
te dieſe Gelegenheit das ſo beruͤhmte Deutſch-
land zu beſchauen nicht aus Haͤnden laſſen/
und alſo reiſeten wir mit dem Druſus nach
Meintz/ allwo er ſeines in Deutſchland von
einem Bein-Bruche verſtorbenen Vettern
praͤchtiges Begraͤbnuͤß-Mahl betrachtete/ und
auff ſeinem Altare opfferte. Von Meintz
reiſete Druſus und wir mit ihm auff das
Gebuͤrge Taunus/ und beſahen gleicher ge-
ſtalt die daſelbſt vom erſten Druſus auffge-
baute Feſtung. Wie wir aber von dar/ in willens
zu dem andern Altare des Druſus an der Lippe
und Alme zu gelangen/ bey die Stadt Mattium
kamen/ wurden wir/ die wir von keinem Kriege
nicht wuſten/ gantz unvermuthet von den Catten
uͤberfallen/ ja der junge Druſus im erſten An-
falle mit ſeinem Pferde uͤber einen Hauffen ge-
rennet. Wenn auch Erato und Artafernes
nicht ſo tapffer den Catten begegnet haͤtten/ waͤre

Dru-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0372" n="320"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Drittes Buch</hi></fw><lb/><cb/>
entfernet/ voll und am gro&#x0364;&#x017F;ten/ bey Na&#x0364;herung<lb/>
der Erden aber ho&#x0364;rnricht und am klein&#x017F;ten wa&#x0364;-<lb/>
re. Der Prie&#x017F;ter ließ von denen ge&#x017F;chlachteten<lb/>
Bo&#x0364;cken nur die im Weine rein abgewa&#x017F;chene<lb/>
eu&#x017F;&#x017F;er&#x017F;ten Theile der Glieder und Eingeweide<lb/>
auff das Altar bringen/ denn es mit keinem Blu-<lb/>
te be&#x017F;pritzt werden darff. Zweyfelsfrey/ weil<lb/>
die Liebe &#x017F;elb&#x017F;t der Ur&#x017F;prung alles Blutes/ oder<lb/>
auch gar nicht blutbegierig i&#x017F;t. Nach dem der<lb/>
Prie&#x017F;ter alle Fa&#x0364;&#x017F;erlein/ und in&#x017F;onderheit die<lb/>
Stu&#x0364;cke von den Lebern genau be&#x017F;chauet/ &#x017F;treu-<lb/>
te er eine Schu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el voll Weyrauch in die Flam&#x0303;e/<lb/>
kehrte &#x017F;ich hierauff um und fing zur Erato an:<lb/>
Die Go&#x0364;ttin ha&#x0364;tte ihr Gebeterho&#x0364;ret; Sie wu&#x0364;r-<lb/>
de zwar noch allerhand Zufa&#x0364;lle u&#x0364;berwinden<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ aber das Verha&#x0364;ngniß da&#x0364;chte ihr mehr<lb/>
zu/ als ihre Gedancken itzt begreiffen/ oder ih-<lb/>
re Hoffnung fa&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nte. Nach die&#x017F;er erfreu-<lb/>
lichen Anku&#x0364;ndigung fu&#x0364;hrte uns So&#x017F;tratus in<lb/>
eine Halle/ und zeigte uns alle die&#x017F;elben un-<lb/>
vergleichlichen Scha&#x0364;tze/ welche die Vorwelt/ und<lb/>
in &#x017F;elbter auch ihre Vor-Eltern der Go&#x0364;ttin ver-<lb/>
ehret. Unter denen aber allen den Vorzug<lb/>
verdienet das aus dichtem Golde gego&#x017F;&#x017F;ene<lb/>
Bild der reutenden Hip&#x017F;icratea/ welches zu ewi-<lb/>
gem Geda&#x0364;chtni&#x017F;&#x017F;e ihrer unzertrennlichen Be-<lb/>
gleitung ihr Gemahl der gro&#x017F;&#x017F;e Mithridates die-<lb/>
&#x017F;em Heiligthume gewiedmet. Erato nahm neb&#x017F;t<lb/>
uns Ab&#x017F;chied/ und wir &#x017F;egelten mit gutem Win-<lb/>
de nach Rom. Sintemahl &#x017F;ie in die&#x017F;em allge-<lb/>
meinen Vaterlande der Vo&#x0364;lcker vom Fu&#x0364;r&#x017F;ten<lb/>
Zeno einige Nachricht zu erhalten hoffte. Wie<lb/>
wir nun zu Rom zwar vom Zeno das wenig&#x017F;te<lb/>
vernahmen/ Erato aber mit des Tiberius Soh-<lb/>
ne dem jungen Dru&#x017F;us vertra&#x0364;uliche Freund-<lb/>
&#x017F;chafft machte/ und die&#x017F;er &#x017F;einem Vater und dem<lb/>
Germanicus in den Dalmati&#x017F;chen Krieg fol-<lb/>
