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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Drittes Buch
[Spaltenumbruch] welches er des Morgens auff seiner Taffel fand/
diese[s Jnhalts]:
Arsinoe an den König Ariobarzanes.

Jch gestehe es/ daß Ariobarzanes der gantzen
Welt Herrschafft/ des Zuruffs aller Völcker/
und so viel mehr meiner Liebe würdig sey; aber
alles diß/ ja die Götter selbst/ weniger der Zwang
meines Vaters sind nicht genug ihn derselben
fähig zu machen.. Forsche nicht von mir die
Ursache meiner Kälte/ denn die Liebe entspringet
mehr vom Einflusse des Gestirns/ als von der
Würde eines Dinges. Der beste Ambrareucht
einem wohl/ dem andern stinckt er. Glaube a-
ber/ daß selbte alsofort deine Flammen auslö-
schen/ aber in Sinope ein grösseres Feuer an-
zünden würde. Uberwinde dich also/ und pres-
se dir keine unmögliche Liebe aus/ die deine Voll-
kommenheit so hoch in Ehren hält; da du auch
diß letztere nicht verlieren/ oder gar vergällen
wilst. Die süssesten Pomerantzen geben Vit-
terkeit von sich/ wenn man sie allzusehr aus-
drückt. Es ist eine grosse Klugheit unterschei-
den können/ was man für Karte wegwerffen o-
der behalten soll/ eine grössere Kunst/ sich einer
Sache entschlagen/ die mit uns entweder keine
Vereinbarung leidet/ oder uns selbst den Rücken
kehret; die höchste Glückseligkeit aber/ nichts ver-
langen/ was man nicht haben kan. Dieser deut-
liche Brieff legte Ariobarzanen den Traum von
Arsinoens Kaltsinnigkeit aus. Liebe und Ra-
che kämpfften in seiner Seele die Wette. Seine
Ehre rieth ihm dieser Verächtligkeit mit Be-
schimpffung zu begegnen/ seine Begierde aber
Arsinoens Hertze zu gewinnen; Aber iede Zeile
benahm mit der fürgeschützten Unmögligkeit
ihm alle Hoffnung/ und stürtzte ihn in eine halbe
Verzweiffelung. Bey dieser Verwirrung
ward ihm angesagt: Der König Polemon wä-
re unterweges ihn zu besuchen/ folgte auch fast
auff dem Fuße ins Zimmer. Ariobarzanes
konte sich kaum erholen ihm vernünfftig zu be-
[Spaltenumbruch] gegnen/ weniger sich berathen/ ob er dem Köni-
ge hiervon etwas melden solte? Wie nun Pole-
mon alsofort seine Bestürtzung wahrnahm/ und
dessen Ursache mitleidentlich erkundigte/ reichte
ihm Ariobarzanes der Arsinoe Brieff. Polemon
muthmaßte alsobald bey erkennter Handschrifft
was arges/ erblaßte bey der ersten Zeile/ und nach
dem er das Schreiben durchlesen/ blieb er gleich
als verzückt in vollem Nachdencken stehen; Ob er
schon sonst in Glück und Unglück einerley Gesich-
te zu behalten wuste/ und ihm nicht leichte durch
seine Empfindligkeiten/ welches die rechten
Fenster des Gemüths sind/ins Hertze sehen ließ.
