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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Pontischen Völcker würden diese ausländische
Heyrath/ als ein Seil/ wordurch ihnen das
Joch der üppigen Meden an die Hörner ge-
schlinget würde/ mit Unwillen ansehen/ oder
auch die Vereinbarung so vieler mächtigen Rei-
che den Römern und Parthern Nachdencken
machen/ und solche mit Gewalt zu zertheilen
Anlaß geben. Die Römer hätten wider den
grossen Mithridates keine andere Ursache zum
Kriege/ als die Furcht für seinen zwölf König-
reichen gehabt/ als sie Nicomeden den Bithy-
nischen/ und Ariobarzanen den Cappadocischen
König wider ihn aufgehetzet; und hernach zwey
und vierzig Jahr wider ihn gekrieget. Eben
so würde der Uhrsprung des Peloponnesischen
Krieges der sich allzu sehr ver grössernden Stadt
Athen beygemessen; und derer den Degen zum
ersten zückenden Spartaner Furcht für eine
rechtmäßige Ursache des Krieges wider Athen/
und ihr Angriff für eine Nothwehre gehalten.
Die Römer hatten nach dem andern Punischen
Kriege den König Philip in Macedonien zu ü-
berfallen keine Ursache sonst gehabt/ als seine
verdächtige Kriegsrüstung. Weil nun ein mit-
telmäßiges Reich sicherer und leichter zu beherr-
schen wäre/ sonderlich künfftig von ihr einem
Frauenzimmer; als ein übermäßig grosses/ wel-
ches von einem grossen Geiste beseelet/ mit vielen
Armen beschützt werden müste; weil ein grosses
Reich seine Fürsten sicher/ seine Feinde verächt-
lich/ die Einwohner wollüstig/ die Tapfferkeit
stumpf/ die Kriegsleute weich/ die Unterthanen
faul machte/ also aus sich selbst sein Verderben/
wie aus dem Eisen der Rost/ aus dem Holtze sei-
ne fressende Würmer/ entspringe; in die ent-
fernten Länder die königlichen Schlüsse zur Un-
zeit kämen; ja wie grosse Riesen schweren Fäl-
len/ also weite Reiche geschwindem Untergange
unterworffen wären; so schiene es/ ihrem schwa-
chen Verstande nach/ rathsamer zu seyn/ das
Pontische Reich numehr in seinen unbeneideten
Gräntzen zu erhalten. Der verschmitzte König
[Spaltenumbruch] nam unschwer wahr/ daß diese Einwürffe Far-
ben/ nicht Ursachen ihrer Verweigerung wä-
ren. Dahero begegnete er ihr mit ziemlich ernst-
hafftem Gesichte: ihre Gramschafft wäre eine
unzeitige Einbildung/ und ein vergänglicher
Eckel. Dahero wäre nach diesem so wenig die
Würde eines Liebhabers/ als nach einem ver-
dorbenen Magen die Güte einer Speise zu ver-
werffen. Es hätten zuweilen Gemüther die
Art des Magnets an sich/ die zu rostigem Eisen
einen Zug/ und für Diamanten einen Abscheu
hätten. Die Zuneigung gelüsterte mehrmahls
nach der Häßligkeit/ wie manches schwanger
Weib nach unartigen Speisen; und der Hart-
näckigkeit wäre die Vollkommenheit so wenig
gut genung/ als einem vergällten Maule die
süssesten Granat-Aepffel. Die Regungen der
Sinnen müsten dem Urthel der Vernunfft
nicht zuvor kommen/ und der Geist sich nicht zu
fleischlicher Ver gnügung erniedrigen. Aller
Völcker Einstimmung wäre ein unverwerffli-
cher Zeuge für Ariobarzanens Tugenden/ und
die Welt ein Schauplatz seiner Helden-Thaten.
