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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Drittes Buch
[Spaltenumbruch] drüßliche Gefängnüsse ihrer Freyheit/ und
bangsame Todten-Grüffte zu seyn/ in welchen
ihre Vergnügung vergraben liege. Alle die-
se Würckungen der Liebe sahen der Erato aus
den Augen/ und schienen aus ihrem Thun;
Sie war in den Jahren/ da diese Süßigkeit zu
käumen/ und dieser Zunder zu glimmen an-
fängt. Aber/ daß ihre Neigung auf eine Für-
stin abzielete/ war meiner Vernunfft ein un-
auflößlicher Knoten; und die der Liebe so ähn-
liche Bezeugungen konten sie allhier unmög-
lich Mutter nennen. Höret aber auch die an-
dere Helffte dieses Wunderwercks. Denn
ich erfuhr durch vertraute Hand/ daß/ da Era-
to disseits nach Arsinoen seuffzete/ jene nach
Massabazanen lächsete. Da Erato bey ihr
ein nagendes Feuer der Zuneigung in ihrem
Hertzen fühlete/ Arsinoens Seele loderte/ und
in lichten Flammen stand. Wiewol auf Ar-
sinoens Seiten/ welche die Fürstin Erato für
einen der vollkommensten Helden hielt/ dieser
Traum sich von mir leicht auslegen ließ/ in
dem die Liebe sich mehr als zu viel selbst verrieth.
Diese wunderbare Verwickelung der Gemü-
ther und Begebenheiten machte mich überaus
bekümmert. Als ich aber Tag und Nacht
einen Fadem suchte beyden Fürstinnen aus die-
sem Jrrgarten zu helffen/ führte das Ver-
hängnüß uns aus diesem Jrrgange in einen
betrübten Kercker/ und verwandelte unsere
Verwirrung in schmertzhaffte Bekümmernüß.
Denn es hatte der Armenische König Tigra-
nes zum Taurus und Silanus nach Sinope
einen seiner Edelleute abgefertigt/ dieser aber
dem Rennen zugesehen/ und die Fürstin Era-
to/ oder vielmehr den in Armenien so genenn-
ten Artaxias erkennet/ und bey seiner Rück-
kunfft solches dem Könige entdecket. Weil
nun die/ welche sich unrechtmäßig in ein Reich
eingedrungen/ ewige Todtfeinde derselben sind/
die dazu Recht haben; überdiß die blutdürstige
[Spaltenumbruch] Mallia und Laodice dem Tigranes beweglich
fürhielten/ was für Gefahr ihm fürstünde von
einem so streitbaren Jünglinge/ der unter fünf
hundert geübten Rittern das beste gethan hät-
te/ und dessen feuriger Geist sich nimmermehr
in die Schrancken eines gehorsamden Unter-
thanes würde einriegeln lassen/ schickte Tigra-
nes nicht allein eine ansehnliche Botschafft mit
kostbaren Geschencken an den König Pole-
mon/ sondern schrieb nichts minder an den Ti-
berius/ als Taurus und Silanus um den Pon-
tischen König zu bewegen/ daß er ihm den jun-
gen Artaxias/ als seinen und der Römer Feind
ausfolgen liesse. Als diese Gesandtschafft zu
Sinope einzog/ hielten wir uns möglichst ein-
gezogen um nicht erkennet zu werden/ unwis-
sende/ daß wir bereits verrathen und im Gar-
ne wären. Denn noch selbigen Abend ward
unser Hauß rings umher mit einer starcken
Wache besetzt. Kurtz darauf brachte ein ver-
kleideter Edelknabe von der Princeßin Arsinoe
einen verschlossenen Zettel an die Princeßin E-
roto mit diesen Zeilen:

Arsinoe an den Fürsten Artaxias.

Der Tag/ welcher meinem Jrrthume diß
erfreuliche Licht giebet/ und die Vermuthun-
gen aller derer/ die die Tugend zu schätzen wis-
sen/ vergewissert/ daß der unvergleichliche
Massabazanes kein schlechter Albanischer E-
delmann/ sondern der Enckel des grossen Ti-
granes sey/ setzet mich zwar aus einer nicht ge-
ringern Bekümmernüß. Aber ich zittere zu
schreiben/ daß der Armenische König ihn aus
meiner Gemeinschafft/ und in seine unbarm-
hertzige Hände fordert. Mein Vater/ der
zwar die Versicherung seiner Person nicht ab-
zuschlagen vermocht/ ist iedoch allzugroßmü-
thig den auf die Fleischbanck seinem Feinde zu
liefern/ der durch seine Tugend eines gerechten
Königes Gewogenheit/ und die Liebe der gantzen