Ariobarzanes sahe ihn starr an/ und sagte end-
lich: Diese wenige Zeilen sind entweder voller
Geheimniße/ die wir beyde nicht wissen/ oder
voller Retzel/ die ich nicht aufflösenkan. Pole-
mon lächelte/ und fing an: Man verkleidet zu-
weilen ein seichtes Absehen mit dem Ansehen ei-
nes heiligen Geheimnisses; Jedoch wird es zu-
versichtlich keines Wahrsagers dürffen/ hinter
diß verborgene zu kommen/ und keiner Zaube-
rey/ die vorgeschützte Unmögligkeit möglich zu
machen. Hiermit nahm Polemon Abschied/
und Arsinoens Schreiben mit sich/ legte auch
in seinem Zimmer alle Worte auf die Wage. Je
mehr er aber nachdachte/ ie tunckeler schien ihm
der Brieff und ie weniger konte er ergründen/
warum Arsinoe so verzweiffelt Ariobarzanens
Heyrath zuhintertreiben suchte. Er argwohn-
te zwar noch: Es müste Ariobarzanen iemand
vorkommen seyn/ und sich Arsinoens Gewogen-
heit bemächtiget haben; aber Arsinoens Schrei-
ben däuchtete ihn auff etwas gantz anders zu
zielen. Endlich fiel ihm ein Arsinoens unge-
meine Verträuligkeit mit der Erato/ hinter
welcher ein sonderlich Geheimniß/ oder zum
minsten die Wissenschafft/ warum Arsinoe für
Ariobarzanen so grosse Abscheu trüge/ ste-
cken müste. Mit dieser Sorgfalt kam er un-
angesagt in der Erato Zimmer/ welche denn
noch halb unangekleidet war. Wormit nun

Po-

Drittes Buch
[Spaltenumbruch] welches er des Morgens auff ſeiner Taffel fand/
dieſe[s Jnhalts]:
Arſinoe an den Koͤnig Ariobarzanes.

Jch geſtehe es/ daß Ariobarzanes der gantzen
Welt Herrſchafft/ des Zuruffs aller Voͤlcker/
und ſo viel mehr meiner Liebe wuͤrdig ſey; aber
alles diß/ ja die Goͤtter ſelbſt/ weniger der Zwang
meines Vaters ſind nicht genug ihn derſelben
faͤhig zu machen.. Forſche nicht von mir die
Urſache meiner Kaͤlte/ denn die Liebe entſpringet
mehr vom Einfluſſe des Geſtirns/ als von der
Wuͤrde eines Dinges. Der beſte Ambrareucht
einem wohl/ dem andern ſtinckt er. Glaube a-
ber/ daß ſelbte alſofort deine Flammen ausloͤ-
ſchen/ aber in Sinope ein groͤſſeres Feuer an-
zuͤnden wuͤrde. Uberwinde dich alſo/ und preſ-
ſe dir keine unmoͤgliche Liebe aus/ die deine Voll-
kommenheit ſo hoch in Ehren haͤlt; da du auch
diß letztere nicht verlieren/ oder gar vergaͤllen
wilſt. Die ſuͤſſeſten Pomerantzen geben Vit-
terkeit von ſich/ wenn man ſie allzuſehr aus-
druͤckt. Es iſt eine groſſe Klugheit unterſchei-
den koͤnnen/ was man fuͤr Karte wegwerffen o-
der behalten ſoll/ eine groͤſſere Kunſt/ ſich einer
Sache entſchlagen/ die mit uns entweder keine
Vereinbarung leidet/ odeꝛ uns ſelbſt den Ruͤcken
kehret; die hoͤchſte Gluͤckſeligkeit aber/ nichts ver-
langen/ was man nicht haben kan. Dieſer deut-
liche Brieff legte Ariobarzanen den Traum von
Arſinoens Kaltſinnigkeit aus. Liebe und Ra-
che kaͤmpfften in ſeiner Seele die Wette. Seine
Ehre rieth ihm dieſer Veraͤchtligkeit mit Be-
ſchimpffung zu begegnen/ ſeine Begierde aber
Arſinoens Hertze zu gewinnen; Aber iede Zeile
benahm mit der fuͤrgeſchuͤtzten Unmoͤgligkeit
ihm alle Hoffnung/ und ſtuͤrtzte ihn in eine halbe
Verzweiffelung. Bey dieſer Verwirrung
ward ihm angeſagt: Der Koͤnig Polemon waͤ-
re unterweges ihn zu beſuchen/ folgte auch faſt
auff dem Fuße ins Zimmer. Ariobarzanes
konte ſich kaum erholen ihm vernuͤnfftig zu be-
[Spaltenumbruch] gegnen/ weniger ſich berathen/ ob er dem Koͤni-
ge hiervon etwas melden ſolte? Wie nun Pole-
mon alſofort ſeine Beſtuͤrtzung wahrnahm/ und
deſſen Urſache mitleidentlich erkundigte/ reichte
ihm Ariobarzanes der Arſinoe Brieff. Polemon
muthmaßte alſobald bey erkennter Handſchrifft
was arges/ erblaßte bey der erſten Zeile/ und nach
dem er das Schreiben durchleſen/ blieb er gleich
als veꝛzuͤckt in vollem Nachdencken ſtehen; Ob eꝛ
ſchon ſonſt in Gluͤck uñ Ungluͤck eineꝛley Geſich-
te zu behalten wuſte/ und ihm nicht leichte durch
ſeine Empfindligkeiten/ welches die rechten
Fenſter des Gemuͤths ſind/ins Hertze ſehen ließ.
