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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] mehr für eine Gemüths - als Leibes-Kranck-
heit/ und wenn solche Veränderung in An-
wesenheit einiges Mannes geschehe/ wolle er
keck sagen: Es wäre die Kranckheit/ daran Era-
sistratus den Liebhaber der Stratonice geheilet
hätte. Wolte sie nun die Ursache der Kranck-
heit ergründen/ und ihrer Tochter das Leben er-
halten/ müste sie die Heimligkeit ihres Hertzens
erforschen. Der klugen Dynamis war mehr
denn zu viel gesagt/ und sie konte ihr numehr die
Kranckheit an den Fingern ausrechnen. Gleich-
wohl aber noch gewisser auf den Grund zu kom-
men/ gieng sie mit unterschiedenen ihres Frau-
enzimmers zu Arsinoen/ merckte aber in ihrem
Beyseyn an ihr nichts veränderliches. Hier-
auf trat sie alleine mit der Erato für ihr Bette;
alsofort dorfte sie Arsinoen nicht an Puls
fühlen; denn ihre Gemüths- und Leibes-Aen-
derung brach an allen Gliedern aus. Nach
so augenscheinlichen Merckmalen führete sie die
Fürstin Erato mit sich/ verschloß sich mit ihr in
ihr geheimstes Zimmer; daselbst redete sie/ ihre
Augen voll Thränen/ und ihre Brust voll Seuf-
zer habende/ derogestalt an: Wenn ich/ unver-
gleichliche Erato/ nicht ihrer hohen An-
kunft halber durch so viel Tugenden/ wor-
mit sie der gütige Himmel ausgerüstet hat/
vergewissert wäre/ würde ich entweder den
Vorwitz begehen ihren Ursprung zu erforschen/
welchen sie vermuthlich aus wichtigen Ursachen
verhelet/ oder ihr ein Geheimnüß zu entdecken
anstehen/ welches meinem eigenen Gemahl ver-
borgen ist. Nachdem man aber für den Göt-
tern und der Tugend sicher sein Hertz ausschüt-
tet/ und ihre Gütigkeit mich aus dem Pfule des
Verderbens/ mein Kind Arsinoen aus dem Ra-
chen des Todes zu retten alleine mächtig ist; wol-
le die ihren Ohren nicht beschwerlich seyn lassen
mich zu hören/ welcher mitleidentlich Hertze ich
so geneigt weiß mir zu helffen. Als nun Erato
mit Zunge und Geberden ihr Mitleiden und
Verbündligkeit beweglich bezeuget hatte/ fuhr
[Spaltenumbruch] die Königin Dynamis fort: Als ich den König
Polemon geheyrathet hatte/ liessen die Götter
zu/ daß des Scribonius Schwester durch Zau-
berey uns zwey Ehleute eben so/ wie es für Zei-
ten dem Könige Amasis mit der Laodice bege-
gnet/ gegen einander verschloß. Polemon/
welcher über diesem Zufalle nebst mir höchst be-
kümmert ward/ nahm seine Zuflucht zu der Per-
sischen Diana/ welche in der Cilicischen Stadt
Castabala verehret wird. Die Wahrsager-
Weiber/ welche daselbst über den glüenden Rost
und Kohlen/ darauf die Opfer angezündet wer-
den/ baarfüssig ohne Verletzung gehen/ trugen
der Göttin unser Gelübde für/ und kriegten zur
Antwort: Jch solte meinen Gürtel der Jung-
fräulichen Diana wiedmen/ so würde ich schwan-
ger werden/ es solte ihm aber Polemon den De-
gen schleiffen. Ob uns nun wol das letztere
ziemlich tunckel fürkam; so leisteten wir doch
dem Göttlichen Befehl Gehorsam/ und ich be-
fand mich in einem Monat schwanger. Wie
wir nun auf dem Rückwege bey der Stadt Se-
leucia unter dem Berge Taurus vorbey zohen/
wolten wir bey der berühmten Charoneischen
Höle nicht vergebens vorbey ziehen/ sondern wir
verehrten den Geist denselben/ und schlugen des
Nachts darinnen unsere Lager-Stadt auf/ umb
durch einen Traum wegen des Mittels unser
Genesung bestärckt zu werden. Esträumte uns
aber allen beyden: Jch ginge mit einer Schlan-
ge schwanger/ die an iedem Orte einen Kopf hät-
te/ derer einer den Polemon stäche/ der andere
seine Mutter küßte. Eben dieses träumte uns
zu unserer höchsten Verwunderung wenige Zeit
hernach zum andern mal in dem Pergameni-
schen Tempel des Esculapius. Wir blieben
also mit Furcht und Hoffnung bestricket biß zu
meiner Geburts-Zeit ruhig/ wurden aber hertz-
lich erfreuet/ als ich eines wolgestalten Sohnes
und Tochter genesen war/ die wir Zeno und Ar-
sinoe benahmten. Gleichwohl aber konte
mein König ihm den Traum nicht aus dem

