Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Drittes Buch
[Spaltenumbruch] sich verstecken konte. Er ließ auch den besten
Parthischen Feldhauptmann Thraates mit dem
Vortrab/ und den Pacor mit dem gantzen Heer
unverhindert über den Fluß setzen/ verschantzte
sich auf einem Berge/ und stellte sich an/ als wenn
er dem Feinde nicht gewachsen wäre. Unver-
sehens aber überfiel er mit seiner halben Macht
den Phraates im besten Wolleben/ und jagte ihn
aus dem Felde. Pacor meynte: Die gantze
Römische Macht wäre hinter des Phraates
Völckern her/ und siel daher das seiner Einbil-
dung nach leere Läger des Ventidius an. Ven-
tidius aber ließ seine versteckte Legionen aus dem
Läger und den Cyressischen Püschen die Parther
vor und rückwerts anfallen. Daß ein unverse-
hener Uberfall gegen dreyfacher Macht bestehe/
ward dißmal wahr. Denn die Parthen verloh-
ren anfangs das Hertze/ hernach die Schlacht/
und endlich auch ihren Erb-Fürsten Pacor/ wel-
chem Ventidius nach Ausübung wunderwür-
diger Tapferkeit die Lantze selbst durch die Brust
rennte/ und durch Herumbschickung seines ab-
gehauenen Kopfes alle übrige den Parthen an-
hängende Städte eroberte. Der einige Camo-
genische Fürst Antiochus entran nach Samosa-
ta/ und ward darinnen belägert/ endlich aber/ ob
er schon durch den daselbst befindlichen sich von dem
Wasser anzündenden Schlamm aufs äuserste wehr-
te/ mit dem Antonius sich zu vereinbarn genöthi-
get. Orodes kam über dieser den Parthen noch
nie begegneten Niederlage halb von Sinnen/ er
ließ viel Tage keinen Menschen für sich/ enthielt
sich aller Speise/ und des redens so lang/ daß man
in Gedancken kam/ er wäre stumm worden. End-
lich kamen ihm viel Tage die Thränen nicht von
den Wangen/ und kein ander Wort aus dem
Munde/ als Pacor/ Pacor; ja/ wenn er schlief/
stellte sich ihm sein blutiger Sohn allezeit durch
traurige Träume fürs Gesichte. Uber diesem
Betrübnüsse ward der ohne diß verlebte Orodes
kranck/ jede seiner Beyschläferinnen aber sorg-
fältig ihren Sohn/ derer dreissig er mit ihnen ge-
[Spaltenumbruch] zeugt hatte/ ihm zum Nachfolger einzuloben.
Wie aber das Verhängnüß die Parther ins ge-
mein zu Vatermörderischen Königen verse-
hen hat; also kriegte auch dißmal Phraates
unter allen der schlimste an statt des gütigsten
Pacor das Heft in die Hände/ welcher seinen
wassersüchtigen Vater durch eingegebene
Wolfs-Milch/ seine neun und zwantzig Brüder
aber durch das Mord-Beil in einer Stunde
hinrichtete. Alleine diese Laster waren für den
unmenschlichen Phraates noch zu wenig/ und
die durch Mord erworbene Herrschaft konte mit
Gelindigkeit nicht fortgeführet werden. Daher
muste er sich auch mit dem Blute seines Sohnes
Tiridates besudeln. Seinen ersten Eifer ge-
gen ihn verursachte die allen Wüterichen ver-
haßte Tugend und Tapferkeit ihrer Untertha-
nen/ indem Phraates wegen seiner Grausam-
keit verfluchet/ Tiridates Nahmen aber weit
über des Königs erhoben ward. Welcher Kum-
mer ihn denn zu der Entschlüssung brachte/ den
Tiridates hinzurichten/ wormit die ihm abholden
