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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Sintemal es von dem Taurischen und Masi-
schen Gebürge/ worauf der Schnee so gar ma-
dicht wird/ und zuweilen gantze Heere verschlin-
get/ von dem Caspischen und Schwartzen Mee-
re umgeben/ und von sechs Hauptflüssen/ nem-
lich dem Phrat/ Tyger/ Cyrus/ Araxes/ Pha-
sis/ und Lycus/ derer immer zwey in ein abson-
derlich Meer flüssen/ beströmet wird. Es hat
nebst andern Reichthum nicht nur viel/ sondern
die edlesten Pferde/ also/ daß die Parthischen
Könige kein anders reiten/ und unter dem Per-
sischen Reiche wurden dahin jährlich zwantzig
tausend Fohlen gezinset. Unter oberwehnten
Königen war Hydarnis aus des Orontes Ge-
blüte der letzte. Als aber der grosse Antiochus
von den Römern überwunden ward/ theilten
sich zwey seiner Landvögte Artaxias/ und Za-
driades in das grosse und kleine Armenien/ wel-
che von den Römern auch für rechtmäßige Kö-
nige erkannt/ hernach aber vom Antiochus E-
piphanes vom Reiche verjagt wurden. Ja
Artaxias/ der sein Geschlechte vom Könige
Barzanes herführte/ welcher lange für dem Ja-
son diß Reich beherrscht/ und mit dem Assyri-
schen Könige Ninus ein Bündnüß gemacht
hatte/ gerieth selbst in des Syrers Hände. Al-
lein sein Sohn Tigranes und Zariadres ruff-
ten die Parthen zu hülffe/ und gab jener sich
selbst/ dieser aber seinen Sohn Artanes So-
phen ihnen zur Geissel/ daß sie nach wiederer-
langtem Reiche den Parthen siebzig Thäler in
Armenien abtreten wolten. Antiochus ward
hierüber so erbittert/ daß er den Artaxias im
Gefängnüsse hinrichtete/ und Z[a]riadres starb
durch Gifft. Die Waffen der Parthen aber
setzten den Tigranes und Artanes wieder auff
ihren väterlichen Thron. Tigranes ließ also-
fort fürtreffliche Zeichen seiner Herrschens-
Kunst und Tapfferkeit von sich blicken/ also daß
die Parther selbst darüber Nachdencken krieg-
ten/ und um seine Kräfften zu unterbrechen dem
Artanes in Ohren lagen/ daß er mit dem Ti-
[Spaltenumbruch] granes einen Gräntz-Streit/ und zugleich einen
Krieg anfing. Wiewol andere diesem Kriege
eine viel geheimere Ursache gegeben/ nemlich/
daß des Artanes Gemahlin an den Tigranes
Unehre vermuthet/ und/ weil dieser seines wol-
thätigen Wirthes Bette nicht besudeln wollen/
habe dieses geile Weib ihre Unkeuschheit in Ra-
che verwandelt/ und unter dem tugendhafften
Vorwande/ daß Tigranes an sie diese Schand-
that begehret hätte/ den Artanes die Waffen zu
ergreiffen beredet. Die Fürstin Thußnelda
fiel Saloninen ein/ und meldete: Es wäre diß
ein denckwürdiges Beyspiel/ daß die Ursachen
und der Vorwand eines Krieges meist gantz ab-
gesonderte Dinge wären. Es fiele ihr hier-
bey Meleagers Ehweib ein/ von welcher ihr
wäre erzehlet worden/ daß sein König/ als an-
dere ihre Liebhaber so viel von ihrer Schönheit
und Anmuth zu sagen gewüst/ auf sie einst ein
Auge geworffen/ auch von derselben/ welche
nicht leicht einen verzweifeln/ oder in seiner Lie-
be Schiffbruch leiden ließ/ unschwer diß/ was
sie wol geringern nicht versagt/ erlangt haben
würde/ wenn der König nicht ihre Waare weit
unter dem Ruffbefunden/ und sich ihrer ohne
Vergnügung entbrochen hätte. Den Schimpf
dieser in ihren eigenen Augen so ansehnlichen/
und ietzt zum ersten verschmähten Schönheit
dräuete sie ihme ins Gesichte zu rächen/ und wie
sie ihrem Ehmanne die durch nichts als durch
Blut ausleschliche Flecken der ihrer Keuschheit
zugemutheten Unehre meisterlich fürzubilden
wuste; also war ihre Ehre täglich allen denen
feil/ welche nur mit Meleagern wider den Kö-
nig den Degen auszuziehen sich erkläreten.
