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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Drittes Buch
[Spaltenumbruch] sich verstecken konte. Er ließ auch den besten
Parthischen Feldhauptmann Thraates mit dem
Vortrab/ und den Pacor mit dem gantzen Heer
unverhindert über den Fluß setzen/ verschantzte
sich auf einem Berge/ und stellte sich an/ als wenn
er dem Feinde nicht gewachsen wäre. Unver-
sehens aber überfiel er mit seiner halben Macht
den Phraates im besten Wolleben/ und jagte ihn
aus dem Felde. Pacor meynte: Die gantze
Römische Macht wäre hinter des Phraates
Völckern her/ und siel daher das seiner Einbil-
dung nach leere Läger des Ventidius an. Ven-
tidius aber ließ seine versteckte Legionen aus dem
Läger und den Cyressischen Püschen die Parther
vor und rückwerts anfallen. Daß ein unverse-
hener Uberfall gegen dreyfacher Macht bestehe/
ward dißmal wahr. Denn die Parthen verloh-
ren anfangs das Hertze/ hernach die Schlacht/
und endlich auch ihren Erb-Fürsten Pacor/ wel-
chem Ventidius nach Ausübung wunderwür-
diger Tapferkeit die Lantze selbst durch die Brust
rennte/ und durch Herumbschickung seines ab-
gehauenen Kopfes alle übrige den Parthen an-
hängende Städte eroberte. Der einige Camo-
genische Fürst Antiochus entran nach Samosa-
ta/ und ward darinnen belägert/ endlich aber/ ob
er schon durch den daselbst befindlichen sich von dem
Wasser anzündenden Schlamm aufs äuserste wehr-
te/ mit dem Antonius sich zu vereinbarn genöthi-
get. Orodes kam über dieser den Parthen noch
nie begegneten Niederlage halb von Sinnen/ er
ließ viel Tage keinen Menschen für sich/ enthielt
sich aller Speise/ und des redens so lang/ daß man
in Gedancken kam/ er wäre stumm worden. End-
lich kamen ihm viel Tage die Thränen nicht von
den Wangen/ und kein ander Wort aus dem
Munde/ als Pacor/ Pacor; ja/ wenn er schlief/
stellte sich ihm sein blutiger Sohn allezeit durch
traurige Träume fürs Gesichte. Uber diesem
Betrübnüsse ward der ohne diß verlebte Orodes
kranck/ jede seiner Beyschläferinnen aber sorg-
fältig ihren Sohn/ derer dreissig er mit ihnen ge-
[Spaltenumbruch] zeugt hatte/ ihm zum Nachfolger einzuloben.
Wie aber das Verhängnüß die Parther ins ge-
mein zu Vatermörderischen Königen verse-
hen hat; also kriegte auch dißmal Phraates
unter allen der schlimste an statt des gütigsten
Pacor das Heft in die Hände/ welcher seinen
wassersüchtigen Vater durch eingegebene
Wolfs-Milch/ seine neun und zwantzig Brüder
aber durch das Mord-Beil in einer Stunde
hinrichtete. Alleine diese Laster waren für den
unmenschlichen Phraates noch zu wenig/ und
die durch Mord erworbene Herrschaft konte mit
Gelindigkeit nicht fortgeführet werden. Daher
muste er sich auch mit dem Blute seines Sohnes
Tiridates besudeln. Seinen ersten Eifer ge-
gen ihn verursachte die allen Wüterichen ver-
haßte Tugend und Tapferkeit ihrer Untertha-
nen/ indem Phraates wegen seiner Grausam-
keit verfluchet/ Tiridates Nahmen aber weit
über des Königs erhoben ward. Welcher Kum-
mer ihn denn zu der Entschlüssung brachte/ den
