Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] ter aus seiner Wunden saugte/ beym Leben er-
halten werden; Dieser gewissenhaffte Fürst a-
ber lieber sterben/ als durch eines unschuldigen
Untergang leben wolte/ meinte seine ruhm-
würdigste Lelebisa/ das Todes-Urthel der Aertz-
te gienge sie an/ und sie könne sich durch nichts
mehr/ als durch einen so tugendhafften Todt
unsterblich machen. Dahero band sie ihrem
eingeschläfften Eh-Herrn die Wunde sanffte
auf/ und sog nichts minder mit einem brünsti-
gen Hertzen/ als einer geitzigen Zunge das Gift
und den Tod glücklich aus der Wunden. Die
Götter aber/ oder das Feuer ihrer Liebe zer-
theilte das Gifft derogestalt/ daß Edward ge-
heilet/ Lelebisa aber davon nicht verletzt ward.
Wie viel mehr aber muß ich nicht erstarren ü-
ber dem mitleidenden Hertzen der Erato? Wel-
che gegen meinen Sohn einige Verbindligkeit
nicht gehabt/ und mit ihrer Gefahr/ da anders
der König unsere Geheimnüsse ergründen sol-
te/ ihn vom Tode errettet; welche zu seiner Ge-
nesung nicht alleine ihre Zunge/ sondern das
Feuer ihrer zarten Seele verleihet; welche ei-
nen Sterbenden anfängt zu lieben/ wormit sie
ihn und seine Mutter beym Leben erhalte. E-
rato begegnete der Königin mit nicht geringern
Kennzeichen ihrer Gewogenheit gegen sie/ und
ihrer ungefärbten Liebe gegen dem Fürsten Ze-
no/ welchen sie hernach mit einander mehr-
mahls besuchten. Es würde uns/ fuhr Salo-
nine fort/ der Tag/ mir aber Worte gebrechen/
alle die zwischen diesen zweyen gewechselte Lie-
bes-Bezeugungen zu erzehlen. Mich dünckt
aber/ es sey bey dieser Geschichte für itzt genung
zu wissen/ daß beyde mit einer so reinen und
hertzlichen Liebe gegen einander verknüpft wur-
den/ als eine tugendhaffte Seele anzunehmen
iemahls fähig werden kan. Thusnelde fiel
Saloninen ein: Es ist die Vollkommenheit ih-
rer Liebe unschwer zu ermessen/ nach dem das
Verhängnüß selbst mit die Hand im Spiele ge-
[Spaltenumbruch] habt/ und diese zwey Seelen schon gegen einan-
der der Zunder der Liebe gefangen; als ihnen
die Gesetze der Natur im Wege gestanden/ und
die eingebildete Gleichheit des Geschlechtes ih-
rer Zuneigung einen Rügel vorgeschoben. Es
ist wahr/ fuhr Salonine fort/ diese zwey Liebha-
ber übermeisterten derogestalt die Unmöglig-
keit. Denn es stehet die göttliche Versehung
gleichsam der Tugend zu Gebote. Alleine der
Himmel hatte nun zwar die Hindernüsse der
Natur auff die Seite geräumt; aber diese An-
dromede lag noch mit schweren Ketten ange-
fässelt; von denen sie zu entbinden auch ein The-
seus zu schwach schien. Denn wer solte so viel
göttliche Weissagungen unkräfftig machen?