gen wolte/ ent&#x017F;chloß &#x017F;ich Erato in &#x017F;einer Ge&#x017F;ell-<lb/>
&#x017F;chafft zu rei&#x017F;en/ und mit ihm da&#x017F;elb&#x017F;t ihr Glu&#x0364;ck<lb/>
zu ver&#x017F;uchen. Wie wir aber in Rhetien ka-<lb/>
men/ kriegte Dru&#x017F;us vom Tiberius Zeitung/<lb/><cb/>
daß der Dalmati&#x017F;che Hertzog Bato und &#x017F;ein<lb/>
Sohn Sceva &#x017F;ich den Ro&#x0364;mern ergeben/ und al-<lb/>
&#x017F;o die&#x017F;er Krieg ein Ende bekommen ha&#x0364;tte. Hier-<lb/>
bey war ein Befehl an Dru&#x017F;us/ daß weil krafft<lb/>
einer vom Ko&#x0364;nige Marbod ertheilten vertra&#x0364;uli-<lb/>
chen Warnigung die Deut&#x017F;chen wider die Ro&#x0364;-<lb/>
mer einen Auff&#x017F;tand fu&#x0364;rha&#x0364;tten/ &#x017F;olte er &#x017F;ich in<lb/>
das La&#x0364;ger des Qvintilius Varus nach Deut&#x017F;ch-<lb/>
land verfu&#x0364;gen/ und da&#x017F;elb&#x017F;t in die Fuß&#x017F;tapffen<lb/>
&#x017F;eines Vettern des &#x017F;ieghafften Dru&#x017F;us treten/<lb/>
welcher die auffru&#x0364;hri&#x017F;chen Gallier im Zaume<lb/>
gehalten/ die &#x017F;ie verleitenden Sicambrer u&#x0364;ber<lb/>
den Rhein getrieben/ die Bataver und U&#x017F;i-<lb/>
peter gedemu&#x0364;thiget/ die Frie&#x017F;en/ Chauzen und<lb/>
Cheru&#x017F;ker zum Gehor&#x017F;am bracht/ bey der in<lb/>
die Lippe flie&#x017F;&#x017F;enden Alme die Fe&#x017F;tung El&#x017F;ens/<lb/>
als einen Kapzaum &#x017F;elbigen rauhen Vo&#x0364;lckern<lb/>
angelegt/ die Bructerer auff der Em&#x017F;e ge-<lb/>
&#x017F;chlagen/ funffzig Schantzen an Rhein gelegt/<lb/>
die&#x017F;em Flu&#x017F;&#x017F;e den dritten Ausgang ins Meer<lb/>
ero&#x0364;ffnet/ und mit den Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Adlern biß<lb/>
an die Elbe gedrungen wa&#x0364;re. Erato wol-<lb/>
te die&#x017F;e Gelegenheit das &#x017F;o beru&#x0364;hmte Deut&#x017F;ch-<lb/>
land zu be&#x017F;chauen nicht aus Ha&#x0364;nden la&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
und al&#x017F;o rei&#x017F;eten wir mit dem Dru&#x017F;us nach<lb/>
Meintz/ allwo er &#x017F;eines in Deut&#x017F;chland von<lb/>
einem Bein-Bruche ver&#x017F;torbenen Vettern<lb/>
pra&#x0364;chtiges Begra&#x0364;bnu&#x0364;ß-Mahl betrachtete/ und<lb/>
auff &#x017F;einem Altare opfferte. Von Meintz<lb/>
rei&#x017F;ete Dru&#x017F;us und wir mit ihm auff das<lb/>
Gebu&#x0364;rge Taunus/ und be&#x017F;ahen gleicher ge-<lb/>
&#x017F;talt die da&#x017F;elb&#x017F;t vom er&#x017F;ten Dru&#x017F;us auffge-<lb/>
baute Fe&#x017F;tung. Wie wir aber von dar/ in willens<lb/>
zu dem andern Altare des Dru&#x017F;us an der Lippe<lb/>
und Alme zu gelangen/ bey die Stadt Mattium<lb/>
kamen/ wurden wir/ die wir von keinem Kriege<lb/>
nicht wu&#x017F;ten/ gantz unvermuthet von den Catten<lb/>
u&#x0364;berfallen/ ja der junge Dru&#x017F;us im er&#x017F;ten An-<lb/>
falle mit &#x017F;einem Pferde u&#x0364;ber einen Hauffen ge-<lb/>
rennet. Wenn auch Erato und Artafernes<lb/>
nicht &#x017F;o tapffer den Catten begegnet ha&#x0364;tten/ wa&#x0364;re<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Dru-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[320/0372] Drittes Buch entfernet/ voll und am groͤſten/ bey Naͤherung der Erden aber hoͤrnricht und am kleinſten waͤ- re. Der Prieſter ließ von denen geſchlachteten Boͤcken nur die im Weine rein abgewaſchene euſſerſten Theile der Glieder und Eingeweide auff das Altar bringen/ denn es mit keinem Blu- te beſpritzt werden darff. Zweyfelsfrey/ weil die Liebe ſelbſt der Urſprung alles Blutes/ oder