Tiridates hinzurichten/ wormit die ihm abholden
Parthen niemanden aus dem allein Reichs-fä-
higen Geblüte des Arsaces hätten/ den sie zum
Könige benenneten/ also ihn wider Willen be-
halten müsten. Hierzu goß seine gegen deß
Pacors Wittib die schöne Sigambis gefangene
Brunst Oel ins Feuer/ in die er so sehr entbrenn-
te/ daß er ihrentwegen auch Berenicen/ des Me-
dischen Königs Artavasdes Tochter zu verstossen
versprach. Wie nun Sigambis gar nicht in
Phraatens Willen kommen wolte/ hingegen
durch heimliche Kundschafft ausspürete/ daß
sein Sohn Tiridates sich in Sigamben verliebt/
und sich umb ihre Gewogenheit bemüht hatte/
machte ihn seine unbändige Begierde gegen Ti-
ridaten gantz rasend/ in Meynung/ daß nicht die
von Sigamben vorgeschützte nahe Anverwand-
niß/ sondern seines eigenen Sohnes Liebe seiner
Vergnügung am Wege stünde. Daher legte er
auf alle ihre Tritte Kundschafft/ und wie er er-
fuhr/ daß Tiridates mit Sigamben in den König-

lichen

Drittes Buch
[Spaltenumbruch] ſich verſtecken konte. Er ließ auch den beſten
Parthiſchen Feldhauptmann Thraates mit dem
Vortrab/ und den Pacor mit dem gantzen Heer
unverhindert uͤber den Fluß ſetzen/ verſchantzte
ſich auf einem Berge/ und ſtellte ſich an/ als wenn
er dem Feinde nicht gewachſen waͤre. Unver-
ſehens aber uͤberfiel er mit ſeiner halben Macht
den Phraates im beſten Wolleben/ und jagte ihn
aus dem Felde. Pacor meynte: Die gantze
Roͤmiſche Macht waͤre hinter des Phraates
Voͤlckern her/ und ſiel daher das ſeiner Einbil-
dung nach leere Laͤger des Ventidius an. Ven-
tidius aber ließ ſeine verſteckte Legionen aus dem
Laͤger und den Cyreſſiſchen Puͤſchen die Parther
vor und ruͤckwerts anfallen. Daß ein unverſe-
hener Uberfall gegen dreyfacher Macht beſtehe/
ward dißmal wahr. Denn die Parthen verloh-
ren anfangs das Hertze/ hernach die Schlacht/
und endlich auch ihren Erb-Fuͤrſten Pacor/ wel-
chem Ventidius nach Ausuͤbung wunderwuͤr-
diger Tapferkeit die Lantze ſelbſt durch die Bruſt
rennte/ und durch Herumbſchickung ſeines ab-
gehauenen Kopfes alle uͤbrige den Parthen an-
haͤngende Staͤdte eroberte. Der einige Camo-
geniſche Fuͤrſt Antiochus entran nach Samoſa-
ta/ und ward darinnen belaͤgert/ endlich aber/ ob
er ſchon durch den daſelbſt befindlichẽ ſich von dem
Waſſer anzuͤndẽdẽ Schlam̃ aufs aͤuſerſte wehr-
te/ mit dem Antonius ſich zu vereinbarn genoͤthi-
get. Orodes kam uͤber dieſer den Parthen noch
nie begegneten Niederlage halb von Sinnen/ er
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ſich alleꝛ Speiſe/ und des redens ſo lang/ daß man
in Gedancken kam/ er waͤre ſtum̃ worden. End-
lich kamen ihm viel Tage die Thraͤnen nicht von
den Wangen/ und kein ander Wort aus dem
Munde/ als Pacor/ Pacor; ja/ wenn er ſchlief/
ſtellte ſich ihm ſein blutiger Sohn allezeit durch
traurige Traͤume fuͤrs Geſichte. Uber dieſem
Betruͤbnuͤſſe ward der ohne diß verlebte Orodes
kranck/ jede ſeiner Beyſchlaͤferinnen aber ſorg-
faͤltig ihren Sohn/ derer dreiſſig er mit ihnen ge-
[Spaltenumbruch] zeugt hatte/ ihm zum Nachfolger einzuloben.