Wer solte den König Polemon bereden den in
seiner Schoß zu behalten/ von welchem ihm
sein Untergang bestimmet war? Die Königin
Dynamis/ und selbst Zeno wurden/ weun sie
dieser Schwerigkeit nachdachten/ und diesen
Stein des Anstossens für Augen sahen/ auch
wie leicht ihre Liebe sich/ und das Geschlechte
der vermummeten Arsinoe verrathen liesse/
mehrmahls selbst kleinmüthig; also daß Erato
ihnen zuweilen ein Hertz zusprechen muste/
meldende: Sie solten sich die trübe Lufft nicht
erschrecken lassen; nach dem ihnen der Him-
mel so ein heiter Antlitz gezeigt hätte. Es hät-
te nichts zu bedeuten/ daß das Meer wütete/
nach dem sie ja die Sternen anlachten. Man
müste dem Glücke der grossen Tochter des e-
wigen Verhängnüsses etwas heimstellen/ und
diese Mutter durch Mißtrauen ihm nicht selbst
zur Stiefmutter machen. Ja/ sagte die sorg-
fältige Dynamis: Jch halte es freylich für eine
so grosse Thorheit/ seine Rathschläge auf lau-
ter Unglück gründen/ als seine Vergnügung
in der Traurigkeit suchen. Aber wir erfah-
ren doch/ daß das Glücke meist den unwür-
digen buhle/ und die Fehler ihres Gemü-
thes mit gewüntschten Zufällen/ wie eine

ver-
M m 2

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] ter aus ſeiner Wunden ſaugte/ beym Leben er-
halten werden; Dieſer gewiſſenhaffte Fuͤrſt a-
ber lieber ſterben/ als durch eines unſchuldigen
Untergang leben wolte/ meinte ſeine ruhm-
wuͤrdigſte Lelebiſa/ das Todes-Urthel der Aertz-
te gienge ſie an/ und ſie koͤnne ſich durch nichts
mehr/ als durch einen ſo tugendhafften Todt
unſterblich machen. Dahero band ſie ihrem
eingeſchlaͤfften Eh-Herrn die Wunde ſanffte
auf/ und ſog nichts minder mit einem bruͤnſti-
gen Hertzen/ als einer geitzigen Zunge das Gift
und den Tod gluͤcklich aus der Wunden. Die
Goͤtter aber/ oder das Feuer ihrer Liebe zer-
theilte das Gifft derogeſtalt/ daß Edward ge-
heilet/ Lelebiſa aber davon nicht verletzt ward.
Wie viel mehr aber muß ich nicht erſtarren uͤ-
ber dem mitleidenden Hertzen der Erato? Wel-
che gegen meinen Sohn einige Verbindligkeit
nicht gehabt/ und mit ihrer Gefahr/ da anders
der Koͤnig unſere Geheimnuͤſſe ergruͤnden ſol-
te/ ihn vom Tode errettet; welche zu ſeiner Ge-
neſung nicht alleine ihre Zunge/ ſondern das
Feuer ihrer zarten Seele verleihet; welche ei-
nen Sterbenden anfaͤngt zu lieben/ wormit ſie
ihn und ſeine Mutter beym Leben erhalte. E-
rato begegnete der Koͤnigin mit nicht geringern
Kennzeichen ihrer Gewogenheit gegen ſie/ und
ihrer ungefaͤrbten Liebe gegen dem Fuͤrſten Ze-
no/ welchen ſie hernach mit einander mehr-
mahls beſuchten. Es wuͤrde uns/ fuhr Salo-
nine fort/ der Tag/ mir aber Worte gebrechen/
alle die zwiſchen dieſen zweyen gewechſelte Lie-
bes-Bezeugungen zu erzehlen. Mich duͤnckt
aber/ es ſey bey dieſer Geſchichte fuͤr itzt genung
zu wiſſen/ daß beyde mit einer ſo reinen und
hertzlichen Liebe gegen einander verknuͤpft wur-
den/ als eine tugendhaffte Seele anzunehmen
iemahls faͤhig werden kan. Thuſnelde fiel
Saloninen ein: Es iſt die Vollkommenheit ih-
rer Liebe unſchwer zu ermeſſen/ nach dem das
Verhaͤngnuͤß ſelbſt mit die Hand im Spiele ge-
[Spaltenumbruch] habt/ und dieſe zwey Seelen ſchon gegen einan-
der der Zunder der Liebe gefangen; als ihnen
die Geſetze der Natur im Wege geſtanden/ und
die eingebildete Gleichheit des Geſchlechtes ih-
rer Zuneigung einen Ruͤgel vorgeſchoben. Es
iſt wahr/ fuhr Salonine fort/ dieſe zwey Liebha-
ber uͤbermeiſterten derogeſtalt die Unmoͤglig-
keit. Denn es ſtehet die goͤttliche Verſehung
gleichſam der Tugend zu Gebote. Alleine der
Himmel hatte nun zwar die Hindernuͤſſe der
Natur auff die Seite geraͤumt; aber dieſe An-
dromede lag noch mit ſchweren Ketten ange-
faͤſſelt; von denen ſie zu entbinden auch ein The-
ſeus zu ſchwach ſchien. Denn wer ſolte ſo viel
goͤttliche Weiſſagungen unkraͤfftig machen?