Sin-
K k 3

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] mehr fuͤr eine Gemuͤths - als Leibes-Kranck-
heit/ und wenn ſolche Veraͤnderung in An-
weſenheit einiges Mannes geſchehe/ wolle er
keck ſagen: Es waͤre die Kranckheit/ daran Era-
ſiſtratus den Liebhaber der Stratonice geheilet
haͤtte. Wolte ſie nun die Urſache der Kranck-
heit ergruͤnden/ und ihrer Tochter das Leben er-
halten/ muͤſte ſie die Heimligkeit ihres Hertzens
erforſchen. Der klugen Dynamis war mehr
denn zu viel geſagt/ und ſie konte ihr numehr die
Kranckheit an den Fingern ausrechnen. Gleich-
wohl aber noch gewiſſer auf den Grund zu kom-
men/ gieng ſie mit unterſchiedenen ihres Frau-
enzimmers zu Arſinoen/ merckte aber in ihrem
Beyſeyn an ihr nichts veraͤnderliches. Hier-
auf trat ſie alleine mit der Erato fuͤr ihr Bette;
alſofort dorfte ſie Arſinoen nicht an Puls
fuͤhlen; denn ihre Gemuͤths- und Leibes-Aen-
derung brach an allen Gliedern aus. Nach
ſo augenſcheinlichen Merckmalen fuͤhrete ſie die
Fuͤrſtin Erato mit ſich/ verſchloß ſich mit ihr in
ihr geheimſtes Zimmer; daſelbſt redete ſie/ ihre
Augen voll Thraͤnen/ und ihre Bruſt voll Seuf-
zer habende/ derogeſtalt an: Wenn ich/ unver-
gleichliche Erato/ nicht ihrer hohen An-
kunft halber durch ſo viel Tugenden/ wor-
mit ſie der guͤtige Himmel ausgeruͤſtet hat/
vergewiſſert waͤre/ wuͤrde ich entweder den
Vorwitz begehen ihren Urſprung zu erforſchen/
welchen ſie vermuthlich aus wichtigen Urſachen
verhelet/ oder ihr ein Geheimnuͤß zu entdecken
anſtehen/ welches meinem eigenen Gemahl ver-
borgen iſt. Nachdem man aber fuͤr den Goͤt-
tern und der Tugend ſicher ſein Hertz ausſchuͤt-
tet/ und ihre Guͤtigkeit mich aus dem Pfule des
Verderbens/ mein Kind Arſinoen aus dem Ra-
chen des Todes zu retten alleine maͤchtig iſt; wol-
le die ihren Ohren nicht beſchwerlich ſeyn laſſen
mich zu hoͤren/ welcher mitleidentlich Hertze ich
ſo geneigt weiß mir zu helffen. Als nun Erato
mit Zunge und Geberden ihr Mitleiden und
Verbuͤndligkeit beweglich bezeuget hatte/ fuhr
[Spaltenumbruch] die Koͤnigin Dynamis fort: Als ich den Koͤnig
Polemon geheyrathet hatte/ lieſſen die Goͤtter
zu/ daß des Scribonius Schweſter durch Zau-
berey uns zwey Ehleute eben ſo/ wie es fuͤr Zei-
ten dem Koͤnige Amaſis mit der Laodice bege-
gnet/ gegen einander verſchloß. Polemon/
welcher uͤber dieſem Zufalle nebſt mir hoͤchſt be-
kuͤmmert ward/ nahm ſeine Zuflucht zu der Per-
ſiſchen Diana/ welche in der Ciliciſchen Stadt
Caſtabala verehret wird. Die Wahrſager-
Weiber/ welche daſelbſt uͤber den gluͤenden Roſt
und Kohlen/ darauf die Opfer angezuͤndet wer-
den/ baarfuͤſſig ohne Verletzung gehen/ trugen
der Goͤttin unſer Geluͤbde fuͤr/ und kriegten zur
Antwort: Jch ſolte meinen Guͤrtel der Jung-
fraͤulichen Diana wiedmen/ ſo wuͤrde ich ſchwan-
ger werden/ es ſolte ihm aber Polemon den De-
gen ſchleiffen. Ob uns nun wol das letztere
ziemlich tunckel fuͤrkam; ſo leiſteten wir doch
dem Goͤttlichen Befehl Gehorſam/ und ich be-
fand mich in einem Monat ſchwanger. Wie
wir nun auf dem Ruͤckwege bey der Stadt Se-
leucia unter dem Berge Taurus vorbey zohen/
wolten wir bey der beruͤhmten Charoneiſchen
Hoͤle nicht vergebens vorbey ziehen/ ſondern wir
verehrten den Geiſt denſelben/ und ſchlugen des
Nachts darinnen unſere Lager-Stadt auf/ umb
durch einen Traum wegen des Mittels unſer
Geneſung beſtaͤrckt zu werden. Estraͤumte uns
aber allen beyden: Jch ginge mit einer Schlan-
ge ſchwanger/ die an iedem Orte einen Kopf haͤt-
te/ derer einer den Polemon ſtaͤche/ der andere
ſeine Mutter kuͤßte. Eben dieſes traͤumte uns
zu unſerer hoͤchſten Verwunderung wenige Zeit
hernach zum andern mal in dem Pergameni-
ſchen Tempel des Eſculapius. Wir blieben
alſo mit Furcht und Hoffnung beſtricket biß zu
meiner Geburts-Zeit ruhig/ wurden aber hertz-
lich erfreuet/ als ich eines wolgeſtalten Sohnes
und Tochter geneſen war/ die wir Zeno und Ar-
ſinoe benahmten. Gleichwohl aber konte
mein Koͤnig ihm den Traum nicht aus dem

Sin-
K k 3
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/313>, abgerufen am 08.05.2024.