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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Drittes Buch
[Spaltenumbruch] Orodes zu Füssen. Die Parthen aber hoben
selbtes mit grossem Getümmel empor/ und Sil-
laces ward als ein angenehmer Sieges-Bote
mit an den Königlichen Tisch gesetzt. Nach
diesem ergriff Jason Trallianus/ welcher gleich
das Griechische Gedichte vom Pentheus/ wie
er von seiner Mutter Agarcen/ und der Schwe-
ster zerrissen ward/ aus dem Euripides fürstel-
lete/ des Crassus Kopff mit den Haaren/ lieff in
Gestalt des wütenden Pentheus darmit auff
und nieder/ und sang darzu:

Wir haben einen Berg mit Netzen rings umstellt/
Sehr gute Jagt gehabt/ ein feistes Wild gefällt.

Als nun in der Ordnung des Reyhens ei-
ner zu singen kam:

Daß dieser Eber hier
Entseelt und Krafftloß liegt/ gebührt die Ehre mir;

sprang Maxarthes von der Taffel auff/ und riß
das blutige Haupt dem Jason aus der Faust/
legte es auff eine güldene Schüssel/ und über-
reichte es als ein Zeichen seiner Tapfferkeit
dem Orodes. Dieser beschenckte nicht allein
den Maxarthes/ sondern auch den Jason mit
einem Talent/ und niemand war/ der nicht mit
diesem abscheulichen Schau-Gerichte sein Ge-
spötte trieb; endlich goß Orodes zerschmeltztes
Gold dem Crassus in Mund/ für gebende/ daß
doch sein Golddurst schwerlich mit seinem Leben
würde verloschen seyn. Seine Hand ward auch
durch alle Parthische Städte geschleppet/ und
allen entgegen kommenden fürgehalten/ um die-
sem unersättlichen Gliede etwas zu schencken.
Nach diesem ergab sich alles/ was zwischen dem
Phrat und Tiger lag/ den Parthen/ und diese
fielen unter dem Osaces mit einem fliegenden
Heere in Syrien ein/ wurden aber vom Cas-
sius leichte zurücke getrieben. Alleine es folgte
Fürst Pacor alsbald mit einem mächtigern Lä-
ger/ welchem sich biß an Antiochien alles ergab/
theils weil die Römer wenig Volcks in Syri-
en hatten/ theils weil die Syrer mehr den Par-
then als Römern geneigt waren. Diese grossen
[Spaltenumbruch] Siege jagten seinem Vater/ der ohnediß wegen
seiner Grausamkeit verhast war/ Schrecken und
Argwohn ein/ daß er durch Hülffe seines sie-
genden Heeres ihn vom Throne verdringen
möchte; verursachte also/ daß ihn Orodes zu-
rück forderte. Also ist das Laster/ das einen
zum Knechte macht/ nicht so verdächtig/ als die
zu herrschen würdige Tugend. Und ein guter
Ruhm ist gefährlicher/ als eine böse Nachrede.
Der König in Assyrien Balthasar ließ einen jun-
gen Edelmann entmannen/ weil eine seiner
Kebsweiber nur seine Gestalt gerühmet/ und die/
welche ihn heyrathen würde/ glückselig geprie-
sen hatte. Den Sohn des Gobrias durchstach
er mit einem Spiesse/ weil dieser auff der Jagt
einen Löwen getroffen/ er aber gefehlt hatte.
Die Herrschafft aber ist auch so gar gegen ei-
gene Kinder eyversüchtig. Gegen diese mehr/
als gegen fremde/ fing Jsmene an/ weil sie zu
selbter mehr Anspruch haben. Daher in Gal-
lien ein gewisser Fürst aus Argwohn/ daß sein
erwachsener Sohn ihm mit Gifft nachstellte/ er-
hungerte/ ein ander Vater in Hispanien seinem
Sohne das Licht ausleschte. Salonine fuhr
fort: Orodes machte unter Söhnen und Die-
nern keinen Unterscheid/ denn er ließ den wegen
des grossen Sieges in allzu grosses Ansehen ge-
kommenen Surena gar hinrichten/ daß dero-
gestalt tapffere Helden sich mehr ihrer grossen
Verdienste/ als unwürdige Diener sich ihrer
Gebrechen halber fürzusehen haben. Sinte-
mal Fürsten leichter aus Verächtligkeit dieser
Fehler verzeihen/ als jener Dienste vergelten/
nachdem es ihnen beschwerlicher ist Schulde-
ner/ als Gläubiger zu seyn. Pacor aber zohe
für Unmuth und aus Furcht gleichen Un-
dancks mit seiner Gemahlin zum Artabazes/
und streuete daselbst allerhand Samen zu
neuer Unruhe wider die Parthen. Also ist
ein unzeitiges Mißtrauen ein Ursprung der
Untreu/ und die Empörung ein verdienter
Lohn der übel verhaltenen Tugend. Osaces