Parthen niemanden aus dem allein Reichs-fä-
higen Geblüte des Arsaces hätten/ den sie zum
Könige benenneten/ also ihn wider Willen be-
halten müsten. Hierzu goß seine gegen deß
Pacors Wittib die schöne Sigambis gefangene
Brunst Oel ins Feuer/ in die er so sehr entbrenn-
te/ daß er ihrentwegen auch Berenicen/ des Me-
dischen Königs Artavasdes Tochter zu verstossen
versprach. Wie nun Sigambis gar nicht in
Phraatens Willen kommen wolte/ hingegen
durch heimliche Kundschafft ausspürete/ daß
sein Sohn Tiridates sich in Sigamben verliebt/
und sich umb ihre Gewogenheit bemüht hatte/
machte ihn seine unbändige Begierde gegen Ti-
ridaten gantz rasend/ in Meynung/ daß nicht die
von Sigamben vorgeschützte nahe Anverwand-
niß/ sondern seines eigenen Sohnes Liebe seiner
Vergnügung am Wege stünde. Daher legte er
auf alle ihre Tritte Kundschafft/ und wie er er-
fuhr/ daß Tiridates mit Sigamben in den König-

lichen

Drittes Buch
[Spaltenumbruch] ſich verſtecken konte. Er ließ auch den beſten
Parthiſchen Feldhauptmann Thraates mit dem
Vortrab/ und den Pacor mit dem gantzen Heer
unverhindert uͤber den Fluß ſetzen/ verſchantzte
ſich auf einem Berge/ und ſtellte ſich an/ als wenn
er dem Feinde nicht gewachſen waͤre. Unver-
ſehens aber uͤberfiel er mit ſeiner halben Macht
den Phraates im beſten Wolleben/ und jagte ihn
aus dem Felde. Pacor meynte: Die gantze
Roͤmiſche Macht waͤre hinter des Phraates
Voͤlckern her/ und ſiel daher das ſeiner Einbil-
dung nach leere Laͤger des Ventidius an. Ven-
tidius aber ließ ſeine verſteckte Legionen aus dem
Laͤger und den Cyreſſiſchen Puͤſchen die Parther
vor und ruͤckwerts anfallen. Daß ein unverſe-
hener Uberfall gegen dreyfacher Macht beſtehe/
ward dißmal wahr. Denn die Parthen verloh-
ren anfangs das Hertze/ hernach die Schlacht/
und endlich auch ihren Erb-Fuͤrſten Pacor/ wel-
chem Ventidius nach Ausuͤbung wunderwuͤr-
diger Tapferkeit die Lantze ſelbſt durch die Bruſt
rennte/ und durch Herumbſchickung ſeines ab-
gehauenen Kopfes alle uͤbrige den Parthen an-
haͤngende Staͤdte eroberte. Der einige Camo-
geniſche Fuͤrſt Antiochus entran nach Samoſa-
ta/ und ward darinnen belaͤgert/ endlich aber/ ob
er ſchon durch den daſelbſt befindlichẽ ſich von dem
Waſſer anzuͤndẽdẽ Schlam̃ aufs aͤuſerſte wehr-
te/ mit dem Antonius ſich zu vereinbarn genoͤthi-
get. Orodes kam uͤber dieſer den Parthen noch
nie begegneten Niederlage halb von Sinnen/ er
ließ viel Tage keinen Menſchen fuͤr ſich/ enthielt
ſich alleꝛ Speiſe/ und des redens ſo lang/ daß man
in Gedancken kam/ er waͤre ſtum̃ worden. End-
lich kamen ihm viel Tage die Thraͤnen nicht von
den Wangen/ und kein ander Wort aus dem
Munde/ als Pacor/ Pacor; ja/ wenn er ſchlief/
ſtellte ſich ihm ſein blutiger Sohn allezeit durch
traurige Traͤume fuͤrs Geſichte. Uber dieſem
Betruͤbnuͤſſe ward der ohne diß verlebte Orodes
kranck/ jede ſeiner Beyſchlaͤferinnen aber ſorg-
faͤltig ihren Sohn/ derer dreiſſig er mit ihnen ge-
[Spaltenumbruch] zeugt hatte/ ihm zum Nachfolger einzuloben.