Welt

Drittes Buch
[Spaltenumbruch] druͤßliche Gefaͤngnuͤſſe ihrer Freyheit/ und
bangſame Todten-Gruͤffte zu ſeyn/ in welchen
ihre Vergnuͤgung vergraben liege. Alle die-
ſe Wuͤrckungen der Liebe ſahen der Erato aus
den Augen/ und ſchienen aus ihrem Thun;
Sie war in den Jahren/ da dieſe Suͤßigkeit zu
kaͤumen/ und dieſer Zunder zu glimmen an-
faͤngt. Aber/ daß ihre Neigung auf eine Fuͤr-
ſtin abzielete/ war meiner Vernunfft ein un-
aufloͤßlicher Knoten; und die der Liebe ſo aͤhn-
liche Bezeugungen konten ſie allhier unmoͤg-
lich Mutter nennen. Hoͤret aber auch die an-
dere Helffte dieſes Wunderwercks. Denn
ich erfuhr durch vertraute Hand/ daß/ da Era-
to diſſeits nach Arſinoen ſeuffzete/ jene nach
Maſſabazanen laͤchſete. Da Erato bey ihr
ein nagendes Feuer der Zuneigung in ihrem
Hertzen fuͤhlete/ Arſinoens Seele loderte/ und
in lichten Flammen ſtand. Wiewol auf Ar-
ſinoens Seiten/ welche die Fuͤrſtin Erato fuͤr
einen der vollkommenſten Helden hielt/ dieſer
Traum ſich von mir leicht auslegen ließ/ in
dem die Liebe ſich mehr als zu viel ſelbſt verrieth.
Dieſe wunderbare Verwickelung der Gemuͤ-
ther und Begebenheiten machte mich uͤberaus
bekuͤmmert. Als ich aber Tag und Nacht
einen Fadem ſuchte beyden Fuͤrſtinnen aus die-
ſem Jrrgarten zu helffen/ fuͤhrte das Ver-
haͤngnuͤß uns aus dieſem Jrrgange in einen
betruͤbten Kercker/ und verwandelte unſere
Verwirrung in ſchmertzhaffte Bekuͤmmernuͤß.
Denn es hatte der Armeniſche Koͤnig Tigra-
nes zum Taurus und Silanus nach Sinope
einen ſeiner Edelleute abgefertigt/ dieſer aber
dem Rennen zugeſehen/ und die Fuͤrſtin Era-
to/ oder vielmehr den in Armenien ſo genenn-
ten Artaxias erkennet/ und bey ſeiner Ruͤck-
kunfft ſolches dem Koͤnige entdecket. Weil
nun die/ welche ſich unrechtmaͤßig in ein Reich
eingedrungen/ ewige Todtfeinde derſelben ſind/
die dazu Recht haben; uͤberdiß die blutduͤrſtige
[Spaltenumbruch] Mallia und Laodice dem Tigranes beweglich
fuͤrhielten/ was fuͤr Gefahr ihm fuͤrſtuͤnde von
einem ſo ſtreitbaren Juͤnglinge/ der unter fuͤnf
hundert geuͤbten Rittern das beſte gethan haͤt-
te/ und deſſen feuriger Geiſt ſich nimmermehr
in die Schrancken eines gehorſamden Unter-
thanes wuͤrde einriegeln laſſen/ ſchickte Tigra-
nes nicht allein eine anſehnliche Botſchafft mit
koſtbaren Geſchencken an den Koͤnig Pole-
mon/ ſondern ſchrieb nichts minder an den Ti-
berius/ als Taurus und Silanus um den Pon-
tiſchen Koͤnig zu bewegen/ daß er ihm den jun-
gen Artaxias/ als ſeinen und der Roͤmer Feind
ausfolgen lieſſe. Als dieſe Geſandtſchafft zu
Sinope einzog/ hielten wir uns moͤglichſt ein-
gezogen um nicht erkennet zu werden/ unwiſ-
ſende/ daß wir bereits verrathen und im Gar-
ne waͤren. Denn noch ſelbigen Abend ward
unſer Hauß rings umher mit einer ſtarcken
Wache beſetzt. Kurtz darauf brachte ein ver-
kleideter Edelknabe von der Princeßin Arſinoe
einen verſchloſſenen Zettel an die Princeßin E-
roto mit dieſen Zeilen:

Arſinoe an den Fuͤrſten Artaxias.

Der Tag/ welcher meinem Jrrthume diß
erfreuliche Licht giebet/ und die Vermuthun-
gen aller derer/ die die Tugend zu ſchaͤtzen wiſ-
ſen/ vergewiſſert/ daß der unvergleichliche
Maſſabazanes kein ſchlechter Albaniſcher E-
delmann/ ſondern der Enckel des groſſen Ti-
granes ſey/ ſetzet mich zwar aus einer nicht ge-
ringern Bekuͤmmernuͤß. Aber ich zittere zu
ſchreiben/ daß der Armeniſche Koͤnig ihn aus
meiner Gemeinſchafft/ und in ſeine unbarm-
hertzige Haͤnde fordert. Mein Vater/ der
zwar die Verſicherung ſeiner Perſon nicht ab-
zuſchlagen vermocht/ iſt iedoch allzugroßmuͤ-
thig den auf die Fleiſchbanck ſeinem Feinde zu
liefern/ der durch ſeine Tugend eines gerechten
Koͤniges Gewogenheit/ und die Liebe deꝛ gantzen