auch gar nicht blutbegierig iſt. Nach dem der Prieſter alle Faͤſerlein/ und inſonderheit die Stuͤcke von den Lebern genau beſchauet/ ſtreu- te er eine Schuͤſſel voll Weyrauch in die Flam̃e/ kehrte ſich hierauff um und fing zur Erato an: Die Goͤttin haͤtte ihr Gebeterhoͤret; Sie wuͤr- de zwar noch allerhand Zufaͤlle uͤberwinden muͤſſen/ aber das Verhaͤngniß daͤchte ihr mehr zu/ als ihre Gedancken itzt begreiffen/ oder ih- re Hoffnung faſſen koͤnte. Nach dieſer erfreu- lichen Ankuͤndigung fuͤhrte uns Soſtratus in eine Halle/ und zeigte uns alle dieſelben un- vergleichlichen Schaͤtze/ welche die Vorwelt/ und in ſelbter auch ihre Vor-Eltern der Goͤttin ver- ehret. Unter denen aber allen den Vorzug verdienet das aus dichtem Golde gegoſſene Bild der reutenden Hipſicratea/ welches zu ewi- gem Gedaͤchtniſſe ihrer unzertrennlichen Be- gleitung ihr Gemahl der groſſe Mithridates die- ſem Heiligthume gewiedmet. Erato nahm nebſt uns Abſchied/ und wir ſegelten mit gutem Win- de nach Rom. Sintemahl ſie in dieſem allge- meinen Vaterlande der Voͤlcker vom Fuͤrſten Zeno einige Nachricht zu erhalten hoffte. Wie wir nun zu Rom zwar vom Zeno das wenigſte vernahmen/ Erato aber mit des Tiberius Soh- ne dem jungen Druſus vertraͤuliche Freund- ſchafft machte/ und dieſer ſeinem Vater und dem Germanicus in den Dalmatiſchen Krieg fol- gen wolte/ entſchloß ſich Erato in ſeiner Geſell- ſchafft zu reiſen/ und mit ihm daſelbſt ihr Gluͤck zu verſuchen. Wie wir aber in Rhetien ka- men/ kriegte Druſus vom Tiberius Zeitung/ daß der Dalmatiſche Hertzog Bato und ſein Sohn Sceva ſich den Roͤmern ergeben/ und al- ſo dieſer Krieg ein Ende bekommen haͤtte. Hier- bey war ein Befehl an Druſus/ daß weil krafft einer vom Koͤnige Marbod ertheilten vertraͤuli- chen Warnigung die Deutſchen wider die Roͤ- mer einen Auffſtand fuͤrhaͤtten/ ſolte er ſich in das Laͤger des Qvintilius Varus nach Deutſch- land verfuͤgen/ und daſelbſt in die Fußſtapffen ſeines Vettern des ſieghafften Druſus treten/ welcher die auffruͤhriſchen Gallier im Zaume gehalten/ die ſie verleitenden Sicambrer uͤber den Rhein getrieben/ die Bataver und Uſi- peter gedemuͤthiget/ die Frieſen/ Chauzen und Cheruſker zum Gehorſam bracht/ bey der in die Lippe flieſſenden Alme die Feſtung Elſens/ als einen Kapzaum ſelbigen rauhen Voͤlckern angelegt/ die Bructerer auff der Emſe ge- ſchlagen/ funffzig Schantzen an Rhein gelegt/ dieſem Fluſſe den dritten Ausgang ins Meer eroͤffnet/ und mit den Roͤmiſchen Adlern biß an die Elbe gedrungen waͤre. Erato wol- te dieſe Gelegenheit das ſo beruͤhmte Deutſch- land zu beſchauen nicht aus Haͤnden laſſen/ und alſo reiſeten wir mit dem Druſus nach Meintz/ allwo er ſeines in Deutſchland von einem Bein-Bruche verſtorbenen Vettern praͤchtiges Begraͤbnuͤß-Mahl betrachtete/ und auff ſeinem Altare opfferte. Von Meintz reiſete Druſus und wir mit ihm auff das Gebuͤrge Taunus/ und beſahen gleicher ge- ſtalt die daſelbſt vom erſten Druſus auffge- baute Feſtung. Wie wir aber von dar/ in willens zu dem andern Altare des Druſus an der Lippe und Alme zu gelangen/ bey die Stadt Mattium kamen/ wurden wir/ die wir von keinem Kriege nicht wuſten/ gantz unvermuthet von den Catten uͤberfallen/ ja der junge Druſus im erſten An- falle mit ſeinem Pferde uͤber einen Hauffen ge- rennet. Wenn auch Erato und Artafernes nicht ſo tapffer den Catten begegnet haͤtten/ waͤre Dru-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/372
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/372>, abgerufen am 22.11.2024.