Wie aber das Verhaͤngnuͤß die Parther ins ge-
mein zu Vatermoͤrderiſchen Koͤnigen verſe-
hen hat; alſo kriegte auch dißmal Phraates
unter allen der ſchlimſte an ſtatt des guͤtigſten
Pacor das Heft in die Haͤnde/ welcher ſeinen
waſſerſuͤchtigen Vater durch eingegebene
Wolfs-Milch/ ſeine neun und zwantzig Bruͤder
aber durch das Mord-Beil in einer Stunde
hinrichtete. Alleine dieſe Laſter waren fuͤr den
unmenſchlichen Phraates noch zu wenig/ und
die durch Mord erworbene Herrſchaft konte mit
Gelindigkeit nicht fortgefuͤhret werden. Daher
muſte er ſich auch mit dem Blute ſeines Sohnes
Tiridates beſudeln. Seinen erſten Eifer ge-
gen ihn verurſachte die allen Wuͤterichen ver-
haßte Tugend und Tapferkeit ihrer Untertha-
nen/ indem Phraates wegen ſeiner Grauſam-
keit verfluchet/ Tiridates Nahmen aber weit
uͤber des Koͤnigs erhoben ward. Welcher Kum-
mer ihn denn zu der Entſchluͤſſung brachte/ den
Tiridates hinzurichten/ wormit die ihm abholden
Parthen niemanden aus dem allein Reichs-faͤ-
higen Gebluͤte des Arſaces haͤtten/ den ſie zum
Koͤnige benenneten/ alſo ihn wider Willen be-
halten muͤſten. Hierzu goß ſeine gegen deß
Pacors Wittib die ſchoͤne Sigambis gefangene
Brunſt Oel ins Feuer/ in die er ſo ſehr entbrenn-
te/ daß er ihrentwegen auch Berenicen/ des Me-
diſchen Koͤnigs Artavasdes Tochter zu verſtoſſen
verſprach. Wie nun Sigambis gar nicht in
Phraatens Willen kommen wolte/ hingegen
durch heimliche Kundſchafft ausſpuͤrete/ daß
ſein Sohn Tiridates ſich in Sigamben verliebt/
und ſich umb ihre Gewogenheit bemuͤht hatte/
machte ihn ſeine unbaͤndige Begierde gegen Ti-
ridaten gantz raſend/ in Meynung/ daß nicht die
von Sigamben vorgeſchuͤtzte nahe Anverwand-
niß/ ſondern ſeines eigenen Sohnes Liebe ſeiner
Vergnuͤgung am Wege ſtuͤnde. Daher legte er
auf alle ihre Tritte Kundſchafft/ und wie er er-
fuhr/ daß Tiridates mit Sigambẽ in den Koͤnig-

lichen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0274" n="222"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Drittes Buch</hi></fw><lb/><cb/>
&#x017F;ich ver&#x017F;tecken konte. Er ließ auch den be&#x017F;ten<lb/>
Parthi&#x017F;chen Feldhauptmann Thraates mit dem<lb/>
Vortrab/ und den Pacor mit dem gantzen Heer<lb/>
unverhindert u&#x0364;ber den Fluß &#x017F;etzen/ ver&#x017F;chantzte<lb/>
&#x017F;ich auf einem Berge/ und &#x017F;tellte &#x017F;ich an/ als wenn<lb/>
er dem Feinde nicht gewach&#x017F;en wa&#x0364;re. Unver-<lb/>
&#x017F;ehens aber u&#x0364;berfiel er mit &#x017F;einer halben Macht<lb/>
den Phraates im be&#x017F;ten Wolleben/ und jagte ihn<lb/>
aus dem Felde. Pacor meynte: Die gantze<lb/>
Ro&#x0364;mi&#x017F;che Macht wa&#x0364;re hinter des Phraates<lb/>
Vo&#x0364;lckern her/ und &#x017F;iel daher das &#x017F;einer Einbil-<lb/>
dung nach leere La&#x0364;ger des Ventidius an. Ven-<lb/>
tidius aber ließ &#x017F;eine ver&#x017F;teckte Legionen aus dem<lb/>
La&#x0364;ger und den Cyre&#x017F;&#x017F;i&#x017F;chen Pu&#x0364;&#x017F;chen die Parther<lb/>
