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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] ner eigenen Hand der unleidlichen Neben-
Sonne Armeniens das Licht aus/ welches vol-
lends für dem Sieger alsofort die Waffen nie-
derlegte. Mit dieser vereinbarten Macht
nahm er denen auf des Artanes Seite stehen-
den Parthern nicht allein die abgetretenen sieb-
zig Thäler wieder/ sondern er bemächtigte sich
auch der Parthischen Städte Ninus und Ar-
bela. Diese Siege erwarben ihm des grossen
Pontischen Königes Mithridatens Tochter/
und diese Verbindung zweyer so mächtigen
Reiche in gantz Asien ein so grosses Ansehen/
als kein Armenischer König für ihm nie ge-
habt hatte. Die Syrer rufften ihn wider die
Bedrängnisse ihrer vom Seleucus herstam-
mender Könige zum Schutzherrn an/ und hier-
durch brachte er alles/ was zwischen dem Phrat
und Tiger liegt/ die Atropatener und Gor-
dyeer unter sein Gebiete/ ja er bemächtigte sich
gantz Syriens und der Phönicier; baute auch
zum Gedächtnisse dieser grossen Thaten zwi-
schen Jberien und der Stadt Zeugma an dem
Flusse Nicephorius die mächtige Stadt Ti-
granocerta/ beschloß sie mit einer Mauer funf-
zig Ellenbogen hoch/ und mit einem fast unü-
berwindlichen Schlosse. Höret aber/ wie das
Glücke meistentheils nur deßhalben einen be-
reichere/ daß es hernach mit ihm durch Abneh-
mung einer reichen Beute seine Kurtzweil ha-
be/ und wie es seine gestrige Schoß-Kinder
heute in Staub und unter die Füsse trete! Ja
es vergnüget sich nicht am Raube seiner eige-
nen Geschencke/ sondern windet einem auch
den Gewinn der Tugend aus den Händen.
Welche zwey grosse Räder des Verhängnüsses
mit einander viel Jahre gestritten hatten/ ob
diß oder jenes unter beyden den Tigranes am
höchsten empor heben könte? Jedoch hatte es
das Ansehen/ als wenn das Glücke seinen
Kräfften mißtrauete/ daß es dem Tigranes in
seinen selbsteigenen Reichshändeln etwas an-
haben würde/ dahero es seinen so feste beraseten
[Spaltenumbruch] Wolstand nicht so wohl mit eigenen Händen
auszurotten/ als durch den Fall eines andern
grossen Glücks-Steines in Abgrund zu reis-
sen erfand. Der grosse Mithridates war vom
Sylla und Lucullus so sehr ins Gedrange ge-
bracht/ daß sein eigener Sohn Machar des
Bosphors König vom Vater absetzte/ und den
Lucullus mit einer güldenen Krone beschenck-
te/ um der Römer Freundschafft zu erlangen.
Tigranes aber war viel zu großmüthig/ daß er
nicht lieber der Römer sieghaffte Waffen ihm
über den Hals ziehen/ als seinen zu ihm sich
flüchtenden Schweher-Vater dem Lucullus
hätte sollen ausfolgen lassen. Dieser aber kam
ihm so unvermuthet auf den Hals/ daß Tigra-
nes den/ welcher ihm von der Römer Einfall
in Armenien die erste Post brachte/ als einen
Aufwiegler des Volcks aufhängen ließ. Thuß-
nelde fiel ihr ein: Jch erinnere mich/ daß zu
meiner Zeit ein Fürst/ als man ihm von mehr
denn zu gewisser Eroberung einer Berg-Fe-
stung sagte/ den Boten hönisch fragte: Ob er
gesehen/ daß des Feindes Kriegs-Volck geflü-
gelt wäre? Aber der Glaube kam ihm bald in
die Hand/ und der Feind ins Hertze seines Her-
tzogthums. Nichts anders/ sagte Salonine/
ging es dem Tigranes. Denn sein den Rö-
mern mit zwey tausend Pferden begegnender
Obrister Mithrobarzanes ward von dem Vor-
trab zerstreuet/ Mancäus in Tigranocerta be-
lägert/ und das dabey liegende Schloß ging
mit Sturm über. Tigranes versammlete
inzwischen ein Heer von drittehalb hundert
tausend zu Fusse/ und funfzig tausend Reu-
tern. Orontes sein Feld-Hauptmann fiel
den Belägerern für Tigranocerta ein/ erlö-
sete auch das gefangene Königliche Frauen-
zimmer aus ihren Händen. Der König a-
ber ging gerade auf den Lucullus loß. Wie-
wohl ihm nun Mithridates rieth/ er solte