belä-

Drittes Buch
[Spaltenumbruch] Orodes zu Fuͤſſen. Die Parthen aber hoben
ſelbtes mit groſſem Getuͤmmel empor/ und Sil-
laces ward als ein angenehmer Sieges-Bote
mit an den Koͤniglichen Tiſch geſetzt. Nach
dieſem ergriff Jaſon Trallianus/ welcher gleich
das Griechiſche Gedichte vom Pentheus/ wie
er von ſeiner Mutter Agarcen/ und der Schwe-
ſter zerriſſen ward/ aus dem Euripides fuͤrſtel-
lete/ des Craſſus Kopff mit den Haaren/ lieff in
Geſtalt des wuͤtenden Pentheus darmit auff
und nieder/ und ſang darzu:

Wir haben einen Berg mit Netzen rings umſtellt/
Sehr gute Jagt gehabt/ ein feiſtes Wild gefaͤllt.

Als nun in der Ordnung des Reyhens ei-
ner zu ſingen kam:

Daß dieſer Eber hier
Entſeelt und Krafftloß liegt/ gebuͤhrt die Ehre mir;

ſprang Maxarthes von der Taffel auff/ und riß
das blutige Haupt dem Jaſon aus der Fauſt/
legte es auff eine guͤldene Schuͤſſel/ und uͤber-
reichte es als ein Zeichen ſeiner Tapfferkeit
dem Orodes. Dieſer beſchenckte nicht allein
den Maxarthes/ ſondern auch den Jaſon mit
einem Talent/ und niemand war/ der nicht mit
dieſem abſcheulichen Schau-Gerichte ſein Ge-
ſpoͤtte trieb; endlich goß Orodes zerſchmeltztes
Gold dem Craſſus in Mund/ fuͤr gebende/ daß
doch ſein Golddurſt ſchwerlich mit ſeinem Leben
wuͤrde verloſchen ſeyn. Seine Hand ward auch
durch alle Parthiſche Staͤdte geſchleppet/ und
allen entgegen kommenden fuͤrgehalten/ um die-
ſem unerſaͤttlichen Gliede etwas zu ſchencken.
Nach dieſem ergab ſich alles/ was zwiſchen dem
Phrat und Tiger lag/ den Parthen/ und dieſe
fielen unter dem Oſaces mit einem fliegenden
Heere in Syrien ein/ wurden aber vom Caſ-
ſius leichte zuruͤcke getrieben. Alleine es folgte
Fuͤrſt Pacor alsbald mit einem maͤchtigern Laͤ-
ger/ welchem ſich biß an Antiochien alles ergab/
theils weil die Roͤmer wenig Volcks in Syri-
en hatten/ theils weil die Syrer mehr den Par-
then als Roͤmern geneigt waren. Dieſe groſſen