Ariobarzanes ſahe ihn ſtarr an/ und ſagte end-
lich: Dieſe wenige Zeilen ſind entweder voller
Geheimniße/ die wir beyde nicht wiſſen/ oder
voller Retzel/ die ich nicht auffloͤſenkan. Pole-
mon laͤchelte/ und fing an: Man verkleidet zu-
weilen ein ſeichtes Abſehen mit dem Anſehen ei-
nes heiligen Geheimniſſes; Jedoch wird es zu-
verſichtlich keines Wahrſagers duͤrffen/ hinter
diß verborgene zu kommen/ und keiner Zaube-
rey/ die vorgeſchuͤtzte Unmoͤgligkeit moͤglich zu
machen. Hiermit nahm Polemon Abſchied/
und Arſinoens Schreiben mit ſich/ legte auch
in ſeinem Zimmer alle Worte auf die Wage. Je
mehr er aber nachdachte/ ie tunckeler ſchien ihm
der Brieff und ie weniger konte er ergruͤnden/
warum Arſinoe ſo verzweiffelt Ariobarzanens
Heyrath zuhintertreiben ſuchte. Er argwohn-
te zwar noch: Es muͤſte Ariobarzanen iemand
vorkommen ſeyn/ und ſich Arſinoens Gewogen-
heit bemaͤchtiget haben; aber Arſinoens Schrei-
ben daͤuchtete ihn auff etwas gantz anders zu
zielen. Endlich fiel ihm ein Arſinoens unge-
meine Vertraͤuligkeit mit der Erato/ hinter
welcher ein ſonderlich Geheimniß/ oder zum
minſten die Wiſſenſchafft/ warum Arſinoe fuͤr
Ariobarzanen ſo groſſe Abſcheu truͤge/ ſte-
cken muͤſte. Mit dieſer Sorgfalt kam er un-
angeſagt in der Erato Zimmer/ welche denn
noch halb unangekleidet war. Wormit nun

Po-
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[282/0334] Drittes Buch welches er des Morgens auff ſeiner Taffel fand/ dieſes Jnhalts: Arſinoe an den Koͤnig Ariobarzanes. Jch geſtehe es/ daß Ariobarzanes der gantzen Welt Herrſchafft/ des Zuruffs aller Voͤlcker/ und ſo viel mehr meiner Liebe wuͤrdig ſey; aber alles diß/ ja die Goͤtter ſelbſt/ weniger der Zwang meines Vaters ſind nicht genug ihn derſelben faͤhig zu machen.. Forſche nicht von mir die Urſache meiner Kaͤlte/ denn die Liebe entſpringet mehr vom Einfluſſe des Geſtirns/ als von der Wuͤrde eines Dinges. Der beſte Ambrareucht einem wohl/ dem andern ſtinckt er. Glaube a- ber/ daß ſelbte alſofort deine Flammen ausloͤ- ſchen/ aber in Sinope ein groͤſſeres Feuer an- zuͤnden wuͤrde. Uberwinde dich alſo/ und preſ- ſe dir keine unmoͤgliche Liebe aus/ die deine Voll- kommenheit ſo hoch in Ehren haͤlt; da du auch diß letztere nicht verlieren/ oder gar vergaͤllen wilſt. Die ſuͤſſeſten Pomerantzen geben Vit- terkeit von ſich/ wenn man ſie allzuſehr aus- druͤckt. Es iſt eine groſſe Klugheit unterſchei- den koͤnnen/ was man fuͤr Karte wegwerffen o- der behalten ſoll/ eine groͤſſere Kunſt/ ſich einer Sache entſchlagen/ die mit uns entweder keine Vereinbarung leidet/ odeꝛ uns ſelbſt den Ruͤcken kehret; die hoͤchſte Gluͤckſeligkeit aber/ nichts ver- langen/ was