keine Schlacht liefern/ sondern/ wie
es Lucullus bey der Stadt Cycizum

ihm
D d 2

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] ner eigenen Hand der unleidlichen Neben-
Sonne Armeniens das Licht aus/ welches vol-
lends fuͤr dem Sieger alſofort die Waffen nie-
derlegte. Mit dieſer vereinbarten Macht
nahm er denen auf des Artanes Seite ſtehen-
den Parthern nicht allein die abgetretenen ſieb-
zig Thaͤler wieder/ ſondern er bemaͤchtigte ſich
auch der Parthiſchen Staͤdte Ninus und Ar-
bela. Dieſe Siege erwarben ihm des groſſen
Pontiſchen Koͤniges Mithridatens Tochter/
und dieſe Verbindung zweyer ſo maͤchtigen
Reiche in gantz Aſien ein ſo groſſes Anſehen/
als kein Armeniſcher Koͤnig fuͤr ihm nie ge-
habt hatte. Die Syrer rufften ihn wider die
Bedraͤngniſſe ihrer vom Seleucus herſtam-
mender Koͤnige zum Schutzherrn an/ und hier-
durch brachte er alles/ was zwiſchen dem Phrat
und Tiger liegt/ die Atropatener und Gor-
dyeer unter ſein Gebiete/ ja er bemaͤchtigte ſich
gantz Syriens und der Phoͤnicier; baute auch
zum Gedaͤchtniſſe dieſer groſſen Thaten zwi-
ſchen Jberien und der Stadt Zeugma an dem
Fluſſe Nicephorius die maͤchtige Stadt Ti-
granocerta/ beſchloß ſie mit einer Mauer funf-
zig Ellenbogen hoch/ und mit einem faſt unuͤ-
berwindlichen Schloſſe. Hoͤret aber/ wie das
Gluͤcke meiſtentheils nur deßhalben einen be-
reichere/ daß es hernach mit ihm durch Abneh-
mung einer reichen Beute ſeine Kurtzweil ha-
be/ und wie es ſeine geſtrige Schoß-Kinder
heute in Staub und unter die Fuͤſſe trete! Ja
es vergnuͤget ſich nicht am Raube ſeiner eige-
nen Geſchencke/ ſondern windet einem auch
den Gewinn der Tugend aus den Haͤnden.
Welche zwey groſſe Raͤder des Verhaͤngnuͤſſes
mit einander viel Jahre geſtritten hatten/ ob
diß oder jenes unter beyden den Tigranes am
hoͤchſten empor heben koͤnte? Jedoch hatte es
das Anſehen/ als wenn das Gluͤcke ſeinen
Kraͤfften mißtrauete/ daß es dem Tigranes in
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haben wuͤrde/ dahero es ſeinen ſo feſte beraſeten
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groſſen Gluͤcks-Steines in Abgrund zu reiſ-
ſen erfand. Der groſſe Mithridates war vom
Sylla und Lucullus ſo ſehr ins Gedrange ge-
bracht/ daß ſein eigener Sohn Machar des
Boſphors Koͤnig vom Vater abſetzte/ und den
Lucullus mit einer guͤldenen Krone beſchenck-
te/ um der Roͤmer Freundſchafft zu erlangen.
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nicht lieber der Roͤmer ſieghaffte Waffen ihm
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haͤtte ſollen ausfolgen laſſen. Dieſer aber kam
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nes den/ welcher ihm von der Roͤmer Einfall
in Armenien die erſte Poſt brachte/ als einen
Aufwiegler des Volcks aufhaͤngen ließ. Thuß-
nelde fiel ihr ein: Jch erinnere mich/ daß zu
meiner Zeit ein Fuͤrſt/ als man ihm von mehr
denn zu gewiſſer Eroberung einer Berg-Fe-
ſtung ſagte/ den Boten hoͤniſch fragte: Ob er
geſehen/ daß des Feindes Kriegs-Volck gefluͤ-
gelt waͤre? Aber der Glaube kam ihm bald in
die Hand/ und der Feind ins Hertze ſeines Her-
tzogthums. Nichts anders/ ſagte Salonine/
ging es dem Tigranes. Denn ſein den Roͤ-
mern mit zwey tauſend Pferden begegnender
Obriſter Mithrobarzanes ward von dem Vor-
trab zerſtreuet/ Mancaͤus in Tigranocerta be-
laͤgert/ und das dabey liegende Schloß ging
mit Sturm uͤber. Tigranes verſammlete
inzwiſchen ein Heer von drittehalb hundert
tauſend zu Fuſſe/ und funfzig tauſend Reu-
tern. Orontes ſein Feld-Hauptmann fiel
den Belaͤgerern fuͤr Tigranocerta ein/ erloͤ-
ſete auch das gefangene Koͤnigliche Frauen-
zimmer aus ihren Haͤnden. Der Koͤnig a-
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/263>, abgerufen am 22.11.2024.