[Spaltenumbruch] Siege jagten ſeinem Vater/ der ohnediß wegen
ſeiner Grauſamkeit verhaſt war/ Schrecken und
Argwohn ein/ daß er durch Huͤlffe ſeines ſie-
genden Heeres ihn vom Throne verdringen
moͤchte; verurſachte alſo/ daß ihn Orodes zu-
ruͤck forderte. Alſo iſt das Laſter/ das einen
zum Knechte macht/ nicht ſo verdaͤchtig/ als die
zu herrſchen wuͤrdige Tugend. Und ein guter
Ruhm iſt gefaͤhrlicher/ als eine boͤſe Nachrede.
Der Koͤnig in Aſſyrien Balthaſar ließ einen jun-
gen Edelmann entmannen/ weil eine ſeiner
Kebsweiber nuꝛ ſeine Geſtalt geruͤhmet/ und die/
welche ihn heyrathen wuͤrde/ gluͤckſelig geprie-
ſen hatte. Den Sohn des Gobrias durchſtach
er mit einem Spieſſe/ weil dieſer auff der Jagt
einen Loͤwen getroffen/ er aber gefehlt hatte.
Die Herrſchafft aber iſt auch ſo gar gegen ei-
gene Kinder eyverſuͤchtig. Gegen dieſe mehr/
als gegen fremde/ fing Jſmene an/ weil ſie zu
ſelbter mehr Anſpruch haben. Daher in Gal-
lien ein gewiſſer Fuͤrſt aus Argwohn/ daß ſein
erwachſener Sohn ihm mit Gifft nachſtellte/ er-
hungerte/ ein ander Vater in Hiſpanien ſeinem
Sohne das Licht ausleſchte. Salonine fuhr
fort: Orodes machte unter Soͤhnen und Die-
nern keinen Unterſcheid/ denn er ließ den wegen
des groſſen Sieges in allzu groſſes Anſehen ge-
kommenen Surena gar hinrichten/ daß dero-
geſtalt tapffere Helden ſich mehr ihrer groſſen
Verdienſte/ als unwuͤrdige Diener ſich ihrer
Gebrechen halber fuͤrzuſehen haben. Sinte-
mal Fuͤrſten leichter aus Veraͤchtligkeit dieſer
Fehler verzeihen/ als jener Dienſte vergelten/
nachdem es ihnen beſchwerlicher iſt Schulde-
ner/ als Glaͤubiger zu ſeyn. Pacor aber zohe
fuͤr Unmuth und aus Furcht gleichen Un-
dancks mit ſeiner Gemahlin zum Artabazes/
und ſtreuete daſelbſt allerhand Samen zu
neuer Unruhe wider die Parthen. Alſo iſt
ein unzeitiges Mißtrauen ein Urſprung der
Untreu/ und die Empoͤrung ein verdienter
Lohn der uͤbel verhaltenen Tugend. Oſaces