Wie aber das Verhaͤngnuͤß die Parther ins ge-
mein zu Vatermoͤrderiſchen Koͤnigen verſe-
hen hat; alſo kriegte auch dißmal Phraates
unter allen der ſchlimſte an ſtatt des guͤtigſten
Pacor das Heft in die Haͤnde/ welcher ſeinen
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Wolfs-Milch/ ſeine neun und zwantzig Bruͤder
aber durch das Mord-Beil in einer Stunde
hinrichtete. Alleine dieſe Laſter waren fuͤr den
unmenſchlichen Phraates noch zu wenig/ und
die durch Mord erworbene Herrſchaft konte mit
Gelindigkeit nicht fortgefuͤhret werden. Daher
muſte er ſich auch mit dem Blute ſeines Sohnes
Tiridates beſudeln. Seinen erſten Eifer ge-
gen ihn verurſachte die allen Wuͤterichen ver-
haßte Tugend und Tapferkeit ihrer Untertha-
nen/ indem Phraates wegen ſeiner Grauſam-
keit verfluchet/ Tiridates Nahmen aber weit
uͤber des Koͤnigs erhoben ward. Welcher Kum-
mer ihn denn zu der Entſchluͤſſung brachte/ den
Tiridates hinzurichten/ wormit die ihm abholden
Parthen niemanden aus dem allein Reichs-faͤ-
higen Gebluͤte des Arſaces haͤtten/ den ſie zum
Koͤnige benenneten/ alſo ihn wider Willen be-
halten muͤſten. Hierzu goß ſeine gegen deß
Pacors Wittib die ſchoͤne Sigambis gefangene
Brunſt Oel ins Feuer/ in die er ſo ſehr entbrenn-
te/ daß er ihrentwegen auch Berenicen/ des Me-
diſchen Koͤnigs Artavasdes Tochter zu verſtoſſen
verſprach. Wie nun Sigambis gar nicht in
Phraatens Willen kommen wolte/ hingegen
durch heimliche Kundſchafft ausſpuͤrete/ daß
ſein Sohn Tiridates ſich in Sigamben verliebt/
und ſich umb ihre Gewogenheit bemuͤht hatte/
machte ihn ſeine unbaͤndige Begierde gegen Ti-
ridaten gantz raſend/ in Meynung/ daß nicht die
von Sigamben vorgeſchuͤtzte nahe Anverwand-
niß/ ſondern ſeines eigenen Sohnes Liebe ſeiner
Vergnuͤgung am Wege ſtuͤnde. Daher legte er
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fuhr/ daß Tiridates mit Sigambẽ in den Koͤnig-

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[222/0274] Drittes Buch ſich verſtecken konte. Er ließ auch den beſten Parthiſchen Feldhauptmann Thraates mit dem Vortrab/ und den Pacor mit dem gantzen Heer unverhindert uͤber den Fluß ſetzen/ verſchantzte ſich auf einem Berge/ und ſtellte ſich an/ als wenn er dem Feinde nicht gewachſen waͤre. Unver- ſehens aber uͤberfiel er mit ſeiner halben Macht den Phraates im beſten Wolleben/ und jagte ihn aus dem Felde. Pacor meynte: Die gantze Roͤmiſche Macht waͤre hinter des Phraates Voͤlckern her/ und ſiel daher das ſeiner Einbil- dung nach leere Laͤger des Ventidius an. Ven- tidius aber ließ ſeine verſteckte Legionen aus dem Laͤger und den Cyreſſiſchen Puͤſchen die Parther vor und ruͤckwerts anfallen. Daß ein unverſe- hener Uberfall gegen dreyfacher Macht beſtehe/ ward dißmal wahr. Denn die Parthen verloh- ren anfangs das Hertze/ hernach die Schlacht/ und endlich auch ihren Erb-Fuͤrſten Pacor/ wel- chem Ventidius nach Ausuͤbung wunderwuͤr- diger Tapferkeit die Lantze ſelbſt durch die Bruſt rennte/ und durch Herumbſchickung