Uberdiß mache bey Bürgern die Liebe/ bey Kö-
nigen die Staats-Klugheit die Heyraths-Be-
redungen. Dieser wäre gemäß ein Reich so hoch
empor zu heben/ daß dem Neide die Augen ver-
gingen an selbtem hinauf zu sehen/ und so groß
zu machen/ daß es ohne frembde Hülffe der un-
rechten Gewalt mächtiger Nachbarn die Spi-
tze bieten könte. Seine und Ariobarzanens
zusammenstossende Kräfften wären noch kaum
genung den Parthern oder Römern zu bege-
gnen; für denen er keine Bürgen hätte/ daß
sein Bündnüß mit ihnen ewig tauren würde.
Das Pontische Reich würde für dem Medischen
nichts minder als Armenien seinen Vorzug be-
halten; und seine Völcker würden nicht einem
frembden Lande/ sondern ihrer angebohrnen
Fürstin zu gehorchen haben. Weßwegen man
mit Ariobarzanen gewisse Bedingungen ab-
reden müste. Wäre es denn aber nicht

rath-

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Pontiſchen Voͤlcker wuͤrden dieſe auslaͤndiſche
Heyrath/ als ein Seil/ wordurch ihnen das
Joch der uͤppigen Meden an die Hoͤrner ge-
ſchlinget wuͤrde/ mit Unwillen anſehen/ oder
auch die Vereinbarung ſo vieler maͤchtigen Rei-
che den Roͤmern und Parthern Nachdencken
machen/ und ſolche mit Gewalt zu zertheilen
Anlaß geben. Die Roͤmer haͤtten wider den
groſſen Mithridates keine andere Urſache zum
Kriege/ als die Furcht fuͤr ſeinen zwoͤlf Koͤnig-
reichen gehabt/ als ſie Nicomeden den Bithy-
niſchen/ und Ariobarzanen den Cappadociſchen
Koͤnig wider ihn aufgehetzet; und hernach zwey
und vierzig Jahr wider ihn gekrieget. Eben
ſo wuͤrde der Uhrſprung des Peloponneſiſchen
Krieges der ſich allzu ſehr ver groͤſſernden Stadt
Athen beygemeſſen; und derer den Degen zum
erſten zuͤckenden Spartaner Furcht fuͤr eine
rechtmaͤßige Urſache des Krieges wider Athen/
und ihr Angriff fuͤr eine Nothwehre gehalten.
Die Roͤmer hatten nach dem andern Puniſchen
Kriege den Koͤnig Philip in Macedonien zu uͤ-
berfallen keine Urſache ſonſt gehabt/ als ſeine
verdaͤchtige Kriegsruͤſtung. Weil nun ein mit-
telmaͤßiges Reich ſicherer und leichter zu beherr-
ſchen waͤre/ ſonderlich kuͤnfftig von ihr einem
Frauenzimmer; als ein uͤbermaͤßig groſſes/ wel-
ches von einem groſſen Geiſte beſeelet/ mit vielen
Armen beſchuͤtzt werden muͤſte; weil ein groſſes
Reich ſeine Fuͤrſten ſicher/ ſeine Feinde veraͤcht-
lich/ die Einwohner wolluͤſtig/ die Tapfferkeit
ſtumpf/ die Kriegsleute weich/ die Unterthanen
faul machte/ alſo aus ſich ſelbſt ſein Verderben/
wie aus dem Eiſen der Roſt/ aus dem Holtze ſei-
ne freſſende Wuͤrmer/ entſpringe; in die ent-
fernten Laͤnder die koͤniglichen Schluͤſſe zur Un-
zeit kaͤmen; ja wie groſſe Rieſen ſchweren Faͤl-
len/ alſo weite Reiche geſchwindem Untergange
unterworffen waͤren; ſo ſchiene es/ ihrem ſchwa-
chen Verſtande nach/ rathſamer zu ſeyn/ das
Pontiſche Reich numehr in ſeinen unbeneideten
Graͤntzen zu erhalten. Der verſchmitzte Koͤnig
[Spaltenumbruch] nam unſchwer wahr/ daß dieſe Einwuͤrffe Far-