Derogestalt ward dieser tapffere Mann ein
Aufrührer wider seinen Herrn/ ein Krieges-
knecht seines geilen Weibes/ da doch andere die
Ursache seines Aufstandes viel weiter herholten/
einer/ daß der König in Macedonien in Anwe-
senheit der Thessalischen Gesandschafft ihm
schimpfliche Worte gegeben; Ein ander/ daß

er sei-
Erster Theil. D d

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Sintemal es von dem Tauriſchen und Maſi-
ſchen Gebuͤrge/ worauf der Schnee ſo gar ma-
dicht wird/ und zuweilen gantze Heere verſchlin-
get/ von dem Caſpiſchen und Schwartzen Mee-
re umgeben/ und von ſechs Hauptfluͤſſen/ nem-
lich dem Phrat/ Tyger/ Cyrus/ Araxes/ Pha-
ſis/ und Lycus/ derer immer zwey in ein abſon-
derlich Meer fluͤſſen/ beſtroͤmet wird. Es hat
nebſt andern Reichthum nicht nur viel/ ſondern
die edleſten Pferde/ alſo/ daß die Parthiſchen
Koͤnige kein anders reiten/ und unter dem Per-
ſiſchen Reiche wurden dahin jaͤhrlich zwantzig
tauſend Fohlen gezinſet. Unter oberwehnten
Koͤnigen war Hydarnis aus des Orontes Ge-
bluͤte der letzte. Als aber der groſſe Antiochus
von den Roͤmern uͤberwunden ward/ theilten
ſich zwey ſeiner Landvoͤgte Artaxias/ und Za-
driades in das groſſe und kleine Armenien/ wel-
che von den Roͤmern auch fuͤr rechtmaͤßige Koͤ-
nige erkannt/ hernach aber vom Antiochus E-
piphanes vom Reiche verjagt wurden. Ja
Artaxias/ der ſein Geſchlechte vom Koͤnige
Barzanes herfuͤhrte/ welcher lange fuͤr dem Ja-
ſon diß Reich beherrſcht/ und mit dem Aſſyri-
ſchen Koͤnige Ninus ein Buͤndnuͤß gemacht
hatte/ gerieth ſelbſt in des Syrers Haͤnde. Al-
lein ſein Sohn Tigranes und Zariadres ruff-
ten die Parthen zu huͤlffe/ und gab jener ſich
ſelbſt/ dieſer aber ſeinen Sohn Artanes So-
phen ihnen zur Geiſſel/ daß ſie nach wiederer-
langtem Reiche den Parthen ſiebzig Thaͤler in
Armenien abtreten wolten. Antiochus ward
hieruͤber ſo erbittert/ daß er den Artaxias im
Gefaͤngnuͤſſe hinrichtete/ und Z[a]riadres ſtarb
durch Gifft. Die Waffen der Parthen aber
ſetzten den Tigranes und Artanes wieder auff
ihren vaͤterlichen Thron. Tigranes ließ alſo-
fort fuͤrtreffliche Zeichen ſeiner Herrſchens-
Kunſt und Tapfferkeit von ſich blicken/ alſo daß
die Parther ſelbſt daruͤber Nachdencken krieg-
ten/ und um ſeine Kraͤfften zu unterbrechen dem
Artanes in Ohren lagen/ daß er mit dem Ti-
[Spaltenumbruch] gꝛanes einen Graͤntz-Stꝛeit/ und zugleich einen
Krieg anfing. Wiewol andere dieſem Kriege
eine viel geheimere Urſache gegeben/ nemlich/
daß des Artanes Gemahlin an den Tigranes
Unehre vermuthet/ und/ weil dieſer ſeines wol-
thaͤtigen Wirthes Bette nicht beſudeln wollen/
habe dieſes geile Weib ihre Unkeuſchheit in Ra-
che verwandelt/ und unter dem tugendhafften
Vorwande/ daß Tigranes an ſie dieſe Schand-
that begehret haͤtte/ den Artanes die Waffen zu
ergreiffen beredet. Die Fuͤrſtin Thußnelda
fiel Saloninen ein/ und meldete: Es waͤre diß
ein denckwuͤrdiges Beyſpiel/ daß die Urſachen
und der Vorwand eines Krieges meiſt gantz ab-
geſonderte Dinge waͤren. Es fiele ihr hier-
bey Meleagers Ehweib ein/ von welcher ihr
waͤre erzehlet worden/ daß ſein Koͤnig/ als an-
dere ihre Liebhaber ſo viel von ihrer Schoͤnheit
und Anmuth zu ſagen gewuͤſt/ auf ſie einſt ein
Auge geworffen/ auch von derſelben/ welche
nicht leicht einen verzweifeln/ oder in ſeiner Lie-
be Schiffbruch leiden ließ/ unſchwer diß/ was
ſie wol geringern nicht verſagt/ erlangt haben
wuͤrde/ wenn der Koͤnig nicht ihre Waare weit
unter dem Ruffbefunden/ und ſich ihrer ohne
Vergnuͤgung entbrochen haͤtte. Den Schimpf
dieſer in ihren eigenen Augen ſo anſehnlichen/
und ietzt zum erſten verſchmaͤhten Schoͤnheit
draͤuete ſie ihme ins Geſichte zu raͤchen/ und wie
ſie ihrem Ehmanne die durch nichts als durch
Blut ausleſchliche Flecken der ihrer Keuſchheit
zugemutheten Unehre meiſterlich fuͤrzubilden
wuſte; alſo war ihre Ehre taͤglich allen denen
feil/ welche nur mit Meleagern wider den Koͤ-
nig den Degen auszuziehen ſich erklaͤreten.
Derogeſtalt ward dieſer tapffere Mann ein
Aufruͤhrer wider ſeinen Herrn/ ein Krieges-
knecht ſeines geilen Weibes/ da doch andere die
Urſache ſeines Aufſtandes viel weiter herholten/
einer/ daß der Koͤnig in Macedonien in Anwe-
ſenheit der Theſſaliſchen Geſandſchafft ihm
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er ſei-
Erſter Theil. D d
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/261>, abgerufen am 11.05.2024.