vor und ru&#x0364;ckwerts anfallen. Daß ein unver&#x017F;e-<lb/>
hener Uberfall gegen dreyfacher Macht be&#x017F;tehe/<lb/>
ward dißmal wahr. Denn die Parthen verloh-<lb/>
ren anfangs das Hertze/ hernach die Schlacht/<lb/>
und endlich auch ihren Erb-Fu&#x0364;r&#x017F;ten Pacor/ wel-<lb/>
chem Ventidius nach Ausu&#x0364;bung wunderwu&#x0364;r-<lb/>
diger Tapferkeit die Lantze &#x017F;elb&#x017F;t durch die Bru&#x017F;t<lb/>
rennte/ und durch Herumb&#x017F;chickung &#x017F;eines ab-<lb/>
gehauenen Kopfes alle u&#x0364;brige den Parthen an-<lb/>
ha&#x0364;ngende Sta&#x0364;dte eroberte. Der einige Camo-<lb/>
geni&#x017F;che Fu&#x0364;r&#x017F;t Antiochus entran nach Samo&#x017F;a-<lb/>
ta/ und ward darinnen bela&#x0364;gert/ endlich aber/ ob<lb/>
er &#x017F;chon durch den da&#x017F;elb&#x017F;t befindliche&#x0303; &#x017F;ich von dem<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er anzu&#x0364;nde&#x0303;de&#x0303; Schlam&#x0303; aufs a&#x0364;u&#x017F;er&#x017F;te wehr-<lb/>
te/ mit dem Antonius &#x017F;ich zu vereinbarn geno&#x0364;thi-<lb/>
get. Orodes kam u&#x0364;ber die&#x017F;er den Parthen noch<lb/>
nie begegneten Niederlage halb von Sinnen/ er<lb/>
ließ viel Tage keinen Men&#x017F;chen fu&#x0364;r &#x017F;ich/ enthielt<lb/>
&#x017F;ich alle&#xA75B; Spei&#x017F;e/ und des redens &#x017F;o lang/ daß man<lb/>
in Gedancken kam/ er wa&#x0364;re &#x017F;tum&#x0303; worden. End-<lb/>
lich kamen ihm viel Tage die Thra&#x0364;nen nicht von<lb/>
den Wangen/ und kein ander Wort aus dem<lb/>
Munde/ als Pacor/ Pacor; ja/ wenn er &#x017F;chlief/<lb/>
&#x017F;tellte &#x017F;ich ihm &#x017F;ein blutiger Sohn allezeit durch<lb/>
traurige Tra&#x0364;ume fu&#x0364;rs Ge&#x017F;ichte. Uber die&#x017F;em<lb/>
Betru&#x0364;bnu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e ward der ohne diß verlebte Orodes<lb/>
kranck/ jede &#x017F;einer Bey&#x017F;chla&#x0364;ferinnen aber &#x017F;org-<lb/>
fa&#x0364;ltig ihren Sohn/ derer drei&#x017F;&#x017F;ig er mit ihnen ge-<lb/><cb/>
zeugt hatte/ ihm zum Nachfolger einzuloben.<lb/>
Wie aber das Verha&#x0364;ngnu&#x0364;ß die Parther ins ge-<lb/>
mein zu Vatermo&#x0364;rderi&#x017F;chen Ko&#x0364;nigen ver&#x017F;e-<lb/>
hen hat; al&#x017F;o kriegte auch dißmal Phraates<lb/>
unter allen der &#x017F;chlim&#x017F;te an &#x017F;tatt des gu&#x0364;tig&#x017F;ten<lb/>
Pacor das Heft in die Ha&#x0364;nde/ welcher &#x017F;einen<lb/>
wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;u&#x0364;chtigen Vater durch eingegebene<lb/>
Wolfs-Milch/ &#x017F;eine neun und zwantzig Bru&#x0364;der<lb/>
aber durch das Mord-Beil in einer Stunde<lb/>
hinrichtete. Alleine die&#x017F;e La&#x017F;ter waren fu&#x0364;r den<lb/>
unmen&#x017F;chlichen Phraates noch zu wenig/ und<lb/>
die durch Mord erworbene Herr&#x017F;chaft konte mit<lb/>
Gelindigkeit nicht fortgefu&#x0364;hret werden. Daher<lb/>
mu&#x017F;te er &#x017F;ich auch mit dem Blute &#x017F;eines Sohnes<lb/>
Tiridates be&#x017F;udeln. Seinen er&#x017F;ten Eifer ge-<lb/>