Wer ſolte den Koͤnig Polemon bereden den in
ſeiner Schoß zu behalten/ von welchem ihm
ſein Untergang beſtimmet war? Die Koͤnigin
Dynamis/ und ſelbſt Zeno wurden/ weun ſie
dieſer Schwerigkeit nachdachten/ und dieſen
Stein des Anſtoſſens fuͤr Augen ſahen/ auch
wie leicht ihre Liebe ſich/ und das Geſchlechte
der vermummeten Arſinoe verrathen lieſſe/
mehrmahls ſelbſt kleinmuͤthig; alſo daß Erato
ihnen zuweilen ein Hertz zuſprechen muſte/
meldende: Sie ſolten ſich die truͤbe Lufft nicht
erſchrecken laſſen; nach dem ihnen der Him-
mel ſo ein heiter Antlitz gezeigt haͤtte. Es haͤt-
te nichts zu bedeuten/ daß das Meer wuͤtete/
nach dem ſie ja die Sternen anlachten. Man
muͤſte dem Gluͤcke der groſſen Tochter des e-
wigen Verhaͤngnuͤſſes etwas heimſtellen/ und
dieſe Mutter durch Mißtrauen ihm nicht ſelbſt
zur Stiefmutter machen. Ja/ ſagte die ſorg-
faͤltige Dynamis: Jch halte es freylich fuͤr eine
ſo groſſe Thorheit/ ſeine Rathſchlaͤge auf lau-
ter Ungluͤck gruͤnden/ als ſeine Vergnuͤgung
in der Traurigkeit ſuchen. Aber wir erfah-
ren doch/ daß das Gluͤcke meiſt den unwuͤr-
digen buhle/ und die Fehler ihres Gemuͤ-
thes mit gewuͤntſchten Zufaͤllen/ wie eine

ver-
M m 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0327" n="275"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/>
ter aus &#x017F;einer Wunden &#x017F;augte/ beym Leben er-<lb/>
halten werden; Die&#x017F;er gewi&#x017F;&#x017F;enhaffte Fu&#x0364;r&#x017F;t a-<lb/>
ber lieber &#x017F;terben/ als durch eines un&#x017F;chuldigen<lb/>
Untergang leben wolte/ meinte &#x017F;eine ruhm-<lb/>
wu&#x0364;rdig&#x017F;te Lelebi&#x017F;a/ das Todes-Urthel der Aertz-<lb/>
te gienge &#x017F;ie an/ und &#x017F;ie ko&#x0364;nne &#x017F;ich durch nichts<lb/>
mehr/ als durch einen &#x017F;o tugendhafften Todt<lb/>
un&#x017F;terblich machen. Dahero band &#x017F;ie ihrem<lb/>
einge&#x017F;chla&#x0364;fften Eh-Herrn die Wunde &#x017F;anffte<lb/>
auf/ und &#x017F;og nichts minder mit einem bru&#x0364;n&#x017F;ti-<lb/>
gen Hertzen/ als einer geitzigen Zunge das Gift<lb/>
und den Tod glu&#x0364;cklich aus der Wunden. Die<lb/>
Go&#x0364;tter aber/ oder das Feuer ihrer Liebe zer-<lb/>
theilte das Gifft deroge&#x017F;talt/ daß Edward ge-<lb/>
heilet/ Lelebi&#x017F;a aber davon nicht verletzt ward.<lb/>
Wie viel mehr aber muß ich nicht er&#x017F;tarren u&#x0364;-<lb/>
ber dem mitleidenden Hertzen der Erato? Wel-<lb/>
che gegen meinen Sohn einige Verbindligkeit<lb/>
nicht gehabt/ und mit ihrer Gefahr/ da anders<lb/>
der Ko&#x0364;nig un&#x017F;ere Geheimnu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e ergru&#x0364;nden &#x017F;ol-<lb/>
te/ ihn vom Tode errettet; welche zu &#x017F;einer Ge-<lb/>
ne&#x017F;ung nicht alleine ihre Zunge/ &#x017F;ondern das<lb/>