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[220/0272] Drittes Buch Orodes zu Fuͤſſen. Die Parthen aber hoben ſelbtes mit groſſem Getuͤmmel empor/ und Sil- laces ward als ein angenehmer Sieges-Bote mit an den Koͤniglichen Tiſch geſetzt. Nach dieſem ergriff Jaſon Trallianus/ welcher gleich das Griechiſche Gedichte vom Pentheus/ wie er von ſeiner Mutter Agarcen/ und der Schwe- ſter zerriſſen ward/ aus dem Euripides fuͤrſtel- lete/ des Craſſus Kopff mit den Haaren/ lieff in Geſtalt des wuͤtenden Pentheus darmit auff und nieder/ und ſang darzu: Wir haben einen Berg mit Netzen rings umſtellt/ Sehr gute Jagt gehabt/ ein feiſtes Wild gefaͤllt. Als nun in der Ordnung des Reyhens ei- ner zu ſingen kam: Daß dieſer Eber hier Entſeelt und Krafftloß liegt/ gebuͤhrt die Ehre mir; ſprang Maxarthes von der Taffel auff/ und riß das blutige Haupt dem Jaſon aus der Fauſt/ legte es auff eine guͤldene Schuͤſſel/ und uͤber- reichte es als ein Zeichen ſeiner Tapfferkeit dem Orodes. Dieſer beſchenckte nicht allein den Maxarthes/ ſondern auch den Jaſon mit einem Talent/ und niemand war/ der nicht mit dieſem abſcheulichen Schau-Gerichte ſein Ge- ſpoͤtte trieb; endlich goß Orodes zerſchmeltztes Gold dem Craſſus in Mund/ fuͤr gebende/ daß doch ſein Golddurſt ſchwerlich mit ſeinem Leben wuͤrde verloſchen ſeyn. Seine Hand ward auch durch alle Parthiſche Staͤdte geſchleppet/ und allen entgegen kommenden fuͤrgehalten/ um die- ſem unerſaͤttlichen Gliede etwas zu ſchencken. Nach dieſem ergab ſich alles/ was zwiſchen dem Phrat und Tiger lag/ den Parthen/ und dieſe fielen unter dem Oſaces mit einem fliegenden Heere in Syrien ein/ wurden aber vom Caſ- ſius leichte zuruͤcke getrieben. Alleine es folgte Fuͤrſt Pacor alsbald mit einem maͤchtigern Laͤ- ger/ welchem ſich biß an Antiochien alles ergab/ theils weil die Roͤmer wenig Volcks in Syri- en hatten/ theils weil die Syrer mehr den Par- then als Roͤmern geneigt waren. Dieſe groſſen Siege jagten ſeinem Vater/ der ohnediß wegen ſeiner Grauſamkeit verhaſt war/ Schrecken und Argwohn ein/ daß er durch Huͤlffe ſeines ſie- genden Heeres ihn vom Throne verdringen moͤchte; verurſachte alſo/ daß ihn Orodes zu- ruͤck forderte. Alſo iſt das Laſter/ das einen zum Knechte macht/ nicht ſo verdaͤchtig/ als die zu herrſchen wuͤrdige Tugend. Und ein guter Ruhm iſt gefaͤhrlicher/ als eine boͤſe Nachrede. Der Koͤnig in Aſſyrien Balthaſar ließ einen jun- gen Edelmann entmannen/ weil eine ſeiner Kebsweiber nuꝛ ſeine Geſtalt geruͤhmet/ und die/ welche ihn heyrathen wuͤrde/ gluͤckſelig geprie- ſen hatte. Den Sohn des Gobrias durchſtach er mit einem Spieſſe/ weil dieſer auff der Jagt einen Loͤwen getroffen/ er aber gefehlt hatte. Die Herrſchafft aber iſt auch ſo gar gegen ei- gene Kinder eyverſuͤchtig. Gegen dieſe mehr/ als gegen fremde/ fing Jſmene an/ weil ſie zu ſelbter mehr Anſpruch haben. Daher in Gal- lien ein gewiſſer Fuͤrſt aus Argwohn/ daß ſein erwachſener Sohn ihm mit Gifft nachſtellte/ er- hungerte/ ein ander Vater in Hiſpanien ſeinem Sohne das Licht ausleſchte. Salonine fuhr fort: Orodes machte unter Soͤhnen und Die- nern keinen Unterſcheid/ denn er ließ den wegen des groſſen Sieges in allzu groſſes Anſehen ge- kommenen Surena gar hinrichten/ daß dero- geſtalt tapffere Helden ſich mehr ihrer groſſen Verdienſte/ als unwuͤrdige Diener ſich ihrer Gebrechen halber fuͤrzuſehen haben. Sinte- mal Fuͤrſten leichter aus Veraͤchtligkeit dieſer Fehler verzeihen/ als jener Dienſte vergelten/ nachdem es ihnen beſchwerlicher iſt Schulde- ner/ als Glaͤubiger zu ſeyn. Pacor aber zohe fuͤr Unmuth und aus Furcht gleichen Un- dancks mit ſeiner Gemahlin zum Artabazes/ und ſtreuete daſelbſt allerhand Samen zu neuer Unruhe wider die Parthen. Alſo iſt ein unzeitiges Mißtrauen ein Urſprung der Untreu/ und die Empoͤrung ein verdienter Lohn der uͤbel verhaltenen Tugend. Oſaces belaͤ-

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/272>, abgerufen am 25.11.2024.