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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] nen die Götter aus dem Himmel/ die Geister
aus der Hölle beruffen/ und wenn einem ein
Stein aus dem Ringe springt/ daraus ein nicht
allein unvermeidliches Unglück erzwingen/ son-
dern auch deßwegen den wichtigsten Anschlag
abbrechen. Cherämon antwortete: Er könte
nicht längnen/ daß viel unter denen Sternsehern
irrige Meynungen von den Sternen hätten/
daß die Ferne und die Blödigkeit des menschli-
chen Verstandes nicht alles im Himmel so genau
auszuecken wüste/ und derogestalt der Himmel
den meisten ein unauflößliches Rätzel wäre.
Alleine/ es wäre daraus ein mehres nicht zu er-
zwingen/ als daß ihre Wissenschafft nicht voll-
kommen/ sondern auch mit Fehlern vermischt
wäre. Massen denn auch keine Sternse-
her/ als die Egyptier/ die Geburt der
Schwantz-Gestirne vorher sehen/ und die
Zeit ihrer künftigen Erscheinung anzukündi-
gen wüsten. Diese Unvollkommenheit aber
hinge aller Weißheit und Künsten an; die
Aertzte zanckten sich ja so sehr über den Ur-
sachen und Kennzeichen der Kranckheiten/ als
über der Eigenschafft der Kräuter und des
Ertztes. Die Staats-Klugen machten über
einer Entschlüssung die Rath-Stuben mehr-
mals zu einem Jrrgarten widriger Meynun-
gen. Gleichwohl verwürffe niemand die gantze
Artzney-Kunst/ und die mehrmals fehltretende
Staats-Klugheit. Warumb wäre man denn
ihrer Wissenschafft so aufsätzig? Warumb wolte
man denen Offenbarungen der Gestirne nichts
glauben/ da so viel Völcker die Sprache der
Esel und Bäume/ den Flug der Vögel/ und
das Geschwärme der Gespenster für unfehlba-
re Weissagungen annehmen? Keine einige
wäre noch so vollkommen durchsucht/ daß die
besten Meister nicht noch täglich was zu ler-
nen/ oder ihre Unwissenheit zu beklagen hätten.
Die gründliche Wissenschafft von dem Lauffe
und der Würckung der sieben grossen Jrr-
[Spaltenumbruch] Sternen/ und der zwölf Zeichen des Thier-
Kreisses wären schon genung eines Menschen
fürnehmste Zufälle vorzusehen; ob wohl frey-
lich die kleineren Sterne in geringern Dingen
auch ihren absonderen Zug hätten. Jhre Wür-
ckungen hätte die Welt durch die Erfahrung
eben so/ wie die Eigenschaften der Kräuter geler-
net. Sophites brach hier ein: Wie kan die Er-
fahrung allhier ein gewisser Lehrmeister seyn/
nachdem die Sternseher selbst gestehen/ daß
der gestirnte Himmel niemals einerley/ sondern
stets einen gantz andern Stand darstellet? und
daß ein ieder Stern/ so klein er sey/ nichts min-
der als ein iedes Kraut/ seine gantz absondere
Eigenschaft habe. Cherämon versetzte: Es ist
genung/ daß die fürnehmsten Gestirne offt-
mals sich miteinander vereinbaren/ oder nach
einerley Art einander entgegen stehen. Ste-
hen doch die Kräuter an einem Orte/ und in
der Nachbarschafft dieser oder jener Gewächse
besser/ als am andern; sie haben unterschie-
dene Witterung/ auch nach der Landes-Art von
dem Gestirne nicht gleichen Einfluß/ gleich-
wohl müssen die Aertzte die Kräfften der
Kräuter/ wie die Sternseher das Vermögen
der anders gestellten Gestirne zu unterscheiden
wissen. Die Unwissenheit etlicher in diesen
Ländern unsichtbaren Sterne thäten ihrer
Weißheit schlechten Abbruch/ weil die über
unserm Haupte stehende Gestirne über uns die
kräfftigsten/ die so weit entfernten aber eben
so wol/ als die unsichtbaren Finsternüsse
schlechte Einflüsse hätten. Sophites warff
ein: Wie kommts denn aber/ daß nach der mei-
sten Sternseher Meynung die bey eines Men-
schen Geburt im Morgen aufgehende/ nicht
aber die gleich über unserm Wirbel stehende/
oder auch nicht vielmehr die bey der Empfäng-
nüß scheinende Gestirne dem Gebohrnen die
Beschaffenheit ihres gantzen Lebens anordnen
sollen? Zumal die Kinder mehrmals in der

Ge-
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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] nen die Goͤtter aus dem Himmel/ die Geiſter
aus der Hoͤlle beruffen/ und wenn einem ein
Stein aus dem Ringe ſpringt/ daraus ein nicht
allein unvermeidliches Ungluͤck erzwingen/ ſon-
dern auch deßwegen den wichtigſten Anſchlag
abbrechen. Cheraͤmon antwortete: Er koͤnte
nicht laͤngnen/ daß viel unter denen Sternſehern
irrige Meynungen von den Sternen haͤtten/
daß die Ferne und die Bloͤdigkeit des menſchli-
chen Verſtandes nicht alles im Himmel ſo genau
auszuecken wuͤſte/ und derogeſtalt der Himmel
den meiſten ein unaufloͤßliches Raͤtzel waͤre.