Feuer ihrer zarten Seele verleihet; welche ei-<lb/>
nen Sterbenden anfa&#x0364;ngt zu lieben/ wormit &#x017F;ie<lb/>
ihn und &#x017F;eine Mutter beym Leben erhalte. E-<lb/>
rato begegnete der Ko&#x0364;nigin mit nicht geringern<lb/>
Kennzeichen ihrer Gewogenheit gegen &#x017F;ie/ und<lb/>
ihrer ungefa&#x0364;rbten Liebe gegen dem Fu&#x0364;r&#x017F;ten Ze-<lb/>
no/ welchen &#x017F;ie hernach mit einander mehr-<lb/>
mahls be&#x017F;uchten. Es wu&#x0364;rde uns/ fuhr Salo-<lb/>
nine fort/ der Tag/ mir aber Worte gebrechen/<lb/>
alle die zwi&#x017F;chen die&#x017F;en zweyen gewech&#x017F;elte Lie-<lb/>
bes-Bezeugungen zu erzehlen. Mich du&#x0364;nckt<lb/>
aber/ es &#x017F;ey bey die&#x017F;er Ge&#x017F;chichte fu&#x0364;r itzt genung<lb/>
zu wi&#x017F;&#x017F;en/ daß beyde mit einer &#x017F;o reinen und<lb/>
hertzlichen Liebe gegen einander verknu&#x0364;pft wur-<lb/>
den/ als eine tugendhaffte Seele anzunehmen<lb/>
iemahls fa&#x0364;hig werden kan. Thu&#x017F;nelde fiel<lb/>
Saloninen ein: Es i&#x017F;t die Vollkommenheit ih-<lb/>
rer Liebe un&#x017F;chwer zu erme&#x017F;&#x017F;en/ nach dem das<lb/>
Verha&#x0364;ngnu&#x0364;ß &#x017F;elb&#x017F;t mit die Hand im Spiele ge-<lb/><cb/>
habt/ und die&#x017F;e zwey Seelen &#x017F;chon gegen einan-<lb/>
der der Zunder der Liebe gefangen; als ihnen<lb/>
die Ge&#x017F;etze der Natur im Wege ge&#x017F;tanden/ und<lb/>
die eingebildete Gleichheit des Ge&#x017F;chlechtes ih-<lb/>
rer Zuneigung einen Ru&#x0364;gel vorge&#x017F;choben. Es<lb/>
i&#x017F;t wahr/ fuhr Salonine fort/ die&#x017F;e zwey Liebha-<lb/>
ber u&#x0364;bermei&#x017F;terten deroge&#x017F;talt die Unmo&#x0364;glig-<lb/>
keit. Denn es &#x017F;tehet die go&#x0364;ttliche Ver&#x017F;ehung<lb/>
gleich&#x017F;am der Tugend zu Gebote. Alleine der<lb/>
Himmel hatte nun zwar die Hindernu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e der<lb/>
Natur auff die Seite gera&#x0364;umt; aber die&#x017F;e An-<lb/>
dromede lag noch mit &#x017F;chweren Ketten ange-<lb/>
fa&#x0364;&#x017F;&#x017F;elt; von denen &#x017F;ie zu entbinden auch ein The-<lb/>
&#x017F;eus zu &#x017F;chwach &#x017F;chien. Denn wer &#x017F;olte &#x017F;o viel<lb/>
go&#x0364;ttliche Wei&#x017F;&#x017F;agungen unkra&#x0364;fftig machen?<lb/>
Wer &#x017F;olte den Ko&#x0364;nig Polemon bereden den in<lb/>
&#x017F;einer Schoß zu behalten/ von welchem ihm<lb/>
&#x017F;ein Untergang be&#x017F;timmet war? Die Ko&#x0364;nigin<lb/>
Dynamis/ und &#x017F;elb&#x017F;t Zeno wurden/ weun &#x017F;ie<lb/>
die&#x017F;er Schwerigkeit nachdachten/ und die&#x017F;en<lb/>
Stein des An&#x017F;to&#x017F;&#x017F;ens fu&#x0364;r Augen &#x017F;ahen/ auch<lb/>
wie leicht ihre Liebe &#x017F;ich/ und das Ge&#x017F;chlechte<lb/>