man nicht haben kan. Dieſer deut- liche Brieff legte Ariobarzanen den Traum von Arſinoens Kaltſinnigkeit aus. Liebe und Ra- che kaͤmpfften in ſeiner Seele die Wette. Seine Ehre rieth ihm dieſer Veraͤchtligkeit mit Be- ſchimpffung zu begegnen/ ſeine Begierde aber Arſinoens Hertze zu gewinnen; Aber iede Zeile benahm mit der fuͤrgeſchuͤtzten Unmoͤgligkeit ihm alle Hoffnung/ und ſtuͤrtzte ihn in eine halbe Verzweiffelung. Bey dieſer Verwirrung ward ihm angeſagt: Der Koͤnig Polemon waͤ- re unterweges ihn zu beſuchen/ folgte auch faſt auff dem Fuße ins Zimmer. Ariobarzanes konte ſich kaum erholen ihm vernuͤnfftig zu be- gegnen/ weniger ſich berathen/ ob er dem Koͤni- ge hiervon etwas melden ſolte? Wie nun Pole- mon alſofort ſeine Beſtuͤrtzung wahrnahm/ und deſſen Urſache mitleidentlich erkundigte/ reichte ihm Ariobarzanes der Arſinoe Brieff. Polemon muthmaßte alſobald bey erkennter Handſchrifft was arges/ erblaßte bey der erſten Zeile/ und nach dem er das Schreiben durchleſen/ blieb er gleich als veꝛzuͤckt in vollem Nachdencken ſtehen; Ob eꝛ ſchon ſonſt in Gluͤck uñ Ungluͤck eineꝛley Geſich- te zu behalten wuſte/ und ihm nicht leichte durch ſeine Empfindligkeiten/ welches die rechten Fenſter des Gemuͤths ſind/ins Hertze ſehen ließ. Ariobarzanes ſahe ihn ſtarr an/ und ſagte end- lich: Dieſe wenige Zeilen ſind entweder voller Geheimniße/ die wir beyde nicht wiſſen/ oder voller Retzel/ die ich nicht auffloͤſenkan. Pole- mon laͤchelte/ und fing an: Man verkleidet zu- weilen ein ſeichtes Abſehen mit dem Anſehen ei- nes heiligen Geheimniſſes; Jedoch wird es zu- verſichtlich keines Wahrſagers duͤrffen/ hinter diß verborgene zu kommen/ und keiner Zaube- rey/ die vorgeſchuͤtzte Unmoͤgligkeit moͤglich zu machen. Hiermit nahm Polemon Abſchied/ und Arſinoens Schreiben mit ſich/ legte auch in ſeinem Zimmer alle Worte auf die Wage. Je mehr er aber nachdachte/ ie tunckeler ſchien ihm der Brieff und ie weniger konte er ergruͤnden/ warum Arſinoe ſo verzweiffelt Ariobarzanens Heyrath zuhintertreiben ſuchte. Er argwohn- te zwar noch: Es muͤſte Ariobarzanen iemand vorkommen ſeyn/ und ſich Arſinoens Gewogen- heit bemaͤchtiget haben; aber Arſinoens Schrei- ben daͤuchtete ihn auff etwas gantz anders zu zielen. Endlich fiel ihm ein Arſinoens unge- meine Vertraͤuligkeit mit der Erato/ hinter welcher ein ſonderlich Geheimniß/ oder zum minſten die Wiſſenſchafft/ warum Arſinoe fuͤr Ariobarzanen ſo groſſe Abſcheu truͤge/ ſte- cken muͤſte. Mit dieſer Sorgfalt kam er un- angeſagt in der Erato Zimmer/ welche denn noch halb unangekleidet war. Wormit nun Po-

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/334>, abgerufen am 08.05.2024.