ben/ nicht Urſachen ihrer Verweigerung waͤ-
ren. Dahero begegnete er ihr mit ziemlich ernſt-
hafftem Geſichte: ihre Gramſchafft waͤre eine
unzeitige Einbildung/ und ein vergaͤnglicher
Eckel. Dahero waͤre nach dieſem ſo wenig die
Wuͤrde eines Liebhabers/ als nach einem ver-
dorbenen Magen die Guͤte einer Speiſe zu ver-
werffen. Es haͤtten zuweilen Gemuͤther die
Art des Magnets an ſich/ die zu roſtigem Eiſen
einen Zug/ und fuͤr Diamanten einen Abſcheu
haͤtten. Die Zuneigung geluͤſterte mehrmahls
nach der Haͤßligkeit/ wie manches ſchwanger
Weib nach unartigen Speiſen; und der Hart-
naͤckigkeit waͤre die Vollkommenheit ſo wenig
gut genung/ als einem vergaͤllten Maule die
ſuͤſſeſten Granat-Aepffel. Die Regungen der
Sinnen muͤſten dem Urthel der Vernunfft
nicht zuvor kommen/ und der Geiſt ſich nicht zu
fleiſchlicher Ver gnuͤgung erniedrigen. Aller
Voͤlcker Einſtimmung waͤre ein unverwerffli-
cher Zeuge fuͤr Ariobarzanens Tugenden/ und
die Welt ein Schauplatz ſeiner Helden-Thaten.
Uberdiß mache bey Buͤrgern die Liebe/ bey Koͤ-
nigen die Staats-Klugheit die Heyraths-Be-
redungen. Dieſer waͤre gemaͤß ein Reich ſo hoch
empor zu heben/ daß dem Neide die Augen ver-
gingen an ſelbtem hinauf zu ſehen/ und ſo groß
zu machen/ daß es ohne frembde Huͤlffe der un-
rechten Gewalt maͤchtiger Nachbarn die Spi-
tze bieten koͤnte. Seine und Ariobarzanens
zuſammenſtoſſende Kraͤfften waͤren noch kaum
genung den Parthern oder Roͤmern zu bege-
gnen; fuͤr denen er keine Buͤrgen haͤtte/ daß
ſein Buͤndnuͤß mit ihnen ewig tauren wuͤrde.
Das Pontiſche Reich wuͤrde fuͤr dem Mediſchen
nichts minder als Armenien ſeinen Vorzug be-
halten; und ſeine Voͤlcker wuͤrden nicht einem
frembden Lande/ ſondern ihrer angebohrnen
Fuͤrſtin zu gehorchen haben. Weßwegen man
mit Ariobarzanen gewiſſe Bedingungen ab-
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[279/0331] Arminius und Thußnelda. Pontiſchen Voͤlcker wuͤrden dieſe auslaͤndiſche Heyrath/ als ein Seil/ wordurch ihnen das Joch der uͤppigen Meden an die Hoͤrner ge- ſchlinget wuͤrde/ mit Unwillen anſehen/ oder auch die Vereinbarung ſo vieler maͤchtigen Rei- che den Roͤmern und Parthern Nachdencken machen/ und ſolche mit Gewalt zu zertheilen Anlaß geben. Die Roͤmer haͤtten wider den groſſen Mithridates keine andere Urſache zum Kriege/ als die Furcht fuͤr ſeinen zwoͤlf Koͤnig- reichen gehabt/ als ſie Nicomeden den Bithy- niſchen/ und Ariobarzanen den Cappadociſchen Koͤnig wider ihn aufgehetzet; und hernach zwey und vierzig Jahr wider ihn gekrieget. Eben ſo wuͤrde der Uhrſprung des Peloponneſiſchen Krieges der ſich allzu ſehr ver groͤſſernden Stadt Athen beygemeſſen; und derer den Degen zum erſten zuͤckenden Spartaner Furcht fuͤr eine rechtmaͤßige Urſache des Krieges wider Athen/ und ihr Angriff fuͤr eine Nothwehre gehalten. Die Roͤmer hatten nach dem andern Puniſchen Kriege den Koͤnig Philip in Macedonien zu uͤ- berfallen keine Urſache ſonſt