gen ihn verur&#x017F;achte die allen Wu&#x0364;terichen ver-<lb/>
haßte Tugend und Tapferkeit ihrer Untertha-<lb/>
nen/ indem Phraates wegen &#x017F;einer Grau&#x017F;am-<lb/>
keit verfluchet/ Tiridates Nahmen aber weit<lb/>
u&#x0364;ber des Ko&#x0364;nigs erhoben ward. Welcher Kum-<lb/>
mer ihn denn zu der Ent&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ung brachte/ den<lb/>
Tiridates hinzurichten/ wormit die ihm abholden<lb/>
Parthen niemanden aus dem allein Reichs-fa&#x0364;-<lb/>
higen Geblu&#x0364;te des Ar&#x017F;aces ha&#x0364;tten/ den &#x017F;ie zum<lb/>
Ko&#x0364;nige benenneten/ al&#x017F;o ihn wider Willen be-<lb/>
halten mu&#x0364;&#x017F;ten. Hierzu goß &#x017F;eine gegen deß<lb/>
Pacors Wittib die &#x017F;cho&#x0364;ne Sigambis gefangene<lb/>
Brun&#x017F;t Oel ins Feuer/ in die er &#x017F;o &#x017F;ehr entbrenn-<lb/>
te/ daß er ihrentwegen auch Berenicen/ des Me-<lb/>
di&#x017F;chen Ko&#x0364;nigs Artavasdes Tochter zu ver&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en<lb/>
ver&#x017F;prach. Wie nun Sigambis gar nicht in<lb/>
Phraatens Willen kommen wolte/ hingegen<lb/>
durch heimliche Kund&#x017F;chafft aus&#x017F;pu&#x0364;rete/ daß<lb/>
&#x017F;ein Sohn Tiridates &#x017F;ich in Sigamben verliebt/<lb/>
und &#x017F;ich umb ihre Gewogenheit bemu&#x0364;ht hatte/<lb/>
machte ihn &#x017F;eine unba&#x0364;ndige Begierde gegen Ti-<lb/>
ridaten gantz ra&#x017F;end/ in Meynung/ daß nicht die<lb/>
von Sigamben vorge&#x017F;chu&#x0364;tzte nahe Anverwand-<lb/>
niß/ &#x017F;ondern &#x017F;eines eigenen Sohnes Liebe &#x017F;einer<lb/>
Vergnu&#x0364;gung am Wege &#x017F;tu&#x0364;nde. Daher legte er<lb/>
auf alle ihre Tritte Kund&#x017F;chafft/ und wie er er-<lb/>
fuhr/ daß Tiridates mit Sigambe&#x0303; in den Ko&#x0364;nig-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">lichen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[222/0274] Drittes Buch ſich verſtecken konte. Er ließ auch den beſten Parthiſchen Feldhauptmann Thraates mit dem Vortrab/ und den Pacor mit dem gantzen Heer unverhindert uͤber den Fluß ſetzen/ verſchantzte ſich auf einem Berge/ und ſtellte ſich an/ als wenn er dem Feinde nicht gewachſen waͤre. Unver- ſehens aber uͤberfiel er mit ſeiner halben Macht den Phraates im beſten Wolleben/ und jagte ihn aus dem Felde. Pacor meynte: Die gantze Roͤmiſche Macht waͤre hinter des Phraates Voͤlckern her/ und ſiel daher das ſeiner Einbil- dung nach leere Laͤger des Ventidius an. Ven- tidius aber ließ ſeine verſteckte Legionen aus dem Laͤger und den Cyreſſiſchen Puͤſchen die Parther vor und ruͤckwerts anfallen. Daß ein unverſe- hener Uberfall gegen dreyfacher Macht beſtehe/ ward dißmal wahr. Denn die Parthen verloh- ren anfangs das Hertze/ hernach die Schlacht/ und endlich auch ihren Erb-Fuͤrſten Pacor/ wel- chem Ventidius nach Ausuͤbung wunderwuͤr- diger Tapferkeit die Lantze ſelbſt durch die Bruſt rennte/ und durch Herumbſchickung ſeines ab- gehauenen Kopfes alle uͤbrige den