der vermummeten Ar&#x017F;inoe verrathen lie&#x017F;&#x017F;e/<lb/>
mehrmahls &#x017F;elb&#x017F;t kleinmu&#x0364;thig; al&#x017F;o daß Erato<lb/>
ihnen zuweilen ein Hertz zu&#x017F;prechen mu&#x017F;te/<lb/>
meldende: Sie &#x017F;olten &#x017F;ich die tru&#x0364;be Lufft nicht<lb/>
er&#x017F;chrecken la&#x017F;&#x017F;en; nach dem ihnen der Him-<lb/>
mel &#x017F;o ein heiter Antlitz gezeigt ha&#x0364;tte. Es ha&#x0364;t-<lb/>
te nichts zu bedeuten/ daß das Meer wu&#x0364;tete/<lb/>
nach dem &#x017F;ie ja die Sternen anlachten. Man<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;te dem Glu&#x0364;cke der gro&#x017F;&#x017F;en Tochter des e-<lb/>
wigen Verha&#x0364;ngnu&#x0364;&#x017F;&#x017F;es etwas heim&#x017F;tellen/ und<lb/>
die&#x017F;e Mutter durch Mißtrauen ihm nicht &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
zur Stiefmutter machen. Ja/ &#x017F;agte die &#x017F;org-<lb/>
fa&#x0364;ltige Dynamis: Jch halte es freylich fu&#x0364;r eine<lb/>
&#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;e Thorheit/ &#x017F;eine Rath&#x017F;chla&#x0364;ge auf lau-<lb/>
ter Unglu&#x0364;ck gru&#x0364;nden/ als &#x017F;eine Vergnu&#x0364;gung<lb/>
in der Traurigkeit &#x017F;uchen. Aber wir erfah-<lb/>
ren doch/ daß das Glu&#x0364;cke mei&#x017F;t den unwu&#x0364;r-<lb/>
digen buhle/ und die Fehler ihres Gemu&#x0364;-<lb/>
thes mit gewu&#x0364;nt&#x017F;chten Zufa&#x0364;llen/ wie eine<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M m 2</fw><fw place="bottom" type="catch">ver-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[275/0327] Arminius und Thußnelda. ter aus ſeiner Wunden ſaugte/ beym Leben er- halten werden; Dieſer gewiſſenhaffte Fuͤrſt a- ber lieber ſterben/ als durch eines unſchuldigen Untergang leben wolte/ meinte ſeine ruhm- wuͤrdigſte Lelebiſa/ das Todes-Urthel der Aertz- te gienge ſie an/ und ſie koͤnne ſich durch nichts mehr/ als durch einen ſo tugendhafften Todt unſterblich machen. Dahero band ſie ihrem eingeſchlaͤfften Eh-Herrn die Wunde ſanffte auf/ und ſog nichts minder mit einem bruͤnſti- gen Hertzen/ als einer geitzigen Zunge das Gift und den Tod gluͤcklich aus der Wunden. Die Goͤtter aber/ oder das Feuer ihrer Liebe zer- theilte das Gifft derogeſtalt/ daß Edward ge- heilet/ Lelebiſa aber davon nicht verletzt ward. Wie viel mehr aber muß ich nicht erſtarren uͤ- ber dem mitleidenden Hertzen der Erato? Wel- che gegen meinen Sohn einige Verbindligkeit nicht gehabt/ und mit ihrer Gefahr/ da anders der Koͤnig unſere Geheimnuͤſſe ergruͤnden ſol- te/ ihn vom Tode errettet; welche zu ſeiner Ge- neſung nicht alleine ihre Zunge/ ſondern das Feuer ihrer zarten Seele verleihet; welche ei- nen Sterbenden anfaͤngt zu lieben/ wormit ſie ihn und ſeine Mutter beym Leben erhalte. E- rato