Alleine/ es waͤre daraus ein mehres nicht zu er-
zwingen/ als daß ihre Wiſſenſchafft nicht voll-
kommen/ ſondern auch mit Fehlern vermiſcht
waͤre. Maſſen denn auch keine Sternſe-
her/ als die Egyptier/ die Geburt der
Schwantz-Geſtirne vorher ſehen/ und die
Zeit ihrer kuͤnftigen Erſcheinung anzukuͤndi-
gen wuͤſten. Dieſe Unvollkommenheit aber
hinge aller Weißheit und Kuͤnſten an; die
Aertzte zanckten ſich ja ſo ſehr uͤber den Ur-
ſachen und Kennzeichen der Kranckheiten/ als
uͤber der Eigenſchafft der Kraͤuter und des
Ertztes. Die Staats-Klugen machten uͤber
einer Entſchluͤſſung die Rath-Stuben mehr-
mals zu einem Jrrgarten widriger Meynun-
gen. Gleichwohl verwuͤrffe niemand die gantze
Artzney-Kunſt/ und die mehrmals fehltretende
Staats-Klugheit. Warumb waͤre man denn
ihrer Wiſſenſchafft ſo aufſaͤtzig? Warumb wolte
man denen Offenbarungen der Geſtirne nichts
glauben/ da ſo viel Voͤlcker die Sprache der
Eſel und Baͤume/ den Flug der Voͤgel/ und
das Geſchwaͤrme der Geſpenſter fuͤr unfehlba-
re Weiſſagungen annehmen? Keine einige
waͤre noch ſo vollkommen durchſucht/ daß die
beſten Meiſter nicht noch taͤglich was zu ler-
nen/ oder ihre Unwiſſenheit zu beklagen haͤtten.
Die gruͤndliche Wiſſenſchafft von dem Lauffe
und der Wuͤrckung der ſieben groſſen Jrr-
[Spaltenumbruch] Sternen/ und der zwoͤlf Zeichen des Thier-
Kreiſſes waͤren ſchon genung eines Menſchen
fuͤrnehmſte Zufaͤlle vorzuſehen; ob wohl frey-
lich die kleineren Sterne in geringern Dingen
auch ihren abſonderen Zug haͤtten. Jhre Wuͤr-
ckungen haͤtte die Welt durch die Erfahrung
eben ſo/ wie die Eigenſchaften der Kraͤuter geler-
net. Sophites brach hier ein: Wie kan die Er-
fahrung allhier ein gewiſſer Lehrmeiſter ſeyn/
nachdem die Sternſeher ſelbſt geſtehen/ daß
der geſtirnte Himmel niemals einerley/ ſondern
ſtets einen gantz andern Stand darſtellet? und
daß ein ieder Stern/ ſo klein er ſey/ nichts min-
der als ein iedes Kraut/ ſeine gantz abſondere
Eigenſchaft habe. Cheraͤmon verſetzte: Es iſt
genung/ daß die fuͤrnehmſten Geſtirne offt-
mals ſich miteinander vereinbaren/ oder nach
einerley Art einander entgegen ſtehen. Ste-
hen doch die Kraͤuter an einem Orte/ und in
der Nachbarſchafft dieſer oder jener Gewaͤchſe
beſſer/ als am andern; ſie haben unterſchie-
dene Witterung/ auch nach der Landes-Art von
dem Geſtirne nicht gleichen Einfluß/ gleich-
wohl muͤſſen die Aertzte die Kraͤfften der
Kraͤuter/ wie die Sternſeher das Vermoͤgen
der anders geſtellten Geſtirne zu unterſcheiden
wiſſen. Die Unwiſſenheit etlicher in dieſen
Laͤndern unſichtbaren Sterne thaͤten ihrer
Weißheit ſchlechten Abbruch/ weil die uͤber
unſerm Haupte ſtehende Geſtirne uͤber uns die
kraͤfftigſten/ die ſo weit entfernten aber eben
ſo wol/ als die unſichtbaren Finſternuͤſſe
ſchlechte Einfluͤſſe haͤtten. Sophites warff
ein: Wie kom̃ts denn aber/ daß nach der mei-
ſten Sternſeher Meynung die bey eines Men-
ſchen Geburt im Morgen aufgehende/ nicht
aber die gleich uͤber unſerm Wirbel ſtehende/
oder auch nicht vielmehr die bey der Empfaͤng-
nuͤß ſcheinende Geſtirne dem Gebohrnen die
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/319>, abgerufen am 22.11.2024.