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[256/0308] Drittes Buch druͤßliche Gefaͤngnuͤſſe ihrer Freyheit/ und bangſame Todten-Gruͤffte zu ſeyn/ in welchen ihre Vergnuͤgung vergraben liege. Alle die- ſe Wuͤrckungen der Liebe ſahen der Erato aus den Augen/ und ſchienen aus ihrem Thun; Sie war in den Jahren/ da dieſe Suͤßigkeit zu kaͤumen/ und dieſer Zunder zu glimmen an- faͤngt. Aber/ daß ihre Neigung auf eine Fuͤr- ſtin abzielete/ war meiner Vernunfft ein un- aufloͤßlicher Knoten; und die der Liebe ſo aͤhn- liche Bezeugungen konten ſie allhier unmoͤg- lich Mutter nennen. Hoͤret aber auch die an- dere Helffte dieſes Wunderwercks. Denn ich erfuhr durch vertraute Hand/ daß/ da Era- to diſſeits nach Arſinoen ſeuffzete/ jene nach Maſſabazanen laͤchſete. Da Erato bey ihr ein nagendes Feuer der Zuneigung in ihrem Hertzen fuͤhlete/ Arſinoens Seele loderte/ und in lichten Flammen ſtand. Wiewol auf Ar- ſinoens Seiten/ welche die Fuͤrſtin Erato fuͤr einen der vollkommenſten Helden hielt/ dieſer Traum ſich von mir leicht auslegen ließ/ in dem die Liebe ſich mehr als zu viel ſelbſt verrieth. Dieſe wunderbare Verwickelung der Gemuͤ- ther und Begebenheiten machte mich uͤberaus bekuͤmmert. Als ich aber Tag und Nacht einen Fadem ſuchte beyden Fuͤrſtinnen aus die- ſem Jrrgarten zu helffen/ fuͤhrte das Ver- haͤngnuͤß uns aus dieſem Jrrgange in einen betruͤbten Kercker/ und verwandelte unſere Verwirrung in ſchmertzhaffte Bekuͤmmernuͤß. Denn es hatte der Armeniſche Koͤnig Tigra- nes zum Taurus und Silanus nach Sinope einen ſeiner Edelleute abgefertigt/ dieſer aber dem Rennen zugeſehen/ und die Fuͤrſtin Era- to/ oder vielmehr den in Armenien ſo genenn- ten Artaxias erkennet/ und bey ſeiner Ruͤck- kunfft ſolches dem Koͤnige entdecket. Weil nun die/ welche ſich unrechtmaͤßig in ein Reich eingedrungen/ ewige Todtfeinde derſelben ſind/ die dazu Recht haben; uͤberdiß die blutduͤrſtige Mallia und Laodice dem Tigranes beweglich fuͤrhielten/ was fuͤr Gefahr ihm fuͤrſtuͤnde von einem ſo ſtreitbaren Juͤnglinge/ der unter fuͤnf hundert geuͤbten Rittern das beſte gethan haͤt- te/ und deſſen feuriger Geiſt ſich nimmermehr in die Schrancken eines gehorſamden Unter- thanes wuͤrde einriegeln laſſen/ ſchickte Tigra- nes nicht allein eine anſehnliche Botſchafft mit koſtbaren Geſchencken an den Koͤnig Pole- mon/ ſondern ſchrieb nichts minder an den Ti- berius/ als Taurus und Silanus um den Pon- tiſchen Koͤnig zu bewegen/ daß er ihm den jun- gen Artaxias/ als ſeinen und der Roͤmer Feind ausfolgen lieſſe. Als dieſe Geſandtſchafft zu Sinope einzog/ hielten wir uns moͤglichſt ein- gezogen um nicht erkennet zu werden/ unwiſ- ſende/ daß wir bereits verrathen und im Gar- ne waͤren. Denn noch ſelbigen Abend ward unſer Hauß rings umher mit einer ſtarcken Wache beſetzt. Kurtz darauf brachte ein ver- kleideter Edelknabe von der Princeßin Arſinoe einen verſchloſſenen Zettel an die Princeßin E- roto mit dieſen Zeilen: Arſinoe an den Fuͤrſten Artaxias. Der Tag/ welcher meinem Jrrthume diß erfreuliche Licht giebet/ und die Vermuthun- gen aller derer/ die die Tugend zu ſchaͤtzen wiſ- ſen/ vergewiſſert/ daß der unvergleichliche Maſſabazanes kein ſchlechter Albaniſcher E- delmann/ ſondern der Enckel des groſſen Ti- granes ſey/ ſetzet mich zwar aus einer nicht ge- ringern Bekuͤmmernuͤß. Aber ich zittere zu ſchreiben/ daß der Armeniſche Koͤnig ihn aus meiner Gemeinſchafft/ und in ſeine unbarm- hertzige Haͤnde fordert. Mein Vater/ der zwar die Verſicherung ſeiner Perſon nicht ab- zuſchlagen vermocht/ iſt iedoch allzugroßmuͤ- thig den auf die Fleiſchbanck ſeinem Feinde zu liefern/ der durch ſeine Tugend eines gerechten Koͤniges Gewogenheit/ und die Liebe deꝛ gantzen Welt

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/308>, abgerufen am 09.05.2024.