Parthen an- haͤngende Staͤdte eroberte. Der einige Camo- geniſche Fuͤrſt Antiochus entran nach Samoſa- ta/ und ward darinnen belaͤgert/ endlich aber/ ob er ſchon durch den daſelbſt befindlichẽ ſich von dem Waſſer anzuͤndẽdẽ Schlam̃ aufs aͤuſerſte wehr- te/ mit dem Antonius ſich zu vereinbarn genoͤthi- get. Orodes kam uͤber dieſer den Parthen noch nie begegneten Niederlage halb von Sinnen/ er ließ viel Tage keinen Menſchen fuͤr ſich/ enthielt ſich alleꝛ Speiſe/ und des redens ſo lang/ daß man in Gedancken kam/ er waͤre ſtum̃ worden. End- lich kamen ihm viel Tage die Thraͤnen nicht von den Wangen/ und kein ander Wort aus dem Munde/ als Pacor/ Pacor; ja/ wenn er ſchlief/ ſtellte ſich ihm ſein blutiger Sohn allezeit durch traurige Traͤume fuͤrs Geſichte. Uber dieſem Betruͤbnuͤſſe ward der ohne diß verlebte Orodes kranck/ jede ſeiner Beyſchlaͤferinnen aber ſorg- faͤltig ihren Sohn/ derer dreiſſig er mit ihnen ge- zeugt hatte/ ihm zum Nachfolger einzuloben. Wie aber das Verhaͤngnuͤß die Parther ins ge- mein zu Vatermoͤrderiſchen Koͤnigen verſe- hen hat; alſo kriegte auch dißmal Phraates unter allen der ſchlimſte an ſtatt des guͤtigſten Pacor das Heft in die Haͤnde/ welcher ſeinen waſſerſuͤchtigen Vater durch eingegebene Wolfs-Milch/ ſeine neun und zwantzig Bruͤder aber durch das Mord-Beil in einer Stunde hinrichtete. Alleine dieſe Laſter waren fuͤr den unmenſchlichen Phraates noch zu wenig/ und die durch Mord erworbene Herrſchaft konte mit Gelindigkeit nicht fortgefuͤhret werden. Daher muſte er ſich auch mit dem Blute ſeines Sohnes Tiridates beſudeln. Seinen erſten Eifer ge- gen ihn verurſachte die allen Wuͤterichen ver- haßte Tugend und Tapferkeit ihrer Untertha- nen/ indem Phraates wegen ſeiner Grauſam- keit verfluchet/ Tiridates Nahmen aber weit uͤber des Koͤnigs erhoben ward. Welcher Kum- mer ihn denn zu der Entſchluͤſſung brachte/ den Tiridates hinzurichten/ wormit die ihm abholden Parthen niemanden aus dem allein Reichs-faͤ- higen Gebluͤte des Arſaces haͤtten/ den ſie zum Koͤnige benenneten/ alſo ihn wider Willen be- halten muͤſten. Hierzu goß ſeine gegen deß Pacors Wittib die ſchoͤne Sigambis gefangene Brunſt Oel ins Feuer/ in die er ſo ſehr entbrenn- te/ daß er ihrentwegen auch Berenicen/ des Me- diſchen Koͤnigs Artavasdes Tochter zu verſtoſſen verſprach. Wie nun Sigambis gar nicht in Phraatens Willen kommen wolte/ hingegen durch heimliche Kundſchafft ausſpuͤrete/ daß ſein Sohn Tiridates ſich in Sigamben verliebt/ und ſich umb ihre Gewogenheit bemuͤht hatte/ machte ihn ſeine unbaͤndige Begierde gegen Ti- ridaten gantz raſend/ in Meynung/ daß nicht die von Sigamben vorgeſchuͤtzte nahe Anverwand- niß/ ſondern ſeines eigenen Sohnes Liebe ſeiner Vergnuͤgung am Wege ſtuͤnde. Daher legte er auf alle ihre Tritte Kundſchafft/ und wie er er- fuhr/ daß Tiridates mit Sigambẽ in den Koͤnig- lichen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/274
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/274>, abgerufen am 11.05.2024.