begegnete der Koͤnigin mit nicht geringern Kennzeichen ihrer Gewogenheit gegen ſie/ und ihrer ungefaͤrbten Liebe gegen dem Fuͤrſten Ze- no/ welchen ſie hernach mit einander mehr- mahls beſuchten. Es wuͤrde uns/ fuhr Salo- nine fort/ der Tag/ mir aber Worte gebrechen/ alle die zwiſchen dieſen zweyen gewechſelte Lie- bes-Bezeugungen zu erzehlen. Mich duͤnckt aber/ es ſey bey dieſer Geſchichte fuͤr itzt genung zu wiſſen/ daß beyde mit einer ſo reinen und hertzlichen Liebe gegen einander verknuͤpft wur- den/ als eine tugendhaffte Seele anzunehmen iemahls faͤhig werden kan. Thuſnelde fiel Saloninen ein: Es iſt die Vollkommenheit ih- rer Liebe unſchwer zu ermeſſen/ nach dem das Verhaͤngnuͤß ſelbſt mit die Hand im Spiele ge- habt/ und dieſe zwey Seelen ſchon gegen einan- der der Zunder der Liebe gefangen; als ihnen die Geſetze der Natur im Wege geſtanden/ und die eingebildete Gleichheit des Geſchlechtes ih- rer Zuneigung einen Ruͤgel vorgeſchoben. Es iſt wahr/ fuhr Salonine fort/ dieſe zwey Liebha- ber uͤbermeiſterten derogeſtalt die Unmoͤglig- keit. Denn es ſtehet die goͤttliche Verſehung gleichſam der Tugend zu Gebote. Alleine der Himmel hatte nun zwar die Hindernuͤſſe der Natur auff die Seite geraͤumt; aber dieſe An- dromede lag noch mit ſchweren Ketten ange- faͤſſelt; von denen ſie zu entbinden auch ein The- ſeus zu ſchwach ſchien. Denn wer ſolte ſo viel goͤttliche Weiſſagungen unkraͤfftig machen? Wer ſolte den Koͤnig Polemon bereden den in ſeiner Schoß zu behalten/ von welchem ihm ſein Untergang beſtimmet war? Die Koͤnigin Dynamis/ und ſelbſt Zeno wurden/ weun ſie dieſer Schwerigkeit nachdachten/ und dieſen Stein des Anſtoſſens fuͤr Augen ſahen/ auch wie leicht ihre Liebe ſich/ und das Geſchlechte der vermummeten Arſinoe verrathen lieſſe/ mehrmahls ſelbſt kleinmuͤthig; alſo daß Erato ihnen zuweilen ein Hertz zuſprechen muſte/ meldende: Sie ſolten ſich die truͤbe Lufft nicht erſchrecken laſſen; nach dem ihnen der Him- mel ſo ein heiter Antlitz gezeigt haͤtte. Es haͤt- te nichts zu bedeuten/ daß das Meer wuͤtete/ nach dem ſie ja die Sternen anlachten. Man muͤſte dem Gluͤcke der groſſen Tochter des e- wigen Verhaͤngnuͤſſes etwas heimſtellen/ und dieſe Mutter durch Mißtrauen ihm nicht ſelbſt zur Stiefmutter machen. Ja/ ſagte die ſorg- faͤltige Dynamis: Jch halte es freylich fuͤr eine ſo groſſe Thorheit/ ſeine Rathſchlaͤge auf lau- ter Ungluͤck gruͤnden/ als ſeine Vergnuͤgung in der Traurigkeit ſuchen. Aber wir erfah- ren doch/ daß das Gluͤcke meiſt den unwuͤr- digen buhle/ und die Fehler ihres Gemuͤ- thes mit gewuͤntſchten Zufaͤllen/ wie eine ver- M m 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/327
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/327>, abgerufen am 23.11.2024.