ſeines ab- gehauenen Kopfes alle uͤbrige den Parthen an- haͤngende Staͤdte eroberte. Der einige Camo- geniſche Fuͤrſt Antiochus entran nach Samoſa- ta/ und ward darinnen belaͤgert/ endlich aber/ ob er ſchon durch den daſelbſt befindlichẽ ſich von dem Waſſer anzuͤndẽdẽ Schlam̃ aufs aͤuſerſte wehr- te/ mit dem Antonius ſich zu vereinbarn genoͤthi- get. Orodes kam uͤber dieſer den Parthen noch nie begegneten Niederlage halb von Sinnen/ er ließ viel Tage keinen Menſchen fuͤr ſich/ enthielt ſich alleꝛ Speiſe/ und des redens ſo lang/ daß man in Gedancken kam/ er waͤre ſtum̃ worden. End- lich kamen ihm viel Tage die Thraͤnen nicht von den Wangen/ und kein ander Wort aus dem Munde/ als Pacor/ Pacor; ja/ wenn er ſchlief/ ſtellte ſich ihm ſein blutiger Sohn allezeit durch traurige Traͤume fuͤrs Geſichte. Uber dieſem Betruͤbnuͤſſe ward der ohne diß verlebte Orodes kranck/ jede ſeiner Beyſchlaͤferinnen aber ſorg- faͤltig ihren Sohn/ derer dreiſſig er mit ihnen ge- zeugt hatte/ ihm zum Nachfolger einzuloben. Wie aber das Verhaͤngnuͤß die Parther ins ge- mein zu Vatermoͤrderiſchen Koͤnigen verſe- hen hat; alſo kriegte auch dißmal Phraates unter allen der ſchlimſte an ſtatt des guͤtigſten Pacor das Heft in die Haͤnde/ welcher ſeinen waſſerſuͤchtigen Vater durch eingegebene Wolfs-Milch/ ſeine neun und zwantzig Bruͤder aber durch das Mord-Beil in einer Stunde hinrichtete. Alleine dieſe Laſter waren fuͤr den unmenſchlichen Phraates noch zu wenig/ und die durch Mord erworbene Herrſchaft konte mit Gelindigkeit nicht fortgefuͤhret werden. Daher muſte er ſich auch mit dem Blute ſeines Sohnes Tiridates beſudeln. Seinen erſten Eifer ge- gen ihn verurſachte die allen Wuͤterichen ver- haßte Tugend und Tapferkeit ihrer Untertha- nen/ indem Phraates wegen ſeiner Grauſam- keit verfluchet/ Tiridates Nahmen aber weit uͤber des Koͤnigs erhoben ward. Welcher Kum- mer ihn denn zu der Entſchluͤſſung brachte/ den Tiridates hinzurichten/ wormit die ihm abholden Parthen niemanden aus dem allein Reichs-faͤ- higen Gebluͤte des Arſaces haͤtten/ den ſie zum Koͤnige benenneten/ alſo ihn wider Willen be- halten muͤſten. Hierzu goß ſeine gegen deß Pacors Wittib die ſchoͤne Sigambis gefangene Brunſt Oel ins Feuer/ in die er ſo ſehr entbrenn- te/ daß er ihrentwegen auch Berenicen/ des Me- diſchen Koͤnigs Artavasdes Tochter zu verſtoſſen verſprach. Wie nun Sigambis gar nicht in Phraatens Willen kommen wolte/ hingegen durch heimliche Kundſchafft ausſpuͤrete/ daß ſein Sohn Tiridates ſich in Sigamben verliebt/ und ſich umb ihre Gewogenheit bemuͤht hatte/ machte ihn ſeine unbaͤndige Begierde gegen Ti- ridaten gantz raſend/ in Meynung/ daß nicht die von Sigamben vorgeſchuͤtzte nahe Anverwand- niß/ ſondern ſeines eigenen Sohnes Liebe ſeiner Vergnuͤgung am Wege ſtuͤnde. Daher legte er auf alle ihre Tritte Kundſchafft/ und wie er er- fuhr/ daß Tiridates mit Sigambẽ in den Koͤnig- lichen

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/274>, abgerufen am 22.11.2024.