gehabt/ als ſeine verdaͤchtige Kriegsruͤſtung. Weil nun ein mit- telmaͤßiges Reich ſicherer und leichter zu beherr- ſchen waͤre/ ſonderlich kuͤnfftig von ihr einem Frauenzimmer; als ein uͤbermaͤßig groſſes/ wel- ches von einem groſſen Geiſte beſeelet/ mit vielen Armen beſchuͤtzt werden muͤſte; weil ein groſſes Reich ſeine Fuͤrſten ſicher/ ſeine Feinde veraͤcht- lich/ die Einwohner wolluͤſtig/ die Tapfferkeit ſtumpf/ die Kriegsleute weich/ die Unterthanen faul machte/ alſo aus ſich ſelbſt ſein Verderben/ wie aus dem Eiſen der Roſt/ aus dem Holtze ſei- ne freſſende Wuͤrmer/ entſpringe; in die ent- fernten Laͤnder die koͤniglichen Schluͤſſe zur Un- zeit kaͤmen; ja wie groſſe Rieſen ſchweren Faͤl- len/ alſo weite Reiche geſchwindem Untergange unterworffen waͤren; ſo ſchiene es/ ihrem ſchwa- chen Verſtande nach/ rathſamer zu ſeyn/ das Pontiſche Reich numehr in ſeinen unbeneideten Graͤntzen zu erhalten. Der verſchmitzte Koͤnig nam unſchwer wahr/ daß dieſe Einwuͤrffe Far- ben/ nicht Urſachen ihrer Verweigerung waͤ- ren. Dahero begegnete er ihr mit ziemlich ernſt- hafftem Geſichte: ihre Gramſchafft waͤre eine unzeitige Einbildung/ und ein vergaͤnglicher Eckel. Dahero waͤre nach dieſem ſo wenig die Wuͤrde eines Liebhabers/ als nach einem ver- dorbenen Magen die Guͤte einer Speiſe zu ver- werffen. Es haͤtten zuweilen Gemuͤther die Art des Magnets an ſich/ die zu roſtigem Eiſen einen Zug/ und fuͤr Diamanten einen Abſcheu haͤtten. Die Zuneigung geluͤſterte mehrmahls nach der Haͤßligkeit/ wie manches ſchwanger Weib nach unartigen Speiſen; und der Hart- naͤckigkeit waͤre die Vollkommenheit ſo wenig gut genung/ als einem vergaͤllten Maule die ſuͤſſeſten Granat-Aepffel. Die Regungen der Sinnen muͤſten dem Urthel der Vernunfft nicht zuvor kommen/ und der Geiſt ſich nicht zu fleiſchlicher Ver gnuͤgung erniedrigen. Aller Voͤlcker Einſtimmung waͤre ein unverwerffli- cher Zeuge fuͤr Ariobarzanens Tugenden/ und die Welt ein Schauplatz ſeiner Helden-Thaten. Uberdiß mache bey Buͤrgern die Liebe/ bey Koͤ- nigen die Staats-Klugheit die Heyraths-Be- redungen. Dieſer waͤre gemaͤß ein Reich ſo hoch empor zu heben/ daß dem Neide die Augen ver- gingen an ſelbtem hinauf zu ſehen/ und ſo groß zu machen/ daß es ohne frembde Huͤlffe der un- rechten Gewalt maͤchtiger Nachbarn die Spi- tze bieten koͤnte. Seine und Ariobarzanens zuſammenſtoſſende Kraͤfften waͤren noch kaum genung den Parthern oder Roͤmern zu bege- gnen; fuͤr denen er keine Buͤrgen haͤtte/ daß ſein Buͤndnuͤß mit ihnen ewig tauren wuͤrde. Das Pontiſche Reich wuͤrde fuͤr dem Mediſchen nichts minder als Armenien ſeinen Vorzug be- halten; und ſeine Voͤlcker wuͤrden nicht einem frembden Lande/ ſondern ihrer angebohrnen Fuͤrſtin zu gehorchen haben. Weßwegen man mit Ariobarzanen gewiſſe Bedingungen ab- reden muͤſte. Waͤre es denn aber nicht rath-

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/331>, abgerufen am 22.11.2024.